Presseberichte aus dem Historischen Archiv des Hamburger Abendblattes:
Quelle: Hamburger Abendblatt Historisches Archiv Nr. 125 vom 31.5.1989
" Was geschah beim Ausflug ins Grüne?
Mit dem rätselhaften Verschwinden eines Ehepaares aus Lohbrügge beschäftigt sich die Kriminalpolizei. Vor zehn Tagen starteten Ursula (45) und Peter Reinold (51) zu einem Tagesausflug in das Waldgebiet Göhrde. Seitdem wird das Ehepaar vermißt. Die Kripo schließt ein Verbrechen nicht mehr aus.
Um 9 Uhr am Sonntag, dem 21. Mai. verabschiedeten sich die Eheleute von ihrer 16 Jahre alten Tochter. Wie so oft wollten sie sich bei einem Picknick in der Göhrde erholen. Doch diesmal kamen sie nicht zurück. Am Dienstag erstatteten die Verwandten Vermißtenanzeige.
Vier Tage später machten sich die beiden Töchter - die zweite ist 23 Jahre alt - auf die Suche nach ihren Eltern. In Tießau an der Elbe nahe Hitzacker waren die Reinolds zuletzt gesehen worden; am Sonntag hatten sie dort im Ausflugslokal "Am Eibufer" zu Mittag gegessen. Auch Angler an der Elbe erkannten das Ehepaar auf Fotos wieder, wußten aber nicht genau, wann
sie die beiden gesehen hatten.
Vorgestern nun fand die Polizei den Honda Civic der Reinolds. Mit unverschlossener Fahrertür stand er auf einem Parkplatz in Winsen. Im Auto lagen die Jacke von Peter Reinold und eine leere Kühltasche. Auf dem Boden, der Rückbank und im Kofferraum wurden Blütenreste gefunden. Vor dem Beifahrersitz lag eine Musikkassette und das von Peter Reinold gewissenhaft geführte Fahrtenbuch. Das Fahrzeug wird zur Zeit auf weitere Spuren untersucht.
Aus der schrägen Parkposition des Wagens und der Unordnung im Auto schlössen die Töchter und der Bruder von Peter Reinold, daß ein Fremder gefahren sein muß. Peter Reinold sei pedantisch und dulde keinen Schmutz in seinem Auto.
In der Umgebung des Lokals in Tießau soll heute mit einem Hubschrauber nach den Vermißten gesucht werden. Kriminalbeamte werden in der Umgebung mit Bildern des Ehepaars nach Zeugen suchen. "Wenn es nötig ist, werden wir das dichte Waldgebiet an der Eibuferstraße auch mit Hunden absuchen", sagte Jörg Romanowski vom Kriminalkommissariat Lüchow. Über den Hintergrund des Verschwindens herrscht Rätselraten. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Reinold zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten bei Alfa Laval als Wareneingangskontrolleur. Das Ehepaar hatte weder zusätzliche Kleidung noch Geld mitgenommen. Möglicherweise hefern familiäre Spannungen eine Erklärung.
Wer das Ehepaar nach dem 21. Mai gesehen hat, melde sich bitte unter Telefon 6585-3825 oder 283-8846. K. STEMMLER"
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Quelle: Hamburger Abendblatt, Historisches Archiv nr. 125 vom 1.6.1989
"Keine Spur von dem vermißten Ehepaar
Das Ehepaar Ursula und Peter Reinold aus Lohbrügge ist weiterhin unauffindbar. 40 Beamte haben gestern das Gelände rund um die Gaststätte in Tießau durchforstet, in der das Ehepaar am 21. Mai zuletzt gesehen worden war. Die Polizeibeamten suchten unter anderem zehn Kilometer Eibufer ab. Außerdem befragten sie 300 Bewohner in Tießau und Umgebung. "Dabei erhielten wir den Hinweis, daß das Ehepaar möglicherweise noch am Nachmittag des 21. Mai zwischen 16 und 18 Uhr mit dem Rad durch die Gegend gefahren ist", sagte ein Polizeisprecher.
Der silberfarbener Honda Civic der Vermißten war am vergangenen Sonntag unverschlossen auf einem Parkplatz in Winsen/Luhe gefunden worden."
