MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

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Gast

Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

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Oh jetzt haben sich die Vorrednerinnen aber eine Nacht um die Ohren geschlagen.

Die Beweislage ist aber noch sehr schwach um das richtige Motiv der Tat zu erkennen.
Riecher war ja politisch angagiert, mir fällt es aber schwer in einzuordnen.
Beim Peri-ev sind ja eigentlich nicht soviele Gutmenschen, denn die Mitglieder kennen genau die Hintergründe der orientalischen Einwanderer und schreien bestimmt nicht dass noch mehr kommen sollen
Wenn man sich dann die Frage stellt wer sich mehr um die Belange der Juden oder der Palästinenser kümmert wirds auch schwierig weil die Linken doch eher mit einem Pallituch rumgerannt sind als mit einer Kippa

Wollte Riecher sich und anderen beweisen dass Integration funktionieren kann als er sich anfangs intensiv um seinen späteren Mörder gekümmert hat?
Vllt ist dieser Mord ja garnicht "instrumentalisierungsfähig"

Bild
https://trauer.schwarzwaelder-bote.de/t ... el-riecher
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

@Gast
Gast hat geschrieben:Riecher war ja politisch angagiert, mir fällt es aber schwer in einzuordnen.
In einem anderen Blog schrieb sein Jugendfreund, dass sie vom Schulleiter mal kurzfristig ein Schulverbot erhielten, weil sie sich gegen den BW-MP Filbinger während eines Besuches 1976 in der Schule "ungebührlich" verhalten hatten (Nazirufe). Sie wurden der Aula verwiesen und trommelten dann von außen an die Scheiben. Dieser Skandal wäre mehrere Tage Schul- und Dorfthema gewesen und der Schulleiter hätte diese Schüler als "Linke" bezeichnet.

In dieser Aktion kommt sehr wohl ein politisches Bewusstsein zum Ausdruck. M. Riecher war damals 15 Jahre alt. Sein Freund schrieb, dass Michael der Akteur war und nicht er, dass er sich aber aus Solidarität mit Michael "rauswerfen" ließ. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Großereignis, dass Filbinger der Schule einen Besuch abstattet, angekündigt war und man sich darauf vorbereitet hatte.
Ich gehe davon aus, dass der 15 jährige MR in einem politischen Elternhaus einen Rückhalt hatte, und die Eltern in Opposition zur Regierungspartei standen, wenn sich der Sohn dieses erlaubte. Es ging um Todesurteile für Fahnenflüchtige der letzten Kriegstage, die Filbinger als Richter im 3. Reich verfügte und umgehend vollstrecken ließ. Mir scheint nahe zu liegen, dass da möglicherweise sogar ein Bekannter der Eltern dabei war, welches die Familie noch lange danach bewegte und welche nicht konform ging mit Filbingers politischem Spitzenamt in BW. Der Junge, Michael Riecher, muss hier m.E. einen elterlichen Rückhalt gehabt und im Einklang gehandelt haben. Der Schulleiter soll den Namen Schwarz gehabt haben, schrieb der Freund.

Im Bund regierte die SPD. Willi Brand machte 1970 den Kniefall in Warschau. Er war Bundeskanzler von 1969 bis 1972 und Parteivorsitzender der SPD von 1964-1987. Das Amt des Bundeskanzlers ging nach Brand an Helmut Schmidt.
Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Riecher nichts mit der CDU zu tun hatte, sondern vielleicht SPD oder FDP gewählt hatte.

Was der Freund auch noch schrieb, dass er mit M. Riecher mit dem Moped alte Judenfriedhöfe abgeklappert habe. Da war also eine Neigung der Wiedergutmachung, des Nichtvergessens und der Restaurierung beschädigter jüdischer Kultstätten vorhanden.
Gast hat geschrieben:Wollte Riecher sich und anderen beweisen dass Integration funktionieren kann als er sich anfangs intensiv um seinen späteren Mörder gekümmert hat?
Diesen Gedanken hatte ich auch schon, dass Herr Riecher eher ein Pionier-Typus war, als dass er ausgetretene Pfade beschritt. So ein beispielhaftes Versöhnungsprojekt hinzubekommen, das hätte ihn als soziales Lebenswerk wahrscheinlich erfüllt, wo er doch keine eigenen Kinder hatte.
Gast hat geschrieben:Vllt ist dieser Mord ja garnicht "instrumentalisierungsfähig"
Man muss wirklich abwarten, bis die Anklage steht. Was Fakt ist, ist Fakt. Es ist ein feiger Mord.
Und man muss den Tatsachen ins Auge schauen. Schönreden und Verschleiern kann man nicht mehr durchhalten. Die Wahrheit lässt sich auf Dauer nicht unterdrücken. Gerichtsverhandlungen sind bis jetzt noch öffentlich. Ich denke, dass die Horber und die Umgebung feine Sensoren haben, ob da etwa das Motiv mit Rücksicht auf die Bevölkerung modelliert wird, so a la, "Traumatisierter mit Langzeit-Psychoproblemen".

Das habe ich an diversen Leserbriefen im "Schwarzwäder Boten" erkennen können.

Welcher Partei Herr Riecher heute nahe stand? Das kann man eigentlich erahnen, einer "schon länger im Bundestag sitzenden Partei", ob CDU, SPD oder Grüne, vermute ich. Oder aber auch der FDP.
Gast

Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Gast »

Aus einem Jugendstreich würde ich mal jetzt nicht sein Wahlverhalten ableiten.

