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Weiter geht’s mit der Spurensuche!
Noch ein blonder Kandidat: Michael Krause
Jahrgang 1955 - Todestag am 25. Mai 2008 in Bayreuth.
https://postimg.cc/t1yCy6nd
Der Fall Michael Krause
Am Mittag des 25. Mai 2008 kontrollierten zwei Polizisten in Bayreuth eine Person, die offenbar gerade
damit beschäftigt war, an einem Fahrrad einzelne Teile abzubauen und zu stehlen. Dabei handelte es
sich um den 54-jährigen
Michael Krause, der zu diesem Zeitpunkt schon seit einigen Jahren ohne festen
Wohnsitz mit dem Fahrrad in Deutschland unterwegs war. Bei der Kontrolle wies er sich mit einem bereits
abgelaufenen deutschen Reisepass aus, weshalb ihm die vorläufige Festnahme und eine Durchsuchung
angekündigt wurde. Daraufhin versuchte Krause zu fliehen. Bis dahin kein besonders dramatischer Krimi-
nallfall. Doch Krause zog plötzlich eine Pistole und eröffnete sofort das Feuer auf die beiden Polizisten. Ein
Polizist wurde durch Krause verletzt, der andere erwiderte die Schüsse. Obwohl Krause von sechs Schüssen
getroffen wurde, konnte er sich vom unmittelbaren Ort des Geschehens entfernen, bevor er sich schließlich
selbst erschoss. Wer war dieser Michael Krause und was trieb ihn zu diesem Schusswechsel? Eine erstaun-
licherweise kaum (öffentlich) aufgearbeitete Frage - immerhin verstand sich Krause als politisch und hatte
eine Vergangenheit in neonazistischen Kreisen.
Untergrund oder Obdachlosigkeit?
Über die weitere Vergangenheit von Krause ist den Ermittlern wenig bekannt geworden. Er hatte bis 1985 als
Betonbauer gearbeitet und in „geordneten Verhältnissen gelebt“. Doch dann war er - für sein bürgerliches Umfeld
vollkommen überraschend - plötzlich untergetaucht. Seitdem wechselte er häufig seinen Lebensmittelpunkt und
hielt sich immer nur kurze Zeit an verschiedenen Orten in Deutschland und Österreich auf. Ab 1992 tauchte er ver-
mehrt in Bayern auf und wurde ab Anfang 2006 mehrfach in Oberfranken kontrolliert. Zu diesem Zeitpunkt bewegte
er sich offenbar vor allem per Fahrrad durch die Region.
Ein plötzliches „Untertauchen“ kann sicherlich verschiedene Gründe haben. Bekannt ist, dass Krause mehrfach in
psychatrischen Einrichtungen untergebracht war. Doch in Verbindung mit seiner massiven Bewaffnung und seiner
politischen Einstellung ist auch die Planung von terroristischen Anschlägen eine naheliegende Schlussfolgerung.
Michael Krause hinterließ den Ermittlern für diese Annahme noch weitere eindeutige Spuren. Auf von ihm selbst
geschriebenen Notizzetteln hatte er die Adressen „prominenter Persönlichkeiten“, u.a. des österreichischen Bun-
despräsidenten, vermerkt. Auf der Liste sollen vor allem Politiker_innen, Polizist_innen, Richter_innen und Beamt_
innen gestanden haben, von denen Krause sich verfolgt gefühlt haben soll.
Außerdem fanden die Ermittler fast vierzig handgezeichnete Landkarten bei ihm, auf denen die Lage von diversen
Erddepots verzeichnet war. Auf der Rückseite der Lagekarten hatte Krause Informationen über deren brisanten In-
halt (Handgranaten, Bomben, Zünder) notiert. Die Ortsangaben waren von Krause mithilfe eines Zahlencodes ver-
schlüsselt worden. Diversen Spezialist_innen der Polizei und der Geheimdienste war es nicht möglich, Krauses
Codierung der Ortsangaben zu dechiffrieren. Erst 2009 gelang es einem Polizisten, die Lage eines Depots zu er-
kennen und den Code somit zu entschlüsseln. In der Folgezeit konnten die meisten Erddepots und deren Inhalt
sichergestellt werden. Die deponierten Objekte lassen sich eher dem Bereich des Terrorismus als der „Selbstver-
sorgung“ zuordnen.
