MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

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Agatha Christie
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von Agatha Christie »

Aussage eines Polizisten zu den Handydaten von Hussein K.

Nächster Zeuge ist ein Kriminalbeamter der Direktion Freiburg. Der Fachmann für Cybercrime hat das Handy des Angeklagten im vergangenen Herbst noch einmal ergänzend ausgewertet und war in der Soko "Dreisam" für die digitalen Spuren zuständig. "Das Handy wurde ihm am Tag der Festnahme abgenommen", sagt der Zeuge. "Es war durch einen Pin-Code geschützt, dadurch war es nicht möglich, die Daten auszulesen." Der Angeklagte und sein Anwalt hätten diesen Code nicht mitgeteilt. Das Telefon, ein iPhone 6S, sei nicht einfach zugängig, ohnehin seien iPhones seit dem iPhone 4 nicht mehr leicht zu cracken. Man habe zum Cracken des Telefons einen Dienstleister in Anspruch nehmen wollen, der zum Zeitpunkt der Festnahme jedoch mitteilte, dass es bis Herbst 2017 dauern könnte, bis die notwendige Crack-Methode zur Verfügung gestanden hätte. Der Zeuge beschreibt, wie zwischenzeitlich über die Sprachsteuerung "Siri" Zugriff zu den gespeicherten Kontakten und den Fotos auf dem Handy erlangt wurde. Im Sommer 2017 teilte der Dienstleister schließlich mit, dass eine Crack-Methode vorhanden sei, daraufhin wurde das Handy an den Dienstleister übersendet. Der Dienstleister ermöglichte mit seinem Hack den Zugriff auf die volle Dateienstruktur des Handys. "Es war relativ neu, dass man gegen Entgelt ein Handy entsperren lassen kann", sagt der Zeuge. "Unsere Software konnte noch nicht alles interpretieren." Interessant sei für Ermittler vor allem gewesen, was um die Tatzeit herum auf dem Handy geschehen sei. Die verwendete Software habe die Möglichkeit eine "Timeline" darzustellen, das sei zunächst ernüchternd gewesen, weil keine Daten gefunden wurden.

"Es war relativ neu, dass man gegen Entgelt ein Handy entsperren lassen kann."

Bei einer weiteren Analyse der Datenbanken auf dem Handy seien jedoch zusätzliche Daten gefunden worden, die in einer Cache des Telefons gespeichert gewesen sein - Geodaten und Angaben zur Quelle der Geodaten, Wifi oder Mobile Daten. Die Aussage des Zeugen ist komplex. "Bin ich zu schnell?", fragt er - im Zuschauerraum und auf der Richterbank wird geschmunzelt. Er erläutert: Von Apple automatisch gesendete Daten würden in dieser Datenbank das Speichern von Geodaten verursachen. "Wir haben festgestellt, dass ab dem 30.9. bis zum Zeitpunkt der Festnahme, Daten vorhanden sind, die uns immer wieder Standortdaten des Handys des Beschuldigten liefern", sagt der Zeuge. Dann erklärt er, wie die Ermittler an die Aktivitäts- beziehungsweise Bewegungsdaten des Handys gekommen ist. Kenntnisreich und mit wenigen Worten beschreibt der Zeuge, dass jedes iPhone ständig durch diverse Sensoren eine Vielzahl von Bewegungsdaten aufzeichnet - Schritte, Treppenstufen, Entfernungen; diese würden etwa von der "Health"-App verwendet. Beide Daten, die Geodaten und die Bewegungsdaten, habe man schließlich in Zusammenhang gestellt.

Am Richtertisch beschreibt der Zeuge jetzt diese Interpretation: Am Nachmittag des 15. Oktober sei das Handy des Angeklagten zunächst an seinem Wohnort gewesen. Um 20.28 Uhr zeige eine Wifi-Quelle, dass K.s Telefon in der Nähe des Hauptbahnhofs gewesen sei. Etwas später zeige eine Mobilfunkzelle, K. sei am Flückinger See gewesen, mehrfach. Etwa um 20.53 Uhr, sei das Handy dort registriert worden. Die Daten aus Funkzellen seien grundsätzlich nicht so genau, wie bei WiFi-Quellen. Das erkläre, warum das Telefon des Angeklagten auch in drei entfernte Funkzellen, unter anderem in der Bettackerstraße, eingeloggt gewesen sei. "Funkzellen können mehrere Kilometer entfernt sein", sagt der Zeuge. "Auch zwei Kilometer entfernt." Für die WiFi-Quellen sei es nicht notwendig, in das entsprechende Wifi-Netz eingeloggt zu sein. "Es reicht, wenn Ihr iPhone registriert, dass das Wifi da ist." Die genauesten Daten seien jedoch GPS-Daten.

Die Daten zeigen laut der Aussage des Zeugen den Weg des Angeklagten in der Tatnacht durch die Stadt: Vom Flückinger See zur Stusi, dann zur Haltestelle Stadttheater, wo ein Wifi-Kontakt an der Sparda-Bank gewesen sei, zur Kaiser-Joseph-Straße und zur Sonderbar in der Salzstraße. Dort sei er bis nach 1 Uhr gewesen, um 1:36 Uhr zeigt das Handy ihn in der Innenstadt, um 1:57 Uhr sei er, laut Videoaufnahmen, in die Tram eingestiegen. An der Endhaltestelle Lassbergstraße sei dann ein Einloggen in eine Funkzelle geschehen. Um 2:46 Uhr habe das Handy einen Kontakt zum Wifi der Jugendherberge gehabt. Und um 4.17 Uhr GPS-Daten direkt vom Tatort. "Wenn eine App aktiv war, die GPS-Daten nutzt, kann das passiert sein", sagt der Zeuge.

"Jemand mit ähnlicher Statur wie der Angeklagte ist die Böschung der Dreisam hochgelaufen."

Die Ermittler hätten unter anderem auch verschiedene Versuche mit einem baugleichen iPhone gemacht. "Jemand mit ähnlicher Statur wie der Angeklagte ist die Böschung der Dreisam hochgelaufen", sagt der Zeuge. Beim geraden Hochlaufen habe das Handy ein Stockwerk einer Treppe aufgezeichnet, beim quer hochlaufen jedoch nicht." Die Bewegungsmuster seien jedoch nicht total verlässlich aufgenommen. Grundsätzlich gelte jedoch, dass das Überwinden von drei Höhenmetern innerhalb von 16 Schritten als Treppe registriert werde. Würden in zehn Minuten 300 Schritte aufgenommen, bliebe jedoch unklar, ob diese 300 Schritte zu Beginn der zehn Minuten oder zu deren Ende stattgefunden hätten. Zudem würden die Daten nicht sofort in der Datenbank gespeichert - das dauere zum Teil mehrere Minuten; die Aufzeichnungen seien somit nicht minutengenau.