Und Parteien verändern sich ja auch in der langen Zeit siehe CDU mit der Mutti bald die Grünen links überholt und zum """""Glück"""" ist sie gestern nicht vom Himmel gefallen - oh man ich hätte mich 3 Tage nicht mehr eingekriegt

Da er als erfolgreicher Geschäftsmann und Kassier rechnen konnte, hat er wohl kaum die jetzt vollbeklopten Grünen oder die geldumsichschmeissenden Roten gewählt und die spiessigen Schwarzen mochte er vllt nicht, also schätze ich ihn mal als FDP Wähler ein, nach allem was wir jetzt wissen
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Gast hat geschrieben:Aus einem Jugendstreich würde ich mal jetzt nicht sein Wahlverhalten ableiten.
Was ist dein Anliegen? Du bringst seine politische Einordnung aufs Tapet. Dann liefere ich ein markantes Jugendereignis, was mehr ist, als ein Jugendstreich, und was m.E. einiges über MR und seinen politischen Hintergrund offenbaren.

Wenn in einer Aula mit der gesamten Schulgemeinde der Ministerpräsident eine Rede hält und ein einzelner Schüler es wagt, diese Person anzugreifen, dann ist das eine politische Positionierung erster Kategorie.

Ich habe dargelegt, wie ich das einschätze. Wenn dir meine Informationen überflüssig oder unangebracht vorkommen, dann entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht langweilen.

Mir ist es auch völlig egal, welcher Partei er nahe stand. Da in der Flüchtlingsgeschichte die Altparteien mehr oder weniger "ein Brei und ein Mus" waren und sind, habe ich ihn politisch, da er ein großer Flüchtlingshelfer war, eben in dieses Lager eingeordnet. Das war doch dein Anliegen?
Du hast meine Meinung gelesen.
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

1976 fanden Wahlen statt unter dem Slogan Freiheit statt Sozialismus. Es war eine Zeit, in der die politisch links von der CDU stehenden Parteien im Aufwind waren.
Es gibt einen Vortrag zum Machtverlust Filbingers von Prof. Wolfram Wette, "Der Fall Filbinger" 2003.
Die Niederschrift gibt einen guten Einblick in den Zeitgeist von damals. Filbinger war für das Atomkraftwerk Whyl, er war strikt gegen die versöhnende Ostpolitik Brandts. Er hatte, wie Erhard Eppler es ausdrückte, trotz seiner gefällten Todesurteile ein "pathologisch gutes Gewissen". Filbinger wollte dem Schriftsteller Ralf Hochhuth sein Christliches Trauerspiel "Der Stellvertreter" verbieten lassen, welches auf Filbinger gemünzt war.

Es bildete sich eine Bewegung, dass Deserteure rehabilitiert werden, sog. Opfervereine. Der Südwesten hätte hier eine breite Zustimmung gezeigt, was die Aufarbeitung anbelangte.

Ich könnte mir vorstellen, dass auch Michael Riecher oder seine Eltern eher der SPD oder FDP nahe standen, als der Filbinger-CDU. Filbinger ist am 1.8.1978 zurückgetreten, uneinsichtig an seiner Schuld. Er hatte in der eigenen Partei den Rückhalt verloren, weil die politische Zeitgeiststimmung sich wandelte. Es gab außerdem in Süddeutschland den erbitterten Widerstand gegen Whyl.

http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz. ... 030914.pdf

Ich könnte mir vorstellen, dass aus der Familie Riecher Sympathien für die Aufarbeitung von NS-Unrecht vorhanden war und sie Opfervereine ideell oder auch materiell unterstützt haben.

Jedenfalls muss ich dem Michael Riecher ein Selbstbewusstsein, eine Courage und ein politisches Bewusstsein zuerkennen. Das war kein Kriecher oder Kuscher. Der hatte auch keine Angst vor Repressalien oder Sanktionierung durch negative Beurteilungen oder Zeugnisnoten. Er muss intelligent und von der moralischen Richtigkeit seiner Einstellung überzeugt gewesen sein.

Möglicherweise gab es in seiner Familie auch jüdische Wurzeln.
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Allerdings hatte Herr Riecher ein großes religionsphilosophisches Defizit. Vom fundamentalen Hass zwischen Judentum und Islam, wie er von den Heiligen Schriften einer jeden dieser Glaubensgemeinschaften unversöhnlich seinen Ursprung und Grund hat, hatte er hinsichtlich der Tiefe, Unerbittlichkeit und Unüberwindbarkeit wahrscheinlich keine Vorstellung.

Er scheint mir so der Lessing'sche "Nathan der Weise" gewesen zu sein, der in seiner Ringparabel Friede-Freude-Eierkuchen suggerierte. Eine friedliche Koexistenz sei möglich, und jede Religion möge sich im Besitz des wahren Ringes fühlen. Am Ende der Zeiten wird der Richter schauen, wer es war, nämlich der sich in guten Werken am besten verhalten hat.

Das war m.E. ein geistige Beeinflussung der gesamten Nachkriegsgeneration, die wohl auch für die protestlose Hinnahme der Millionenzahl von muslimischen Zuwanderern eine Rolle spielt, denn "Nathan der Weise" mit seiner Religionsharmonie war Pflichtlektüre in weiterführenden Schulen.

Dagegen sagt der Psychiater Christian Peter Dogs im ZDF bei Peter Hahne, dass da ein Gewaltpotential nach Deutschland gekommen sei, das eine große Gefahr, eine Bombe sei.