Im
Veldensteiner Forst (Bayern) fanden sich u.a. Patronen, Schwarzpulver, Zünder und gestohlene Fahrzeug-
Kennzeichen. In Münchenreuth (Bayern), Wallengrün/Leitlitz (Thüringen) und in Spielmes (Sachsen) wurden
Handgranaten ausgegraben. In Schlegel/Neundorf (Thüringen) lagerten 1,6 Liter Sprengstoff und eine 1kg-Bombe.
Weiterer Sprengstoff und „Sprengbehälter“ wurden in sieben weiteren Depots in Thüringen, Bayern und Sachsen
gefunden. Hinzu kamen Dynamit-Schnur (Gutenfürst/Sachsen) und Zeitzünder (Bischofsgrün/Bayern). Ermittler
des bayerischen LKA stellten fast bewundernd fest, dass die Handgranaten „handwerklich sehr sauber und exakt
ausgeführt“ waren. Der Aufbau und die Wirkungsweise entsprachen demnach „industriell gefertigten, militärischen
Handgranaten“.
Déjà-vu der Waffen-Depots
Die Waffendepots bieten Anlass für weitere Nachforschungen. Wie konnte sich Krause alleine und ohne eigenes
Einkommen zwischen den weit entfernten Depots hin- und her bewegen und das Material transportieren? Warum
legt ein Einzeltäter so viele Depots in einem so großen Radius an? Ein Zufall erscheint unwahrscheinlich. Die Ver-
teilung lässt eher auf einen militärisch-strategischen Hintergrund schließen. Die Depots lagen in einer Nord-Süd-
Achse über die Bundesländer Bayern, Thüringen, Sachsen und Brandenburg verteilt. Der Schwerpunkt der Depots
befand sich im Länderdreieck Thüringen/Sachsen/Franken. Zwei Depots waren in Österreich (Wels und Terffens)
angelegt worden.
Pistolen der Marke „Česká“
Dass rechter Terror eher eine Frage der Motivation ist und auch durch „Einzeltäter“ ausgeübt werden kann, schien
den Ermittlern nicht bekannt gewesen zu sein. Zumindest wurde nichts über Ermittlungen gegen mögliche Terror-
Netzwerke um Krause bekannt. Keine größere Sonderkommission wurde gebildet, um offenen Fragen nachzugehen.
Wie kamen zwei Pistolen der Marke „Česká“ in Krauses Besitz? Wofür waren der Sprengstoff und die Zeitzünder in
den Depots geplant? Woher bezog Krause den Sprengstoff? Die Waffe, mit der Krause die Polizisten beschoss wurde
1985 bei einem Diebstahl in Itzehoe entwendet. Wie kam sie in Krauses Besitz? Was wurde aus den anderen gestoh-
lenen Waffen? Was liegt noch in den mindestens fünf unentdeckten Depots? Das unentdeckte Depot Nr. 36 „Berlin -
Kronprinzessinenweg“ soll u.a. „Flugblätter“ enthalten haben. Welchen Inhalt haben diese? Wovon lebte Krause im
Untergrund? Laut den Eintragungen in seinem Reisepass war Krause Ende 2001/Anfang 2002 in Australien. Wie ist
er dahin gekommen und wovon wurde der Aufenthalt bezahlt? Hatte er seinen Pass vielleicht verborgt? An wen?
War Krause wirklich ein Einzelgänger? Was trieb er an seinen Aufenthaltsorten in Berlin, in der Region Hannover,
in Leipzig, in Dresden und in Plauen?