Der Ermittler ordnet die Daten ein, spricht über die Daten zur Tatzeit. Diese zeigten unter anderem die Wartezeit des Angeklagten am Tatort. "Bis 2.32 Uhr war der Beschuldigte mit dem Handy in Bewegung", sagt der Zeuge. Bis 2.52 Uhr hätte er nur wenige Schritte gemacht, um 2.55 Uhr zeige das Bewegungsmuster eine Treppe an - vermutlich das Besteigen der Dreisam-Böschung. Das passe mit der Berechnung von Maria L.s Heimweg zusammen, sagt der Zeuge. Danach habe das Handy des Angeklagten sich jedoch für 1 Stunde und 20 Minuten kaum bewegt, bis wieder ein Gang die "Treppe hoch" - die Dreisamböschung - registriert worden sei.

Auch das Handy des Opfers hat der Zeuge ausgewertet - ein Nokia-Handy, das auf Windows läuft. Die Auswertung dieser Daten sei deutlich einfacher gewesen, erklärt der Ermittler. "Der letzte Zeitstempel aus dem Opferhandy war 4.12 Uhr und um 4.15 Uhr haben wir im Handy des Angeklagten ein Treppensteigen", sagt der Zeuge. "Ein letztes Treppensteigen haben wir um 4.18 Uhr." Da könne der Angeklagte noch einmal die Böschung hochgestiegen sein - oder auch etwa den Anstieg am Dreisamradweg zur Brücke in Ebnet überwunden haben. Ein Versuch habe gezeigt, dass auch dieser Anstieg in einem iPhone als Treppe registriert werde.

Die Daten seien jedoch insgesamt nur als Indizien zu werden, erklärt der Zeuge auf eine Nachfrage von Staatsanwalt Eckart Berger zu zwei konkreten Schrittwerten. "Die Daten lassen es nicht zu, dass man sie so genau auswertet."
Der Zeuge beschreibt Versuche, die die Ermittler durchgeführt haben. Unter anderem hätten Ermittler die verschiedenen Wege zum Tatort abgefahren, seien die Dreisamböschung auf verschiedene Arten hoch und herunter gegangen. "Der Gang auf die Brücke wurde etwa auch als eine Treppe registriert." Der Zeuge hat bei der Besprechung am Richtertisch eine letzte Anmerkung: "Ich weiß, dass das in der Auswertungskraft nicht unentscheidend sein kann", sagt der Polizist. "Es ist alles absolut stimmig."

Richterin Schenk hat noch eine Nachfrage zur gelöschten SMS, die des Öfteren Thema im Prozess war – eine SMS von 23.12 Uhr in der Tatnacht. "Warum kommen sie bei der SMS zu der Aussage, dass sie gelöscht wurde?", fragt Richterin Schenk. Bei anderen Daten sei nicht klar gewesen, ob diese gelöscht oder nicht auffindbar gewesen worden seien. Der Ermittler erklärt, dass die SMS nicht überschrieben wurde, sondern als gelöscht markiert wurde, das sei in der zur Analyse verwendeten Software angezeigt worden.
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talida
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Verlesung der griechischen Urteile

13 Uhr: Zum Abschluss des 17. Verhandlungstags werden die beiden Urteile gegen Hussein K. aus Griechenland verlesen.

Richterin Schenk beginnt mit dem erstinstanzlichen Urteil des Gerichts in Korfu vom 12. Februar 2014:

Hussein K. wird wegen versuchten Raubes und versuchten Mordes verurteilt.

Das Gericht sah als erwiesen an, dass Hussein K. sich am 26. Mai 2013 gegen 2.30 Uhr seinem Opfer näherte, sie festhielt, nach ihrer Handtasche griff und sie erst zu Boden warf. Als ein Auto kam, hob K. sein Opfer kopfüber über ein Zaungitter hinweg und ließ sie einen Abhang hinunter zum Meer fallen.
Die Tasche warf er hinterher. Das Opfer wurde schwer verletzt.

Das Gericht sah als erwiesen an, dass K. die Straftat absichtlich begangen habe und nur durch den körperlichen Einsatz des Opfers verhindert wurde. "Die Höhe des Punktes, an der er sie in die Tiefe schleuderte, bestätigt seinen Eventualvorsatz", liest die Richterin vor. Der Raub sei vollendet gewesen und der Wurf des Opfers die Klippe herunter verübt worden, um den Raub zu verdecken.

Die Strafe: vier Jahre Freiheitsstrafe für den Raub, acht Jahre für den versuchten Mord; das machte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren; abzüglich der U-Haft seien das neun Jahre, drei Monate und vierzehn Tage.

Das Gericht ging davon aus, dass Hussein K. Jugendlicher sei - aber bereits 18 Jahre alt. Im Urteil wird Hussein K. als "Sohn des Gholami" geführt, seine Mutter heiße Mariam.

Dann liest Richterin Schenk das Berufungsurteil vom 18. September 2017 des Gerichts von Korfu vor, das in Abwesenheit von K. verhandelt wurde: Das Gericht verwirft die Berufung, da Hussein K. zur Verhandlung nicht anwesend gewesen sei. Es sei kein ordentliches oder außerordentliches Rechtsmittel eingelegt worden.

Richterin Kathrin Schenk spricht den Angeklagten an: "Ich weiß, Sie wollen inhaltlich zu dem Verfahren in Griechenland nichts sagen. Wollen Sie denn etwas zu dem Verfahrensablauf sagen, insbesondere zum Berufungsverfahren?"

Sie fragt nach, ob er Kontakt mit seiner Anwältin in Griechenland gehabt habe.

"Nein", sagt er.

"Haben Sie denn das Berufungsurteil von den griechischen Behörden übersandt bekommen", fragt die Richterin.

"Nein", sagt er.

"Haben Sie überhaupt irgendwas gehört, seit ihrer Berufungseinlegung 2014?"
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talida
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Ausblick auf den Fortgang des Prozess

Staatsanwalt Eckart Berger bittet die Vorsitzende Richterin Schenk, dass ein Fernsehbericht über den Fall in Griechenland, der auf Youtube zu sehen ist, beim nächsten Verhandlungstag, wenn Übersetzer vor Ort sind, gezeigt wird. Dieser Bericht zeige die Gegebenheiten vor Ort sehr gut. "Ich kann Ihnen den Link schicken", sagt der Staatsanwalt zur Richterin.

Am 25. Januar wird der Prozess um 14 Uhr fortgesetzt.

Für den 8. Februar werden die Aussagen zweier Textil- und Pflanzengutachter angekündigt, eine Zeugin, die von Hussein K. angesprochen wurde, sowie die Verlesung von Dokumenten.

Am 20. Februar könne der Rechtsmediziner Pollack aussagen.