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Quelle: Hamburger Abendblatt Historisches Archiv Nr. 161 vom 14.7.1989
"Leichen von Ursula und Peter Reinold identifiziert"
"Wurde das Ehepaar ermordet?"
"Die Todesursache konnte in der Untersuchung gestern noch nicht geklärt werden. Nach Angaben der Lüneburger Staatsanwaltschaft wird mit einem endgüligen Ergebnis nicht vor Anfang der übernächsten Woche gerechnet."
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Quelle: Hamburger Abendblatt Historisches Archiv Nr. 174 vom 29.7.1989
" Die Spuren der Opfer führten zu neuen Toten
Ist das Ehepaar Reinold aus Lohbrügge einem verrückten Mörder zum Opfer gefallen, der wahllos und mit Grausamkeit tötet? Wie berichtet, hat die Pollzei am Donnerstag im östüch von Lüneburg gelegenen Waldgebiet Göhrde ein zweites Paar tot aufgefunden - nur etwa 800 Meter von dem Fundort der Leichen von Ursula und Peter Reinold entfernt. In Lüneburg ist die Mordkommission von acht auf 27 Beamte verstärkt worden. Die Bezirksregierung hat eine Belohnung von je 25 000 Mark für Hinweise in den beiden FäUen ausgesetzt.
Mit Hufe des Zahnschemas konnte die Frau am Freitag identifiziert werden: Es handelt sich um die Verkäuferin Ingrid Warmbier, die in Uelzen in einer Lotto- Annahmestelle arbeitete. Der Mann, der noch nicht identifiziert werden konnte, ist mit großer Wahrscheinüchkeit der in Hamburg geborene Bernd-Michael Köpping aus Hannover, Bezirksvertreter des Niedersächsischen Zahlenlottos. Die Obduktion der Leichen ergab am Freitag: Das Paar ist vor ein bis zwei Wochen getötet worden, der Mann wurde gewürgt und erschossen, die Frau erschlagen.
Seit dem 12. Jull waren Ingrid Warmbier und Bernd-Michael Köpping vermißt worden - dem Tag, an dem die Pollzei die Leichen des Ehepaares Reinold fand. Frau Warmbier war zuletzt am Nachmittag beim Verlassen der Klinik "Kieferneck" in Bad Bevensen gesehen worden. Mit ihrem Mercedes fuhr sie davon. Zwei Tage später wurde der Wagen vor dem Hotel "Fährhaus" in Bad Bevensen entdeckt. Nach Aussagen von Zeugen hatte ihn ein Mann dort abgestellt. Der Toyota von Bernd- MichaelKöpping wurde am 24. Juli vor einer Künik in Bad Bevensen gefunden, wo er den Ermittlungen zufolge seit mehreren Tagen gestanden hatte. Vermutlich hatten sich Köpping und Ingrid Warmbier in Bad Bevensen getroffen und waren gemeinsam in die Göhrde gefahren.
Rätselhaft ist immer noch das Motiv des Mörders. Bisher gibt es keine Anhaltspunkte für ein Sexualdelikt oder Raub. Die Leichen von Bernd-Michael Köpping und Ingrid Warmbier waren bekleidet. Die Leichen des Ehepaars Reinhold dagegen waren unbekleidet.
Unklar ist auch noch die Todesursache der Reinolds. Da ihre Leichen schon skelettiert waren, konnte die Obduktion darüber kernen Aufschluß geben. Das Ergebnis intensiver chemischer Untersuchungen soll Anfang kommender Woche vorüegen.
