TODESFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Arian Arnold, Jenny Böken, Kirsten Heisig, Unbek. Junge (Oelsa/Osterzgebirge), Isabelle Kellenberger, Malina Klaar, Yolanda Klug, Elisa Lam, Paula Maaßen, Christian Morgenstern, Theresa Stahl, Georgeta Tapu
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Spiegel: Neues zum Absinken der Handy-Temperatur

Auch „Der Spiegel“ blickt auf den morgigen Neubeginn. Zu Wort kommen RAin Rick, die StA und der Nebenklagevertreter Holderle.

► Rick: Sturz beim Urinieren, Erbrechen bzw. Händewaschen

► Rick: Kopfverletzungen, Brüche, Unterblutungen an Rücken und Oberarmen = Treibverletzungen

► Rick: Kopfverletzungen von Muttern am Schütz

► 3 Hausdurchsuchungen, Abriebe von Bettlaken und Kleidung

► keine DNA-Spur Sebastians an Hanna

► kein Blut, kein Hautpartikel Hannas an Sebastians Kleidung

► Rick: neue Rekonstruktion der Wegstrecken

► letzter Geodatenpunkt um 2.31 Uhr

► neues Gutachten: Temperatursturz Handy zwischen 2:31:59 und 2:32:15 Uhr = Handy ins Wasser geraten

► Anrufversuch von Hannas Handy um 2:32:09 Uhr

► Rick: unbeabsichtigter Anruf durch Druck auf Display

► Holderle: Hannas Eltern schlössen Unfall aus, gingen weiter von Gewalttat aus

► StA: „Möglichkeit eines Unfallgeschehens von Anfang an intensiv geprüft“, man sei von Tötungsdelikt ausgegangen

► StA: „vollumfassendes Bild“ durch 2 neue StA, um dann „ihre Anträge am Ende der Hauptverhandlung zu stellen“

► Rick: „Wir werden beweisen, dass es ein Unfall war.“


Ein Artikel, der sich in Gänze zu lesen lohnt:

https://archive.ph/20250928111717/https ... c3bc1859d7

Eine auf die wichtigsten Kernaussagen gekürzte Fassung:

Spoiler – hier klicken!
Vor dem „Eiskeller“-Prozess
Ein Mord, der keiner war?



Bild
Verstorbene Hanna W.: Was passierte in der Nacht zum 3. Oktober 2022? – Foto: Polizei



… Sebastian T. … war nach einem Indizienprozess im März 2024 des Mordes an … Hanna W. … für schuldig befunden worden. „Sebastian T. hat einen entscheidenden Fehler gemacht“, sagt Rick: „Er hat mit der Polizei geredet.“ Doch nun wird der Prozess noch einmal neu aufgerollt, alles beginnt von vorn.

Kurze, einsame Wege



In der Nacht auf den 3. Oktober feierte Hanna W. mit Freundinnen im Eiskeller …

Kurz nach zwei Uhr nachts stellte sich Hanna W. mit ihren Freundinnen an der Garderobe an, um ihre Jacke abzuholen. Sie steckte ihr Handy in die rechte Jackentasche und trug eine kleine, schwarze Umhängetasche. Eine Überwachungskamera am Eingang des Eiskellers zeichnete die Szene auf.

Bild
Eventlocation Eiskeller: Früher wurden hier Eisblöcke gelagert – Foto: Uwe Lein / dpa

Ihre beiden Freundinnen waren mit dem Auto da, sie wollten Hanna W. die knapp 900 Meter zu ihrem Elternhaus mitnehmen, wie sie später aussagten. Doch W. wollte zu Fuß gehen. Aschau ist überschaubar, rund 6000 Menschen wohnen hier. Die Wege sind kurz und nachts einsam. Doch wer hier aufgewachsen ist, hat keine Angst.

Die drei jungen Frauen verließen den Klub, Hanna W. stolperte kurz, sie hatte Wodka getrunken und 2,06 Promille im Blut … Sie blieb im Sichtbereich der Kamera, unterhielt sich mit anderen Besuchern. Ihre Freundinnen fuhren los.

Zwölf Stunden später … wurde Hanna W. mehr als 12 Kilometer … entfernt aus der Prien geborgen. Ihr toter Körper hing in den Wurzeln des Uferdickichts, er war von Wunden übersät. Sie trug noch ihr Oberteil, Unterwäsche, Turnschuhe und Strümpfe. Ihre Umhängetasche, Lederjacke, Hose, Handy, Ausweis und Schmuck wurden zeitnah oder erst Wochen später gefunden.

Rick reichte Revision ein

Was in jener Nacht passiert ist, wird in den kommenden Wochen die 1. Jugendkammer des Landgerichts Traunstein aufzuklären versuchen. Es ist das zweite Mal, dass Sebastian T. … in dieser Sache vor Gericht stehen wird.



… Regina Rick reichte … Revision ein, im April 2025 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf, weil er die Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin nicht gegeben sah.

War es ein Unfall?

„Der Fall klingt ungeheuerlich, dabei wäre er eindeutig, hätten die Ermittler ihre Arbeit richtig gemacht“, sagt Regina Rick im Gespräch in ihrem Büro. Rick hat den Fall erst übernommen, als der erste Prozess längst begonnen hatte, die wichtigsten Zeuginnen und Zeugen befragt worden waren. …

Rick ist überzeugt: Hanna W.s Tod war ein Unfall. Die junge Frau sei unglücklich und stark alkoholisiert in den eiskalten Bärbach gestürzt. Entweder weil sie versucht habe, am Ufer auszutreten oder um ihre Hände im Bach zu waschen, nachdem sie sich übergeben hatte. Das Wasser habe sie mitgerissen, dabei habe sie Teile ihrer Kleidung verloren. Die Wucht des stark angeschwollenen Gewässers habe zu den Kopfverletzungen, Brüchen und Unterblutungen an Rücken und Oberarmen geführt.

Bild
Anwältin Rick: „Ungeheuerlicher Fall“ – Foto: Stephan Rumpf / SZ Photo / picture alliance



… Ein scheuer Heranwachsender mit einem Intelligenzquotienten von 80, der … zur Tatzeit eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker absolvierte. Als … [Sebastian T.] inhaftiert wurde, entließ ihn sein Betrieb fristlos.



„Großer Fehler“

Ins Visier geriet Sebastian T., weil die Polizei … einen Zeugenaufruf startete und seine Mutter es als ihre Pflicht sah, sich zu melden. …

Die Mutter schickte den Sohn zur Polizei, ohne Begleitperson. „Ein großer Fehler“, sagt Rick in ihrer Münchner Kanzlei. Sebastian T. sei mit der Vernehmung überfordert gewesen, kein Anwalt habe ihn begleitet. „Er wollte ja nur helfen“, sagt Rick.

Bild
Sebastian T. vor wenigen Jahren: Scheuer Heranwachsender, entwicklungsverzögert – Foto: Familie T. / Spiegel TV

Zweimal wurde Sebastian T. befragt, offiziell als Zeuge. Beim dritten Mal … galt er als Beschuldigter, als ein Pflichtverteidiger kam, brachen die Polizeibeamten die Vernehmung ab. Dreimal wurde sein Zuhause durchsucht, und es wurden sogenannte Abriebe, winzige Hautpartikel, von seinem Bettlaken und seiner Kleidung genommen. …

An Hanna W.s Leichnam fand sich keine DNA-Spur und kein Sperma von ihm. An Sebastian T.s Kleidung kein Tropfen Blut, kein Hautpartikel, nichts von ihr. Es gab keine Beweise, dass Sebastian T. am Ort des Geschehens war, es gab auch kein Geständnis. Trotzdem hielt ihn die bis zu 60-köpfige Sonderkommission für überführt.

Zwei bekannte Justizirrtümer

Regina Rick wird polemisch, wenn sie auf das Vorgehen der Ermittler zu sprechen kommt: „Die bayerische Polizei hat keine Aufklärungsquote von 100 Prozent, sondern mehr als 100 Prozent, weil sie auch Tötungsdelikte aufklärt, die keine waren.“ Das ist eine Anspielung auf den Fall des angeblich getöteten Bauern Rudi Rupp …

Zu nennen ist hier auch der Fall des Hausmeisters Manfred … [G.] …

Für Rick ist der Fall Sebastian T. den Fällen Rupp und … [G.] ähnlich: In allen drei Verfahren vernahmen Polizeibeamte Personen, die ihnen ohne Rechtsbeistand gegenübertraten – und am Ende wurden aus diesen … Zeugen Tatverdächtige.

Im Fall Aschau hat Rick deshalb Gutachten bei Experten eingeholt und Sebastian T.s Laufstrecke und Hanna W.s Heimweg rekonstruiert. Sie kommen zum Schluss, dass die Ereignisse zeitlich nicht zusammenpassen: Um Hanna W. zu begegnen, wie die Ermittler meinen, hätte Sebastian T. nach seiner Rückkehr noch einmal von zu Hause starten müssen.

Gemessen wurde auch Hanna W.s Gehgeschwindigkeit anhand von drei Geodatenpunkten, also ihren exakten Positionen in jener Nacht. Der letzte Geodatenpunkt ist terminiert auf 2.31 Uhr. Einem Gutachten zufolge verzeichnet der Sensor von Hanna W.s Handy einen Temperatursturz zwischen 2:31:59 und 2:32:15 Uhr, zu dem Zeitpunkt muss sie ins Wasser gestürzt sein. Im ersten Verfahren ermittelte ein Sachverständiger andere Zeiten.

Von Hanna W.s Handy gab es um 2:32:09 Uhr einen Anrufversuch auf die Festnetznummer ihrer Eltern … Rick glaubt – anders als die Ermittler – an einen unbeabsichtigten Anruf, ausgelöst durch Druck auf das Display des Handys.

Gestand T. eine Tat?

Am Ende stützten die Richter ihr Urteil im März 2024 auf einen zwielichtigen Hauptbelastungszeugen, einen Mithäftling … Die Kammer hatte kein … Gutachten zur Glaubwürdigkeit … eingeholt.

… Mehr als zehnmal sei … [Regina Rick] nach Aschau gefahren, habe den mutmaßlichen Ort untersucht, an dem Hanna W. verschwunden sein soll. Immer wieder sei sie den Weg abgelaufen, den Hanna W. kurz vor ihrem Tod gegangen sein muss … Auch den Weg, den Hanna W.s Körper genommen haben muss, als ihn die Flut mitzog, ist Rick mit der Familie ihres Mandanten mehrfach abgelaufen.

Bild
Spurensuche in Aschau: Welchen Weg nahm Hanna W.s Körper? – Foto: Theo Klein / Bild / Bild Fotoservice

Die fünf Verletzungen an Hanna W.s Kopf … stammen laut Rick von einer Schraubenmutter. Das bestätigt ein neues hydrologisches Gutachten, wonach der Leichnam durch die Kraft der Strömung an ein sogenanntes Schütz bei der Oberprienmühle angetrieben wurde: Die dortigen Sechskantschraubenmuttern messen 24 Millimeter. Alle fünf Verletzungen an Hannas Kopf sind ebenfalls 24 Millimeter lang.

Rick hat jedes Blatt Papier aus den Ermittlungsakten gesichtet, allein die Befragung aller Eiskeller-Gäste von jenem Oktoberabend füllt 19 Leitzordner. …

Eltern schließen Unfall aus

Für Hanna W.s Eltern ist der bevorstehende Prozess ein schwerer Angang. Das juristische Tauziehen habe sie in ihrer Trauerarbeit zurückgeworfen, sagt ihr Anwalt Walter Holderle. … Jetzt noch einmal alles von vorn durchzumachen, das falle ihnen „sehr viel schwerer“ als beim ersten Mal.

Hanna W.s Eltern glaubten an den Rechtsstaat und daran, dass das Gericht alles Entlastende und Belastende „sorgfältig prüfen“ werde, sagt der Anwalt aus Rosenheim. „Keinesfalls treten sie dem Angeklagten mit Argwohn gegenüber. Sie hoffen einfach auf Aufklärung.“ Und darauf, dass Sebastian T. dieses Mal Fragen beantworte und nicht schweige, wie im ersten Prozess.

Einen Unfall schließen die Eltern aus. „Auch nach den von der Verteidigung vorgelegten ‚Gutachten‘ gehen sowohl die Eltern als auch ich weiter von einem Gewaltverbrechen aus“, sagt Holderle.

Die Staatsanwaltschaft Traunstein sagt, sie habe „die Möglichkeit eines Unfallgeschehens von Anfang an intensiv geprüft“. Aufgrund der Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren und der Beweisaufnahme vor Gericht ging man von einem Tötungsdelikt aus. An dem neuen Prozess werden zwei Staatsanwälte vertreten sein, die am ersten Prozess nicht beteiligt waren. Diese, so teilt die Behörde mit, werden sich „ein vollumfassendes Bild“ machen und dann „ihre Anträge am Ende der Hauptverhandlung stellen“.

Kein dringender Tatverdacht

Die 1. Jugendkammer, die nun für den Fall zuständig ist, machte das, was im ersten Prozess versäumt wurde: Sie beauftragte den Rechtspsychologen Max Steller mit einem Gutachten des Hauptbelastungszeugen, dem Mithäftling von T. Dieser attestiert dem Mann eine ausgeprägte Neigung zum Lügen. Die Richter sahen daraufhin keinen dringenden Tatverdacht mehr und hoben im Juni den Haftbefehl … auf.

Nach mehr als 940 Nächten hinter Gittern ist T. derzeit ein freier Mann. Er muss auch keine Auflagen erfüllen. Rick hat ihm empfohlen, das Haus nur im Beisein einer seiner Schwestern, Cousinen, Tanten, Eltern oder seiner Großeltern zu verlassen. Sie will vermeiden, dass er im Ort bedroht oder beleidigt wird, nachdem ihr und ihm im Gerichtssaal anfangs Feindseligkeit entgegengeschlagen sei. Allerdings, sagt Rick, habe sich die Stimmung im Laufe der Hauptverhandlung zumindest bei den … Zuschauern durchaus gewandelt. „Ich hatte den Eindruck, die Leute verstehen, dass es auch ganz anders gewesen sein kann, als die Staatsanwaltschaft behauptet“, sagt Rick.

Klarheit am Ende des Prozesses?

Der neue, zweite Prozess findet so statt, als hätte es den ersten nicht gegeben. Rick sagt, sie wolle in der Hauptverhandlung alle Gutachten aufdröseln, alle Sachverständigen hören, alle Zweifel ausräumen. Sie erwarte keinen Freispruch aus Mangel an Beweisen, sondern aufgrund erwiesener Unschuld. Sie wolle das, damit Sebastian T. dort weiterleben könne, wo seine Familie seit vielen Jahrzehnten zu Hause ist. Damit alle, die in Aschau wohnen, von einem Gericht bestätigt bekommen, dass er nicht Hanna W.s Mörder ist.