Hussein K.s Opfer aus Griechenland möglicherweise am 27. Februar.
"Ich gehe aktuell aber nicht davon aus, dass sie für eine Aussage in Person oder per Videoübertragung zur Verfügung stehen wird", sagt Richterin Schenk.
Alternativ wäre die Aussage eines weiteren Handy-Sachverständigen möglich.

Am 2. und 9. März könne dann der psychiatrische Gutachter Pleines aussagen sowie die Jugendgerichtshilfe.

Verteidiger Sebastian Glathe spricht noch die Einführung eines griechischen Altersgutachtens an und fordert für Hussein K. einen Übersetzer für Griechisch, damit Hussein K. Kontakt mit seiner Verteidigerin in Griechenland aufnehmen kann.
Der 17. Verhandlungstag ist beendet. Die Verhandlung wird am 25. Februar fortgesetzt.
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Agatha Christie
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von Agatha Christie »

18. Verhandlungstag
Griechische Ermittler sagen im Prozess gegen Hussein K. aus

2014 wurde der wegen Mordes an Maria L. angeklagte Hussein K. auf Korfu wegen versuchten Mordes verurteilt. Am Donnerstag werden griechische Ermittlungsbeamte am Landgericht Freiburg erwartet.

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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von Agatha Christie »

16.00 Uhr: Erster Zeuge am 18. Verhandlungstag im Mordprozess gegen Hussein K. ist der griechische Polizeibeamte Vasilius K., an seiner Seite sitzt ein Dolmetscher. Die Vorsitzende Richterin Kathrin Schenk bittet ihn, zunächst frei über seine Ermittlungen gegen Hussein K. auf Korfu zu berichten. Der Polizist, ein sportlicher Mittdreissiger mit kurzen Haaren, Dreitagebart und in Jeansjacke- und -hose, beginnt seine Aussage: Er habe am Tag der Tat Frühdienst gehabt; als er zum Arbeitsantritt zur Polizeistation kam, sei K. schon vor Ort in Haft gewesen und des versuchten Mordes verdächtigt gewesen.

Hussein K. sei in der Tatnacht um 0.30 Uhr von Beamten kontrolliert worden, etwas später sei die Tat passiert. Gegen 2 Uhr hätten Polizeibeamte ihn in der Nähe des Tatorts festgestellt; seine Hose und seine Schuhe seien nass gewesen. Hussein K.s Hose und seine Schuhe hätten der Aussage des Opfers entsprochen. Nach einer intensiven Befragung habe K. die Tat gestanden und die Beamten zur Tasche geführt, die er dem Opfer gestohlen hatte. Bei einer Gegenüberstellung kurz darauf im Krankenhaus hätte ihn die Studentin zudem erkannt.

K. sei zu diesem Zeitpunkt des versuchten Mordes verdächtigt worden; mit Hilfe eines Dolmetschers befragt worden und über seine Rechte informiert worden. Hussein K. habe die Hinzuziehung eines Anwalts abgelehnt. Richterin Schenk stellt mehrere Nachfragen zum rechtlichen Status K.s : Sei er schon Verdächtiger gewesen? Hätte er auch eine Aussage ablehnen können? Ja, er sei schon ein Verdächtiger gewesen. Er habe ablehnen können, sagt der Zeuge, der seine Arme während der gesamten Befragung verschränkt hält.

Dann schildert der Polizeibeamte die Tat: Hussein K. habe die Tasche des Opfers klauen wollen. Als ein Auto vorbei kam, habe er das Mädchen von der Klippe geschubst. Richterin Schenk will es genauer wissen, liest aus der griechischen Akte vor: "Als er ein vorbeifahrendes Fahrzeug bemerkte, hob er sie mit den Händen in die Luft und ließ sie an einem angrenzenden Abhang kopfüber in die Tiefe fallen." Sie fragt genau nach: "Ist diese Information eine Aussage der Zeugin oder ist das eine Aussage des hier angeklagten Herrn K.?"

Der Zeuge ist sich nicht mehr sicher. "Aber ich glaube, die Aussagen der beiden haben zueinander gepasst", sagt er und fügt hinzu: "Es war leicht, das Mädchen hochzuheben, und sie herunterzuwerfen." Richterin Schenk liest den gleichen Satz im Zusammenhang aus der Akte vor. "Das klingt, wie eine Aussage von Herrn K.?" "Ja", sagt der Zeuge. "Kommt die Erinnerung also jetzt heute wieder?" Sie will wissen, wie hoch die Klippe war. "Zehn Meter", sagt der Beamte, eine Sondereinheit der Polizei habe die Stelle ausgemessen.

Richterin Schenk will wissen, wo K. gelebt habe. "In einer verlassenen Olivenmühle gegenüber vom Hafen", sagt der Zeuge. Dort seien Schuhe gefunden worden, die das Opfer zuvor beschrieben hätte. "Nike Stiefelchen in grau", sagt der Polizist. "Sie waren nass." Zum Zeitpunkt der Festnahme habe K. Pantoffeln getragen.

Dann fragt die Vorsitzende Richterin nach, wie die Gegenüberstellung im Krankenhaus abgelaufen sei. Das Opfer habe K. selbst und die gefundenen Schuhe von K. wiedererkannt "Haben der Angeklagte und das Opfer miteinander gesprochen, will die Richterin wissen? "Ja", sagt der Zeuge. Hussein K. habe sich entschuldigt. Das Opfer habe wissen wollen: "Warum hast Du das gemacht?" Darauf habe K. jedoch nicht geantwortet.

Dann geht es um Hussein K.s Personalien. Er habe erzählt, dass er in Afghanistan und im Iran großgeworden sei, 17 Jahre alt sei. Sein Geburtsdatum sei der 1.1.1996. Dieses Datum habe er bei seinem Antrag auf Asyl angegeben. Er habe gewusst, dass es Vorteile bringe, jünger zu sein. Anzeichen auf Alkohol- oder Drogenkonsum habe es nicht gegeben, Verständigungsprobleme habe es nicht gegeben. "Wie war ihr Eindruck von ihm?" will Richterin Schenk wissen. "Er war ernüchtert", sagt der Zeuge.

Ob die Entschuldigung von K. im Krankenhaus ernst gemeint war, will sie dann wissen. "Auf keinen Fall!", antwortet der Zeuge so schnell und resolut, dass im Zuschauerraum laut gemurmelt wird. "Das kam so leicht raus."

Als Ausweispapier habe er seinen Asylantragspass gehabt. "Uns ist aufgefallen, dass er kein Handy dabei hatte"; sagt der Ermittler. Die beisitzende Richterin will wissen, ob Hussein K. gesagt hätte, was er nach der Tat getan hätte. "Er hat uns berichtet, dass er ins Meer gegangen sei, um sich zu waschen", sagt der Zeuge. "Dann sei er zurückgegangen, um zu sehen, ob das Mädchen noch immer dort läge." Deswegen sei seine Kleidung nass gewesen. Das Opfer habe nicht mehr dort gelegen.