Ja, da dürfte Michael Riecher eine Bildungslücke gehabt haben, vermute ich, wie wahrscheinlich der Großteil des Bildungsbürgertums der Nachkriegszeit es noch heute hat. Auch im Religionsunterricht des Christentums werden nur Harmoniemodelle um Feindesliebe gepredigt.

Dass Jesus aber kein Pazifist war, sondern seinen Jüngern empfahl sich ein Schwert zur Verteidigung zuzulegen, das habe ich von der jüdischen Religionswissenschaftlerin Prof. Dr. Ruth Lapide erfahren. Das hat mir weder ein Lehrer noch ein Pastor je gesagt.

Sie kennt das Neue Testament besser, als viele christliche Theologen. Sie wusste die Bibelstelle im neuen Testament: Lukas 22, V. 36: (Da sprach er zu ihnen: Aber nun, wer einen Geldbeutel hat, der nehme ihn, desgleichen auch eine Tasche, und wer's nicht hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert. )
Gast

Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Gast »

Ich könnte mir vorstellen, dass aus der Familie Riecher Sympathien für die Aufarbeitung von NS-Unrecht vorhanden war und sie Opfervereine ideell oder auch materiell unterstützt haben.

Jedenfalls muss ich dem Michael Riecher ein Selbstbewusstsein, eine Courage und ein politisches Bewusstsein zuerkennen. Das war kein Kriecher oder Kuscher. Der hatte auch keine Angst vor Repressalien oder Sanktionierung durch negative Beurteilungen oder Zeugnisnoten. Er muss intelligent und von der moralischen Richtigkeit seiner Einstellung überzeugt gewesen sein.

Möglicherweise gab es in seiner Familie auch jüdische Wurzeln
Bei diesen Thesen geb ich dir Recht

Was er mit 15 gemacht hat nenne ich trotzdem einen Jugendstreich
Jeder Mensch kann sich weiterentwickeln und muss nicht 40 jahre die gleiche Partei wählen und ich hab das auch durchgemacht
Vor 30 Jahren hab ich auch mit Anderen über Franz Josef Strauss gelacht, wenn ich aber jetzt sehe was die jetzt für Ansichten haben kommt mir die Kotze hoch

Deine allgemeine Filbinger-abhandlung ist schon recht weit hergeholt.

Ich hab das Thema hier nur angefangen weil ich seinen Verein den Peri-e.V aus Interesse genau angeschaut habe und der ist erst 10 jahe alt und ich hab oben schon geschrieben dass man den Verein nicht so genau in ein einfaches links-rechts-Schema einordnen kann
http://www.tnmultimedia.de/het-forum/vi ... 60#p118718

Dein letzter Beitrag gleitet ja jetzt ab und gehört eigentlich in den Religionsthread
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Gast

Man entwickelt sich weiter im Leben.
Bei Herrn Riecher habe ich das Gefühl, dass er sich treu geblieben ist. Er war damals schon außergewöhnlich, und das war er nach den Zeitungsberichten bis zu seinem Tod.
Außergewöhnliche Menschen werden teils bewundert, teils aber auch abgelehnt, wie Herr Riecher auch.

Bei Strauß geht es mir wie dir. Heute lache ich nicht mehr, wenn ich höre, was er prophezeite, wenn die Grünen die Macht bekommen.

Weil sich Riecher im Beisein von Schülerschaft und Lehrerschaft mit Kritik gegen den Ministerpräsidenten Hans Filbinger aussprach und ihn einen Nazi nannte, wollte ich im Internet über dessen Besuch in Horb was finden. Ich googelte über seinen Machtverlust und fand einen guten Vortrag dazu. Daher habe ich die politische Atmosphäre nochmal anklingen lassen, in welchem Kontext Riecher das sagte. Insofern finde ich es durchaus passend.

Bezüglich des Links-Rechts-Schemas gebe ich dir recht. Das passt einfach nicht mehr.
Gast hat geschrieben:Dein letzter Beitrag gleitet ja jetzt ab und gehört eigentlich in den Religionsthread
Er könnte auch dort passen, doch hier passt er besser hin, denn der Mord könnte ein religiöses Motiv haben. Hier überschneidet sich die Religion mit dem Mordfall und der Gesellschaft. Es geht ja darum, ob ein friedliches Zusammenleben in einem freien Land mit Millionen orthodoxer Muslime gut gehen kann. Da ist Antisemitismus ein Thema, wie hier im Fall auch, da ist die Stellung der Frau ein Thema, wie hier im Fall auch, da ist die Taqiyya, das scheinbar freundliche Gesicht und eben die faschistoide Überheblichkeit und die versteckte Feindschaft der eigenen Religion über Ungläubige ein Problem. Und mit Täuschung haben wir es in diesem feigen Mord auch zu tun.

Daher habe ich das Thema unter den Fall Riecher plaziert, weil es hierzu passt und weil Herr Riecher Opfer seiner Unwissenheit und seiner Unvorsicht geworden ist, meiner Meinung nach.
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Ach ja, @Gast, die Hauptsache hätte ich beinahe vergessen.

Ich bin Christ und ich darf mich gegen Angriffe verteidigen. Ich darf mich auch abgrenzen und Kontakte vermeiden, das lässt sich alles vereinbaren. Christ sein heißt nicht, den Verstand abgeben.

Das Gelaaber mit der anderen Wange hinhalten, hat einen ganz anderen Kontext.