Vielleicht tut sie es auch für Hanna W.s Familie. Damit auch sie verlässliche Klarheit darüber hat, warum Hanna W. gestorben ist. Rick sagt: „Wir werden beweisen, dass es ein Unfall war.“

Spiegel.de am 28.09.2025
https://www.spiegel.de/panorama/aschau- ... c3bc1859d7


Das „Spiegel“-Gespräch mit Max Steller findet Ihr hier:
viewtopic.php?p=304474#p304474
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

OVB: Einschätzung von RA Dürr

Mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung taxiert der Rosenheimer RA Peter Dürr für das Oberbayerische Volksblatt (OVB) die Lage. Niemandem aus dem Traunsteiner Zirkel will er auf die Füße treten.

► dieselbe Anklageschrift, weil dasselbe Verfahren
► Ortstermin denkbar
► dieselben Zeugen
► Indizwirkung durch Aufhebung des Haftbefehls
► weniger Überraschungen
► kritisiert Einführung eines Wortprotokolls
► Saal in Laufen umfassend renoviert


Die OVB-Medien berichten auf Rosenheim24:

Spoiler – hier klicken!
OVB-Exklusiv-Interview mit Peter Dürr
„Wird jeder Stein umgedreht“: Darum könnte die Neuauflage … langwierig werden

Bild
Veränderte Vorzeichen: Sebastian T. … ist immer noch Angeklagter. Doch in der Haftaufhebung sieht Experte Peter Dürr ein Indiz. © privat/re



… Das Verfahren … geht in die zweite Runde – mit derselben Anklageschrift wie im ersten … Prozess. … Im exklusiven OVB-Interview spricht der Rechtsanwalt Peter Dürr über die knifflige Ausgangslage …

Hanna-Prozess: Welche Zeugen werden erwartet?

… die Anklageschrift … ist exakt dieselbe wie von 2023 …

Peter Dürr: Das ursprüngliche Urteil ist … zwar aufgehoben worden. Aber es bleibt … das gleiche Verfahren. Die Staatsanwaltschaft kann nicht sagen, wir haben neue Erkenntnisse, wir passen die Anklageschrift nachträglich an … Dies alles bleibt der … erneuten Beweisaufnahme vorbehalten.

Haben sich nicht möglicherweise in der Zwischenzeit neue Erkenntnisse seitens der Ermittler oder Verteidiger ergeben?

Dürr: Das kann durchaus sein. Erkenntnisse liegen ja schon aus dem ersten Durchlauf vor. Und ein neues Gutachten haben wir ja bereits durch das aussagepsychologische Gutachten zur Glaubwürdigkeit des Knastzeugen. Es steht jedenfalls allen Verfahrensbeteiligten frei, neue Beweisanträge zu stellen. Die Verteidigung hatte ja bereits im ersten Durchlauf einige Anträge gestellt, die das Gericht ablehnte. Es kann sein, dass diese Beweisanträge erneut gestellt werden. Das Gericht muss dann wiederum entscheiden, ob es diesen Anträgen nachkommt oder nicht. Es kann auch zu einem richterlichen Augenschein [Ortstermin] kommen. Wenn möglicherweise Erkenntnisse zu einer Örtlichkeit gewonnen werden, beispielsweise ein Wehr, an dem sich das Opfer seine Verletzungen zugezogen haben könnte, dann kann das Gericht sagen: Wir schauen uns das vor Ort mal an. … Manchmal ist das aufschlussreicher, als nur Lichtbilder zu betrachten.

Werden dieselben Zeugen vorgeladen …?

Dürr: Das Beweisprogramm bestimmt das Gericht … Wenn das Gericht davon ausgeht, dass einzelne Zeugen wenig zur Sache beitragen können, dann vielleicht nicht. … Ich gehe jedoch davon aus, dass zunächst alle Zeugen nochmals geladen worden sind. Es kann sein, dass man dann während des Prozesses auf die ein oder andere Aussage eines Zeugen verzichten kann. …

… „Man wird noch genauer hinschauen“

Jedenfalls scheint es nicht einfacher für das Gericht zu werden.

Dürr: Man wird bei der zweiten Verhandlung sicherlich noch genauer hinschauen. Da wird jeder Stein umgedreht werden. Vielleicht wird wieder eine Seite mit dem Urteil nicht zufrieden sein. Im Falle eines Freispruchs könnte auch die Staatsanwaltschaft … in Revision gehen. …

Und wie sieht es mit den Gutachtern aus – sind neue Experten zu erwarten?

Dürr: … Schon das aussagepsychologische Gutachten bringt Bewegung in diesen Prozess. … Die Verteidigung hatte im ersten Durchlauf Gutachter beantragt, die abgelehnt wurden. Wenn das Gericht diese Gutachter nicht von selbst lädt, dann muss die Verteidigung einen neuen Beweisantrag stellen.

Nach dem besagten aussagepsychologischen Gutachten setzte das Landgericht die Untersuchungshaft für Sebastian T. nicht nur aus, es hob sie sogar auf. Eine Vorentscheidung zugunsten des Angeklagten?

Dürr: Zwischen „aussetzen“ und „aufheben“ besteht tatsächlich ein deutlicher Unterschied. Es gibt allerdings noch kein (neues) Urteil. Aber wenn der Haftbefehl komplett aufgehoben wird, hat das schon Gewicht und gewisse Indizwirkung. Das Gericht muss letztlich aber seinem Urteil das zugrunde legen, was in der neuen Hauptverhandlung zur Sprache gekommen ist, und sich dann eine abschließende Meinung bilden. … Aber – wenn die Haft komplett aufgehoben wird – dann bestehen jetzt offenbar Zweifel am dringenden Tatverdacht. Die Verteidigung ist, so scheint es, durch die Urteils- und Haftbefehlsaufhebung durchaus in einer angenehmen Position.

… „Viele Überraschungen werden wegfallen“

Verteidigerin Regina Rick hat angekündigt, die Verteidigung werde einen Freispruch wegen erwiesener Unschuld anstreben.

Dürr: Es gibt strafprozessual keinen Freispruch erster und zweiter Klasse. Aber es sieht tatsächlich so aus, als wolle die Verteidigung fast schon das Gegenteil beweisen von dem, was die Staatsanwaltschaft behauptet. … Eine Verurteilung kann jedoch nur dann erfolgen, wenn ein zweifelsfreier Tatnachweis zu führen ist.

Erwarten Sie einen kürzeren Prozess als in der ersten Auflage?

Dürr: Nein, nicht unbedingt. Aber viele Überraschungen werden wegfallen. Der Aha-Effekt durch den Knastzeugen … ist nicht mehr da. Dass die früher wichtige Zeugin nicht sehr viele Erkenntnisse bringt, scheint auch klar. Überhaupt, die Zeugen: … Erfahrungsgemäß werden die Zeugenaussagen … nicht besser. Wenn ein Zeuge mehr weiß als im ersten Durchgang, dann stimmt das eher bedenklich. Man hat ja auch kein Wortprotokoll.

Bedauern Sie das?

Dürr: Die Einführung eines Wortprotokolls … ist sehr umstritten. Manche drängen auf eine … Gesetzesänderung. Aber dann ist die Frage, wie das Protokoll geführt wird. Vielleicht ist die Aussage eines Zeugen ja nur sinngemäß aufgezeichnet. Es unterschreibt ja kein Zeuge zum Schluss seine gerichtliche Aussage. Manchmal erleben Sie vor Gericht auch einfach nur Gestammel. Gut, das könnte die KI aufzeichnen und verschriften. Aber schön zu lesen ist das dann sicher nicht.

Hat es Sie überrascht, dass der Fall an die Erste Jugendkammer verwiesen wurde, die mit der Ablehnung des Befangenheitsantrags die Revision verschuldet hat?

Dürr: Überhaupt nicht. Es gibt an jedem Gericht einen Geschäftsverteilungsplan. Schon daraus geht ganz klar hervor, dass im Falle einer Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Prozess an die Erste Jugendkammer verwiesen wird. Die Jugendkammer hätte nun sagen können, dass sie sich selbst [als befangen] ablehnt. Oder auch die Verteidigung hätte das tun können. Aber auch dann wäre wiederum festgelegt, welche andere Kammer an der Reihe ist.

Ein Landgerichtsprozess in Laufen ist auch eher ungewöhnlich, oder?

Dürr: Laufen ist deswegen ausgesucht worden, weil in Traunstein derzeit Großverhandlungen anhängig sind und dadurch die Sitzungssäle stark ausgelastet sind. Man braucht für diesen Prozess … auch aufgrund des enormen öffentlichen Interesses einen großen Saal. … In Laufen hat man zudem einen der modernsten Säle im Gerichtsbezirk, der erst kürzlich umfassend renoviert wurde.

Rosenheim24.de am 28.09.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 54617.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 54617.html

Zu den Leserkommentaren:
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

PNP: News-Blog

Mit einem News-Blog (bislang ohne Paywall) wartet die Passauer Neue Presse auf:

https://www.pnp.de/lokales/landkreis-tr ... g-19513535
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Entweder weil sie versucht habe, am Ufer auszutreten oder um ihre Hände im Bach zu waschen, nachdem sie sich übergeben hatte
Wer hält sich im Freien beim Kotzen den Mund zu?
Da war genug Platz und vllt hatte sie aber ihre Schuhe eingesaut und wollte sie am überquellenden Ufer waschen.
Beim dritten Mal auf dem Revier galt er als Beschuldigter, als ein Pflichtverteidiger kam, brachen die Polizeibeamten die Vernehmung ab
Da waren die Suggestivspielchen der bayr Polizei dann rum.
»Die bayerische Polizei hat keine Aufklärungsquote von 100 Prozent, sondern mehr als 100 Prozent, weil sie auch Tötungsdelikte aufklärt, die keine waren.« Das ist eine Anspielung auf den Fall des angeblich getöteten Bauern Rudi Rupp, der 2001 nach einem Wirtshausbesuch verschwand.
Ja, ja die Kannibalen-Hunde.
Einem Gutachten zufolge verzeichnet der Sensor von Hanna W.s Handy einen Temperatursturz zwischen 2:31:59 und 2:32:15 Uhr, zu dem Zeitpunkt muss sie ins Wasser gestürzt sein. Im ersten Verfahren ermittelte ein Sachverständiger andere Zeiten.
Oha!
Die Staatsanwaltschaft Traunstein sagt, sie habe »die Möglichkeit eines Unfallgeschehens von Anfang an intensiv geprüft«. Aufgrund der Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren und der Beweisaufnahme vor Gericht ging man von einem Tötungsdelikt aus
Es genügt ja auch ein kleiner Schubser an der richtigen Stelle.

Quelle:https://archive.ph/20250928111717/https ... 0-2131.248
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Merkur: Holderle kündigt Beweisantrag an

Im Münchener Merkur kündigt Holderle einen Beweisantrag an. Die genauen Beweisbehauptungen bleiben unklar. Vage umrissen werden zwei Punkte:

► Handy-Daten zu Anrufversuch
► keine postmortale Entstehung der Verletzungen

Aus dem Bericht des Münchener Merkur (der darüber hinaus die bekannten Beiträge des ebenfalls zum Ippen-Konzern gehörigen OVB wiederkäut):

Spoiler – hier klicken!

… Nebenkläger-Anwalt Walter Holderle hält die Unfallthese nach wie vor für „nicht haltbar“. Dazu passe beispielsweise nicht, dass Hanna kurz vor ihrem Tod noch versucht habe, bei ihren Eltern anzurufen. Das zeigen Daten von ihrem Handy. Auch dass die Verletzungen erst nach ihrem Tod entstanden seien, hält er für ausgeschlossen. Im neuen Verfahren werde er einen entsprechenden Beweisantrag stellen.


Münchener Merkur am 28.09.2025
https://www.merkur.de/bayern/fall-eiske ... 58831.html

Jetzt geht's für Holderle um die Wurst!
Turmfalke23
Beiträge: 816
Registriert: Freitag, 28. Juli 2023, 12:08:34
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Turmfalke23 »

Seit drei Jahren beschäftigt der mysteriöse Tod der Medizinstudentin Hanna W. (†23) die Justiz. Jetzt wird der „Eiskeller-Mord“ vor Gericht neu aufgerollt – steht der Fall vor der Aufklärung lt. Bild ? Schon allein wegen des großen Medieninteresses darf die Bild-Zeitung zu Prozessbeginn natürlich nicht fehlen. ;)

Ab Montag kommt es zur Neuauflage des Prozesses gegen Sebastian T. (23): Die Staatsanwaltschaft klagt den Azubi erneut wegen Mordes an. Seine Verteidigerin will hingegen nicht nur seine Unschuld beweisen, sondern auch belegen, dass Hanna bei einem Unfall ums Leben gekommen ist ..

https://www.bild.de/regional/bayern/eis ... 2ba8af3d97
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Turmfalke23 hat geschrieben: Sonntag, 28. September 2025, 22:41:07 … darf die Bild-Zeitung … nicht fehlen. …
Faktisch nix Neues. Interessant ist allenfalls Ricks Aussage:
… „Wir wollen, dass unser Mandant komplett rehabilitiert wird.“ Er und seine Familie seien tief in Aschau verwurzelt. „Er will dort nicht weg. Es soll kein Fünkchen Verdacht an ihm haften bleiben.“ …

Bild.de am 28.09.2025
https://www.bild.de/regional/bayern/eis ... 2ba8af3d97
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Für einen Unfalltod brauchts keinen Holderle.
..................................................................................................................................................
Ab 29. September 2025 wird nach Angaben von Wolfgang Beckstein, Leiter der Staatsanwaltschaft Traunstein, die Beweisaufnahme mit allen Sachverständigen, Zeugen und weiteren Beweismitteln wiederholt – als hätte der erste Prozess nicht stattgefunden. Am Montag werden Polizisten gehört, Anfang Oktober dann ein Mithäftling von Sebastian T., der im ersten Verfahren als Hauptbelastungszeuge galt. Er hatte behauptet, dass T. ihm gegenüber die Tat gestanden hatte. Auf dieser Grundlage erfolgt eine neue Beweiswürdigung......


