
Ja, ich hab bzgl. der ersten SMS und deren Entstehung einige Versuche gemacht. Im Ergebnis: Es ist nicht nur theoretisch irgendwie technisch möglich, dass die SMS früher verfasst wurde, sondern es funktioniert (reproduzierbar) genau so - ein Handy (Fraukes Modell, natürlich) lässt sich eigentlich immer erneut einschalten, nachdem es im aktiven Gebrauch (SMS-Chat) wegen zu schwachem Akku ausgegangen ist (da ist die Restspannung dann etwas höher als wenn das Gerät im passiven Standby ausgeht). Es bleibt dann ohne weiteres lang genug an, um eine SMS zu verfassen. Es geht allerdings in der Mehrzahl der Fälle wieder aus beim (dann erfolglosen) Versuch eines Verbindungsaufbaus (höhere Akkulast -> Spannungsabfall), also versuchter Anruf oder SMS-Versand. Eine solche SMS verbleibt im Speicher zum Versand, wenn der Akku im Gerät verbleibt. Dessen Restspannung wird nämlich beim ausgeschalteten Gerät genutzt, um Speicherinhalte im nicht persistenten Arbeitsspeicher zu behalten, oder z.B. auch, um die interne Uhr weiter zu betreiben (nach Akku-Entnahme ist bei dem Gerät Datum und Uhrzeit auf Werkseinstellung, nur am Rande). Bei erneutem Einschalten wird eine derart "hängengebliebene" SMS automatisch abgesetzt, vorausgesetzt vorhandenes Netz und ausreichende Stromversorgung.
In sofern wäre also ein solcher Ablauf nicht nur eine technisch unwahrscheinliche Möglichkeit, sondern ganz banal das Erwartbare, wenn man eine versuchte SMS vor 0:49 spekulativ annimmt und weiters ein Einschalten 0.49 mit für den Versand ausreichender Akkuleistung (was definitiv stattfand). Aber soweit bleibt es natürlich erstmal nur eine Möglichkeit, lediglich die Annahme, diese sei aus technischen Gründen unwahrscheinlich (oder unmöglich), konnte ich widerlegen.
Interessant ist diese Möglichkeit deswegen, weil einerseits für eine von Frauke selbstbestimmt um späte 0.49 verfasste SMS deren Wortlaut nicht so recht passt und die Frage ratlos macht, was sie denn so spät noch freiwillig im Raum Nieheim zu tun gehabt haben könnte. Und andererseits, weil eine 0.49 vom Täter initiierte SMS in Wortlaut und Gesamtkontext einige Fragen aufwirft und unbeantwortet lässt. Warum konstruiert der Täter eine Fake-SMS, in der er das erwachsene Opfer gerade mal eine spätere Heimkehr (also in dem Wortlaut jedenfalls noch in dieser Nacht, nur halt etwas später) ankündigen lässt, ohne dem am nächsten Tag eine Fortsetzung folgen zu lassen? Ob der Mitbewohner ohne die SMS in der Nacht noch Suchaktivitäten (herumtelefonieren, zum Pub laufen?) starten würde, ist fraglich, dass ohne "Fortsetzung" am nächsten Tag auf jeden Fall gesucht und wahrscheinlich zur Polizei gegangen wird, dagegen völlig erwartbar. Da würde ich doch viel eher zumindest ein "bleibe über Nacht weg" oder gar was Längerfristiges wie "brauche Auszeit" oder "mir ist was Wichtiges dazwischengekommen, melde mich wieder" oder so erwarten.
Wer als Täter tatsächlich etwas zu befürchten gehabt hätte, wenn der Mitbewohner bereits in der Nacht angefangen hätte herumzutelefonieren, jedoch Suche+Polizeimeldung am nächsten Tag hinnehmen könnte, lässt sich an einer Hand abzählen, und die Betreffenden sind mMn als Verdächtige völlig raus.
Wenn eine vom Täter initiierte SMS erstmal weniger kurzfristig eine Freiwilligkeit vortäuschen, sondern vielmehr (mit längerfristiger Perspektive) bzgl. die Örtlichkeit (Bewegung in der Nacht 21.6., Festhalteort...) mit Nieheim eine falsche Spur produzieren sollte, warum hat er das dann bei den späteren Kontakten nicht reproduziert, diese ebenfalls östlich von PB stattfinden lassen?