Staatsanwalt Berger hat fragt noch mal zu K.s Kleidung: "Bei der Festnahme hat er ein schwarzes T-Shirt mit einem Wolfskopf getragen?" "Ja." Dann will er wissen, wie die Gegenüberstellung im Krankenhaus abgelaufen sei, ob mehrere Männer dem Opfer gezeigt worden seien. "Ja, noch ein Mann aus Afghanistan und noch weitere Personen. Als sie ihn gesehen hat, hat sie ihn sofort wieder erkannt." Berger hat noch eine Nachfrage zum Nachschauen bei dem Opfer nach der Tat, der Zeuge erklärt: K. sei ein Stück weiter herunter am Strand gewesen, und sei wohl dann am Ufer entlang zum Tatort gelaufen.

Berger hat einige detaillierte Nachfragen zum prozessualen Vorgehen der Polizei, fragt nach einem bestimmten Dokument; der Zeuge scheint sich durch diese Fragen angegriffen zu fühlen. Berger versucht zu mildern: "Ich misstraue ihnen nicht, ich würde auch einen Deutschen Beamten all das fragen." Richterin Schenk pflichtet ihm bei: "Das Dokument fehlt in unserer Akte, vielleicht haben wir es einfach nicht bekommen. Wir misstrauen ihnen nicht."

Nebenklagevertreter Bernhard Kramer fragt zum Tatort auf der Klippe nach, zur Absperrung - "aus Metall, ungefähr ein Meter hoch", und zum Wind - "je nach Wind und Wasserstand geht das Wasser bis an die Mauer".

Rechtsanwalt Kramer hat auch eine Nachfrage zur Altersangabe, will wissen, ob Hussein K. selbst angegeben habe, dass er sich ein jüngeres Geburtsdatum gegeben habe. "Das hat er gesagt", sagt der Zeuge.

Verteidiger Glathe hat noch weitere Fragen zur Belehrung von Hussein K. vor seiner Aussage in Griechenland: erfuhr diese ausführlich oder wurde zusammengefasst? "Es werden nicht nur Zahlen aufgezählt, sondern die Rechte beschrieben", sagt der Zeuge. Dann will er wissen, ob der Zeuge weitere Details zur Tat weiß, konkret, ob es ein "Schubser" gewesen sei. Hussein K. habe ausgesagt, dass das Mädchen sich gewehrt habe und er sie die Straße herunter geworfen habe.

"Hat er ihnen gesagt, ob ihm die Höhe der Mauer bekannt war?", fragt Glathe. "Sicherlich wusste er, dass ein Abgrund dort war", sagt der Polizist. "Aber wie groß der Höhenunterschied zwischen Straße und Meer ist?" "Das kann ich nicht sagen. Aber er wird gewusst haben, dass bei dieser Höhe die Gefahr tödlicher Verletzungen bestünde." Sehr auffällig stellt Hussein K. seinem Verteidiger über seinen Übersetzer eine Frage. Weitere Fragen an den Zeugen hat Glathe danach jedoch nicht.

Der forensische Psychiater Hartmut Pleines, als psychiatrischer Gutachter bestellt, fragt noch einmal zu Alkoholisierung oder Drogen nach, will dann wissen, welchen Eindruck Hussein K. bei seiner Festnahme gemacht habe. "Er wusste, was er gemacht hat", sagt der Zeuge. "Er hat uns seine Tat mit absoluter Gefasstheit beschrieben." K. habe zynisch gewirkt. Auch zur Durchsuchung von K.s Wohnung und dem T-Shirt hat er eine Nachfrage: "Haben sie die Wolfsabbildung auf anderen Dingen gesehen, die Herrn K. gehören?" K. habe eigenartige Symbole tätowiert gehabt, sagt der Zeuge.

Richterin Schenk hat eine letzte Frage: "Gab es Zwang, Folter irgendetwas gegenüber Herrn K.?" "Auf keinen Fall", sagt der Zeuge.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Aussage des griechischen Ermittlers Giorgios K.

18.50 Uhr: Auch den zweiten Zeugen bittet die Vorsitzende Richterin Schenk zunächst mit eigenen Worten frei zu erzählen, wie die Ermittlungen auf Korfu abliefen.

Der 28-Jährige - Lederjacke, gegelte Haare, moderner kurzer Vollbart - gibt an, dass er der zuständige für den Fall gewesen und als Vernehmungsbeamter bei allen Vernehmungen anwesend gewesen sei. Er habe am Tattag alle Ermittlungen geleitet, bis der Staatsanwalt involviert worden sei.

Der Ermittler erzählt, wie er am Tattag das Opfer im Krankenhaus besucht habe, und sich von ihr die Tat und ihre Verletzungen beschrieben ließ. Um 2.20 am 26.Mai 2013 habe das Opfer eine Bar verlassen, in der sie mit Freunden gefeiert habe und sich auf den Heimweg gemacht. Der Angeklagte sei ihr auf der anderen Straßenseite entgegengekommen, er habe die Gehrichtung gewechselt und sei auf ihre Straßenseite gekommen.

"Sie hat mir gesagt, sie habe Angst bekommen und wollte auf die andere Seite der Straße wechseln", sagt der Ermittler, doch Hussein K. habe sie gepackt, geschlagen und an ihrer Handtasche gezogen. Dabei habe er sie auf den Boden geworfen. D

ann sei ein Auto gekommen, sie habe um Hilfe geschrieben, er habe sie umgedreht, hochgehoben und mit dem Kopf Richtung Boden über das Geländer gehoben. Er wollte sie herunterwerfen, doch das Opfer hielt sich am Geländer fest und bat ihn, sie nicht zu werfen, doch irgendwann konnte sie sich nicht mehr halten.

"Er hat ihr mit dem Finger vor dem Mund ein Zeichen gegeben, dass sie schweigen solle", sagt der griechische Beamte durch seinen Übersetzer.

"Dann warf sie mit dem Kopf zuerst hinunter." Dem Opfer sei es gelungen, sich im Fall zu drehen und nicht mit dem Kopf zuerst aufzuschlagen. Das Opfer habe sich einen Arm und die Beine gebrochen. Bis zur Verhandlung sei sie außerdem in permanenter psychologischer Betreuung gewesen.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Unmittelbar nach dem schweren Sturz habe das Opfer sich verletzt zu ihrem Wohnort, einem Hotel, in dem Studenten wohnen, geschleppt.

Etwa 200 Meter neben dem Tatort seien Treppen, die sie sich wohl hochgeschleppt habe.