Und wenn ich weiß, dass manche Muslime eine Tötungsabsicht verfolgen, dann lasse ich keinen dieser Spezies in meine Wohnung, sondern mache einen Bogen um sie. Ich sehe keinem von außen an, wie er tickt. Jeder kann ein sog. Schläfer sein und Unheil anrichten.

Das hätte Michael Riecher a) wissen müssen und b) konsequent einen Abstand halten müssen.

Diese Ausgrenzung kann ich mit meinem Glauben vereinbaren, denn ich brauche kein Opferlamm zu spielen. Die Kirchen sagen da vermutlich was anderes. Das ist mir aber egal.

Die Kirchenbediensteten können gerne so viele Muslime in ihre Wohnung aufnehmen, wie sie wollen. Für mich kein Problem, aber auch kein Vorbild. Mit meinen Steuern bin ich sowieso dabei. Das reicht.
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Ich vermute, dass Michael Riecher Schüler in der Berthold Auerbach Grundschule in Nordstetten war.
Ein berühmter Sohn dieses Ortes war der Schriftsteller Berthold Auerbach, der auf dem jüdischen Friedhof in Nordstetten beerdigt ist.

Was ich von Herrn Riecher aus den Zeitungsveröffentlichungen und den Posts eines Jugendfreundes über ihn erfuhr, zeigt gewisse Parallelen zu der Biografie Berthold Auerbachs.

Es ist das Verlassen eingetretener Lebenspfade, eine freiheitlich-libertäre Lebensauffassung; Freundschaften in neuen Lebenskreisen knüpfen; am Geburtsort nicht zu stark eingebunden sein; sich mehr als Weltbürger verstehen, als am Herkömmlichen zu hängen; immer flexibel auf neue Möglichkeiten und neue Perspektiven reagieren.

Die jüdische Gemeinde in Nordstetten war im 19. Jahrhundert beachtlich groß. Irgendwelche Bezüge dürften Herr Riecher bzw. seine Familie dorthin gehabt haben.
AngRa
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Bei den Ermittlungen gibt es derzeit wohl einen Stillstand. Es gibt nur Gerüchte über einen dritten Tatbeteiligten und über ein Geständnis des 27 jährigen Syrers, die aber von der Polizei dementiert werden. Zum Motiv ist offenbar auch noch nichts bekannt.
Die Gerüchteküche in Nordstetten und Umgebung brodelt aber weiter. So kursiert derzeit das Gerücht, dass einer der beiden Tatverdächtigen - der 27-jährige Syrer - gestanden habe. Auch von einem dritten Tatverdächtigen wird im Ort gesprochen.

Der Sprecher der Sonderkommission (Soko) dementiert das aber auf Anfrage sofort: "Diese Gerüchte stimmen nicht. Es gibt kein Geständnis und auch keinen dritten Tatverdächtigen." Der Stand der Ermittlungen habe sich nicht verändert. Noch immer sei die Soko aktiv. "Es sind schwierige Ermittlungen im Umfeld der Tat und auch zum Tatmotiv."
https://www.schwarzwaelder-bote.de/inha ... 6aba9.html
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Immerhin ermittelt die Kriminalpolizei noch und hat noch nicht eingestellt.
Mich erinnert der Stillstand jedoch sehr unangenehm an den Stillstand im Fall Straten, der als "höchstsensibel" charakterisiert wurde.

Gewiss ist auch der Fall Riecher "höchstsensibel", was ich mir vorstellen könnte.
Und ich erinnere mich an @Ivens Bemerkungen zum Fall Michael Straten , dahingehend, dass nicht sein könne, was nicht sein dürfe.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass es auch hier darauf hinauslaufen könnte.

Der Druck auf den Fortgang der Ermittlungen wird meines Erachtens nämlich auch von einer Art Opferlobby mitbestimmt. Wo die Opferlobby nicht genügend vorhanden ist, ist mehr Platz für politischen Interessenseinfluss. Das scheint sich im Fall Straten anzudeuten, das könnte auch im Fall Riecher nicht ausgeschlossen sein, das war bei der Rosemarie Nitribitt so, und sogar im bekannten historischen Fall Hinterkaifeck spielte das Fehlen einer Opferlobby m.E. eine Rolle.
AngRa
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Nun gibt esgemäß eines Berichts im Schwarzwälder Boten vom 8.1.2019 nach langer Zeit mal wieder etwas Neues.

Es geht um eine mysteriöse Männergruppe.


Fall Michael Riecher: Was wollte Männergruppe in Nordstetten?

Horb-Nordstetten - Wer sind die Männer, die sich am Freitag mehrere Stunden in Nordstetten aufgehalten haben? Und stehen sie in Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Mord am Unternehmer Michael Riecher? Der Fall scheint eine weitere mysteriöse Komponente zu bekommen.

Ab Freitagmittag waren mehrere Männer im Dorf unterwegs. Immer wieder kehrten sie zu ihrem Auto zurück, das sie an der Volksbank abfahrbereit in Richtung der Straße abgestellt hatten. Das Autokennzeichen: LB für den Landkreis Ludwigsburg. Nach irgendetwas schienen die Männer – wohl drei oder vier – zu suchen.