. Der Angeklagte hatte unserer Zeitung nach seiner Freilassung gesagt: „Ich hoffe, es klärt sich alles auf. Für meine Familie und für die Familie von der Hanna.“ Seine Anwältin Regina Rick hatte bereits mehrfach angekündigt, dass Sebastian T. vor Gericht erneut nicht aussagen wird.
https://www.merkur.de/bayern/fall-eiske ... 58831.html
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

1. Sitzungstag – 29.09.2025

OVB: Live-Ticker

Das Oberbayerische Volksblatt (OVB) berichtet:

► StA: Verlesung der Anklage

► RA Georg: Mandant wolle sich zur Anklage äußern

Anmerkung: Scheint erneut eine Ente zu sein, kein anderes Medium berichtet davon. DPA (SZ): Laut Verteidigung bestreite der Angeklagte die Vorwürfe, er wolle sich „schweigend verteidigen“.

► Vorsitzende Will: „Sollten diese Vorwürfe ungerechtfertigt sein, hat der Angeklagte einen Schaden erlitten, der mit nichts zu ersetzen ist.“

Anmerkung: Hoffentlich verbirgt sich dahinter keine Anspielung auf die schändlich geringe Haftentschädigung, von der auch noch die sogenannte Ersparnis von Kost und Logis abgezogen werden könnte.

► RA Georg (Erklärung zur Anklage, § 243 Abs. 5 Satz 3 StPO): mangelhaftes Fachwissen der damaligen Vorsitzenden Aßbichler – damalige Urteilsgründe „durch und durch kontaminiert

Anmerkung: DPA (SZ) zitiert RA Georg schärfer: „Fehlen der gebotenen richterlichen Distanz“, „Unkenntnis, Hybris und Befangenheit“ sowie „grotesker Unfug“.

► RA Georg: „zusammengestammeltes Urteil“ im 1. Rechtsgang

► Vorsitzende Will: lehnt Vorab-Präsentation von RAin Rick zur Unfallthese ab

► RAin Rick: Befangenheitsanträge gegen Gutachter der LMU und Malcherek

► Vorsitzende Will: Einholung von Stellungnahmen der Gutachter dazu

► Zeuge KHK Jürgen M.:
• Präsentation mit Fotos der Örtlichkeiten
• starkes Hochwasser in Bärbach und Prien
• Leichnam: Oberkörper nur teilweise bekleidet, sonst nur Slip, Turnschuhe, Halskette
• Identifizierung schwierig
• 18.09 Uhr Kontakt mit Eiskeller wegen Stempels am Unterarm
• Auswertung der Fotos eines Partyfotografen
• 22.10 Uhr Identifizierung des Leichnams
• 22.37 Uhr Vermisstenmeldung des Vaters W.
• Entscheidung zur Obduktion aufgrund der Verletzungen
• 23.40 Uhr Beginn der Obduktion
• Todesursache: Ertrinken
• am Rücken großflächige Verletzungen, am Kopf 5 Riss-Quetsch-Wunden
→ auf Tötungsdelikt geschlossen
• Videoaufnahmen aus Eiskeller und aus Aschau gesichert
750 Vernehmungen: Hannas Familie und Freunde, Mitarbeiter und Besucher des Eiskellers
• Hanna als sympathisch und lebenslustig beschrieben
• seit 2018 Medizinstudium in Rumänien
• Rückflug für 02.10.2022 gebucht
• Rückflug wegen Party verschoben auf 04.10.2022
Vorglühen mit Freunden vor Eiskeller-Besuch
• Videoauswertung: 2.09 Uhr Toilettengang Hannas (10 Minuten lang)
• dann zur Garderobe, seitlicher Reißverschluss der Hose defekt, Festhalten der Hose
• beim Ausgang auf zwei Freundinnen getroffen, lehnt Angebot des Nach-Hause-Bringens ab, wartet auf Freund als Begleiter

Morgen geht's weiter:
► Fortsetzung der Aussage von KHK Jürgen M.
► Aussage einer Kriminalbeamtin

Spoiler – hier klicken!
Weitere Befangenheitsanträge: Verteidigung schießt gegen Gutachter im ersten Prozess

Bild
Großer Medienandrang zu Beginn … des Prozesses … © dh (Montage)

Bild
Der erste Tag im … Prozess gegen Sebastian T. (links). Neben ihm … Regina Rick und Dr. Yves Georg. © Haindl



1. Update, 10.46 Uhr – Urteilsgründe „kontaminiert“ …

Der neue Prozess … startete erneut mit großem Medienrummel. Vor Beginn der Verhandlung um 9.30 Uhr … in Laufen trafen zuerst die Staatsanwälte Pia Dirnberger und Christian Merkel im Gerichtssaal ein – gefolgt vom Angeklagten Sebastian T. (23) und seinen Rechtsanwälten Regina Rick und Yves Georg. Zuletzt erschienen der Vater von Hanna, Andreas W., und sein Anwalt, Nebenklägervertreter Walter Holderle.

Die Vorsitzende Richterin der 1. Jugendkammer, Heike Will, bat zuerst um Verlesung der Anklage. Rechtsanwalt Georg gab dann bekannt, dass sich sein Mandant zur Anklage äußern wolle. Heike Will verlas anschließend eine Erklärung, dass die Kammer in diesem Prozess klären wolle, ob Sebastian T. zu Recht oder zu Unrecht angeklagt wurde. „Sollten diese Vorwürfe ungerechtfertigt sein, hat der Angeklagte einen Schaden erlitten, der mit nichts zu ersetzen ist“, so die Vorsitzende. Der Auftrag der Kammer sei, den Sachverhalt aufzuklären, soweit er sich aufklären lasse.

Das Wort ging dann an Rechtsanwalt Yves Georg. Sein Mandant sei zu Unrecht zum Mörder gemacht worden, und zwar von einer voreingenommenen Vorsitzenden und Staatsanwaltschaft. Richterin Jacqueline Aßbichler habe im ersten Prozess gegen Sebastian T. einen Sachverhalt „einseitig mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft erörtert, der einer geheimen Kammerberatung vorzubehalten wäre“, so der Verteidiger. Am Ende seien die Urteilsgründe damals „durch und durch kontaminiert“ gewesen durch eine voreingenommene Vorsitzende.

Der Verteidiger gab dann eine lange und ausführliche Analyse des vermeintlich mangelhaften Fachwissens der damaligen Richterin Aßbichler zum Besten. Der Hauptbelastungszeuge M. leide an einer Borderline- und dissoziativen Persönlichkeitsstörung. „Auf einmal fiel ihm ein, dass Sebastian T. ihm gegenüber einen Mord gestanden habe“, so der Verteidiger. Angesichts eines solchen Hauptbelastungszeugen habe eine gute Richterin durchaus auf die Idee kommen können, ein Glaubwürdigkeitsgutachten in Auftrag zu geben.

Nach rund 30 Minuten Vortrag sah sich Staatsanwalt Merkel gezwungen, einzugreifen. Die Verteidigung greife zu viel auf die spätere Beweiswürdigung vor – die Schöffen sollten sich in diesem neuen Prozess ein Bild ohne vorgefasste Meinung machen. Auch Nebenklägervertreter Holderle war der Ansicht, dass es hier nur um eine Abrechnung mit Richterin Aßbichler gehe. Die Kammer zog sich nach einer Diskussion mit den Parteien zur Beratung zurück.

2. Update 12.15 Uhr – Weitere Befangenheitsanträge: Verteidigung schießt gegen Gutachter

Nach einer kurzen Pause fuhr Rechtsanwalt … Georg … fort. Im ersten Prozess sei ein „zusammengestammeltes Urteil“ zustande gekommen, das lediglich auf den Aussagen des Hauptbelastungszeugen fuße. Er lobte aber, dass das Landgericht … ein Glaubwürdigkeitsgutachten über den Zeugen in Auftrag gegeben habe.

Anwältin … Rick bat die Kammer …, eine Präsentation zur [Unfall-] These der Verteidigung zeigen zu dürfen. … Staatsanwalt Merkel erhob … den Einwand, dass dies erneut eine Vorwegnahme der Beweisaufnahme sei. Rick argumentierte, dass sie der Anklage … lediglich ihre Ansicht gegenüberstellen wolle. Die Vorsitzende … Will lehnte dies ab und verwies darauf, dass die Verteidigung ihre Ansicht während der Beweiswürdigung darlegen könne.

Start mit zahlreichen Befangenheitsanträgen

Rick startete anschließend eine 20-minütige Auflistung und Erklärung zu ihren Befangenheitsanträgen gegen mehrere Gutachter aus dem ersten Prozess. Diese richten sich sowohl gegen Rechtsmediziner der LMU München als auch gegen Prof. … [Malcherek]. Letzterer habe einen gewissen „Verfolgungseifer“ gezeigt. Staatsanwalt Merkel entgegnete, dass das Gutachten … [Malchereks] eigens von der Verteidigung gewünscht wurde. Richterin Heike Will erklärte …, dass Stellungnahmen der Gutachter dazu eingeholt würden.

Update, 15 Uhr – Die Tatnacht und Hannas Heimweg vom Club „Eiskeller“

Gegen 13.30 Uhr wurde der erste Zeuge in den Saal gerufen: Es handelte sich um Jürgen … [M.], den Sachbearbeiter bei der Kripo Rosenheim. Der Kriminalhauptkommissar zeigte eine Präsentation mit Fotos, anhand derer er die Arbeit und Erkenntnisse der „Soko Club“ erläuterte … „Es herrschte am 2. und 3. Oktober starkes Hochwasser“, so … [M.]. Sowohl der Pegel des Bärbachs … als auch der Prien seien außergewöhnlich hoch gewesen.

Anhand von Fotos machte der Zeuge das Gericht mit den Örtlichkeiten, dem Fundort … und … [dem] … Eiskeller bekannt. Der Oberkörper des Leichnams sei nur teilweise bekleidet gewesen, sonst war der Körper nur noch mit Höschen und Turnschuhen bekleidet – sowie mit einer Halskette. Der Zeuge erklärte, dass sich die Identifizierung zuerst als schwierig dargestellt habe.

Schließlich habe man aufgrund des Stempels an Hannas Unterarm um 18.09 Uhr Kontakt mit dem … „Eiskeller“ aufgenommen, wo ein Partyfotograf in der Nacht auf den 3. Oktober 2022 zahlreiche Fotos erstellt hatte, die anschließend von der Polizei ausgewertet wurden und nach einem Computerabgleich um 22.10 Uhr zur Identifizierung des Leichnams führten. Gegen 22.37 Uhr habe dann Hanna W.s Vater seine Tochter als vermisst gemeldet.

Sachbearbeiter der Kripo zu Ermittlungen

„Aufgrund der Verletzungen entschieden wir uns noch in der gleichen Nacht die Obduktion zu organisieren“, so … Hauptkommissar … [M.]. „Diese wurde ab 23.40 Uhr am 3. Oktober durchgeführt und als Todesursache wurde Ertrinken festgestellt.“ Am Rücken habe die Leiche großflächige Verletzungen, am Kopf fünf Riss-Quetsch-Wunden aufgewiesen. Diese hätten zu dem Schluss geführt, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelte.

Die „Soko Club“ habe dann Videoaufnahmen aus dem Club und aus Aschau gesichert, zahlreiche Vernehmungen von Familie und Freunden Hanna W.s durchgeführt, Eiskeller-Mitarbeiter und Clubbesucher befragt. Insgesamt wurden rund 750 Personen vernommen. Hanna W. sei als sehr sympathisch und lebenslustig beschrieben worden. Sie habe seit 2018 Medizin in Rumänien studiert, wohin sie ursprünglich zum Start des Semesters am 2. Oktober 2022 einen Rückflug gebucht hatte, den sie dann wegen der Party auf den 4. Oktober verschoben habe.

Vor der Party habe sich Hanna W. mit Freunden zum Vorglühen getroffen, dann sei man in den … Eiskeller gegangen. Anhand von Videos aus dem Club habe man rekonstruieren können, dass Hanna um 2.09 Uhr die Toilette aufsuchte, sich dort 10 Minuten aufhielt und anschließend zur Garderobe ging. Ab hier zeigen die Aufnahmen, dass der seitliche Reißverschluss an ihrer Hose nicht mehr schloss. Immer wieder hielt die junge Frau ihre Hose fest.

Im Eingangsbereich traf Hanna dann zwei Freundinnen. Diese boten ihr wohl an, sie mit nach Hause zu nehmen. Weil Hanna jedoch auf einen Freund wartete, mit dem sie vereinbart hatte, gemeinsam nach Hause zu gehen, lehnte sie das Angebot wohl ab. Weil, der Freund aber noch im Club blieb, habe die junge Frau den Heimweg schließlich allein angetreten.

Am morgigen Verhandlungstag wird der Sachbearbeiter erneut vor Gericht aussagen. Zudem wird eine weitere Ermittlungsbeamtin aussagen.

Rosenheim24.de am 29.09.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 53986.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 53986.html

Die Leserkommentare dazu zeugen von einem überwiegend verquasten Rechtsverständnis:
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments



PNP: Live-Ticker + Video

https://www.pnp.de/lokales/landkreis-tr ... g-19513535

Video mit Statements von RA Dr. Georg und RA Holderle:
https://www.pnp.de/lokales/landkreis-tr ... g-19597442


StZ/StN: Video

Die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten präsentieren ein kurzes Video mit einer Erklärung von RA Georg, schwer erträglich: RA Holderle.
https://youtu.be/nTfEG8o0ESo


Welt: Befangenheitsanträge

Näheres zu den neuen Befangenheitsanträgen der Verteidigung weiß „Die Welt“:

► gegen 2 Rechtsmediziner der LMU

► u. a. wegen Vortrags des Direktors des Instituts [Matthias Graw] bei Rotarier-Treffen im Chiemgau

Anmerkung: Über die Hintergründe berichtete „Die Zeit“ am 30.07.2025 (siehe hier).

Spoiler – hier klicken!

Anwältin Rick stellte am Montag … Befangenheitsanträge gegen drei Gutachter, darunter zwei Rechtsmediziner der Uni München. Sie begründet den Schritt unter anderem damit, dass der Direktor des rechtsmedizinischen Instituts bei einem Treffen der Rotarier im Chiemgau einen Vortrag gehalten und sich trotz laufenden Verfahrens dazu geäußert habe. Er habe sinngemäß gesagt, „alle bescheinigten den Beteiligten und dem Gericht eine äußerst akribische Vorgehensweise“. Staatsanwalt Christian Merkel, den die Anklagebehörde neu in das Verfahren schickte, widersprach mit der Anmerkung, „akribisch“ sei ja nicht dasselbe wie „gut“.


Welt.de am 29.09.2025
https://www.welt.de/politik/deutschland ... ozess.html


OVB: Befangenheitsanträge

Die Befangenheitsanträge der Verteidigung richten sich gegen

► Hydromechaniker Andreas Malcherek,
► Biomechaniker Jiri Adamec,
► Rechtsmediziner Oliver Peschel.