"An diesen Weg hat sie allerdings keine Erinnerung", sagt der Ermittler.

"War der Tatablauf, den sie geschildert hat, plausibel?", will Richterin Schenk wissen.

"Ja," sagt der Polizist.

Das Opfer habe den Täter als 1,75 Meter groß, schlank und asiastisch, afghanischer oder pakistanischer Abstammung; Sie hätten ihn auf 20 Jahre geschätzt.

Wieder geht Richterin Schenk ins Detail, fragt dezidiert nach der Tasche des Opfers, der Kleidung von Hussein K. bei der Festnahme; wieder will sie mehr über die rechtlichen Belehrungen eines Verdächtigen im griechischen Ermittlungsverfahren wissen, liest einen Auszug aus dem Protokoll der Befragung von Hussein K. vor, in dem es um die Belehrung nach der griechischen Strafprozessordnung geht.

Das Ziel der Richterin: genau zu klären, vor welcher Befragung Hussein K. belehrt wurde.

Langsam scheint klar zu werden, dass K. erst in einer Befragung, die um 22 Uhr protokolliert wurde, belehrt wurde. Dabei sei ein Dolmetscher für Farsi anwesend gewesen.

"Sie können sich sicher vorstellen, dass es auf einer Insel schwierig ist, einen Berufsdolmetscher zu finden", sagt der Polizist.

"Das war ein Bürger." Ein Verteidiger sei nicht anwesend gewesen.

"Er wollte nicht", sagt der Beamte über Hussein K. "Vielleicht war ihm nicht bewusst, was passiert war."

Hussein K.s Asylpapiere hätten als Geburtsdatum den 1.1.1996 und als Geburtsort Afghanistan geführt.

"Er sagte uns aber, dass das nicht das richtige Datum sei", sagt der Polizist.

Ein Landsmann habe Hussein K. gesagt, dass es besser sei, sich jünger zu machen und der Antrag begünstigt würde. "Er hat dann aber auch zugegeben, dass seine Eltern im Iran leben würden."
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Der Polizist führt weiter aus: Hussein K. habe ausgesagt, er sei zum Tatzeitpunkt besoffen gewesen; das Opfer habe zu Unrecht vor ihm Angst gehabt. Er habe sie nur weggeschubst, damit er weiter gehen könnte und weil er Angst hatte, weil sie geschrien habe.

Die Richterin liest aus dem Protokoll vor. "Ich gestehe alles", sagt Hussein K. in dem Dokument.

"Ich habe Wein getrunken und wusste nicht, was ich tat." Das Mädchen habe grundlos geschrien, als sich ihre Wege gekreuzt hätten.

"Ich habe Angst bekommen und wusste nicht, wie ich hätte reagieren sollen. Das Mädchen hielt sich an der Umzäunung fest und schubste mich. Auf einmal stürzte sie sie in die Tiefe."

Diese Aussage findet Richterin Schenk widersprüchlich.

"Ich weiß nicht, was da übersetzt wurde", sagt der Polizist.

"Er hat gesagt, er habe sie geschubst."

"Sind sie sich sicher, dass er das gesagt hat?" fragt die Vorsitzende Richterin.

"Ja, ich bin mir sicher", sagt der Zeuge.

Hussein K. sei bei der Vernehmung nüchtern gewesen, seinen Gesamtzustand beschreibt auch dieser Zeuge als "gleichgültig". Hinweise auf einen sexuellen Übergriff gab es nicht.

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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Nun soll ein Film gezeigt, den Staatsanwalt Berger im April 2017 am Tatort auf Korfu angefertigt hat.

Verteidiger Glathe fragt kritisch nach, warum das notwendig sei, schließlich läge der Sachverhalt in Akten vor. "Ich weiß nicht, welchen Erkenntnisgewinn der Film bringen soll", sagt Glathe. "Das geht zu weit."

Staatsanwalt Berger rechtfertigt den Film, währenddessen richtet ein Justizbeamter schon die großen Bildschirme für das Material.

"Der Film dient als Vernehmungshilfe", verteidigt die Vorsitzende Richterin resolut das Material.

Bevor der Film gezeigt wird, stellt Staatsanwalt Berger dem Zeugen noch eine Frage zur Aussage von Hussein K.:

Schaute er von der Klippe herunter, um zu gucken, ob das Opfer tot sei, oder tat er dies vom Meer aus?

"Wir glauben, dass er sie unten suchen wollte", sagt der Polizist. "Er hatte keine Erklärung für seine nasse Kleidung."
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talida
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Dann wird der Film gezeigt - er zeigt die Bar, die das Opfer besuchte, den kurzen Weg des Opfers zum Tatort, in schönem Abendlicht. Die Straße dort ist einspurig, auf der linken Straßenseite sind Häuser und geparkte Autos, auf der Meeresseite ein schmaler Bürgersteig.

Die Kamera schwenkt in die Tiefe, herunter auf einen Strand mit Kieselsteinen. Es ist ganz still im Gerichtssaal. "Das ist nicht der Punkt", sagt der Polizist durch seinen Übersetzer. "Das ist zu niedrig."

Staatsanwalt Berger fragt nach: "Ist das nicht die Stelle, die sie mir vor Ort gezeigt haben, wir diskutierten doch, ob der Angeklagte K. sich an der Ausbuchtung dort versteckt gehalten hatte."

"Ja, das ist möglich", sagt der Zeuge. Es wird versucht herauszufinden, wo genau der Tatort war.

Der Film läuft weiter, zeigt die Treppe, über die sich das Opfer wahrscheinlich hochgeschleppt hat.

Dann werden über die großen Bildschirme noch Bilder in Augenschein genommen, die zur griechischen Akte gehören. "An dem Schild ist die Tat passiert", sagt der Zeuge, bei einem der Fotos.

Das Schild zeigt zum Solomos Museum. "Das ist der Ort des Falls", sagt der Beamte.

Die genaue Höhe kann er nicht angeben "Man hat es gemessen, aber ich weiß es nicht auswendig", sagt er.
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talida
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

"Was soll das denn alles, es war doch nur eine Frau!"
Zitierte Aussage von Hussein K. zur Tat auf Korfu


Staatsanwalt Berger hat noch einige Fragen an den Zeugen:

"Welche Angaben zu seiner Person hat Herr K. im Verfahren gemacht?"

"Er sagte am 12. Februar 2014, er sei vor 10 Tagen 18 geworden."

Berger hat noch weitere Fragen zum Drogen- und Alkoholkonsum und Krankheiten von Hussein K.
Auch ob er den Angeklagten ebenfalls zynisch fand, will Berger wissen.

Der Beamte bejaht. Dann hat er eine sehr konkrete Frage an den Zeugen:

"Sie haben mir bei meinem Besuch auf Korfu gesagt, Herr K. habe einmal gesagt

"Was soll das denn alles, es war doch nur eine Frau!"