Die Entdeckung des zweiten Paares war eine indirekte Folge des ersten Fundes. Am Donnerstag suchten eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei und fünf Hundeführer nach Spuren des Ehepaares Reinold: nach der Bekleidung, den Brillen, dem fehlenden Picknick-Korb und dem Fernglas. Gegen Ende der Suche schlug den Pollzisten nahe dem Forsthaus Röthen Verwesungsgeruch entgegen. In einer dichten Kiefernschonung entdeckten sie die Leichen - wie die Reinolds waren auch sie mit Zweigen zugedeckt, i KRISTTAN STEMMLER"
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Quelle: Hamburger Abendblatt, Historisches Archiv Nr. 175 vom 31.7.1989
" Die Angst im Wald der Toten
DIE OPFER Polizei sucht in der Göhrde weiter nach Spuren
In der Göhrde regiert die Furcht vor einem unheimlichen Mörder. Als Polizisten am vergangenen Donnerstag im Wald nach Kleidungsstücken und Taschen des tot aufgefundenen Ehepaares Reinhold aus Lohbrügge suchten, fanden sie wie beachtet - in nur 800 Meter Entfernung zwei weitere Leichen: Ingrid Warmbier (47) aus Uelzen und Bernd-Michael Käpfiing (43) aus Hannover. Die Poizei vermutet in beiden Fällen den gleichen Täter.
Seitdem haben die Menschen in dem Waldgebiet südöstüch von Lüneburg Angst. Der hohe Personaleinsatz der Pollzei, die am Wochenende mit drei Hundertschaften den Wald nach Spuren durchsuchte, konnte die Bewohner nicht beruhigen.
In Röthen, einem Dorf mit drei Häusern, ist die Furcht am größten. Nur ein paar hundert Meter vom Ortsrand entfernt waren die vier Leichen im Wald gefunden worden. Die Menschen hier wollen nicht viel über die Morde reden. Fotografieren lassen sie sich nicht, Nachnamen möchten sie nicht gedruckt sehen - die Menschen in Röthen haben Angst, daß der Mörder aus Rache zu ihnen kommen könnte.
Ein 14 Jahre alter Junge sagt: "Früher streiften wir hier durch die ganze Gegend. Auch im Wald haben wir gespielt. Aber das trauen wir uns nicht mehr." Herbert T. ist Forstarbeiter, wie die meisten Männer im Dorf. "Damit muß man fertigwerden; ich arbeite ja im Wakf ', sagt der 50jährige. Er glaubt nicht, daß der Morder noch einmal zurückkommt. ?Aber die Frauen haben natürüch Angst. Geistesgestörte gibt es immer wieder."
Die Männer am Tresen der Gaststätte und Pension "Zum Göhrde-Tor" im nahegelegenen Oldendorf sind der gleichen Meinung: Es muß ein Geisteskranker sein. "Die Reinholds kannten wir, die haben ja oft hier gewohnt", sagt der Wirt. Der Wald, so ein Gast, sei für die meisten jetzt tabu: "Pilzsucher und Heidelbeerensammler gehen jetzt nicht mehr raus."
Auch Ausflügler und Touristen sind verunsichert. Peter R. (45) und Eveline P. (47) aus Berlln wollten ein schönes Wochenende in der Göhrde verbringen. Mit dem Fahrrad wagten sie sich noch in den Wald bei Röthen. "Aber wir büeben auf der Straße, da ist man einigermaßen sicher", sagte Peter R. Seine Begleiterin fühlte sich trotzdem unwohl: "Angst habe ich schon." Am Wochenende suchten die drei Hundertschaften aus Lüchow, Braunschweig und Oldenburg stundenlang nach Hinweisen im Wald. In einer Kette kämpften sich die Pollzisten mit zwei bis drei Metern Abstand durch das dichte Unterholz. Sie fanden Messer, verrottete Handtaschen, Kosmetika - nichts hatte mit den MordfäUen zu tun.
Nicht aüe Bürger haben Angst: Am Sonntag nachmittag kamen Schaulustige an den Fundort im Wald. Aus Uelzen waren vier Menschen gekommen, die Ingrid Warmbier flüchtig kannten. Andere Schaulustige gingen vorbei, man beäugte sich neugierig. "Wir waren es nicht", sagte einer im Vorbeigehen.