Klar kenne ich den Einwand, der Täter könnte genau diesen Gedankengang vorweg genommen haben und in teuflischer Genialität genau diesen gedanklichen Fehlschluss produziert haben wollen. Halte ich für sehr konstruiert und sehr unwahrscheinlich, Argumentation würde hier den Rahmen sprengen (ist auf jeden Fall auch irgendwo früher im Thread zu finden). Und es bleibt die Frage "Wozu?". Warum nicht einfach das Opfer abgreifen und spurlos verschwinden lassen wie jeder andere Entführer ohne Erpressungsabsicht auch?
Deshalb erscheint mir das Szenario einer von Frauke bereits früher verfassten und 0.49 unbeabsichtigt abgesetzten SMS als die naheliegendste, weil irritationsärmste Variante. Hinzu kommt, dass die folgenden Kontakte ab Do Abend ja auch motiviert sein müssen und in Sachen Timing, Orte und Inhalte ziemlich gut als Reaktion auf die Veröffentlichung des Polizeiwissens "SMS aus dem Raum Nieheim" am Donnerstag interpretiert werden kann - mMn weit nachvollziehbarer denn als irgendeine kreative Leistung eines Täters, der ein Kunstwerk erschaffen will oder so. In dem Fall wäre das Kunstwerk echt lausig, da wäre viel mehr, viel sichtbarer zu machen gewesen, ich würde bei so einem Motiv im Hintergrund mit viel deutlicher wahrnehmbarer demonstrativer Kreativität rechnen. Wozu ein Kunstwerk, wenn das Publikum dem ratlos gegenübersteht, nichtmal erkennen kann, dass es überhaupt "Kunst" sein soll?
Natürlich könnte sich der Täter bei einer von ihm initiierten Nieheim-SMS alles Mögliche gedacht haben, klar. Oder aber, Frauke hat die SMS zuvor verfasst und irgendwer hat das Handy in Nieheim später dann nochmal eingeschaltet.
Einen kleinen Einwand sehe ich da aber doch:
Wenn es so war, dass Frauke das Handy zwar eingeschaltet und die SMS verfasst hat, der Versand dann aber an der Akkuleistung scheiterte, dann wäre vor dem späteren erfolgreichen automatischen Versand um 0.49 ziemlich sicher eine zwischenzeitliche Stromversorgung nötig gewesen. Bei meinen Versuchen ließ sich das Gerät mehrfach auch gar nicht ein weiteres Mal einschalten. Wurde das Handy lediglich um 0.49 eingeschaltet und die SMS da verfasst, dann wäre ein erfolgreicher Versand ohne Stromzufuhr zwar nicht wahrscheinlich, aber jedenfalls technisch möglich. Bei meinen wiederholten Versuchen mit verschiedenen Akkus war das im nachgestellten Szenario vereinzelt der Fall, aber nicht die Regel.
In sofern spräche für eine erst 0.49 verfasste SMS, dass dann möglicherweise die Bedingung des zwischenzeitlichen Aufladens entfallen würde.
Warum der Täter das Handy 0.49 eingeschaltet haben könnte, wenn nicht zum Versand der SMS - da kann ich natürlich auch nur spekulieren. Hinreichend naheliegend und plausibel erscheint mir erstens ganz banal unspezifische Neugier, oder zweitens ein Nachsehen, ob Frauke zuvor seinen Namen genannt hat. Bildhaft: Er lässt Frauke nicht gehen, sie protestiert und behauptet, in ihrer früheren SMS an den Mitbewohner seinen Namen genannt zu haben, er muss das überprüfen. Dass die SMS bis dato gar nicht rausgegangen war, muss er da nicht wissen, muss auch Frauke selbst nicht realisiert haben. Handy ging halt beim Versand aus, keine Ahnung ob die SMS rausging oder nicht. Dass sie in so einer Situation einfach unzutreffend behaupten würde, dem Mitbewohner den Namen des Täters genannt zu haben, völlig naheliegend. Und in so einem Fall würde der Täter auch ohne Weiteres das Handy erstmal aufladen, dafür notfalls auch nochmal nach Hause (Ladegerät) fahren, was auch immer. Das Überprüfen hätte maximale Dringlichkeit.
Vielleicht hatte der Täter da die spätere Lokalisierbarkeit gar nicht auf dem Schirm. Oder aber, er fuhr in die Pampa, wo er selbst kein Netz mehr hatte, und schaltete Fraukes Handy ein in der Erwartung, dass es ebenfalls fürs Netz unsichtbar bleiben würde. Weite Bereiche des fraglichen Gebiets wären für so ein Vorhaben geeignet, noch heute erheblich Funklöcher aufgrund der Topografie. Nur, dass ihr Handy dann doch ein Netz fand.