"Ja," sagt der Zeuge.

Außerdem habe das Opfer nach der Gegenüberstellung gesagt, Hussein K. habe sie bedrohlich angeschaut.
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talida
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von talida »

Um drei zentrale Fragen ging es in den Aussagen der Ermittler aus Korfu:

  • Wie genau lief die Tat auf Korfu ab?
  • Welche Angaben machte K. damals zu seiner Person?
  • Wurde Hussein K. vor seinem Geständnis ausreichend über seine Rechte nach griechischem Strafrecht belehrt und stimmte er zu, dass er sich nicht von einem Anwalt beraten lassen wollte?


Wie die Tat ablief, schilderten die beiden Ermittler eindringlich, der Film von Staatsanwalt Berger und die Fotos der Ermittler vermittelte einen Eindruck vom Tatort - und welch großes Glück das Opfer Spiridoula C. hatte, dass sie den Sturz überlebte.

Klar ist nun auch: Gegenüber den griechischen Behörden gab Hussein K. sich zunächst als 17-Jähriger aus und gab bereitwillig an, er habe sich jünger gemacht.

Ob die griechischen Ermittlungen rechtmäßig durchgeführt wurden, ist nach der Aussage der Ermittler nicht klar – das griechische Strafprozessrecht scheint sich vom deutschen deutlich zu unterscheiden.

Und eine Gegenüberstellung in einem Krankenhaus mit nur einem Verdächtigen erscheint nach deutschen Gewohnheiten als sicherlich sehr ungewöhnlich.

Die Frage der Rechtmäßigkeit wäre jedoch wohl primär in einer Revision in Griechenland zu klären – diese wurde im vergangenen September abgewiesen, denn Hussein K. war nicht zur Verhandlung erschienen. Er saß zu diesem schon in Südbaden in Haft.
Der Prozess wird am 8. Februar fortgesetzt.
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Gast

Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von Gast »

Pressemitteilung vom 19. Januar 2018 im Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und Tötung einer Studentin an der Dreisam
Weiterer Gang des Verfahrens:
Im Strafverfahren der Jugendkammer des Landgerichts Freiburg gegen Hussein K. wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und Tötung einer Studentin an der Dreisam wird die Ver-handlung voraussichtlich noch bis März 2018 dauern.

http://www.landgericht-freiburg.de/pb/s ... hment=true
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Agatha Christie
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von Agatha Christie »

19. Verhandlungstag

Im Prozess sgegen Hussein K. soll es wieder um sein Handy gehen
Es ist der 19. Verhandlungstag im Mordprozess am Landgericht Freiburg gegen Hussein K.: Noch einmal soll es um Daten aus seinem Handy gehen. Doch zunächst sagen eine südkoreanische Studentin, die in der Tram auf Hussein K. traf, ein Polizist und ein Sachverständiger aus.



Bevor die erste Zeugin des heutigen Tages gehört wird, teilt Verteidiger Sebastian Glathe mit, dass er seine angekündigte Erklärung aus prozessualen Gründen heute nicht abgeben werde. In dieser wird es wohl um die Telefonate mit dem mutmaßlichen Vater des Angeklagten gehen, dessen Protokoll am 15. Verhandlungstag verlesen wurde. Mit Richterin Kathrin Schenk bespricht Glathe kurz, unter welchen Umständen er als Zeuge aussagen könne. "Ich beabsichtige nicht, weder das eine, noch das andere Telefonat bei der Altersbestimmung zu berücksichtigen", wirft Staatsanwalt Eckart Berger ein. "Ich gehe auch nicht davon aus, dass die Kammer das tun wird."

Aussage der Zeugin C.

Die erste Zeugin ist die südkoreanische Studentin C. Die 28-Jährige war in der Tatnacht um kurz vor 2 Uhr in der Tram der Linie 1 vom Bertoldsbrunnen zur Laßbergstraße unterwegs. An die Tramfahrt kann sie sich nicht erinnern – sie hatte Alkohol getrunken. Auch an den Angeklagten erinnert sie sich nicht. Richterin Schenk zeigt der Zeugin am Richtertisch auf einem Laptop Videoaufnahmen aus der Tram; auf denen erkennt sie sich wieder. C. sagt aus, sie habe an der Laßbergstraße 10 Minuten gewartet und sei von jemandem angesprochen worden, ob er mit ihr im Taxi nach Kappel fahren könne. Ob es Hussein K. war, kann sie nicht mehr sagen.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

Ungelesener Beitrag von Agatha Christie »

Aussage des Polizisten, der den Zellengenossen vernommen hat

Richterin Schenk will mehr darüber erfahren, wie die Vernehmung von Darius S. abgelaufen ist. Der ehemalige Zellengenosse von Hussein K. hatte unter anderem am 4. Prozesstag ausgesagt. S. war zu diesem Zeitpunkt wegen versuchten Totschlags in Untersuchungshaft in der JVA Freiburg. "Wir wollten wissen, ob der Zeuge mit Hussein K. über die Tat gesprochen hat", sagt der Polizist. Er habe einen verängstigten Eindruck gemacht. "Ich hatte den Eindruck, dass er nicht die vollständige Wahrheit sagt." Auf Nachfragen der Ermittler habe S. mitgeteilt, er wisse alles über die Tat in Freiburg, in Griechenland und im Iran, wolle jedoch nur mehr erzählen, wenn sein Verteidiger dabei sei.

Richterin Schenk will wissen, welchen Eindruck der Polizeibeamte von der Leistung des eingesetzten Übersetzers hatte. "Ich hatte nicht den Eindruck, dass was nicht passt." Trotzdem habe er den Übersetzer ein, zwei Mal ermahnt, dass er nicht mit dem Zeugen eine Unterhaltung führen solle, sondern nur die Fragen übersetzen müsse. Bei der zweiten Vernehmung von S. mit dem gleichen Übersetzer habe alles reibungslos funktioniert.

"Wurden mit S. Auswirkungen auf sein eigenen Straf- oder Asylverfahren besprochen?" will Richterin Schenk wissen. "Ja", sagt der Beamte. "Wir haben ihm am Ende der Vernehmung gesagt, dass mehr Probleme auf ihn zukommen, wenn er lügt."

Der Polizeibeamte gibt noch einmal mit wenigen Worten einen Teil der Aussage von S. wieder: Hussein K. habe ihm erzählt, dass er an der Laßbergstraße eine hübsche chinesische Frau angesprochen hätte, die ihn jedoch abgewiesen hätte mit den Worten: "Geh weg, Du bist besoffen." S. sei davon ausgegangen, dass Hussein K. diese Frau auch vergewaltigen und ermorden wollte. Die Polizei habe von dieser Frau bis zur Aussage von Darius S. nichts gewusst.

