VERMISSTENFALL MANDY MÜLLER, NIENBURG, 2008
Verfasst: Mittwoch, 17. Februar 2016, 18:35:25
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03. Juli 2009
Wo ist Mandy?
Irgendwann fährt Mandy Müller zu ihrem Verlobten, übernachtet dort - und verschwindet spurlos. Das gemeinsame Bett war am Morgen leer, sagt der Mann. Kann es das geben?
Eine Nacht lang hat Regine Müller darüber nachgedacht, wie ihr öffentlicher Appell lauten könnte. Nun sagt sie es, mit zitternder Stimme: "Also Mandy, ich bitte dich. Kind melde dich. Du brauchst doch keine Angst zu haben. Wir wollen nur wissen, ob du noch lebst".
Regine Müller und ihr Mann Richard sitzen in der Küche ihres kleinen Reihenhauses in Nienburg an der Weser und erzählen von der Zeit vor dem 14. September 2008. "Wir waren eine sehr glückliche Familie", sagen beide und versichern, wie pünktlich ihre Tochter Mandy immer war, wie zuverlässig und verantwortungsvoll. Stolz sei sie auf ihren Ausbildungsplatz zur Bürokauffrau gewesen. "Das war ihr Traumjob." Um ihren kleinen Bruder habe sie sich liebevoll gekümmert - bis zum 14. September 2008. Seit jenem Tag ist im Leben von Regine und Richard Müller nichts mehr, wie es war.
An diesem Tag ist die 18 Jahre alte Mandy mit ihrem Verlobten in dessen Wohnung gefahren, hat bei ihm übernachtet - und ist des Nachts verschwunden. Regine Müller hat am frühen Abend noch mit ihrer Tochter telefoniert, sie als entspannt und glücklich empfunden.
Seitdem haben Mandys Eltern nichts mehr von ihrer Tochter gehört. Sie sei, so jedenfalls schildert ihr Freund den Eltern die Ereignisse jener Nacht, ohne sein Wissen einfach aus dem Bett verschwunden "Das gibt es doch nicht", ist die erste Reaktion von Regine Müller, "das glaub ich nicht. Da stimmt was nicht". Sie und ihr Mann setzen sich ins Auto und fahren zu dem Mann, der versichert, er habe nichts von dem Verschwinden Mandys bemerkt.
Kein Lebenszeichen, nichts
Hilfesuchend wenden sich Mandys Eltern zunächst an die Polizei, geben eine Vermisstenanzeige auf - und werden enttäuscht. Ihre Tochter sei volljährig, bekommen sie zur Antwort, da dürfe sie tun und lassen, was sie wolle. Tage, Wochen, Monate verstreichen ohne ein Lebenszeichen von Mandy.
Im Internet stoßen die Eltern auf die "Initiative vermisste Kinder", eine im Jahr 1997 gegründete Vereinigung, die sich auf die Suche nach verschwundenen Kindern spezialisiert hat. "In den vergangenen zwölf Jahren konnten 58 Kinder durch unsere Mithilfe wiedergefunden werden", erzählt Jurist Lars Bruhns, ehrenamtlicher Vorsitzender dieser international vernetzten Selbsthilfegruppe. Die Mitglieder der Initiative platzieren Anzeigen, verteilen Flyer, bekommen Unterstützung durch die Firma Ströer, mit mehr als 300 000 Werbeflächen größter Außenwerber bundesweit, die für Notfälle kostenlos Werbeflächen für die Initiative zur Verfügung stellt.
Nach Rücksprache mit der Polizei mischen sich Lars Bruhns und seine ehrenamtlichen Helfer dadurch in die Suche nach vermissten Menschen ein. Da ist zum Beispiel der Fall eines aus Lübeck verschwundenen 13 Jahre alten Mädchens, das in Düsseldorf wieder aufgespürt werden konnte. Menschen, die ein Plakat mit dem Konterfei des Mädchens gesehen hatten, informierten die Polizei, dass die Kleine mit einem jungen Mann im Viertel lebe. Die Polizei verhaftete den Mann, einen vorbestraften Sexualstraftäter.
Auch nach Mandy Müller wird aufwändig gesucht. Die Eltern haben sich früh an Bruhns gewandt. Doch auf die Hinweise, die eingingen, folgten keine wirklichen Spuren. Mandy ist und bleibt verschwunden. Inzwischen gehört sie nach Einschätzung von Bruhns zu den 1500 "andauernd vermissten Kindern und Jugendlichen", von denen es seit längerer Zeit kein Lebenszeichen mehr gegeben hat.