Das alles nur eine Möglichkeit, natürlich. Über die Plausibilität hinaus kein Grund, dass es genauso gewesen sein sollte.
Die hauptsächliche Schlussfolgerung aus einer angenommen von Frauke (früher) freiwillig verfassten SMS an den Mitbewohner ist klar: Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit könnte man dann von einem ihr bekannten Täter ausgehen und weiters die Frage stellen, mit welcher Motivation und Ziel sie an der Stelle nicht direkt nach Hause gegangen sein könnte.
Theoretisch denkbar: Sie will noch kurz woanders vorbeischauen, schreibt die SMS, wird jedoch unterwegs von Unbekannt gegen ihren Willen abgegriffen. Aber: Kein Zeuge meldete sich, noch mit ihr vage oder fest verabredet gewesen zu sein, kein Zeuge meldete sich, sie sei nach dem Pub noch woanders angetroffen worden. Ein unbekannter Täter in diesem Szenario hätte für ein Einschalten ihres Handys 0.49 keinen konkreten Grund, ebenso wenig wie für stattdessen ein Initiieren der SMS.
Und der Filmkünstler?
Ich tue das nicht als morbides Trittbrettfahren ab, jedenfalls keinesfalls abschließend. Im Gegenteil, ich finde diese Option und die zwischenzeitlich hierzu aufgetriebenen Details recht spannend.
Nur, ich habe in der Vergangenheit schon ellenlange Auflistungen gelesen und diskutiert, warum der neue Bekannte aufgrund angenommener oder belegter persönlicher Eigenschaften sowie zurechtgedeuteter Details zum Ablauf doch ganz sicher nach wie vor als hoch verdächtig einzustufen sei. Und ich habe ebenso ausführliche Aufzählungen gelesen und diskutiert, warum die Freundin aufgrund ihrer Äußerungen und ihres Auftretens in den Dokus als zumindest einer Mitwisserschaft höchst verdächtig anzusehen sei. Und ich habe seitenlang gelesen und diskutiert, warum der Mitbewohner herausragend verdächtig und deshalb ein Szenario wahrscheinlich sein sollte, bei dem Frauke tot und die Anrufe Fake waren. Auch dass Frauke in der "Kajüte" eines LKW festgehalten worden sei, wurde umfänglich als ein für den Täter besonders gut funktionierendes Szenario begründet und deshalb stellenweise als hoch wahrscheinlich gewertet. Auch zu dem zeitweise TV in Asseln blieb es ja nicht nur der anonyme Hinweis an sich, sondern es wurden jede Menge Details zur Person ausgegraben und zusammengestellt, geeignet, diesen als höchst geeigneten Täter zu präsentieren. Ich erinnere mich an eine Äußerung von Iven(?) hier im ÖF, die von "17(?) Hinweisen" oder so sprach.
Ich will da gar nicht mit irgendwem diskutieren, ob diese oder jene Hypothese nun "heiß" ist oder getrost ad acta gelegt werden kann. Ist von meiner Seite jeweils zur Genüge durchdiskutiert - nur: Alle gleichzeitig können es wohl kaum gewesen sein, bei mindestens n-1 sind das reine Luftschlösser.
Und nun gibt es da eine weitere Person in Fraukes weiterem Dunstkreis, die aufgrund persönlicher Eigenschaften/Interessen einerseits mit schrägen fallbezogenen Veröffentlichungen (nullge, ORI) in Verbindung gebracht wird (tatsächlicher Zusammenhang/Autorenschaft des Betreffenden nach wie vor völlig unbelegt), die ihrerseits zwar eine fragwürdige Affinität zum Fall, jedoch keinesfalls eine Täterschaft tatsächlich aufzeigen. Und weil diese Person als Kunstschaffender einen morbiden Stil mit Horror und Verbrechen als Gestaltungsmerkmal pflegt, wird ihm so eine Tat natürlich ohne Weiteres zugetraut, gar die Frage nach dem Motiv damit versucht zu beantworten. Wie gesagt, finde ich interessant. Aber zu einer Person aus Fraukes Dunstkreis, die uns halt mehr oder weniger zufällig näher bekannt ist, durch Anhäufung und geeignete Interpretation von Details zur Person einen erheblichen, möglichst zwingenden Tatverdacht zusammenzustricken, diesem Muster bin ich hier schon zur Genüge begegnet. Auch die zuvor genannten Verdächtigungen kamen mit ebenso "überzeugenden" wie langen/ausführlichen Begründungen daher.
Deswegen fällt mir auch bei dieser Story erstmal kein Ei aus der Tasche...