Anmerkung: Oliver Peschel trat offenbar an die Stelle von Elisabeth Mützel, der nun an ihrer Statt aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Institut für Rechtsmedizin der LMU wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wird. Der Münchner Merkur berichtet, dass „eine Gutachterin des Instituts, die einen Unfall nicht ausgeschlossen hatte, für die zweite Verhandlung ersetzt worden“ sei:
https://www.merkur.de/bayern/zweiter-pr ... 60955.html

Darüber hinaus übt sich das OVB auf Rosenheim24 in zeilenfüllenden Redundanzen:

Spoiler – hier klicken!
Mord oder Unfall? Erster Tag … mit einigen Attacken – und einem Versprechen

Bild
… Sebastian T. … mit seinen Verteidigern Regina Rick und Dr. Yves Georg … © Michael Weiser

… Das Verfahren am Amtsgericht Laufen beginnt mit einem Versprechen. Es folgt ein Streit, der einiges ahnen lässt.



Viele Fragezeichen hinter dem Tod von Hanna W.

… War es ein Unfall, war es ein Mord? Und wenn es ein Mord war, war Sebastian T. der Täter? …

… Seit Montag (29. September) läuft das neue Verfahren und das unter großem Interesse: Über eineinhalb Stunden vor Beginn standen Menschen vor dem Amtsgericht Laufen an, zahlreiche Medienvertreter waren in das Städtchen an der bayerisch-österreichischen Grenze gefahren.

Richterin Will verspricht sorgfältige Nachforschungen

„Der Tod eines jungen Menschen ist immer eine Tragödie“, sagte Richterin Heike Will zum Auftakt des Prozesses. Die Umstände seien nun zu klären. … Ihre Kammer werde das Verfahren nach „bestem Wissen und Gewissen, mit allen Kräften“ führen, versprach Will, es würden „alle Erkenntnisquellen“ genutzt werden.

Bild
Vorsitzende Richterin in einem von Anfang an umkämpften Prozess: Heike Will (Mitte). © Michael Weiser



Harte Attacken der Verteidigung

Hart attackierte Georg … Gericht und Staatsanwaltschaft. Vor allem Richterin Aßbichler, die Vorsitzende des Erstgerichts, kritisierte er hart. Sie sei befangen gewesen und habe mangelhafte Kenntnis der Strafprozessordnung bewiesen. Ihr vor laufender Kamera geäußertes Bedauern, als sie in einem anderen Verfahren einen Angeklagten wegen problematischer Beweislage freizusprechen musste, verrate, dass sie „keinen Schimmer von Wahrheitsfindung“ habe und „nicht geeicht auf den Rechtsstaat“ sei.

Die Staatsanwaltschaft griff er auch deswegen an, weil sie von „Täterwissen“ bei Adrian M. spreche, von Details also, die er nur von einem Täter erfahren haben konnte. Dergleichen hatte etwa Wolfgang Beckstein im OVB-Interview geäußert. Staatsanwalt Christian Merkel fuhr ihm in die Parade, sprach von einem unzulässigen Vorgriff auf die Bewertung von Beweisen, die in der Hauptverhandlung zu leisten sei. Nebenkläger Walter Holderle beantragte daraufhin, Georgs Vortrag abzukürzen …

Regina Rick reicht Befangenheitsanträge ein

Auch Regina Rick zeigte sich angriffslustig. Sie reichte Befangenheitsanträge ein, gegen Wasser-Experte Andreas Malcherek, gegen Biomechaniker Prof. Dr. Jiri Adamec und gegen Rechtsmediziner Dr. Prof. Oliver Peschel. Ihre Stellungnahmen aus der ersten Verhandlung stehen einer Unfallthese entgegen.



… Der Angeklagte, gekleidet in einen blauen Anzug, mit weißem Hemd, wirkte schlanker als während der ersten Verhandlung … Die Wochen in Freiheit seit der U-Haft-Aufhebung … haben ihm offensichtlich gutgetan. Wie es ihm gegenüber Andreas W. geht, dem Vater von Hanna, ist kaum zu ermessen. … Schon im ersten Prozess hatte Hannas Familie betont, dass es ihr in erster Linie nicht um Strafe gehe, sondern um Klarheit, was Hanna in ihren letzten Minuten widerfuhr.



Rosenheim24.de am 29.09.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 60692.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 60692.html

Die Leserkommentare dazu:
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments


PNP: „Justizshow“, Austausch zwischen Malcherek und Aßbichler ohne Verteidigung

Weitere Details steuert die Passauer Neue Presse (PNP) bei:

► Vater von Hanna beklagt „Justizshow

► RAin Rick: Ablehnung von Gutachtern wegen Befangenheit:

Rotary-Vortrag des Leiter der Rechtsmedizin habe Ermittlern gute Arbeit bescheinigt und Eindruck erweckt, den Richtigen erwischt zu haben

Adamec nehme Position der StA ein

Malcherek habe sich mit Vorsitzender Aßbichler ausgetauscht, ohne Kenntnis der Verteidigung (!)

► Zeuge KHK Jürgen M. (siehe oben): schildert Erkenntnisse so, als sei Hanna einer Gewalttat zum Opfer gefallen

Spoiler – hier klicken!
Turbulenter Prozessauftakt … – Vater Andreas … [W.] kritisiert „Justizshow“

Bild
Andreas … [W.] (rechts) … bespricht sich mit … Rechtsanwalt Walter Holderle. – Foto: Luis Hanusch

Es war ein turbulenter Auftakt … Das Geschehen am ersten von mindestens 26 Terminen empfindet Andreas … [W.], der Vater von Hanna, als „Justizshow“, sagte er der Mediengruppe Bayern.

Andreas … [W.] schüttelt in der Mittagspause nur noch den Kopf, wenn man ihn zum Auftakt des neuen Prozesses … befragt: „Das ist mehr eine Justizshow.“ Wie sein Rechtsbeistand Walter Holderle bestätigt, erwarten sich die Eltern von Hanna in dieser Neuauflage erneut eine Aufklärung, warum ihre 23-jährige Tochter … sterben musste.



Anwältin Rick attackiert Sachverständigen wegen Vortrag vor Rotary-Club Chiemsee

Verteidigerin Regina Rick erklärt …, dass sie … wesentliche Sachverständige wegen Befangenheit im Namen ihres Mandanten ablehnt. Dabei geht es um die Vertreter der Rechtsmedizin, die aus ihrer Sicht befangen sind, weil der Leiter der Rechtsmedizin bei einem Vortrag vor dem Rotary-Club Chiemsee den Ermittlern eine gute Arbeit bescheinigt habe und „den Eindruck erweckt hat, man habe schon den Richtigen erwischt“.

Prof. Dr. Jiri Adamec vom Institut der Rechtsmedizin nehme zudem die Position der Staatsanwaltschaft ein. Abgelehnt wird von der Verteidigung auch der Gutachter und Professor für Hydromechanik, Dr.-Ing. Andreas Malcherek von der Bundeswehr-Uni München. Dieser habe sich unter anderem mit der Vorsitzenden Richterin im ersten Prozess ausgetauscht, ohne dies der Verteidigung mitzuteilen.

Prozess wird am Dienstag fortgesetzt

Am Montagnachmittag berichtet schließlich der Hauptermittlungsbeamte, unter welchen Umständen Hanna gefunden worden ist und wie die Polizei ermittelt hat. … Unterbrochen wird er von den Verteidigern vor allem dann, wenn er die damaligen Erkenntnisse derart schildert, dass Hanna einer Gewalttat zum Opfer gefallen sei.



PNP.de am 29.09.2025
https://www.pnp.de/lokales/landkreis-tr ... w-19600553
ohne Paywall:
https://archive.ph/20250929172345/https ... w-19600553


SAT.1: 2 Videos

Ab Min. 0:35 RA Dr. Georg:
https://youtu.be/f07ipekVg48&t=35s (mit Sprungmarke)
Ab Min. 1:26 RA Holderle:
https://youtu.be/f07ipekVg48&t=1m26s (mit Sprungmarke)

Dazu eine kurze Reportage:
https://youtu.be/ZQnLobTLgj8


SZ: Ganz andere Atmosphäre

Über ein gegenüber dem ersten Rechtsgang völlig verändertes Stimmungsbild berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ):

► Vorsitzende Will: bekräftigt Aufklärungswillen, zeigt Empathie auch mit dem Angeklagten

► RA Georg: Aßbichler habe „keinen Schimmer von Wahrheitsfindung“, Urteil fuße „auf der zusammengestammelten Aussage eines zweifach persönlichkeitsgestörten Sexualstraftäters“

► Verteidigung: Befangenheitsantrag gegen 2 Rechtsmediziner der LMU und Hydromechaniker Malcherek

Der vollständige Artikel:
https://archive.ph/20250929150038/https ... li.3314610

Das Wesentliche daraus:

Spoiler – hier klicken!
„Wir werden diese Tragödie aufklären, soweit sie sich aufklären lässt“

Bild
Sebastian T. erwartet … den neuerlichen Prozessauftakt. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

… Wieder wirft die Staatsanwaltschaft … [Sebastian T.] vor, die Medizinstudentin Hanna … [W.] … ermordet zu haben. Und doch ist dieses Mal vieles anders.



… Sebastian T. trägt keine Handfesseln, keine Fußfesseln, er ist auch nicht aus der JVA angereist, sondern privat. Und die Kameraleute müssen sein Gesicht nicht verpixeln, die Verteidiger haben es ihnen erlaubt. Sie sagen, dass Sebastian T. nichts zu verbergen habe.



An diesem Morgen sind es die kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen. Die fehlenden Fesseln. Das unverpixelte Gesicht. Oder auch die neue Vorsitzende Richterin, Heike Will, die ihre erste Frage an den Angeklagten richtet. „Wie geht’s Ihnen?“ Sebastian T. nickt, er murmelt: „Gut.“



Jetzt, sagt daher am Montag Richterin Will, „sind wir wieder letztlich am Anfang des Verfahrens, das bekanntermaßen beginnt mit der Anklage“.

Und so hört sich Sebastian T. zum zweiten Mal … an, was er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft … gemacht haben soll: Er habe auf seiner nächtlichen Joggingrunde durch Aschau … die „nichts ahnende“ Hanna … [W.] „aus sexuell motivierten Gründen“ verfolgt, sich „wuchtig“ auf sie draufgesetzt, ihr mehrmals „in Tötungsabsicht“ auf den Kopf geschlagen. Dann habe er sie in den in dieser Nacht reißenden Bärbach geworfen. … Die Staatsanwaltschaft geht aus von einem Mord aus Heimtücke.

Sebastian T. sitzt da, leicht nach vorn gebeugt. Hört sich alles an. Weiter zeigt er keine Regung.

Für diese Tat, wie sie die Staatsanwaltschaft vermutet, gibt es keine Zeugen, es gibt nicht einmal Zeugen, die gesehen haben, dass Sebastian T. und Hanna … [W.] sich begegnet sein könnten. Es gibt auch keine DNA-Spuren. Nichts, was unzweifelhaft beweist, dass Sebastian T. der Mörder von Hanna … [W.] ist. Der Angeklagte hatte im ersten Verfahren … geschwiegen, so bleibt es auch, sein Verteidiger Yves Georg sagt: „Herr T. bestreitet die Tat, er wird sich schweigend verteidigen.“

Die Richterin zeigt Mitgefühl mit dem Angeklagten

Daher spricht erst noch einmal Richterin Will über etwas, das „uns als Kammer am Herzen liegt“. Der Tod von Hanna … [W.] sei „eine furchtbare Tragödie“. Sie verstehe auch, sagt sie, dass manche dafür „jemanden zur Verantwortung ziehen wollen“. Sie sagt aber auch: Sollten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nicht zutreffen, hätte Sebastian T. einen „Schaden“ erlitten, der „nachhaltig“ sein Leben verändert habe. Sebastian T., der auch in Aschau wohnt, war im Herbst gerade mittendrin in seiner Ausbildung zum Anlagenmechaniker, er saß mehr als zweieinhalb Jahre lang in Haft. Will sagt: „Wir werden diese Tragödie aufklären, soweit sie sich aufklären lässt.“

Mit so viel Mitgefühl war die Richterin im ersten Verfahren Sebastian T. nie begegnet.

Wie problematisch seine Verteidiger Georg und Regina Rick auch im Rückblick das Vorgehen der Richterin Aßbichler sehen, das betont Georg in einem Eröffnungsstatement. Aßbichler habe „keinen Schimmer von Wahrheitsfindung“. Verurteilt hatte sie Sebastian T. vor allem, weil sie einem Zeugen aus der JVA geglaubt hatte, der von einem angeblichen Geständnis berichtet hatte. Daher, sagt Georg, fuße das Urteil „auf der zusammengestammelten Aussage eines zweifach persönlichkeitsgestörten Sexualstraftäters“, dessen Erzählung zudem im ersten Prozess nie von einem Aussagepsychologen begutachtet worden sei. Erst die Richterin Will holte im Frühsommer ein solches Gutachten ein – und der beauftragte Aussagepsychologe glaubte dem JVA-Zeugen kein Wort. Will hob daraufhin den Haftbefehl auf, weswegen Sebastian T. nun zu dem Verhandlungstermin als freier Mann anreisen darf.

Das erste Urteil, sagt am Montag Verteidiger Georg, sei „durch und durch kontaminiert“ gewesen, allein schon, weil Richterin Aßbichler überhaupt noch ein Urteil sprechen durfte. Rick hatte während des Verfahrens in einem Nebenordner eine Mail gefunden, in der Aßbichler dem damals zuständigen Staatsanwalt geschrieben – und dabei das Urteil schon vorweggenommen hatte: Sie gehe, schrieb sie, vor allem wegen der Aussage des JVA-Zeugen von gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Mord aus. Für Sebastian T., sagt Georg, sei es „der Horror“ gewesen, dass bei Aßbichler „Unkenntnis, Hybris und Befangenheit“ zusammengekommen seien: „Sebastian T. saß fast drei Jahre lang unschuldig im Gefängnis, die gibt ihm niemand zurück.“

Georg und Rick wollen in den nächsten Monaten nachweisen, dass Sebastian T. nicht noch einmal als Mörder verurteilt werden kann, da es sich beim Tod von Hanna … [W.] gar nicht um einen Mord gehandelt habe. Sie wollen beweisen, dass Hanna … [W.] durch einen Unfall gestorben ist. Rick und Georg haben der Richterin Will bereits mehrere Gutachten vorgelegt, die ein Unfallgeschehen beweisen sollen. Die könnten der zentrale Streitpunkt in diesem Prozess werden, da die neuen Gutachter wesentlich den Gutachtern und Rechtsmedizinern aus dem ersten Prozess widersprechen. Am Montag beantragen die Verteidiger daher auch, dass ein Hydromechaniker, der im ersten Prozess ausgeschlossen hatte, dass Hanna … [W.] sich alle Verletzungen im Wasser zugezogen haben könnte, nicht noch einmal aussagen dürfe, genauso wenig wie zwei Münchner Rechtsmediziner. Rick und Georg bezweifeln, dass die drei Männer unvoreingenommen dabei helfen würden, die Geschehnisse … aufzuklären.