Entpolitisierung
Vermutlich wurde Michael Krause im Zuge polizeilicher Ermittlungen immer wieder in die Kategorie psychisch kranker
Querulant und Waffennarr eingeordnet. Aus den Kreisen der BKA-Ermittlungsgruppe „BAO ST Trio, RegEA Bayern“
zum NSU-Terror, die 2012 noch immer unter dem zweifelhaften Namen „Bosporus“ auftrat, hieß es abschließend zu
Krause: „Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass Krause aufgrund seiner paranoiden Psychose ‚aufgerüstet‘
hat, um sich verteidigen zu können. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die Hassgefühle seinerseits gegen türkische
oder griechische Staatsangehörige belegen würden.“
ND-aktuell.de schrieb im Jahre 2016:
Krause stammt aus Berlin, hat Betonbauer gelernt, war in seinen letzten zwei Jahrzehnten aber 25 mal umgezogen
und ab 2005 angeblich obdachlos. Er sei ein »Spinner«, ein isolierter Einzeltäter mit psychischen Problemen gewesen,
hieß es. Mag sein, doch Krause war mehr. In seinem Rucksack fand man Schwarzpulver, gefüllte Magazine für die Wal-
ther-PPK-Pistole, einen selbst gebauten Schussapparat und 38 handgezeichnete Landkarten. Darauf war - verschlüsselt
- die Lage von Erddepots bezeichnet. Im Klartext dagegen las man das Inventarverzeichnis: Handgranaten, Sprengstoff,
Bomben, Zünder, Schusswaffen ... Dazu gab es eine »Feindliste«. Nur durch Zufall konnte man den Code knacken und
Krauses Magazine leeren. Die meisten
Verstecke gab es
in Bayerns Wäldern, andere wurden in Sachsen, Thüringen und
Brandenburg entdeckt. Drei Depots lagen sogar in
Österreich. Im Jahr 2009 »konnten 30 Depots lokalisiert werden. Zwei
Depots hatte M. K. selbst bereits aufgelöst, fünf weitere wurden bis heute nicht aufgefunden«, erklärte die Bundesre-
gierung im April 2014 auf eine Anfrage der Linksabgeordneten Martina Renner. Die Ermittler im Bayern hatten zunächst
nicht an einen Fall von Terrorismus geglaubt. Was aber sonst trieb den Mann? Seine aus verschraubten Rohren, aus
Feuerlöscherbehältern oder Gasflaschen hergestellten Bomben waren zum Teil mit selbst gemischtem Sprengstoff be-
füllt und in allen Fällen funktionsfähig. Sie hätten einen verheerende Wirkung gehabt. Wie konnte Krause so etwas bauen,
er hatte keine militärische Ausbildung, war mittellos und angeblich ein Einzelgänger. Im Archiv der Stasi-Unterlagenbehörde
findet sich zudem eine Karteikarte, in der er als Mitglied der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten gelistet wird.
Wie es scheint, war Krauses rechtsextreme Gesinnung mehr als eine spontane Idee.
5. Mögliche Verbindungen des NSU-Netzwerkes in Bayern zu Michael Krause @
https://www.linksfraktion.de/fileadmin/ ... rvotum.pdf
Im Zusammenhang mit der Frage nach möglichen wei-teren Unterstützer*innen und Strukturen der extremen Rechten in
Bayern, verweist die Fraktion DIE LINKE auf die Notwendigkeit weiterer parlamentarischer Aufklä-rung in Bezug auf den
am 27. Mai 2008 im Rahmen einer Personenkontrolle in Bayreuth bei einem Schusswech-sel mit Polizeibeamten verstorbenen
Michael Krause. Nach Anhalterufen eines Beamten zog Krause eine Waffe und verletzte einen Polizisten bevor er sich durch
einen Schuss in den Kopf selbst tötete. Bei Krause wer-den eine Česká 7,65 mm, eine Česká 6,35 mm und eine Walther PPK
sichergestellt. Die Walther PPK stammte aus einem Einbruch in eine Bundeswehrkaserne in Itzehoe im Jahr 1985, bei dem
auch weitere Waffen entwendet wurden. Unweit des Tatorts des Schusswechsels befindet sich ebenfalls eine Bundesweh-
rkaserne. Bei der Durchsuchung werden u.a. NATO- und Bundewehrbekleidungsstücke aufgefunden. Bei Krause wurden u.a.