100.000 Vermisstemamzeigen im Jahr
Bis zu 100.000 Vermisstenanzeigen gehen pro Jahr bei der Polizei ein. Die meisten der verschwundenen Kinder sind dabei nach Bruhns' Worten "klassische Ausreißer", also Kinder, die nach maximal ein bis zwei Tagen wieder zu Hause sind.
Eltern, die nicht wissen, was mit ihrem Kind geschehen ist, befinden sich von Anfang an in einer Art Ausnahmezustand. So ist es auch bei Petra und Klaus Hidle-Iffländer. Ihr Sohn Marian wird seit dem 20. Juni 2004 vermisst. Marian hatte eine Ausbildung als Schiffsmechaniker begonnen, war bereits ein halbes Jahr unterwegs. Eines Tages kam der Anruf der Reederei, er werde auf See vermisst. Petra Iffländer, die den Anruf entgegennahm, konnte sich unter dieser Information zuerst gar nichts vorstellen. "Die müssen einfach mal auf dem Schiff gucken, wo er ist. Und dann finden sie ihn auch", dachte sie und nahm irgendwie noch zur Kenntnis, dass man ihr sagte, es fände soeben eine große Suchaktion statt, an der Schiffe, Flugzeuge, Hubschrauber beteiligt seien.
"Am nächsten Morgen haben mein Mann und ich eine völlig abnorme Reaktion gezeigt. Wir sind losgefahren und haben unsere ausgeliehenen Bücher in die Leihbibliothek gebracht." Beide waren ratlos. "Es gab ja nichts zu tun. Mit uns hat niemand gesprochen, niemand Kontakt aufgenommen." Erst als sie wieder zurück ins Haus kommen, wird ihnen klar, was eigentlich passiert ist.
Die Phasen der Verzweiflung, der Trauer, der Spekulationen über den Verbleib des Kindes machen alle Eltern durch, deren Kinder plötzlich verschwinden. Auch die Reaktionen von Mandys und Marians Eltern ähneln sich. Mandys Mutter hat sich alles mögliche ausgemalt. Hat ihr Verlobter ihr was angetan? Haben sich beide zerstritten? Ist Mandy abgehauen? Ist sie verschleppt worden? Ist sie mit einem anderen Mann durchgebrannt? Nacht um Nacht liegen Regine und Richard Müller wach und grübeln.
https://web.archive.org/web/20160517074 ... 77370.html
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03. Juli 2009
Wo ist Mandy?
Irgendwann fährt Mandy Müller zu ihrem Verlobten, übernachtet dort - und verschwindet spurlos. Das gemeinsame Bett war am Morgen leer, sagt der Mann. Kann es das geben?
Eine Nacht lang hat Regine Müller darüber nachgedacht, wie ihr öffentlicher Appell lauten könnte. Nun sagt sie es, mit zitternder Stimme: "Also Mandy, ich bitte dich. Kind melde dich. Du brauchst doch keine Angst zu haben. Wir wollen nur wissen, ob du noch lebst".
Regine Müller und ihr Mann Richard sitzen in der Küche ihres kleinen Reihenhauses in Nienburg an der Weser und erzählen von der Zeit vor dem 14. September 2008. "Wir waren eine sehr glückliche Familie", sagen beide und versichern, wie pünktlich ihre Tochter Mandy immer war, wie zuverlässig und verantwortungsvoll. Stolz sei sie auf ihren Ausbildungsplatz zur Bürokauffrau gewesen. "Das war ihr Traumjob." Um ihren kleinen Bruder habe sie sich liebevoll gekümmert - bis zum 14. September 2008. Seit jenem Tag ist im Leben von Regine und Richard Müller nichts mehr, wie es war.
An diesem Tag ist die 18 Jahre alte Mandy mit ihrem Verlobten in dessen Wohnung gefahren, hat bei ihm übernachtet - und ist des Nachts verschwunden. Regine Müller hat am frühen Abend noch mit ihrer Tochter telefoniert, sie als entspannt und glücklich empfunden.
Seitdem haben Mandys Eltern nichts mehr von ihrer Tochter gehört. Sie sei, so jedenfalls schildert ihr Freund den Eltern die Ereignisse jener Nacht, ohne sein Wissen einfach aus dem Bett verschwunden "Das gibt es doch nicht", ist die erste Reaktion von Regine Müller, "das glaub ich nicht. Da stimmt was nicht". Sie und ihr Mann setzen sich ins Auto und fahren zu dem Mann, der versichert, er habe nichts von dem Verschwinden Mandys bemerkt.