… Sebastian T. steht auf. Und fährt nach Hause.

Süddeutsche.de am 29.09.2025
https://www.sueddeutsche.de/panorama/ha ... li.3314610


FAZ

Wenig Neues zu den wesentlichen, vorgenannten Punkten berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ):
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 09076.html


Spiegel

Auch „Der Spiegel“ war im Gerichtssaal:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... 65ceb84e6e
ohne Paywall:
https://archive.ph/20250929185128/https ... 65ceb84e6e


RFO: Bericht morgen

Einen ausführlichen Bericht zum Prozessauftakt kündigt das Regional-Fernsehen Oberbayern (RFO) für morgen an:
https://www.rfo.de/mediathek/video/nach ... ompakt-34/
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Video über Befangenheit Aßbichlers

Der Mainzer RA Alexander Boos erklärt den rechtlichen Hintergrund und die Folgen der Befangenheit Aßbichlers. Für alle, die noch immer dem Irrglauben anhängen, das tote Urteil lasse sich wieder zum Leben erwecken:

https://youtu.be/prsvhGHoGGk
papaya
Beiträge: 1060
Registriert: Dienstag, 26. März 2019, 11:20:01
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von papaya »

Danke @Catch22 für die exzellente Dokumentation!
andi55
Beiträge: 650
Registriert: Sonntag, 14. Mai 2023, 23:50:34
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

@Catch22
@papaya
Dem schließe ich mich vollumfänglich an ! DANKE !
andi55
Beiträge: 650
Registriert: Sonntag, 14. Mai 2023, 23:50:34
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

Wäre der Regionalleiter der Passauer Neuen Presse etwas besser informiert, hätte er die Bemerkung von Frau Rick bezüglich Herrn Dr. Georg als Lichtgestalt wohl richtig eingeordnet und den Zynismus darin erkannt. Vielleicht sollte er sich das Interview des rfo Oberbayern mit Frau Assbichler mal ansehen, dann wüßte er worauf Frau Rick angespielt hat !
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

@papaya
@andi55

Herzlichen Dank für die Anerkennung! Gerne trage ich dazu bei, einen Überblick anzubieten, um Infos zu den Sitzungen später leichter wiederfinden zu können.

Bald könnte es vielleicht heißen – so wie sich bislang viele Aßbichlereien in ihr Gegenteil verkehrten: „Wer noch an ein Verbrechen glaubt, dem kann man alles erzählen!“ ;-)
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

2. Sitzungstag – 30.09.2025

OVB: Live-Ticker

Das Oberbayerische Volksblatt (OVB) berichtet:

► KHK Jürgen M. zu Hanna:
• 2.31 Uhr Anrufversuch von Hannas Handy
• 2.32 Uhr Notruf bei Eltern von Hannas Handy
• zuletzt von Kamera erfasst beim Einbiegen von Schlossbergstraße in Kampenwandstraße

► KHK Jürgen M. zum Jogger:
• laut Zeugenaussagen Jogger mit kurzer Hose, Windjacke, Stirnlampe, in Kampenwandstraße und über Eiskeller-Parkplatz gelaufen
• laut Hannas Begleiter [Nachbar P.] kurze Hose des Joggers auffällig, weil sehr kalt und Regen
• Anruf von Sebastians Mutter bei Polizei
1. Vernehmung von Sebastian am 21.10.2022
• Jogging-Kleidung mitgebracht, lange dunkle Hose
• gegen 2 Uhr gestartet (habe nicht schlafen können, trainiere für Halbmarathon)
• Laufstrecke von Sebastian in Karte eingezeichnet
• von Kampenwandstraße auf Eiskeller-Parkplatz, um evtl. Bekannte zu treffen
• Mädchen sei entgegengekommen, er habe Auto mit Standlicht gesehen
2. Vernehmung von Sebastian [10.11.2022]: lange Laufhose, nicht mit Fitnessuhr getrackt
• Fitnessuhr von Polizei sichergestellt, könne laut KHK M. noch weiter ausgewertet werden
• Fitnessuhr habe damals Daten auch anderer Familiemitglieder enthalten, weil nicht nur von Sebastian benutzt
• warum Fragen zu Beziehungsleben und Frauengeschmack?
• warum Fragen zum Tatablauf?
→ keine Angaben, weil Jürgen M. bei Vernehmung nicht anwesend

► RA Holderle will im Pausengespräch („aber vor den Augen der Verteidigung“) vom StA Video mit unscharfer Aufzeichnung des Joggers (nicht erkennbar, ob kurze oder lange Hose), um Qualität verbessern zu lassen

► KHK Jürgen M. zu Täterwissen bei Spaziergang und Hausparty:
• berichtet von Vernehmung der Verena R., angeblich Treffen am 03.10.2022 mit Sebastian, Frau aus Aschau sei ermordet worden
• Ermittler fragten sich, woher Sebastian diese Info haben konnte
• laut 2. Vernehmung von Verena R.s Mutter am 22.11.2022 habe Sebastian bei Hausparty am 17.11.2022 gesagt: „Ja, ich war’s. Ich habe sie umgebracht.“
• am 18.11.2022 Festnahme Sebastians
• Nachfrage des Gerichts, ob Verenas Mutter schon bei 1. Vernehmung gleichlautend ausgesagt habe, denn laut Protokoll habe sie den Gesprächen „der Jungen“ über deren polizeiliche Vernehmungen nicht zugehört

► KHK Jürgen M. zu Treffen mit Verena:
• Sprachnachricht am 17.11.2022 von Verena R. an ihre Mutter, Spaziergang sei nicht am 03., sondern am 05.10.2022 gewesen
• auf Nachfrage von RAin Rick zu Ausflug am Nachmittag des 03.10.2022 nach Übersee: „Verena fuhr ihre Schwester [Lea] an diesem Tag nach Hause und danach zu Sebastian.“
• Treffen Verena und Sebastian am Eiskeller-Parkplatz am 03. und 04.10.2022
• Treffen am 04.10.2022 durch Webcam-Bilder bestätigt
• Treffen am 03.10.2022 nicht bestätigt, da Verena Auto hinter Baum geparkt haben will

► KHK Jürgen M. zu Durchsuchung und Auswertung:
• am 18.11.2022 Festnahme Sebastians
• am 18.11.2022 Hausdurchsuchung bei Familie T.
• keine außergewöhnliche Regung bei Sebastian, kein Schuldbekenntnis
→ empörtes Lachen von RA Georg und Zuschauern
• Sicherstellung von Gegenständen und Kleidung
→ DNA auf Jacke, zu wenig für Profilerstellung
→ keine Hinweise auf Hanna
• Sicherstellung des Handys
→ 2.42 bis 2.50 Uhr „Clash of Clans“
→ viele Aufrufe von Pornoseiten, Gewaltvideos

► KHK Jürgen M. zu Nachtatverhalten:
• Äußerungen mehrerer Freunde über auffälliges Verhalten von Sebastian nach der „Tat“
• laut Verenas Mutter soll Sebastian ein Messer auf Flohmarkt gekauft und Verena an Hals gehalten und gesagt haben, er könne sie jetzt umbringen

► KHK Jürgen M. zu Adrian M.:
• Möglichkeit untersucht, Infos aus der Presse zu erlangen
• habe nicht wissen können, dass keine DNA-Spuren gefunden wurden
• habe persönliche Details zu Sebastian gekannt

► KHK Jürgen M. zu Rettungskräften:
• keine Angaben auf Nachfrage Ricks, ob über Rettungskräfte Infos über Leichenfund an Öffentlichkeit gedrungen sein könnten

► KHK Jürgen M. zu Laufstrecke (nach Sebastians Angaben bei der Polizei 6 bis 7 km):
• kann nicht sagen, ob Strecke von zu Hause bis Chalet überprüft wurde
• vom Chalet bis Eiskeller-Parkplatz 3 km
• vom Parkplatz über Schlossbergstraße bis Kampenwandstraße knapp 1 km

► Kriminalbeamtin zu 1. Vernehmung von Sebastian:
• Beamtin hatte Vernehmung geführt
• Sebastian „sehr schreckhaft“, „auffällig blass“
• Sebastian sollte Jogging-Route in Karte einzeichnen
• zwischen 2 und 3 Uhr losgelaufen, habe etwa 1 Stunde gebraucht
• Route: von Elternhaus über Burgweg in Kampenwandstraße Richtung Kinderheilstätte, dort umgekehrt (weil Straße gesperrt), weiter Richtung Edeka, auf Aschauer Hauptstraße Richtung Hohenaschau, über Mauerdurchbruch auf Eiskeller-Parkplatz, auf Burgweg nach Hause
• keine Uhr, kein Handy dabei
• habe Hanna nicht gekannt, auch nicht vom Sehen

► Kriminalbeamtin zu 2. Vernehmung von Sebastian:
• Polizei erhoffte Hinweise auf Tatort oder Täter
• deshalb 2. Vernehmung als Zeuge
• Thema: Länge der Hose
• Sebastian sei der Annahme gewesen, dass nach Jogger mit kurzer Hose gesucht werde
• keine Angaben auf Nachfrage der Vorsitzenden, ob Jogger mit genauer Bezeichnung der Kleidung gesucht wurde
• Sebastian habe ausgesagt, er laufe immer mit langen Hosen
• Sebastian ziehe laut seiner Mutter (Hausdurchsuchung) zum Joggen an, was er gerade finde

Weiter geht's kommende Woche am 08. und 09.10.2025 um 9.30 Uhr (Mittwoch und Donnerstag; alle Termine siehe hier) mit dem mit Spannung erwarteten Dreh- und Angelpunkt:

JVA-Zeuge Adrian M.

Spoiler – hier klicken!
… Kriminalbeamte zu Ermittlungen im Mordfall Hanna W. …

Bild
Sebastian T. (links) … Neben ihm seine Verteidiger Regina Rick und Dr. Yves Georg. © Haindl



Update, 11.15 Uhr – Sebastian joggte in der Tatnacht: Widersprüche um Laufhose und Strecke

Der zweite Prozesstag … startete um einiges ruhiger als der gestrige Auftakt. Im Gerichtssaal sind zahlreiche Sitze unbesetzt und in den ersten beiden Stuhlreihen sitzen dementsprechend weniger Pressevertreter. …

Nach Eintritt der Vorsitzenden … wurde die Einvernahme des Sachbearbeiters … der Kripo Rosenheim fortgesetzt … Laut dem Zeugen wurden von Hannas Mobiltelefon nach Verlassen des Clubs ein Anrufversuch um 2.31 Uhr und ein Notruf bei [ihren] Eltern (Notrufkontakt) um 2.32 Uhr getätigt. Ein letztes Lebenszeichen von ihr wurde von der Überwachungskamera aufgenommen, als sie von der Schloßbergstraße in die Kampenwandstraße einbog.

Zeugen hätten angegeben, einen Jogger in kurzer Hose und Windjacke in der Nacht gesehen zu haben. Er trug eine Stirnlampe und lief sowohl in der Kampenwandstraße als auch über den Eiskeller-Parkplatz. Die kurze Hose sei einem Zeugen, dem Freund Hannas, der sie ursprünglich vom Club nach Hause begleiten wollte, aufgefallen, weil es in der Nacht sehr kalt war und regnete.

Zeuge zur ersten und zweiten Vernehmung von Sebastian T.

Durch einen Anruf von Sebastians Mutter … erfuhr die Polizei …, dass es sich bei dem Jogger um den Angeklagten handelte. Am 21. Oktober 2022 kam es so zur Vernehmung von Sebastian, zu der er seine Jogging-Kleidung mitbrachte. Ihm zufolge trug er eine lange dunkle Hose und war gegen 2 Uhr laufen gegangen, weil er nicht schlafen konnte und für einen Halbmarathon trainierte.

Seine Laufstrecke habe er dann auf eine Karte aufgezeichnet. Er sei von der Kampenwandstraße auf den Eiskeller-Parkplatz gelaufen, weil er schauen wollte, ob er dort Bekannte treffe. Dort sei ihm ein Mädchen entgegengekommen und er habe ein Auto mit Standlicht gesehen. Auch bei seiner zweiten Vernehmung gab Sebastian an, eine lange Laufhose getragen zu haben. Laut ihm habe er den Lauf nicht mit seiner Fitnessuhr getrackt. Diese sei von der Polizei sichergestellt worden und könne laut dem Sachbearbeiter noch weiter ausgewertet werden. Damals habe die Uhr jedoch Daten der Familie T. enthalten, weil sie nicht nur von Sebastian benutzt worden sein soll.

Verteidigerin Regina Rick und Dr. Yves Georg wollten von dem Sachbearbeiter zahlreiche Details wissen, wie unter anderem auch Angaben zu Vernehmungen, die er selbst nicht einmal durchgeführt hatte. Rick hakte auch wegen der mutmaßlichen Joggingstrecke ihres Mandanten nach. Sie bat schließlich um eine Beratungspause.

Update, 13 Uhr – Fragen zu Beziehungsleben und Frauengeschmack

Gleich nach der Pause griff die Vorsitzende … auf eine Frage zurück, die bereits von der Verteidigung gestellt worden war: Warum waren Sebastian T. bei seiner zweiten Vernehmung am 10. November 2022 Fragen zu seinem Beziehungsleben und seinem Frauengeschmack gestellt worden? Warum war er dazu befragt worden, wie es zu der Tat gekommen sein könnte? Der Kripo-Sachbearbeiter kann dies als Zeuge jedoch nicht beantworten, da er selbst nicht bei der Vernehmung anwesend gewesen sei.

Anschließend „schoss“ die Verteidigung gegen Nebenklägervertreter … Holderle, der Staatsanwalt … Merkel in der Pause um ein Video gebeten habe. Es handele sich um das Video, bei dem Sebastian T. als Jogger aufgezeichnet wurde, so Holderle. Weil die Qualität so schlecht war, konnte man nicht sehen, ob er eine kurze oder lange Hose trug. Holderle sagte, er habe um das Video gebeten, weil er einen Experten kenne, der dessen Qualität möglicherweise verbessern könnte. Das Gespräch sei aber vor den Augen der Verteidigung geführt worden, sagte Staatsanwalt … Merkel.