Nach Hinweisen an die Polizei aus der Bevölkerung kam es schließlich zur "umfangreichen Personenkontrolle", wie ein Polizeisprecher auf Anfrage bestätigt. Die Männer aus den Bereichen Ludwigsburg/Leonberg seien bei der Polizei keine Unbekannten, so viel verrät der Polizeisprecher. Ob es einen Zusammenhang zum Verbrechen in Nordstetten gibt? "Dazu können wir aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nichts sagen", erklären Staatsanwaltschaft und Polizei einhellig
.
Und es war wohl nicht das erste Mal, dass ein Auto mit LB-Kennzeichen in der Nähe von Riechers Elternhaus gesichtet wurde. So soll wenige Tage nach den Festnahmen der Tatverdächtigen eine Nachbarin von einem Mann gefragt worden sein, ob sie über den Aufenthaltsort der Ehefrau von Mohammed O. Bescheid wisse. Das berichtete eine Anwohnerin im Gespräch mit unserer Zeitung. Ist das alles Zufall oder führen die Spuren des Verbrechens immer deutlicher in den Ludwigsburger Raum? Viele Fragen, die Polizei und Staatsanwaltschaft derzeit nicht beantworten wollen
.



https://www.schwarzwaelder-bote.de/inha ... a6887.html
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Diese polizeibekannte Männergruppe aus der Gegend: Ludwigsburg/Leonberg könnte auf einem ehemaligen Fabrikgelände in der Nähe von M. Riechers Elternhaus etwas ausgegraben haben, schreibt die Zeitung unter Bezug auf die Polizei.
HG5

Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von HG5 »

(Oskar) Michael Riecher war definitiv und unabänderlich NICHT schwul. Ich weiß es idiotensicher!

Nur als Anmerkung für ganz hartnäckige Zweifler: Riecher war in Horb bekannt wie ein bunter Hund. Wenn er schwul gewesen wäre, dann hätte er keinen Hehl daraus gemacht und es wäre allgemein bekannt gewesen. Und zwar so bekannt, dass es anlässlich seines Todes auch in der Zeitung erwähnt worden wäre.

Riechers Familie war nicht Jüdisch. Definitiv NICHT. Ich habe vergessen, ob er evangelisch oder katholisch war, aber ich bin mir fast sicher, dass er evangelisch war. Auch ist die jüdische Gemeinde in Nordstetten, wie auch die in Mühlen und in Dähzahl (Dettensee), schon vor den Nazis (1930--1945) "ausgestorben".

------------------------
http://www.alemannia-judaica.de/nordste ... nagoge.htm
"Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner in Nordstetten wie folgt: 1807 176 jüdische Einwohner, 1824 240, höchste Zahl um 1846 mit 352 Personen in 72 Familien; 1861 201, 1886 62, 1900 65, 1910 39. Die Zahl ging seit Mitte der 19. Jahrhunderts überaus stark durch Abwanderung in Städte (Horb, Stuttgart usw.) sowie vor allem durch Auswanderung nach Nordamerika zurück. (...) 1933 wurden noch 12 jüdische Einwohner gezählt. Von ihnen konnten in den folgenden Jahren sieben auswandern, vier starben vor Beginn der Deportationen in Nordstetten."
-----------------------

Eine jüdische Gemeinde existierte bereits 1927, also lange vor den Nazis, in Nordstetten praktisch nicht mehr. Das Jüdische Gemeindehaus und die Jüdische Schule wurden verkauft, weil man sie nicht mehr brauchte, die stark baufällige Synagoge wurde abgerissen. (Sie befand sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Schlosses, also praktisch gegenüber dem Schloss. Heute ist dort eine "Baulücke". Riechers Elternhaus -- ein uralter, umgebauter Bauernhof -- ist ungefähr 200 Meter entfernt.)

Man muss natürlich wissen, dass Nordstetten im Jahr 1970 so ungefähr 1000 Einwohner hatte, so dass anno dünnemals wohl 50 Prozent der Nordstetter Juden waren. Der Rest evangelisch, glaube ich. Die Namen der Nordstetter Juden sind allesamt dokumentiert. Der Name Riecher befindet sich nicht darunter. Aber natürlich war es damals üblich, dass wenn eine jüdische Frau einen evangelischen Mann heiratete, sie dessen Glauben annahm (oder annehmen musste). UND UMGEKEHRT! Also könnten sich unter Riechers Vorfahren durchaus (oder sehr wahrscheinlich) Juden befunden haben.

Tja, und dann kommt ein xxxxxxx, womöglich aus "Palästina" stammend, daher, der auch im Jahr 2018 noch im Mittelalter lebt, und stellt fest, dass er in einem deutschen Dorf mit starker jüdischer Geschichte lebt, und dass Riechers Elternhaus (also genau das Haus, in dem er wohnt) möglicherweise früher ebenfalls von Juden bewohnt wurde. Da muss ein xxxxxxx doch wahnsinnig werden!! Das spielt im Mordfall Riecher meiner Meinung nach alles mit hinein.

Das "Fabrikgebäude" (eher eine größere Scheune), in dem sich die muselmanische "Männergruppe" aus Lumpenburg (LB) zu schaffen machte, ist übrigens die ehemalige Zigarrenfabrik des Juden Gideon, der irgendwann vor 1930 nach Stuttgart abwanderte. Soweit ich mich erinnere, gehörte dieses "Fabrikgebäude", das direkt neben Riechers Elternhaus steht, Riechers Eltern. Somit würde es heute Michael Riecher gehören.