Richterin Schenk liest aus dem Vernehmungsprotokoll noch einmal relevante Fragen an und Aussagen von Darius S. zu der "chinesischen Frau" vor. Zu möglichen Vorbereitungen habe K. seinem Zellengenossen nichts erzählt. K. hasse Frauen, er beginge solche Taten, "wenn sich die Gelegenheit biete". S. habe unter anderem ausgesagt, K. hätte eine Krankheit und habe schon als Zehnjähriger Drogen genommen. K.s Hass auf Frauen sei entstanden, nachdem er sich in seine Cousine verliebt habe, von ihrer Familie aber wegen seiner Drogensucht abgelehnt worden sei. Gewalt sei sein Weg, damit umzusehen. "Frauen seien nur zum Ficken da", soll K. laut S. gesagt habe. Er sei ein Angeber, der mit seiner Gewalt gegenüber Frauen geprahlt habe.

Nebenklagevertreter Bernhard Kramer will wissen, ob Darius S. erklärt habe, wie er darauf gekommen sei, dass K. die "chinesische Frau" habe vergewaltigen und töten worde. "Nein", sagt der Zeuge. Es sei nicht weiter erörtert worden, auch wenn er im Rückblick sehe, dass er das hätte fragen sollen. "Ich glaube, der Zeuge hat die Wahrheit gesagt", sagt der Polizeibeamte.

Verteidiger Sebastian Glathe will wissen, wie es überhaupt zu der ersten Vernehmung von Darius S. kam. "Allgemeine Ermittlungen", sagt der Zeuge. Es sei eine allgemeine Ermittlungsmaßnahme, einen Zellengenossen zu vernehmen. Die Nachfrage des Verteidigers, ob man S. Vergünstigungen und ein erfolgreiches Asylverfahren versprochen habe, verneint der Zeuge: "Natürlich nicht."

Glathe will mehr über das Verhalten des Dolmetschers wissen. "Ich kann die Sprache nicht", sagt der Zeuge und verweist noch einmal auf die Ermahnungen, die er ausgesprochen habe, wenn er den Eindruck habe, die Übersetzung gehe zu weit. Welchen Wissensstand zum Fall der Übersetzer gehabt habe, wisse man nicht.

"Für mich ist noch unklar geblieben, wie der Zeuge S. von diesen Taten erfahren haben soll", sagt Verteidiger Glathe. "Ich kann in den Kopf des Zeugen nicht hineinschauen", sagt der Zeuge. Er habe die Fragen gestellt, die protokolliert worden seien. Er könne sich vorstellen, dass in der psychischen Extremsituation der U-Haft in der Nähe einer Zelle zwei Menschen, die die gleiche Sprache sprechen, durchaus solche Dinge erzählen würden.

Nach dem Ende der Aussage erläutert Richterin Schenk, warum hier der Dolmetscher F., um den es hier geht, nicht direkt aussagt: Er befinde sich noch immer im Irak. Seine Ex-Ehefrau gebe an, sie habe keine Informationen über den Aufenthaltsort ihres Mannes. Zweifel an der wortgetreuen Übersetzung des Übersetzers F. gebe es auch in anderen Verfahren. "Sie halten es nicht für ausgeschlossen, dass er eigeninitiativ beratend tätig war?", will Verteidiger Glathe wissen. "Nein, das nicht", sagt Richterin Schenk, sondern dass es eher um Nuancen ginge. Diese persönliche Einschätzung würde sie jedoch nicht prozessual einbringen, sagt sie.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

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Aussage des Sachverständigen zu Spuren vom Tatort

Der Biologe arbeitet beim LKA Stuttgart und hat zwei Gutachten im Mordfall Maria L. erstellt: ein pflanzenkundliches Gutachten und ein Haarspurengutachten.
Rüther hat Proben vom Tatort, Kleidung und Stiefeletten von Maria sowie diverse Kleidungsstücke und Gegenstände von Hussein K. untersucht; außerdem Beifahrersitz und Fußmatte eines Taxis. Die dahinterstehende Frage sei: Welche Hinweise zum Tatgeschehen kann es aus diesen Beweisstücken geben?

Am Tatort hat der Sachverständige unter anderem Brombeeren, Mädesüss und Brennesseln festgestellt. An den Stiefeletten von Maria L. seien einige wenige Brombeerstacheln fest; man könne nicht daraus schließen, dass Maria über Brombeerzweige gelaufen sei. Beweismittel hätten jedoch auch durch das Dreisamwasser abgespült worden sein können. Auch an Marias Kleidung, besonders an Schal und Jacke, seien viele Pflanzenteile von Brombeeren, Mädesüss und Brennesseln gefunden worden, an ihrer Unterwäsche deutlich weniger.

Bei der Kleidung von Hussein K. habe es keine Hinweise auf Brombeere, Brennesel und Mädesüß gegeben. Lediglich an einer Jogginghose habe es in einer Hosentasche zwei Stacheln gegeben. Da diese erst acht Wochen nach der Tat nach K.s Festnahme gesichert wurde, und die Stacheln lose anhafteten, sei das – wenn überhaupt – nur eine schwache Verbindung zum Tatort. An einem Paar Schuhe von K. seien Brombeerstachelstücke gewesen. Diese könnten auf den Tatort hindeuten, Brombeeren seien jedoch sehr häufig.

Dann sagt Rüther zum Haarspur-Gutachten aus. "Grundsätzlich ging es bei allen vorgelegten Asservaten um die Frage: Gibt es Haare? Stammen Sie vom Opfer oder von einem Verdächtigen?" Die Asservate seien zunächst mikroskopisch untersucht wurden. An der Leichenfundstelle seien einige braun-blonde Haare gefunden, die nach einer mikroskopischen Untersuchung wohl von Maria K. stammten. An den Brombeerzweigen sei ein 18,5 cm langes, auffällig an der Wurzel schwarzes, weiter oben gefärbt orange-blondes Kopfhaar gesichert.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

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Aussage der Textilsachverständigen

Bettina Günzel vom LKA Stuttgart hat eine Vielzahl von Spuren und Asservaten auf textile Spuren untersucht – Spuren am Leichenfundort und an der Leiche und der Kleidung von Maria L., aber auch Dornenbüschen vom Tatort, zum Teil gesichert auf Klebefolienabzügen. Dabei wurde auch das Haar im Dornengestrüpp gefunden und zur weiteren Überprüfung an Kollegen innerhalb des LKA weitergegeben.