Sebastian T. habe bei der Vernehmung gesagt, dass er einen Freund beim Eiskeller-Parkplatz treffen wollte. Auch eine gute Freundin habe er dort öfter getroffen. Daraufhin vernahmen die Beamten die beiden Freunde von Sebastian, wobei die Freundin Verena R. aussagte, dass sie ihn am 3. Oktober 2022 getroffen habe und er ihr erzählt habe, dass erst am Morgen eine junge Frau aus Aschau ermordet worden sei. Die Ermittler wussten jedoch, dass die Identität Hanna W.s erst nach 22 Uhr geklärt wurde, weshalb sich die Frage stellte, woher Sebastian T. die Informationen haben konnte.

Bei einer zweiten Befragung der Mutter von Verena R. am 22. November 2022 sagte diese dann, dass am 17. November 2022 in ihrem Haus eine Party stattgefunden habe, bei der Sebastian T. gesagt habe: „Ja, ich war’s. Ich habe sie umgebracht.“ Einen Tag später wurde er festgenommen. Doch das Gericht fragte an dieser Stelle genau nach und wollte wissen, ob die Zeugin dies auch bei ihrer ersten Vernehmung … gesagt habe. Im Protokoll steht, dass sie den Gesprächen „der Jungen“ über … [deren] Vernehmungen nicht zugehört habe.

Update, 15 Uhr – „Jetzt habe ich der Polizei einen Schmarrn erzählt.“

Am 17. November 2022 schrieb Verena R. an ihre Mutter eine Sprachnachricht, die Verteidiger Georg dem Zeugen nun vorhält: „Jetzt habe ich der Polizei einen Schmarrn erzählt. Es war nicht am 3., sondern am 5., an dem ich Sebastian getroffen hab’ und jetzt hab ich denen gesagt, es war am 3.“ Rick fragte den Kripo-Sachbearbeiter, ob er sich noch an die Vernehmung der Schwester von Verena R. [Lea R.] erinnern könne. Diese habe von einem Ausflug am 03.10.2022 nach Übersee am Nachmittag berichtet, bei dem ihre Schwester [Verena R.] und Sebastian T. dabei waren. An diesem Tag habe Sebastian vor vier Personen von dem Mord in Aschau erzählt. „Verena fuhr ihre Schwester an diesem Tag nach Hause und danach zu Sebastian.“

Sowohl am 03.10.2022 als auch am 04.10.2022 sei es zu einem Treffen von Verena R. und Sebastian T. am Eiskeller-Parkplatz … gekommen. Anhand von Webcam-Bildern konnte das Treffen am 04.10. bestätigt werden. Das mutmaßliche Treffen am 03.10.2022 dagegen nicht, da R. ihr Auto eigenen Angaben zufolge an diesem Tag hinter einem Baum geparkt haben soll.

„Am 18.11.2022 kam es zur Festnahme von Sebastian T.“, so der Zeuge. Anschließend sei das Haus der Familie T. … durchsucht worden. Nach der Festnahme und auch danach habe … Sebastian T. außergewöhnlich wenig Regung gezeigt. „Es gab auch keine Schuldbekenntnisse oder so“, sagte der Zeuge, der inzwischen seit 3 Stunden mit nur einer kleinen Pause von 15 Minuten befragt wurde. Seine Aussage löste empörtes Lachen bei Verteidiger Georg und manchen Zuschauern aus.

Sebastian T. soll guter Freundin Messer an Hals gehalten haben

Bei der Durchsuchung habe die Polizei laut dem Sachbearbeiter Gegenstände und Kleider sichergestellt. Auf einer Jacke sei zwar DNA festgestellt worden, jedoch zu wenig, um ein Profil zu erstellen. Man habe also keine Hinweise auf Hanna W. finden können.

Zudem wurde das Mobiltelefon von Sebastian T. sichergestellt, auf dem eine achtminütige Nutzung des Spiels „Clash of Clans“ ab 2.42 Uhr am 03.10.2022 festgestellt worden sei. Der Zeuge gab an, dass sich auf dem Handy auch zahlreiche Aufrufe von Pornoseiten sowie Gewaltvideos befanden. An dieser Stelle hakte die Verteidigung ein, um weitere Fragen zum Thema abzuwenden.

Laut dem Kripo-Sachbearbeiter sollen sich mehrere Freunde über auffälliges Verhalten von Sebastian T. nach seiner mutmaßlichen Tat geäußert haben. Laut der Mutter von Verena R. habe er kurz vor dem 03.10.2022 ein Messer am Flohmarkt gekauft, das er seiner guten Freundin Verena auch gegen den Hals gehalten habe und sinngemäß sagte, dass er sie jetzt umbringen könne.

Update, 16.39 Uhr – Angeklagte[r] „sehr schreckhaft“ und bei der Vernehmung „auffällig blass“

Die Befragung des Kripo-Sachbearbeiters neigte sich dem Ende zu. Thema wurden unter anderem noch die Aussagen des Hauptbelastungszeugen Adrian M. im ersten Prozess. „Wir haben untersucht, ob der Zeuge die Möglichkeit hatte, seine Informationen aus der Presse zu erlangen“, so der Hauptkommissar. [Adrian] M. habe nicht wissen können, dass keine DNA-Spuren gefunden seien, außerdem kannte er wohl persönliche Details zu Sebastian T.

Verteidigerin … Rick fragte den Polizeibeamten, ob über die Rettungskräfte Informationen über den Fund Hanna W.s an die Öffentlichkeit gedrungen sein könnten. Der Zeuge konnte hierzu jedoch keine Angaben machen. Auch zur Laufstrecke von Sebastian T. wollte Rick noch einiges wissen. Ihr Mandant hatte bei der Vernehmung von 6 bis 7 Kilometern gesprochen.

„Ob die Strecke von seinem Haus bis zum Chalet überprüft wurde, kann ich nicht sagen“, so der Zeuge. „Vom Chalet bis zum Parkplatz waren es 3 Kilometer, vom Parkplatz über die Schloßbergstraße bis zur Kampenwandstraße ein knapper Kilometer.“ Rick stellte weitere spitzfindige Fragen, die der Sachbearbeiter nicht beantworten konnte. Mehrmals musste die Richterin darauf hinweisen, dass eine weitere Ermittlungsbeamtin dazu konkrete Angaben machen könne.

Weitere Ermittlungsbeamtin sagt aus

Diese wurde als zweite Zeugin in den Saal gerufen. Sie führte die erste Vernehmung von Sebastian T. durch. Schon vor dem Gespräch hatte die Kriminalbeamtin den Eindruck, dass der Angeklagte „sehr schreckhaft“ und bei der Vernehmung „auffällig blass“ war. Während des Gesprächs sollte T. die Jogging-Strecke auf eine Karte zeichnen. Er sagte, er sei zwischen 2 und 3 Uhr losgelaufen und habe etwa eine Stunde für die Strecke (6 bis 7 Kilometer) gebraucht.

Sebastian T. sei von seinem Elternhaus über den Burgweg in die Kampenwandstraße Richtung Kinderheilstätte, wo er umgekehrt sei, weil die Straße gesperrt war. Von da aus Richtung Edeka, dann auf der Hauptstraße von Aschau Richtung Hohenaschau und über einen Durchbruch … auf den Eiskeller-Parkplatz. Von da aus auf dem Burgweg wieder nach Hause. Er habe keine Uhr und kein Handy dabeigehabt.

Sebastian T. habe angegeben, dass er Hanna W. nicht kannte, auch nicht vom Sehen. „Weil ich örtlich nicht so kundig war, ergaben sich für mich weitere Fragen“, so die Beamtin. „Wir haben uns erhofft, Hinweise von ihm auf einen Tatort oder Täter zu bekommen. Aus diesem Grund wurde er nochmals als Zeuge vernommen. Die Länge der Hose sei Thema dieser Vernehmung gewesen.

Dabei habe Sebastian T. von sich aus gesagt: „Aber es wird doch einer mit kurzer Hose gesucht!“ Richterin Heike Will fragt an dieser Stelle nach, ob der Jogger denn mit einer genauen Angabe zur Kleidung gesucht worden sei. Dies kann die Beamtin jedoch nicht beantworten. Bei der Vernehmung habe Sebastian T. aber angegeben, er laufe immer mit langen Hosen. Bei der Durchsuchung habe seine Mutter gesagt, dass ihr Sohn zum Joggen anziehe, was er gerade finde.

Die Verhandlung … soll am 8. Oktober um 9:30 Uhr … fortgesetzt werden. …

Rosenheim24.de am 30.09.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 61059.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 61059.html

Die Leserkommentare dazu:
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments


OVB: OFA und Täterwissen

Weiter berichtet das Oberbayerische Volksblatt (OVB):

► War Zeuge Sebastian mehr als ein Zeuge? Fragte sich die Polizei, „ob er es gewesen sein könnte“? (Das Unterbleiben der Beschuldigtenbelehrung führt zu einem Beweisverwertungsverbot.)

► KHK Jürgen M. über Operative Fallanalyse (OFA) durch Alexander Horn:
• sexuelles Interesse des Täters nicht ausgeschlossen
• „situative Überforderung des Täters” evtl. durch Begegnung mit Hanna ausgelöst
• Täter wohl unerfahren, 18 bis 25 Jahre alt
→ Profil schien auf den unerfahrenen und introvertierten Jogger zu passen

► RA Dr. Georg: OFA gehöre „manchmal in den Bereich der Esoterik“

► Widerspruch im „Täterwissen“ bei Spaziergang mit Verena:
• Sebastian wusste, dass in Aschau eine Frau umgebracht und in der Prien tot aufgefunden wurde
• ein Täter konnte noch nicht wissen, dass Hanna in der Prien gefunden wurde; lediglich dass er sie in den Bärbach verbracht hatte
→ laut Vorsitzender Will ohnehin kein Täterwissen, weil Aussage nicht vom 03.10.2022

Spoiler – hier klicken!
Wann wurde Sebastian T. vom Zeugen zum Verdächtigen? Verteidigung attackiert Polizei-Vernehmungen

Bild
… Angeklagter Sebastian T. mit seinen Verteidigern Regina Rick und Dr. Yves Georg. © Michael Weiser

… Wie kam die Polizei eigentlich auf Sebastian T. als dringend Tatverdächtigen? …

… Spur Nummer 939 … erschien in dunkler Jacke zur Vernehmung. Mit grünen Laufschuhen, in schwarzer Hose. In langer schwarzer Hose, um genau zu sein. … So … stellte sich Sebastian T. am 20. Oktober 2022 bei der Polizei zu[r] Vernehmung vor. …

Er habe … am Morgen des 3. Oktober … nicht schlafen können, habe ohnehin für einen Halbmarathon trainiert, sagte damals T. bei der Vernehmung. Deswegen sei er spätnachts, frühmorgens durch Aschau gejoggt. Auch über den Parkplatz der Festhalle … sei er gelaufen. So fasste der … als Zeuge … geladene Ermittlungsleiter die erste Vernehmung des Zeugen Sebastian T. zusammen.

Wann wurde Sebastian T. vom Zeugen zum Verdächtigen?

… Bei seiner Trainingseinheit … war ein Jogger beobachtet worden. In der Nähe des Clubs „Eiskeller“. Eine kurze Hose habe der Mann angehabt. … Ein Zeuge sagte …, dass er sich über das kurze Beinkleid gewundert habe, schließlich sei es kalt gewesen.

Nunmehr suchte die Polizei per Zeugenaufruf nach dem Jogger. Sebastian T.s Mutter meldete sich per Telefon. … So lud die Polizei ihn vor. Sebastian T. habe bei seiner Aussage nervös gewirkt. Das hielt die Polizei bei dieser ersten Vernehmung fest. …

Die Fragen der Polizei werfen neue Fragen auf

Da könnte noch etwas gewesen sein. Die Fragen, die eine Beamtin bei der zweiten Vernehmung gestellt haben soll, wirken überraschend. Laut Verteidigung hat die Frau gefragt, ob Sebastian T. eine „feste Freundin“ habe, „und welcher Typ Mädchen gefällt Ihnen denn?“ … Wann er von Hannas Tod erfahren habe, und von wem.

Möglicherweise war Sebastian T. zu diesem Augenblick in den Augen der Ermittler schon mehr als ein Zeuge. Wie auch Richterin … Will am zweiten Tag … sagte. Ob die Fragen so gestellt worden seien, weil die Polizei sich fragte, „ob es der junge Mann gewesen sein könnte“? Das wollte Will vom Ermittlungsleiter wissen.

Die Antwort darauf könnte noch wichtig werden. Ein Zeuge, der sich fortan selbst belasten könnte, müsste [richtig: muss!] darauf hingewiesen werden. „Das ist rechtswidriges Vorenthalten der Beschuldigtenstellung“, sagte Verteidiger Dr. … Georg auf Anfrage des OVB. Keinem anderen Zeugen seien diese Fragen gestellt worden. Der Verdacht sei lediglich eine vage Möglichkeit gewesen, entgegnete Staatsanwalt … Merkel, es bestehe daher kein Verbot der Beweisverwertung.

Ein Profil, das auf Sebastian T. passte?

Vielleicht waren die Beamten von der Operativen Fallanalyse angeregt worden. Dass ein sexuelles Interesse des Täters nicht ausgeschlossen werden und die Begegnung mit Hanna die „situative Überforderung des Täters” ausgelöst haben könnte, dass der Täter wohl unerfahren und etwas jünger sei, zwischen 18 und 25 Jahre alt, so hatte es der als Zeuge geladene Ermittlungsbeamte die Beobachtungen des ? Fallanalytikers Alexander Horn bereits am Montag … zusammengefasst. Deutungen, die auf den damals 20-jährigen, unerfahrenen und introvertierten Jogger zu passen schienen. Die Operative Fallanalyse aber … gehöre „manchmal in den Bereich der Esoterik“, sagt Strafverteidiger Georg.

Wertlose Aussage einer Schulfreundin

So war Sebastian T. also ins Visier der Polizei geraten. Schließlich brachte ihn die Aussage einer Freundin aus Schulzeiten hinter Gitter: Verena R. sagte aus, dass sie am Abend des … 3. Oktober ein merkwürdiges Gespräch mit T. geführt habe. Ob sie gehört habe, dass in Aschau eine Frau umgebracht und in der Prien tot aufgefunden worden sei?

… Die Frage schien … Täterwissen zu verraten. Allerdings konnte gerade ein Täter nicht davon ausgehen, dass die 23-Jährige in der Prien gefunden worden sei. Er hätte lediglich wissen können, dass er sie in den Bärbach geworfen hatte.