Riecher war eher ein unpolitischer Anarchist, der es z.B. als staatliche Willkür betrachtete, dass er mit 15 Jahren nicht (ohne Führerschein natürlich) Moped fahren darf. Es war an der Schule allgemein bekannt, dass Riecher mit dem Moped zur Schule fuhr, obwohl er keinen Führerschein hatte. Die Pauker versuchten es mehrfach, aber erfolglos, zu Unterbinden. Mit 20 dürfte Riecher wohl (wie ich) mit den Grünen sympatisiert haben. Ich würde aber vermuten, dass er später (wie ich) auf den Trichter gekommen ist, dass die Grünen, zumindest auf Bundesebene, absolute Flaschen sind. Ich würde ihn als Wechselwähler einschätzen, der keiner Partei treu war.
Melanie, Samstag, 01. Dezember 2018, 12:38:01 hat geschrieben:Jedenfalls muss ich dem Michael Riecher ein Selbstbewusstsein, eine Courage und ein politisches Bewusstsein zuerkennen. Das war kein Kriecher oder Kuscher. Der hatte auch keine Angst vor Repressalien oder Sanktionierung durch negative Beurteilungen oder Zeugnisnoten. Er muss intelligent und von der moralischen Richtigkeit seiner Einstellung überzeugt gewesen sein.
Das trifft auf Riecher voll und ganz zu!!!! Er war an der Schule mit einigen Jungpaukern per "Du" und traf mindestens einen auch privat -- wir sind einmal bei einem (meinem Englischlehrer, der mich wie üblich nicht leiden konnte) vorbeigeschneit, und es war offensichtlich für mich, dass Riecher ihn regelmäßig besuchte.

Riecher hatte viele Freunde, die 10 Jahre oder so älter waren. Wir sind auf unseren Touren (mit Riechers Moped) ständig bei irgendwelchen Leuten eingekehrt, die Riecher kannten, und die alle wesentlich älter als Riecher (damals 15, 16, 17) waren. Riecher wollte herausfinden, was deren "Erfolgsgeheimnis" war, und wie sie zu dem wurden, was sie sind (bzw. was sie damals waren). Offensichtlich hat er es herausgefunden!
Melanie, Samstag, 01. Dezember 2018, 13:08:10 hat geschrieben:Allerdings hatte Herr Riecher ein großes religionsphilosophisches Defizit. Vom fundamentalen Hass zwischen Judentum und Islam, wie er von den Heiligen Schriften einer jeden dieser Glaubensgemeinschaften unversöhnlich seinen Ursprung und Grund hat, hatte er hinsichtlich der Tiefe, Unerbittlichkeit und Unüberwindbarkeit wahrscheinlich keine Vorstellung.
Das stimmt mit Sicherheit ebenfalls. Aber Riecher hat sich (damals) nicht für das Judentum in Nordstetten "engagiert". Es war schlichtweg Bestandteil der Geschichte Nordstettens. Im Gegensatz zu den Schülern aus anderen Dörfern in und um Horb herum hatte keiner der Schüler aus Nordstetten (und Rexingen), inklusive Riecher, irgendwelche Ressentiments gegen Juden. Ich habe im Grunde genommen erst heute begriffen, warum dies so war.
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Hallo HG5, das ist aber supertoll, dass du dich hier zu Wort findest. Ich las von dir und deinen Ausflügen einiges. Es war lebendig und nachvollziehbar und ich danke dir sehr herzlich dafür. Du schildertest die Versammlung in der Aula, als Herr Filbinger eurer Schule die Ehre gab. Und du erwähntest den Eklat, den es mit Michael Riecher gab. Ich hab gestaunt. Michael Riecher war ein Naturell. Das kann man nicht lernen, sondern man ist es oder man ist es nicht. Wahnsinn!

Auf den Bildern wirkt er sehr sympathisch. Seine Art zu leben forderte den Widerstand seines Heimatortes heraus. Es scheint ein vergleichbares Verhältnis wie die Ablehnung der Calwer zu ihrem Sohn, dem Schriftsteller Hermann Hesse, gewesen zu sein. Den möchten sie gar nicht, weil sie in dessen Literatur etwas negativ wegkamen.

Ganz toll @HG5, dass du uns aufgeklärt hast über die Religion und die sexuelle Ausrichtung. Dass er schwul gewesen wäre, hatte ich nie auf dem Schirm. Er lud hin und wieder reifere Damen zum Essen ein, wie ich las.

Lieber @HG5, es tut mir wirklich sehr leid um den Michael R., dass er so enden musste. Gottseidank ist es aufgedeckt worden. Einige Male schon stießen Fälle auf, welche als Suizid durchgingen, wo man sich wundern muss.

Ich wünsche mir Aufklärung und Täterfeststellung in diesem Fall ganz besonders. Und vor allem die Motivklärung. Doch möglicherweise ist das im momentanen Zeitgeist politisch nicht opportun?
Dann bestimmt die Staatsräson, als was der Fall in der Öffentlichkeit zu laufen hat, damit nicht die "falsche Seite" Kapital daraus schlagen kann.
Denn nach wie vor gilt die Regel, dass Politik vor Justiz geht.

Alles in allem: Michael Riecher war ein originelles Original. Er wirkte positiv für seine Gemeinde Nordstetten. Er konnte was bewegen. Er hatte Beziehungen und er konnte organisieren. Wenn er
das Casino kaufte und als Einheimischer dieses imposante Bauwerk pflegte, ist das doch auch von Vorteil. Er hatte ein Geschichtsbewusstsein. Das sind nicht die dümmsten Leute! Auf keinen Fall!