38 handschriftliche Skizzen, deren Ortsangaben mit einem Zahlencode verschlüsselt waren, gefunden. Die Inhaltsangaben zu
den Depots waren nicht verschlüsselt und trugen Bezeichnungen wie »Handgranaten, Bomben, Zünder«.
Die Fraktion DIE LINKE kritisiert, dass die Bearbei-tung der Spur Michael Krause unter der Fragestellung,
ob Bezüge zum NSU vorliegen könnten, wenig konsequent und lückenhaft blieb….Im Depot Nr. 37
(Mittenwald) !
sollen laut Aufzeichnungen des Krause sich zudem weitere handschriftliche Notizen zu Depots 1-29 befinden. Fraglich
bleibt, ob es somit noch weitere 29 unentdeckte Depots gibt. Nicht überzeugen vermag die Annahme der Behörden,
Krause hätte die Depots allein für sich angelegt. Weder ist bislang geklärt, woher ein Wohnungsloser materielle wie
finanzielle Möglichkeiten besaß, Waffen und Sprengstoff zu erwerben noch wo er die Räumlichkeiten und Technik
vorfand, militärisch einwandfreie Sprengsätze zu fertigen. Auch ist nicht ermittelt worden, wie Krause sich mittellos
zwischen den Depots bewegte und Material transportierte. Der Umstand, dass hier kein Laie zu Werk gegangen ist,
erschließt sich aus polizeilichen Auswertevermerken: »Die in den Skizzen als »Handgranaten« bezeichneten Gegen-
stände waren handwerklich sehr sauber und exakt ausgeführt. Der Aufbau und die Wirkungsweise entsprachen
industriell gefertigten, militärischen Handgranaten. Hervorzuheben ist, dass alle Gegenstände die zur Fertigung der
»Handgranaten« verwendet wurden, handelsüblich sind«.
Aus der BILD-Zeitung:
Rote, säurebeständige Handschuhe, wirrer Blick, Armee-Kleidung: Michael Krause († 53) hatte Dutzende Sprengstoff-
Depots in ganz Deutschland angelegt, erschoss sich nach einer Polizeikontrolle. Jetzt prüfen die Ermittler: War er der
Bombenbauer der Killer-Nazis aus Zwickau? Die mysteriöse Geschichte: Bei einer Routine-Kontrolle durch eine Polizei-
streife im Jahr 2008 zieht Krause ohne Vorwarnung eine Pistole, feuert auf die Beamten – und richtet sich schließlich
selbst durch einen Kopfschuss. Die Polizei findet bei ihm Pläne von 38 geheimen, unterirdischen Erddepots in Bayern,
Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Österreich – voll mit Waffen, Sprengstoff mit funktionsfähigen Zündvorrichtungen
und selbstgebastelten Handgranaten! Darunter auch eine blau lackierte Bombe, die dem Sprengsatz ähnelt, der beim
Nagelbomben-Anschlag 2004 in Köln benutzt wurde. Eine Bombe dieser Bauart wurde auch in dem Bekennervideo des
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ („NSU“) gezeigt.
QUELLEN:
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ ... ael-krause
Parlamentarische Aufklärung im NSU-Komplex @
https://www.linksfraktion.de/fileadmin/ ... rvotum.pdf
Der rätselhafte Waffensammler (Bezahlartikel) @
https://www.kurier.de/inhalt.kontakte-z ... 821fb.html
Mutmaßlicher NSU-Bombenbauer @
https://www.bz-berlin.de/berlin/umland/ ... randenburg
Michael Krause legte 38 Erddepots mit Sprengstoff an @
www.bild.de/news/inland/nsu/michael-kra ... .bild.html
Dringende Störung der Totenruhe @
https://www.nd-aktuell.de/artikel/10357 ... nruhe.html
Zum suchen:
Frankenpost: „Waffennarr füllt Erddepots randvoll“ von Stephan Herbert Fuchs vom 19.09.2009
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