Grundannahme bei textilen Spuren ist: Wenn zwei Textilien sich berühren, werden Fasern übertragen. Diese Fasern können auch auf andere Materialien übertragen werden. Manche Kleidungsstücke geben mehr Fasern ab als andere. In klaren deutlichen Worten erklärt die Sachverständige ihre Arbeit. Solange es keinen konkret Tatverdächtigen gab, suchten sie allgemein nach einer dominanten Faserspur auf der Kleidung von Maria L., fanden allerdings keine. Nach K.s Festnahme wurde seine Kleidung von der Tatnacht, die auf den Videoaufnahmen der VAG zu erkennen war, mit gesicherten Kleidungsstücken verglichen, darunter auch seine Schuhe. Fasern, die von Maria L.s Kleidung stammen, wurden an diesen nicht gefunden; auch nicht in allgemeinen Faserproben aus der Wohnung und im Flusensieb eines Trockners.

Auch die Kleidung von Maria L. und vom Angeklagten hat die Sachverständige untersucht. Auffällig und möglicherweise tatrelevant sind lediglich vier Befunde: Maria L.s BH-Verschluss war zerrissen, der Reissverschluss ihrer Hose war beschädigt und ihre Socken stark verschmutzt. Insgesamt zeigte ihre Kleidung viele kleine Zugfäden, die möglicherweise durch Brombeerdornen verursacht worden sind.

Am Richtertisch zeigt die Sachverständige Fotos der untersuchten Textilien, als Hussein K. nach einem fragenden Blick der beisitzenden Richterin durch seinen Übersetzer sagen lässt: "Ich bin sehr müde, ich bin zum 20. Mal hier." Im Zuschauerraum, der heute gut gefüllt ist, wird daraufhin laut gelacht und mißbilligend gemurmelt. Richterin Schenk ermuntert K., durchzuhalten: "Es wird nicht mehr lange dauern heute."
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

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Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Aussage zur Obduktion des Opfers

12.45 Uhr: Nebenklagevertreter Bernhard Kramer liest einen Antrag der Nebenklage vor: Beantragt wird der Ausschluss der Öffentlichkeit bei der anstehende Aussage des Gerichtsmediziners Stephan Pollak zur Obduktion von Maria L.

Es sei zu erwarten, dass die Intimsphäre des Opfers im Rahmen dieser Aussage beeinträchtigt würde. Die Schutzwürdigkeit der Intimsphäre ende aber nicht mit dem Tode von Maria L. "Die mediale Auswirkungen des Verfahrens ist sehr hoch", liest er vor. Die Aussage über die Obduktion könne zu einer Konfrontation der Eltern und Geschwister mit den Ergebnissen oder Kommentaren über diese führen und zu schweren psychologischen Folgen führen. Staatsanwalt Berger tritt dem Antrag bei. Verteidiger Glathe tritt diesem Antrag nicht entgegen.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

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Zum Ende des 19. Prozesstages werden Dokumente verlesen

• Der Beschluss des Familiengericht vom 10. Dezember 2015 über die Einrichtung der Vormundschaft von Hussein K. beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald. Als Geburtsdatum ist in diesem Beschluss der 12. Januar 1999 genannt. Außerdem heißt es hier, K. habe keinen regelmäßigen Kontakt mit seiner Mutter, sein Vater sei tot.
• Der Beschluss der Beendigung der Vormundschaft vom 2. März 2017, da K. laut Altersfeststellung zum Zeitpunkt der Einrichtung der Vormundschaft volljährig gewesen sei.
• Der Haftbefehl vom 4. Dezember 2016


Verlesung der Aussagen der sogenannten "Fahrradzeugen"

Zeugin M.: Sie war gegen 5.30 Uhr am Morgen des 16. Oktober 2017 beim Spazierengehen mit ihrem Hund an der Dreisam. Zuerst habe sie das auf dem Fahrradweg stehende Rad gesehen, dann einen Mann, der plötzlich nur einen Meter vor ihr stand. Ihr Hund habe die Zähne gefletscht, der Mann sei gegangen. Der Mann sei unter 30 Jahren gewesen, 1,85 Meter groß und schlank und habe kurze dunkle Haare; sein Gesicht konnte die Zeugin nicht beschreiben. Staatsanwalt Berger bemerkt, dass der Angeklagte etwas sagen will. "Wollen Sie etwas sagen, Herr K.?" "Ich habe niemanden gesehen", sagt Hussein K.

Zeugin P.: Die Zeugin war in der Tatnacht mit ihrem Partner mit dem Rad auf dem Heimweg von dem Club "Schmitz Katze" nach Ebnet. Um kurz vor 3 Uhr hätten sie auf dem Fahrradweg einen deutlich betrunkenen Mann überholt, der eine kurze Lederhose trug. Ein Fahrrad auf dem Radweg sahen sie nicht.

Zeugin H.: Sie fuhr gegen 3.15 Uhr am Tatort vorbei, und bemerkte nichts und sah auch kein Rad auf dem Radweg.

Zeugin P.: Diese Zeugin war um kurz vor 4 Uhr auf dem Heimweg von der Kneipe "Elpi"; sie bemerkte kein Rad auf dem Radweg. In der Nacht sei fast niemand mit dem Rad unterwegs gewesen, sagte sie während ihrer Aussage.

Zeuge L.: Er fuhr mit einem Freund gegen 4.20 Uhr auf dem Dreisamuferweg. "Es war sehr hell und Vollmond", sagte er in seiner Aussage. Ihnen sei niemand begegnet, das sei ungewöhnlich gewesen. Sie sahen das Fahrrad auf dem Weg stehen, der Zeuge fuhr noch einmal zu dem Rad zurück und schaute sich um, ob jemand in der Nähe sei. "Es sah so aus, als wenn es jemand nur kurz hingestellt hat und vielleicht kurz pinkelt." Am Lenker habe etwas gehangen, möglicherweise ein Helm oder eine Tasche. Andere Fahrräder bemerkte er nicht.
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Re: MORDFALL MARIA LADENBURGER - PROZESSBERICHTE

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20. Prozesstag: Rechtsmediziner stellt Obduktionsbericht vor
Unklar ist derzeit noch, ob während der Vorstellung des Obduktionsberichts und den weiteren Ausführungen des Leiters der Freiburger Rechtsmedizin, Stefan Pollak, die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird.

Dies hatte der Anwalt der Familie des Opfers, Bernhard Kramer, in der letzten Sitzung beantragt, um die Intimsphäre des Opfers zu wahren und die Familie der Getöteten zu schützen.

Am Montag hatte das Gericht unter Vorsitz von Richterin Kathrin Schenk noch nicht abschließend über den Ausschluss entschieden, denkbar ist auch, die Öffentlichkeit nur teilweise auszuschließen, etwa wenn es um die Folgen der Vergewaltigung geht.

Als Todesursache hat die Staatsanwaltschaft Ertrinken genannt.

Demnach hat Hussein K. sein Opfer Maria L. nicht erwürgt, wie er selbst gegenüber dem Gericht angegeben hat.
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