Sein Tod beinhaltet die Chance, zu erkennen, dass man diesen eigenwilligen, aber im Stadtinteresse förderlichen Sohn der Stadt hatte. Er war auf dem Höhepunkt seiner Möglichkeiten und ist dann in die Ewigkeit befördert worden. Die Ewigkeit hätte ich ihm noch nicht gewünscht. Nun kann man aber nichts mehr machen, als ihn auf diesem Höhepunkt in Erinnerung behalten.

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße!
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

HG5, dieses originelle Naturell haben einige Lehrer eurer Schule erkannt, sonst hätten sie die Linie "Lehrer-Schüler" nicht verwischt. Solche Schüler gibt es nicht alle Tage und ich denke, dass es für einen guten Lehrer sogar lebensinteressant ist, wie ein Schüler eine Lage beurteilt.

Dann gibt es Lehrer, die machen drei Kreuze, wenn "der Kerl" in die Klasse kommt. Die sind allein von seiner Gegenwart schon frustriert. Ich kann auch diese Lehrer auch verstehen, wenn sie sich vor der Klasse nicht moralisch belehren lassen wollen. So ein riesen Lehrerpool gibt es gar nicht, dass man immer die bester abschöpfen kann. Es ist alles eine Frage der Zeit und des Angebotes.

Weißt du, ob er auf der Berthold-Auerbach-Grundschule war? Dieser bekannte Sohn der Stadt dürfte ihm Vorbild gewesen sein. Jener ließ sich auch nicht in eine Schachtel sperren.
HG5

Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von HG5 »

Riecher war auf der Hauptschule, die zuerst im Nordstetter Schloss untergebracht war und dann in den Neubau auf dem Hohenberg umzog. Ich nehme an, dass die Auerbachschule der Neubau in Nordstetten ist. Das müsste aber eine Grundschule gewesen sein. Ich glaube, die wurde erst eröffnet, als Riecher schon in der 5. Klasse war. Also nach 1973.

Soweit ich mich erinnere hatte Riecher schlechte Noten und müsste einmal "geparkt" haben, denn er war eine Klasse unter mir. Ich war jedoch auf der Realschule.
HG5

Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von HG5 »

Schulleiter Schwarz war CDU-Parteimitglied und hatte auch irgendeine Funktion in der Horber CDU. Er war wohl maßgeblich daran beteiligt, dass Filbinger an die neue Schule auf dem Hohenberg kam. Der "hohe Besuch" war natürlich angekündigt und "Blacky" gab die Anweisung, dass alle Schüler ordentliche Kleidung tragen sollen. Das heißt, keine Jeans. Zumindest in meiner Klasse hielten sich alle daran und kreuzten mit Anzug und Abendkleid auf -- außer ich. In meiner Klasse störte dies niemanden, denn wir waren nicht umsonst die Musterklasse der Schule, und Blacky's Vorzeigeklasse. Es stellte sich heraus, dass Blacky uns dem Filbinger ebenfalls als Vorzeigeklasse präsentieren wollte, denn Blacky kam um halb 10 persönlich in unsere Klasse und führte uns als erste Klasse in die Aula. Wir hatten also die Ehre, in der ersten Reihe zu stehen. Alle anderen Klassen kamen erst später und mussten sich hinter uns stellen. Filbinger sollte lauter adrette Schöler sehen. Blacky äußerte lautstark Missfallen über meinen Aufzug, denn ich hatte zu allem Überdruss auch noch ein ausgewaschenes Rolling Stones T-Shirt an, das mir unser Englischlehrer, mit dem Riecher per Du war, und der Rolling Stones Fan war, augenzwinkernd, aber wortlos, gegeben hatte. Dazu muss man wissen, dass die Rolling Stones um diese Zeit herum in Kaputtgart spielten, oder gespielt hatten, was schon vorher ein Mordsskandal war. Alle Zeitungen, Radiostationen und SDR3-TV zerrissen sich das Maul. Ich bin überzeugt davon, dass Riecher unseren Englischlehrer darauf gebracht hatte, wenn er mir ein Stones-T-Shirt schenkt, dass ich es sicher beim Filbinger-Auftritt tragen würde. Dadurch würde ich nicht nur Blacky, sondern auch Filbinger auf die Palme bringen. Auf dem T-Shirt war vorne Keith Richards abgebildet, der sagt "Who the fuck is Mick Jagger?" Ich konnte Blacky immerhin dahingehend beruhigen, indem ich allerehrlichst sagte, dass ich außer Jeans keine Hosen habe, und einen Anzug schon garnicht. Auch behauptete ich, dass das ja ein Anti-Rolling-Stones T-Shirt sei. Immerhin BAT mich Blacky, mich nicht in die erste Reihe zu stellen, anstatt es lautstark anzuordnen. Man muss sich ja vorstellen, dass es eine EHRE war, dass meine Klasse in der ersten Reihe stehen durfte. In gewisser Weise war Blacky schon in Ordnung, ausser, dass er mich nicht leiden konnte (keine Ahnung wieso).

Es gab aber noch einen Grund, weshalb Blacky stinkesauer war: Irgendjemand hatte sich am Abend vorher in die Schule geschlichen und dort in der Aula ein Anti-Filbinger-Plakat aufgehängt, auf dem er mit Heiligenschein und betenden Händen zu sehen war, mit seinem berühmten Satz "Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein." Natürlich hatte Blacky den richtigen "Riecher" -- und mich als Mittäter in Verdacht. Aber ich konnte ihm ebenfalls allerehrlichst versichern, dass ich keine Ahnung habe, von was für einem Plakat er redet (es war eine Solo-Aktion von Riecher, und der Hausmeister hatte es am Morgen, schon bevor die ersten Schüler eintrafen, abgehängt). Na jedenfalls kündigte Blacky lautstark an, den Täter wegen unbefugten Betretens der Schule ausserhalb der Schulzeit von der Schule zu werfen -- dazu hätte er durchaus die Befugnis gehabt!

