hbs900 hat geschrieben:nochmals,, ich stelle mir vater u,. sohn damals kraeftig vor....mit einem gewoehungsbeduerftigen auftreten.manche koennen nicht verbergen....das sie anders gestrickt sind.das auftreten kommt mit dem umgang der personen.
Zum Kontext von Anja in Relation zum "gewöhnungsbedürftigen Auftreten" ihrer Bekanntschaft
Ich gehe davon aus, dass der im Muggensturm wohnhafte Täter und evtl. sein Vater diese Grabungen im Weinberg machten. Ich glaube überhaupt nicht, dass dieser Täter ein gewöhnungsbedürftiges Auftreten hatte. Viel eher denke ich, dass es eben jene neue Bekanntschaft war, die Anja gegenüber einer Freundin (am Geburtstag) andeutete.
Anja stammt aus einem guten Hause, war eine anständige Tochter, und hat entsprechende soziale Sensoren mitbekommen. Vor dreißig Jahren waren die Mädchen noch nicht gender-infiziert, so dass sie eben auch nicht männliche Werbungsmuster adaptierten und nun umgekehrt mal einen jungen Mann anbaggerten. Nein, sie machten vielleicht ein freundliches zuwendendes Gesicht und warteten, ob von einem jungen Mann, den sie als interessant einstuften, ein Signal kommt. Und dieses war anscheinend gekommen und man hat wahrscheinlich sogar eine Treffmöglichkeit an diesem 27.3.87, Freitagabend, ins Auge genommen.
Daraus schließe ich, dass der junge Mann kein abweichend negatives Erscheinungs- und Verhaltensbild abgab. Ich vermute, dass es sich bei dem Bekannten um den Muggensturm-Täter - und nicht um den anderen, Auswärtigen - handelte, denn der Erlebnisradius von Anja war gewöhnlich die Schule, die Familie, der Jugendkreis, die Freundin, die Bewerbung um die Designer-Stelle, das Muggensturm-Wohnumfeld, Schwimmbad, Radwege (die hat es entlang des Neckars und auch durch die Parks bis in die City), Busse und Straßenbahnen. Es ist nichts bekannt, ob Anja in der Musikschule oder in einem Sportverein Mitglied war, was auch sein könnte.
Der Kontakt mit dem neuen Bekannten könnte sich in diesem Radius ergeben haben, und zwar könnte der junge Mann das Mädchen angesprochen haben, dass sie ihm vom Sehen bekannt sei. Dabei stellte sich heraus, dass sie beide im Muggensturm wohnen, und er könnte gefragt haben, ob man sich mal zwanglos treffen könnte.
Wenn es so gewesen ist, dann scheiden Schule, Jugendkreis, Sportverein und Musikschule aus, denn dort ist man ja sowieso in Kontakt. Dieses abendliche Treffen, diese Kontakt-Festigung der beiden, lag außerhalb der normalen Begegnungsmöglichkeiten im Erlebnisradius von Anja.
Von der äußeren Erscheinung muss dieser junge Mann Anja interessant vorgekommen sein. Viel wird sie nicht über ihn gewusst haben, vielleicht was er beruflich oder schulisch macht, vielleicht wo er an diesem Abend sein wird, sowie wann und wo er auf Anja treffen könnte. Aber diese wenigen Informationen haben sich mit Anjas Interesse an dem Mannes vertragen.
Anja war arglos, war interessiert, und war ein bisschen gespannt auf den jungen Mann.
Dass er sich dann ganz anders entpuppte, damit rechnete Anja nicht. Im Gegenüber mit einem Einzelnen ist das Verhalten anders gewesen als im Gegenüber mit zwei Männern.
Es könnte psychologisch so gewesen sein, dass der andere Mann die Gelegenheit eines sexuellen Abenteuers wahrnehmen wollte. Er könnte psychisch der Dominierende gewesen sein. Der Muggensturmer könnte von ihm abhängig gewesen sein. Er wollte das eventuell gar nicht, aber er hatte nicht die psychische Stärke, sich gegen den Freund zu stellen. Er wollte ihn nicht als Freund verlieren und hat dann, als Anja schrie, die Panik bekommen.
Daher vermute ich weiter, dass der dominierende, auswärtige Mann derjenige mit dem Auto war. Der Muggensturmer hatte vielleicht gar nicht die Notwendigkeit eines Autos, da er an das Stuttgarter Verkehrsnetz angebunden war. Vielleicht hatte er auch noch gar nicht das Einkommen, um ein Auto zu unterhalten. Der Auswärtige, mit dem Auto, hatte auch schon dadurch einen unabhängigen Status, während der Muggensturmer von ihm abhängig war. (Alles Spekulation!)
Vielleicht hat der Muggensturmer vom Prestige her die Verbindung mit dem Auswärtigen vorteilhaft gesehen. Vielleicht war der Auswärtige derjenige, der den Aufenthaltsort bestimmte, während der Muggensturmer nur dabei war.
Nun weiß ich nicht, wie anständig oder wie primitiv der Muggensturmer erzogen war. Wollte er die Bekanntschaft mit Anja vorrangig deswegen, um seinem Freund zu imponieren und seinen Freund "auch teilhaben zu lassen" an dem Mädchen?
Ich fürchte, ich fürchte, der junge Mann war noch sehr unreif. Er hat vielleicht mit Angeberei die Anja beeindruckt. Insgesamt gilt, dass bei der Anbahnung der Geschlechter die Rationalität, Warn- und Kritikfunktion des Gehirns vermindert ist. Der Muggensturmer kommt mir vor, als ob er psychosozial noch kein reifes und moralisches Stadium erreicht hatte.
Die letzte Phase der Pubertät, in der sich das Gehirn umstrukturiert und sich analog zum körperlichen Eintritt in die Geschlechts- und Zeugungsreife eine moralische und von den Eltern losgelöste eigene Verantwortlichkeit bildet, wird als Adoleszensphase bezeichnet, die sich um das 21. Lebensjahr dem Ende zuneigt. Die Zeitbegriffe sind im Westen nicht starr. Früher wurde die Adoleszenz vom 18. -21. Lebensjahr angegeben. In Gesellschaften mit weitgehend freierer Sexualität ändern sich Pubertätszeiten in der Regel durch früheren Beginn. Die Reifung der moralischen Verantwortungsebene läuft nicht immer parallel ab, sondern kann sich verzögern.
Die Tragödie um Anja wird den moralisch ungefestigten jungen Mann abrupt aufgeweckt haben. Sie wird ihn sein ganzes Leben lang belasten. Ob man das je abspalten und vergessen kann? Ich weiß es nicht.
Widerspruch ist gerne erwünscht, damit Sachgassen vermieden werden.