Kein Lebenszeichen, nichts
Hilfesuchend wenden sich Mandys Eltern zunächst an die Polizei, geben eine Vermisstenanzeige auf - und werden enttäuscht. Ihre Tochter sei volljährig, bekommen sie zur Antwort, da dürfe sie tun und lassen, was sie wolle. Tage, Wochen, Monate verstreichen ohne ein Lebenszeichen von Mandy.
Im Internet stoßen die Eltern auf die "Initiative vermisste Kinder", eine im Jahr 1997 gegründete Vereinigung, die sich auf die Suche nach verschwundenen Kindern spezialisiert hat. "In den vergangenen zwölf Jahren konnten 58 Kinder durch unsere Mithilfe wiedergefunden werden", erzählt Jurist Lars Bruhns, ehrenamtlicher Vorsitzender dieser international vernetzten Selbsthilfegruppe. Die Mitglieder der Initiative platzieren Anzeigen, verteilen Flyer, bekommen Unterstützung durch die Firma Ströer, mit mehr als 300 000 Werbeflächen größter Außenwerber bundesweit, die für Notfälle kostenlos Werbeflächen für die Initiative zur Verfügung stellt.
Nach Rücksprache mit der Polizei mischen sich Lars Bruhns und seine ehrenamtlichen Helfer dadurch in die Suche nach vermissten Menschen ein. Da ist zum Beispiel der Fall eines aus Lübeck verschwundenen 13 Jahre alten Mädchens, das in Düsseldorf wieder aufgespürt werden konnte. Menschen, die ein Plakat mit dem Konterfei des Mädchens gesehen hatten, informierten die Polizei, dass die Kleine mit einem jungen Mann im Viertel lebe. Die Polizei verhaftete den Mann, einen vorbestraften Sexualstraftäter.
Auch nach Mandy Müller wird aufwändig gesucht. Die Eltern haben sich früh an Bruhns gewandt. Doch auf die Hinweise, die eingingen, folgten keine wirklichen Spuren. Mandy ist und bleibt verschwunden. Inzwischen gehört sie nach Einschätzung von Bruhns zu den 1500 "andauernd vermissten Kindern und Jugendlichen", von denen es seit längerer Zeit kein Lebenszeichen mehr gegeben hat.
100.000 Vermisstemamzeigen im Jahr
Bis zu 100.000 Vermisstenanzeigen gehen pro Jahr bei der Polizei ein. Die meisten der verschwundenen Kinder sind dabei nach Bruhns' Worten "klassische Ausreißer", also Kinder, die nach maximal ein bis zwei Tagen wieder zu Hause sind.
Eltern, die nicht wissen, was mit ihrem Kind geschehen ist, befinden sich von Anfang an in einer Art Ausnahmezustand. So ist es auch bei Petra und Klaus Hidle-Iffländer. Ihr Sohn Marian wird seit dem 20. Juni 2004 vermisst. Marian hatte eine Ausbildung als Schiffsmechaniker begonnen, war bereits ein halbes Jahr unterwegs. Eines Tages kam der Anruf der Reederei, er werde auf See vermisst. Petra Iffländer, die den Anruf entgegennahm, konnte sich unter dieser Information zuerst gar nichts vorstellen. "Die müssen einfach mal auf dem Schiff gucken, wo er ist. Und dann finden sie ihn auch", dachte sie und nahm irgendwie noch zur Kenntnis, dass man ihr sagte, es fände soeben eine große Suchaktion statt, an der Schiffe, Flugzeuge, Hubschrauber beteiligt seien.
"Am nächsten Morgen haben mein Mann und ich eine völlig abnorme Reaktion gezeigt. Wir sind losgefahren und haben unsere ausgeliehenen Bücher in die Leihbibliothek gebracht." Beide waren ratlos. "Es gab ja nichts zu tun. Mit uns hat niemand gesprochen, niemand Kontakt aufgenommen." Erst als sie wieder zurück ins Haus kommen, wird ihnen klar, was eigentlich passiert ist.
Die Phasen der Verzweiflung, der Trauer, der Spekulationen über den Verbleib des Kindes machen alle Eltern durch, deren Kinder plötzlich verschwinden. Auch die Reaktionen von Mandys und Marians Eltern ähneln sich. Mandys Mutter hat sich alles mögliche ausgemalt. Hat ihr Verlobter ihr was angetan? Haben sich beide zerstritten? Ist Mandy abgehauen? Ist sie verschleppt worden? Ist sie mit einem anderen Mann durchgebrannt? Nacht um Nacht liegen Regine und Richard Müller wach und grübeln.
https://web.archive.org/web/20160517074 ... 77370.html