Als Riecher und ich dann während Filbingers Rede, die ungefähr 30 Minuten dauerte, gegen die Scheiben der Aula trommelten und Blacky angeschossen kam und uns zum Verlassen des Schulgeländes aufforderte, stellte er Riecher natürlich zur Rede. Riecher gab die Aktion sofort zu und bestätigte auch, dass ich nichts damit zu tun hatte. Riecher stellte sich Blacky gegenüber hartnäckig auf den Standpunkt, dass es an diesem Plakat nichts Verwerfliches gab (im Grunde genommen stimmte das ja auch) und weigerte sich, das Schulgelände zu verlassen. Blacky honorierte, dass Riecher geständig war, stellte ihn aber klipp und klar vor die Alternative: Entweder wir verschwinden sofort für den Rest des Tages, oder Riecher fliegt wegen unbefugtem Betreten des Schulgeländes von der Schule. Schließlich sah Riecher ein, dass es wohl besser ist, wenn wir verschwinden.

Am nächsten Tag erfuhren wir übrigens, dass Filbinger am Ende seiner Rede unter donnerndem Beifall allen Schülern großzügig für den Rest des Tages schulfrei gegeben hatte.

Riechers Aktionen hatten noch zwei Nachwirkungen:
-- Blacky hatte so dermaßen einen Tanz wegen des Plakats gemacht, dass es nun ALLE, sowohl Schüler als auch Lehrer, sehen wollten. Daraufhin brachte Riecher ein paar Tage später das selbe Plakat noch einmal mit (ich glaube, es war von Klaus Staek und müsste wohl im Internet zu finden sein). Natürlich konnte Riecher das Plakat nicht jedem einzelnen der rund 800 Schüler und 50 Pauker zeigen, deshalb blieb Blacky nichts anderes übrig, als Riecher in der großen Pause zu genehmigen, das Plakat erneut in der Aula aufzuhängen -- unter der Auflage, dass Riecher es noch am selben Tag um Punkt 12:05 Uhr unaufgefordert wieder abhängt (woran er sich gehalten hat).
-- Das Plakat und Riechers Störaktion bewirkte, dass Filbingers Nazi-Schandtaten, von denen kaum einer an der Schule gewusst hatte, in allen Klassen im Unterricht zur Sprache gebracht werden musste.

Und dann noch die Ironie des Schicksals: Der Name Schwarz ist, bzw. war, in Horb ziemlich selten. Ich habe neulich einen Artikel im Internet zum 80. Geburtstag von Ex-Schulleiter Christian Schwarz gefunden. Dort steht, dass Blacky 1937 in Betra geboren wurde. Betra ist nur 3 Kilometer von Nordstetten entfernt, und in Nordstetten wohnten erwiesenermaßen jüdische Familien, die Schwarz hießen. Es ist bekannt, dass es einigen Juden aus Nordstetten gelungen ist, sich als evangelisch auszugeben, und so der Naziverfolgung zu entgehen. Blacky war evangelisch. Man zähle 1 und 1 zusammen. Ich bin sicher, dass Riecher als eingeborener Nordstetter damals wusste, dass die Betraer Familie Schwarz aus Nordstetten stammt. Und schließlich hat Blacky ja auch in Nordstetten ein Haus gebaut und ist nach Nordstetten gezogen. Das Haus liegt in derselben Siedlung, in der Riechers Haus steht, in dem er ermordet wurde. Am Rande dieser Siedlung steht die Auerbachschule.
Melanie
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Re: MORDFALL MICHAEL RIECHER (57 †), NORDSTETTEN, 2018

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Superklasse, deine Ausführungen, @HG5.

Dann gab es einen Hauptschulzweig und einen Realschulzweig unter einem Schuldach bei euch?
Der Schulleiter war in einer zweischneidigen Situation.
Einerseits Loyalität mit Filbinger, dem MP und CDU-Freund. Zum anderen aber auch ein gewisses Verständnis für einen Schüler, der kritisch gegenüber Filbinger war. Da muss dem Herrn Schwarz
aus der schmerzvollen Geschichte seiner Vorfahren die Erinnerung vor Augen gestanden haben.
Deshalb auch die "Verständigung" mit M. Riecher und das Alternativangebot.
Zum Handeln war Herr Schwarz gezwungen, denn Störung des Schulbetriebs ist die eine Sache
und eine legale Demonstration und Protestkundgebung gegen Herrn Filbinger ist eine andere Sache.

Man hat sich in der Schule befunden. Der Schulleiter ist der Verantwortliche für den Ablauf und er musste irgend eine Maßnahme ergreifen. Da hat er sich gerade noch erträglich durchlawiert.

Nun bin ich gespannt, wann man wieder etwas vom Fall M. Riecher hört. Wenn ich Gelegenheit habe, mal durch Horb oder Nordstetten zu fahren, ist mir der Ort nicht mehr anonym, sondern er lebt, dank deiner interessanten Schilderungen. Ich werde, ja ich muss dort mal hinfahren. Möchte auch das Grab von Herrn Riecher besuchen.

Danke und Tschüs
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