Dass die Aussage der jungen Frau objektiv nichts über Täterwissen besagen könne, weil sie offenbar nicht auf einem Gespräch am 3. Oktober beruht: das stellte Richterin … Will am Dienstag fest. Die Verteidigung sieht das mit Wohlwollen. „Die Offenheit gegenüber einem Unfallgeschehen, die Unvoreingenommenheit gegenüber der weiteren Beweisaufnahme tritt bei diesem Gericht ganz anders zutage, als es beim vorherigen gewesen ist“, meint Yves Georg.

Wie belastbar sind die Aussagen des Ermittlers?

… Der Ermittlungsleiter hat im Wesentlichen über den Fortgang der Ermittlungen berichtet … und … wie Erkenntnisse gewonnen wurden. … Bei über 2000 Vernehmungen, über 700 Besuchern allein im … „Eiskeller“, … kann man … von seiner Aussage … nur einen Überblick erwarten. Im Detail könne er sich nicht erinnern, sagte er … häufig. Über einzelne Aspekte werden andere aussagen müssen.

Etwa Adrian M., der Zeuge aus der JVA. … Hat er vielleicht doch die Wahrheit gesagt, als er behauptete, Sebastian T. habe ihm gegenüber den Mord gestanden? Die Staatsanwaltschaft hat angedeutet, dass er über Täterwissen verfüge. Nächste Woche, also am 8. und 9. September, soll er … erscheinen.

Rosenheim24.de am 30.09.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ro ... 63034.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 63034.html

Die Leserkommentare dazu:
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ro ... d-Comments


PNP: Live-Ticker

https://www.pnp.de/lokales/landkreis-tr ... g-19513535


PNP

Einige Details mehr berichtet die Passauer Neue Presse (PNP):

► Hannas Vater rechnet mit Prozessdauer bis März 2026

► RA Dr. Georg beantragt, 2. Vernehmung Sebastians vom 10.11.2022 nicht zu verwerten, weil de facto Beschuldigtenvernehmung

► StAe und RA Holderle geraten zunehmend mit der Verteidigung aneinander, Vorsitzende Will versucht, mit einem Lächeln zu schlichten

► RA Dr. Georg: „Pornokonsum gehört nicht zur Sache“, Vorsitzende Will verweist auf spätere Klärung

► Hannas Vater: Kopfschütteln, „Justizshow“

Spoiler – hier klicken!
… Längeres Verfahren absehbar – neue Anträge verzögern Ablauf

Bild
In weißem Kurzarmhemd und mit einer grünen Weste erschien der Angeklagte …, rechts von ihm seine Verteidiger Regina Rick und Yves Georg. Dass sowohl der Angeklagte als auch die Verteidiger helle Oberteile tragen, ist kaum ein Zufall, wie Georg kurz vor Prozessbeginn … durchblicken lässt: „Hell ist die Farbe der Unschuld.“ – Foto: Herbert Reichgruber

Die ersten zwei Verhandlungstage … machen deutlich, dass ein Ende des Verfahrens … am 19. Dezember kaum zu erwarten ist. Der Vater der toten Studentin Hanna … rechnet schon jetzt damit, dass es vor März 2026 kein Urteil geben wird. …

Grund sind nicht zuletzt zahlreiche Anträge und Zwischenfragen der Verteidiger … Am Dienstagnachmittag etwa stellte Verteidiger … Georg den Antrag, die Aussage seines Mandanten … bei der zweiten Vernehmung am 10. November 2022 nicht zu werten. Er begründete dies damit, dass die Fragen der Ermittler dabei klar zeigen würden, dass sie den damals 20-Jährigen bereits als Verdächtigen und nicht mehr als Zeugen befragt hätten.

Indizien dafür seien Fragen nach seinem bevorzugtem Frauenbild beziehungsweise einem möglichem Tatablauf. Den Einwurf von Staatsanwalt … Merkel, dass sich der Verdacht vielleicht erst im Zuge der Vernehmung ergeben habe, lässt Georg nicht gelten: „Dann hätte man ihn auf den Verdacht hinweisen und die Befragung als Zeuge abbrechen müssen.“

Staatsanwälte und Verteidiger geraten zunehmend aneinander

Grundsätzlich wurde … deutlich, dass die beiden Staatsanwälte und Nebenklagevertreter … Holderle auf der einen und die Verteidiger auf der anderen Seite zunehmend aneinander geraten. So reagierte Regina Rick auf einen Einwurf von Staatsanwalt Merkel genervt und beschwert sich über dessen „polemische Art“. Richterin … Will, die immer wieder versucht, mit einem Lächeln die zahlreichen Provokationen der Verteidigung wegzulächeln, schreitet dieses Mal ein und fordert: „Jetzt beruhigen wir uns alle wieder.“ Und sie weist darauf hin, dass solche Wortgefechte nichts zur Aufklärung beitragen.

Bild
Hannas Vater Andreas … [W.] verfolgte auch am Dienstag den Prozess.

Wie sich die Verteidiger selbst sehen, wurde bereits am ersten Prozesstag deutlich, als Regina Rick ihren Kollegen Georg … ankündigt: „Da kommt die Lichtgestalt.“ … Georg belehrt … den Ermittlungsbeamten, dass er nichts im Indikativ darstellen soll, wenn er etwas nur aus Erzählungen … weiß. … die Verteidigung hat ein eindeutiges Ziel: Jegliche Darstellung, Hanna könnte Opfer einer Gewalttat … sein, wollen sie als spekulativ oder nicht bewiesen darstellen.

Am zweiten Prozesstag wird deutlich, dass es erst zu einem konkreten Verdacht gegen Sebastian T. gekommen ist, nachdem … Verena R. berichtet hatte, dass er ihr schon am 3. Oktober abends vom Tod einer jungen Frau in Aschau berichtet habe. Das wurde von der Polizei als Täterwissen gewertet … Am Dienstag wird aber … deutlich, dass … das Gespräch mit Sebastian T. erst am 4. Oktober 2022 stattgefunden [hatte]. Zu dieser Zeit war der Tod von Hanna Wörndl bereits öffentlich bekannt.

Aufnahmen von Durchsuchung zeigen vermülltes Zimmer

Gezeigt wurden … auch Aufnahmen aus dem sehr vermüllten Zimmer des Angeklagten. Die Fotos waren im Rahmen der Durchsuchung durch die Polizei entstanden. Beweise für einen Kontakt zwischen Hanna und Sebastian T. wurden bei der Durchsuchung ebenso wenig gefunden, wie an der von ihm vorgelegten Kleidung, die er beim Joggen in der vermutlichen Tatnacht getragen haben will. …

Als der Ermittlungsbeamte … über ein unter dem Bett gefundenes Handy berichtet und von zahlreichen Pornovideos mit Gewalt darauf berichten will, schreitet Verteidiger Georg erneut ein: „Wir sind der Auffassung, dass der Pornokonsum nicht zur Sache gehört.“ Richterin Will erklärt dazu, dass man das auch später klären könne. Der Vater von Hanna verfolgt auch diesen Prozesstag … mit Kopfschütteln und man sieht ihm an, … wenn ihm die „Justizshow“, wie er sie nennt, wieder einmal zu viel wird. …

PNP.de am 30.09.2025
https://www.pnp.de/lokales/landkreis-be ... r-19608353
ohne Paywall:
https://archive.ph/20250930193046/https ... r-19608353


Welt: Frappierende Erinnerungslücken bei der Kripo

Schonungslos kritisch berichtet „Die Welt“ von der Vernehmung des Zeugen KHK Jürgen M. (1. und 2. Sitzungstag):

► habe schon unmittelbar nach Leichenfund gehört, dass Verletzungen „von fremder Hand“ seien

► auf Nachfrage von RA Georg: Auskunft stamme von Kollegin

► auf weitere Nachfrage, woher die Kollegin das wisse: „Von der Ärzteschaft. Davon gehe ich aus.“ [unklar, ob Leichenbeschauerin vor Ort oder Rechtsmediziner der LMU]

► „Hinweise auf ein Tötungsdelikt"

► Spurenkonferenz mit Rechtsmedizinern, Ermittlern und Profiler Alexander Horn

► Analyse Horn:
• Hanna in großer Nähe zum Bärbach, (wahrscheinlicher Tatort) angegriffen, zu Boden gegangen
• Angreifer auf Hannas Rücken gekniet
• spätestens in dieser Position Schläge auf Kopf mit unbekanntem Werkzeug → Bewusstseinsstörung
• keine Anzeichen für mehrere Täter
• Täter „unerfahren und überfordert“, „18 bis 25 Jahre alt“

► Tatort wohl „um die Brücke herum“ [das Brückerl?]

► auf Nachfrage der Vorsitzenden Will, ob irgendwelche Spuren an diesen Örtlichkeiten: „Nein.“

► ausweichend auf Nachfrage der Berichterstatterin Grundmann, wann Tatort feststand: „Ich denke, dass wir davor schon den möglichen Tatort in Betracht gezogen haben.“

Fortsetzung am 08.10.2025:
► Adrian M. (laut OVB)
► Vernehmungsbeamte
► Gutachter
► Profiler Alexander Horn

Spoiler – hier klicken!
Wie der zentrale Kripo-Ermittler sich nach dem Mord-Urteil plötzlich nicht mehr erinnern will

Bild
Sebastian T. (links) … – Quelle: Christoph Lemmer

… Ein leitender Kripo-Ermittler muss … Rede und Antwort stehen. Aber der Beamte weicht aus. …

Wer von den … Ermittlern kam als erster auf die Idee, dass der Tod der Studentin Hanna W. … ein Mord gewesen sein könnte und kein tragisches Unglück? …



An den ersten beiden Tagen des neuen Prozesses traktierte das Gericht den leitenden Sachbearbeiter der … Sonderkommission … mit harten Fragen. Der schilderte mithilfe einer Powerpoint-Präsentation, wie Hanna W. die Diskothek „Eiskeller“ verließ, wie sich ihre Spur verlor und die Leiche dann am Ufer der Prien gefunden wurde. Schon unmittelbar nach dem Auffinden des Körpers habe er gehört, dass ihre Verletzungen „von fremder Hand“ zugefügt worden seien.

Von wem diese Auskunft stamme, will Verteidiger Yves Georg wissen. „Von einer Kollegin“, antwortet der Kommissar. Woher die Kollegin das habe? „Von der Ärzteschaft. Davon gehe ich aus.“ Damit seien die beiden Rechtsmediziner gemeint, die sich die Leiche von Hanna W. als Erste angeschaut hatten.

Es sei so gewesen, „dass man Hinweise auf ein Tötungsdelikt hatte“, fährt der Beamte fort. Darum habe seine … Dienststelle den Profiler Alexander Horn … eingeschaltet. … Dann habe es eine „Spurenkonferenz“ gegeben, mit Rechtsmedizinern, Ermittlern und dem Profiler Horn. …

Der Profiler sei „zu der Erkenntnis gekommen aufgrund seiner Analyse, dass in großer Nähe zum Bärbach, dem wahrscheinlichen Tatort, die Geschädigte angegriffen worden ist“. Sie sei zu Boden gegangen, habe der Profiler gemeint, der Angreifer habe sich auf den Rücken des Opfers gekniet. „Spätestens in dieser Position laut Analyse Horn kam es zu den Schlägen auf den Kopf mit dem unbekannten Tatwerkzeug, was eine Bewusstseinsstörung nach sich zog“ – so der Ermittlungsleiter im Zeugenstand. Bei dieser Besprechung sei er „teilweise“ persönlich dabei gewesen.

… „Anzeichen für mehrere Täter“ habe … [Horn] nicht gesehen, dafür aber gesagt, dass der Täter „unerfahren und überfordert“ gewesen sei und „aufgrund der Analyse 18 bis 25 Jahre alt“.

Auch den Weg, den Hanna W. gegangen sei, rekonstruierten die Ermittler. Gegenüber der Diskothek ist ein Parkplatz. Ein paar Schritte weiter hätte die Studentin eine Straße überqueren müssen, möglicherweise neben einer Brücke über den Bärbach. Um die Brücke herum sei wohl der Tatort gewesen, sagt der Ermittler.

Dann will Richterin Will wissen, ob es „an den Örtlichkeiten irgendwelche Spuren gegeben“ habe. Die Antwort …: „Nein.“

Eine der Beisitzerinnen, die Berichterstatterin Nicola Grundmann, hakt nach: „Wann waren Sie so weit, dass Sie sagten, das könnte der Tatort gewesen sein?“

„Ich denke, dass wir davor schon den möglichen Tatort in Betracht gezogen haben.“ Klar wird es nicht.

Der Ermittler setzt seine Präsentation fort. „Es wurden mehrere Sichtungen eines Joggers genannt.“ Der Jogger habe eine Stirnlampe und kurze Hosen getragen. Das sei aufgefallen. In der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 2022 sei es kühl und nass gewesen. Man habe … „einen Zeugenaufruf gestartet“.

Daraufhin habe … die Mutter von Sebastian T. … mitgeteilt, dass ihr Sohn um 2 Uhr … joggen gewesen sei. Die Spur sei an eine Kollegin weitergegeben worden, die dann gleich eine Vernehmung vereinbart habe. Sebastian T. habe gesagt, er sei über den Parkplatz gejoggt. Dort sei ihm ein Mädchen entgegengekommen. Ein Auto habe das Standlicht eingeschaltet gehabt. Beides habe sich verifizieren lassen. Allerdings habe Sebastian T. eine lange Jogginghose und eine Jacke getragen.

Dann sei Sebastian T. vernommen worden. Zweimal habe er seine Laufstrecke auf Karten markieren sollen, beim zweiten Mal habe es „eine Abweichung gegeben“. Einer Freundin habe er schon am 3. Oktober … von einer toten Frau erzählt. Das sei Täterwissen gewesen, anders habe er davon nicht erfahren können.

Verteidiger Georg hält dem Beamten eine Sprachnachricht der Freundin vor, die diese ihrer Mutter schickte. „Mir ist gerade aufgefallen, dass ich der Polizei einen Schmarrn erzählt habe. Es war nicht am 3., wo wir uns getroffen haben, sondern am 5.“ Und weitere Sprachnachrichten an die Eltern: Die Polizisten hätten gedroht, sie in U-Haft zu nehmen. Sie brauche einen Anwalt. Sebastian T. brauche auch einen. Der habe das Mädchen getötet, ihr würden die Beamten vorwerfen, dabei geholfen zu haben. „Jetzt muss ich wahrscheinlich in U-Haft. Mama! Ich habe noch nie einen Anwalt gehabt, und ich will nicht in U-Haft.“ Was er dazu sage, will Georg vom Ermittler wissen.

„Diese Sprachnachricht ist ja erst später bekannt geworden.“

Beisitzerin … Grundmann zitiert hörbar angesäuert aus der Akte. Am 3. Oktober habe es kein Treffen zwischen Sebastian T., der Freundin und zwei weiteren Freunden gegeben – was bedeutet: kein Täterwissen, eher Medienwissen. „Die haben sich am 3. auch getroffen“, beharrt der Ermittler. „Dass es nicht am 3. war, hat sie (die Zeugin) ja mehrfach anderen Personen mitgeteilt“, gibt die Richterin zurück.

Und so geht es weiter. Verteidiger Georg hält dem Beamten Vernehmungsfragen vor. Laut Protokoll sei Sebastian T. gefragt worden: „Haben Sie eine feste Freundin? Eine Partnerin? Eine Beziehung? Was ist Ihr Frauentyp?“ Der Verteidiger verlangt vom … Ermittler: „Können Sie mir den Sinn dieser Frage erklären?“ Sebastian T. war da noch Zeuge, nicht Beschuldigter. Der Ermittler sagt: „Keine Erinnerung.“

Der Verteidiger setzt nach: Die Vernehmer hätten Sebastian T. gefragt, ob er sich vorstellen könne, was in der Nacht passiert sei. Wie die Polizisten darauf kämen, einen Zeugen derartiges zu fragen? Der Ermittler erinnert sich nicht.

Da greift Richterin Will ein. „Der Frauentyp, ob er sich vorstellen könne, was in dieser Nacht genau passiert ist – das ist, was sich uns nicht ganz erschließt, dass man das einen Zeugen fragt. Hatten Sie da schon ein Gefühl oder einen Eindruck, dass es der Jogger war? Dann würden die Fragen ja einen Sinn machen.“

„Konkret nicht“, antwortet der Beamte. „Es war von der Kollegin geschildert worden, dass der Zeuge einen sehr nervösen Eindruck machte bei der ersten Vernehmung. Aber es waren keine konkreten Vorstellungen, dass er der Täter sei.“

Richterin Will hakt nach: „Warum fragt man dann einen Zeugen so etwas?“

Der Kommissar: „Weiß ich nicht.“

Die Richterin lässt nicht locker: „Sie waren aber dabei. Es hätte Sie doch wundern müssen?“

Der Kommissar: „Kann ich jetzt nicht sagen, warum explizit diese Fragen dann gestellt werden.“

Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt. Auf der Zeugenliste stehen auch die Vernehmer, Gutachter und Profiler Alexander Horn.

Welt.de am 01.10.2025
https://www.welt.de/politik/deutschland ... -will.html
ohne Paywall:
https://archive.ph/20250930212012/https ... -will.html


BR

Gebrannt von der unprofessionell entgleisten Berichterstattung à la Kaffeeklatsch über den ersten Rechtsgang, gibt sich der Bayerische Rundfunk (BR) zum neuen Prozessauftakt zurückhaltend und meinungsscheu – kein Reporter vor Ort, keine Einschätzung. Ein enttäuschend unmaßgeblicher Bericht:

https://www.ardmediathek.de/video/br24/ ... 2UzZWNhOGM


RFO

Mit O-Tönen der Beteiligten berichtet das Regional-Fernsehen Oberbayern (RFO) über den gestrigen Prozessauftakt:

► scharfe Worte findet RA Dr. Georg,
► als Fürsprecher Aßbichlers und Meister der Lar­mo­y­anz glänzt RA Holderle,
► RAin Rick sieht Freispruch unausweichlich.

https://www.rfo.de/mediathek/video/neua ... lt-erneut/

Die Präsidentin des LG Traunstein, Anja Kesting, spricht in geschickt gewählten Formulierungen über die Aufhebung des Urteils aufgrund eines Verfahrensfehlers und die Zurückverweisung ans LG Traunstein durch den BGH, ohne dass der BGH den Inhalt des Urteils hätte prüfen müssen:

https://www.rfo.de/mediathek/video/land ... raufnahme/


Bild: Eiskeller-Videos als „neue“ Beweismittel

Siehe hier:
viewtopic.php?p=304916#p304916
andi55
Beiträge: 650
Registriert: Sonntag, 14. Mai 2023, 23:50:34
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

@Catch22
Spielt das denn eine Rolle, dass Adrian M. davon wußte, dass keine DNA gefunden wurde und dies nicht aus den Medien wissen konnte ?
Hat Sebastian nicht auch mit einem anderen JVA-Kumpel über den Akteninhalt gesprochen und dass keine DNA gefunden wurde ?
Kann ja gut möglich sein, dass Sebastian dem Adrian M. über die Vorwürfe gegen ihn berichtet hat , und dass keine DNA gefunden wurde.
Und Adrian M. hat daraus ein Geständnis gemacht !!! Dass dieser Adrian M. überhaupt noch Thema ist, verstehe ich sowieso nicht.
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

andi55 hat geschrieben: Dienstag, 30. September 2025, 21:47:27 Spielt das denn eine Rolle, dass Adrian M. wußte, dass keine DNA gefunden wurde und dies nicht aus den Medien wissen konnte? …
Adrian M. hatte ausgesagt, Sebastian habe ihm gegenüber angegeben, es seien keine DNA-Spuren gefunden worden. Woher konnte Adrian M. dies wissen, wenn nicht von Sebastian?

Seit 03.12.2022 konnte Adrian M. sehr wohl aus den Medien erfahren haben, dass kein DNA-Gutachten vorgelegt wurde:

Spoiler – hier klicken!

Es wurde kein DNA-Gutachten vorgelegt“, berichtet der Rosenheimer Anwalt des Verdächtigen, Harald Baumgärtl, auf Nachfrage. Weiter: „Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass es keine DNA-Spur gibt.“


https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 54578.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 54578.html

Wäre eine DNA-Spur Hannas z. B. an Sebastians Kleidung gefunden worden, wäre dies ein schwerwiegendes Indiz und ein DNA-Gutachten wäre bei den Akten gewesen, die RA Baumgärtl zur Einsicht hatte. Baumgärtl aber tönte etwa zu derselben Zeit an anderer Stelle (die Artikel finde ich leider nicht mehr), es gebe keine Sachbeweise, allenfalls „Indizchen“.

Daraus geschlossen zu haben, dass keine DNA gefunden wurde, traue ich Adrian M. ohne weiteres zu.

Hintergrund: StA und Nebenklage zielen darauf ab zu beweisen, dass Adrian M. gar nicht gelogen haben könne, weil er Wissen offenbart habe, das nur von Sebastian bzw. vom Täter stammen konnte. Das wird nicht klappen.
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Bild: Eiskeller-Videos als „neue“ Beweismittel

Aufzeichnungen der Überwachungskameras des Eiskellers mit Hannas letzten Minuten seien von der Aßbichlerschen Kammer nicht als Beweismittel gewertet worden, berichtet die Bild-Zeitung.

► Eiskeller-Überwachungsvideos am 1. Sitzungstag gezeigt

► Video: seitlicher Reißverschluss der Hose kaputt und offen, Hose sackt bis weit unter die Hüfte ab, Teile der Unterwäsche sichtbar

► Außenkamera: wankender Gang (BAK 2,06 ‰)

► Theorie der Verteidiger: auf dem Heimweg gezielt an Bach gelaufen, dort eine Weile stehengeblieben, Gleichgewicht verloren, ins Wasser gefallen

► weitere Vermutung der Verteidiger: Jacke und Hose durch Strömung vom Leib gerissen, Verletzungen durch Treiben im Fluss

Der vollständige Artikel:

https://archive.ph/20250930181636/https ... 499e8bbee1

Eine auf das Wesentliche gekürzte Fassung:

Spoiler – hier klicken!
War es Mord oder ein Unfall?
Neues Video zeigt Hannas Todesnacht im Eiskeller

… Es sind die letzten Bilder, auf denen Hanna W. … lebend zu sehen ist. Sie zeigen die Medizinstudentin in einer Diskothek, es fließt viel Alkohol …

… Das Video einer Überwachungskamera könnte endlich Klarheit über die mysteriösen Todesumstände der Studentin bringen. …



Hanna wankte auf Heimweg

… Am Montag – dem ersten Verhandlungstag – wurden neue Überwachungsvideos gezeigt, die Hannas letzte Minuten dokumentieren. Warum sie im ersten Prozess nicht als Beweismittel gewertet wurden, ist noch unklar. Auf den Aufnahmen ist zu erkennen, dass ein seitlicher Reißverschluss von Hannas Hose kaputt und offen ist. Die Hose sackt bis weit unter die Hüfte ab, Teile ihrer Unterwäsche sind zu sehen. Ein nachträglicher Alkoholtest ergibt, dass die junge Frau 2,06 Promille im Blut hat.

Eine Außenkamera fing zudem ein, wie die Studentin mit wankendem Gang den Heimweg antrat. Die Anwälte von Sebastian T. sind sicher: Auf dem Weg lief Hanna gezielt an den Fluss, blieb dort eine Weile stehen. Dann soll sie das Gleichgewicht verloren [haben] und ins Wasser gefallen sein.

Leiche war leicht bekleidet

Eine weitere Vermutung der Anwälte: Durch die Hochwasser-Strömung wurden ihr Jacke und Hose vom Leib gerissen. Daher sei Hannas Leiche nur leicht bekleidet entdeckt worden. Ihre Verletzungen habe sie sich durch das Treiben im Fluss zugezogen. Fazit der Anwälte von Sebastian T.: Es war ein Unfall! …



Bild.de am 30.09.2025
https://m.bild.de/regional/bayern/eiske ... 499e8bbee1
StaffBro

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von StaffBro »

Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 30. September 2025, 23:42:16 Seit 03.12.2022 konnte Adrian M. sehr wohl aus den Medien gewusst haben, dass kein DNA-Gutachten vorgelegt wurde:

Spoiler – hier klicken!

Wäre eine DNA-Spur Hannas z. B. an Sebastians Kleidung gefunden worden, wäre dies ein schwerwiegendes Indiz und ein DNA-Gutachten wäre bei den Akten gewesen, die RA Baumgärtl zur Einsicht hatte. Baumgärtl aber tönte etwa zu derselben Zeit an anderer Stelle (die Artikel finde ich leider nicht mehr), es gebe keine Sachbeweise, allenfalls „Indizchen“.

Daraus geschlossen zu haben, dass keine DNA gefunden wurde, traue ich Adrian M. ohne weiteres zu.
Also die "Info" mit den fehlenden oder nicht existenten DNA Spuren von Sebastian, könnte mMn. doch aber auch sehr viel einfacher erklärt werden und zustande gekommen sein.

Wenn man eine, einem vorgeworfene Tat, eben definitiv nicht begangen hat, dann weiß man selbstverständlich auch mit 100(0!)% Gewissheit, dass es überhaupt keine eigenen DNA-Spuren geben kann, die einen selbst dieser Tat bezichtigen würden. In Gesprächen mit Mitgefangenen genau dies dann auch zu erwähnen um damit die eigene Unschuld zu untermauern, wäre und ist doch absolut nachvollziehbar! Oder?

Das die Ermittler dann versuchen auch daraus Sebastian einen Strick zu drehen und von "Täterwissen" fabulieren, um damit die Glaubwürdigkeit eines absolut unglaubwürdigen Knastzeugen und allseits bekannten notorischen Lügner zu zementieren, ist in meinen Augen nicht mehr als ein schlechter Witz. Passt andererseits allerdings nahtlos ins, auch ansonsten, absolut holperige Narrativ der Staatsanwaltschaft und der mMn. äußerst einseitigen und geradezu mit Scheuklappen geführten tendenziösen Ermittlungsarbeit der Ermittler.

PS:
@Catch22
Vielen Dank auch von mir noch einmal, für Dein hervorragendes und schier unermüdliches Engagement hier im Thread. ;)
Catch22
Beiträge: 1241
Registriert: Sonntag, 10. Juli 2022, 21:33:56
Kronen:
Sterne:

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

StaffBro hat geschrieben: Mittwoch, 01. Oktober 2025, 12:46:10 … Dass die Ermittler … von "Täterwissen" fabulieren …, ist … ein schlechter Witz. Passt … ins … Narrativ der Staatsanwaltschaft und der Ermittler. …
Der Boden dieses toxischen Sumpfes ist noch lange nicht in Sicht – und im Zentrum steht die Aßbichlersche Kammer.

Erst quittiert der BGH Aßbichlers E-Mail-Mauschelei mit StA Fiedler (und vor allem ihre unaufgeforderte Litanei der Rechtfertigung) mit einer schallenden Ohrfeige. Dann deckt „Die Zeit“ einen Rotary-Club auf, der mit Aßbichler und dem Direktor der LMU-Rechtsmedizin die Mär der eigenen Unfehlbarkeit verbreitet (siehe hier). Die Präsidentin des LG übt sich höchstselbst und just dann, wenn der Wind zum Orkan zu werden droht, in Öffentlichkeitsarbeit, als gäbe es keine Pressesprecher (siehe hier, ganz unten, vorletzter Link). Obwohl das Fass längst überläuft, taucht plötzlich weiterer E-Mail-Verkehr auf, der Böses ahnen lässt.

Ungeheuerliches berichtet @fassbinder vom ersten Sitzungstag, worüber bislang alle Medien schweigen. Mit E-Mail vom 29.12.2023 teilt der Hydromechaniker Malcherek der Vorsitzenden Aßbichler mit, dass Hannas Verletzungen in der Strömung verursacht worden sein könnten, dies aber nicht eindeutig feststellbar sei. In seiner gerichtlichen Vernehmung am 16.01.2024 vertritt er das Gegenteil.

Spoiler – hier klicken!

Und auch den Hydromechaniker von der Uni Neubiberg sieht die Verteidigung als befangen.

Sie liest eine E-Mail vom 29.12.2023 vor in dem er an Frau Aßbichler schreibt (ich gebe sehr inhaltlich getreu, aber vllt nicht wortwörtlich perfekt wieder):

„Sehr geehrte Frau Aßbichler,

Ich werde das Gutachten am 16.1. halten. Es wird aber nicht eindeutig ausfallen. Die Verletzungen können im Wasser entstanden sein, aber nicht eindeutig.“


fassbinder1925 auf Allmystery am 01.10.2025 um 2.59 Uhr (Seite 781)
https://www.allmystery.de/themen/km168746-780#id36739497
Nachtrag – Bericht von @fassbinder jetzt auch im HET:
viewtopic.php?p=304933#p304933

StaffBro hat geschrieben: Mittwoch, 01. Oktober 2025, 12:46:10 … Vielen Dank auch von mir … für Dein … Engagement …
Gerne. Freut mich sehr!
Antworten