THOMAS BORCHERT"
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Quelle: Historisches Archiv des Hamburger Abendblattes Nr. 176 vom 1.8.1989
"Kripo prüft 230 Hinweise
Nach den Leichenfunden im Waldgebiet Göhrde setzt die Polizei zum Schutz der Bevölkerung Reiter und Schutzpolizisten als "Raumstreifen" ein. In der Gegend um die Fundorte wurden Handzettel und Fahndungsplakate verteilt. Bei der Mordkommission sind 230 Hinweise eingegangen, von denen einige erfolgversprechend sind. Bisher gibt es aber keine heiße Spur. Auch das Motiv ist noch unklar. "Sicher wissen wir nur, daß es sich um Morde und nicht um Selbstmorde handelt. Keinen Anhaltspunkt gibt es auch für ein Sexualverbrechen, obwohl das zuerst umgekommene Paar so gut wie nackt war", sagte Oberstaatsanwalt Ernst Liebeneiner aus Lüneburg."
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Quelle: Hamburger Abendblatt, Historisches Archiv Nr. 177 vom 2.8.1989
"Polizei sucht Zeugen
Im Fall der Doppelmorde in der Göhrde sucht die Lüneburger Mordkommission eine Gruppe von fünf Leuten, die sich am 21. Mai zwischen 11.30 und 12 Uhr im Bereich Röthen aufgehalten haben. Ferner werden Zeugen gesucht, die einen Toyota Tercel (Kennzeichen H-CC 8546) zwischen dem 12. und 24. Juli gesehen haben. Hinweise unter 04131/109 300."
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Hier noch ein Bericht zum uns bekannten Phantom-Bild:
Quelle: Hamburger Abendblatt, Historisches Archiv Nr. 232 vom 5.10.1989
"Ist das der Göhrde- Mörder?
Wer kennt diesen Mann oder
hat ihn gesehen?
Bei der Fahndung nach dem Göhrde-Mörder ist die Kriminalpolizei Lüneburg einen großen Schritt weitergekommen: Auf der Grundlage von Zeugenaussagen konnte ein Phantombild von einem Mann angefertigt werden, der möglicherweise der Täter ist. Wie berichtet, waren im Waldgebiet Göhrde die Eheleute Reinold aus Lohbrügge und in unmittelbarer Nähe ein Paar aus Niedersachsen ermordet aufgefunden worden. Dieses Paar war zuletzt am 12. Juli mit einem weißen Toyota Tercel gesehen worden.
Am 24. Juli wurde der Wagen auf der Straße Am Klaubusch in Bad Bevensen entdeckt. Nach Zeugenaussagen ist er zwischen dem 12. und 19. Juli täglich von einem Mann gefahren und jeweils auf der Straße abgestellt worden. Der Mann ist etwa 40 bis 50 Jahre alt, 1,75 bis 1,80 Meter groß, schlank und hat mittellange, braune Haare. Er trug ein grünliches Hemd, eine dunkle Hose und vermutlich dunkle Schuhe. Er hatte eine dunkle Tasche bei sich und dürfte im Besitz einer Schußwaffe sein. Wer diesen Mann kennt oder ihn gesehen hat, wende sich sofort an die Kripo Lüneburg (Telefon 04131/109 300) oder an jede andere Polizeidienststelle. Die Belohnung beträgt 50 000 Mark. kst"
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Quelle: Hamburger Abendblatt vom 9.3.1991, Historisches Archiv Nr. 58
"Der unheimliche Göhrde-Mörder versetzte eine ganze Region in Schrecken. Am 21. Mai 1989 wurde das Hamburger Ehepaar Ursula (45) und Peter (52) Reinhold tot unter Reisig versteckt aufgefunden, nur
800 Meter entfernt entdeckten Spaziergänger am 27. Juli die Leichen von Ingrid Warmbier (46) und Bernd-Michael Köpping (43). Obwohl die Taten fast drei Jahre zurückliegen, arbeitet die Sonderkommission der Kripo Lüneburg immer noch auf Hochtouren. In Südwales starb am 29. Juni 1989 das Ehepaar Gwenda und Peter Dixon. War es derselbe Täter?
Neben Übereinstimmungen des Tathergangs und der Ausführung hätten sich weitere Kriterien ergeben, die "diesen Schluß zulassen", sagte Horst Michaelis, Hauptkommissar in Lüneburg. Alle Tatorte lagen in der Nähe von Truppen- übungsplätzen, auf denen britische Soldaten übten. 20 Zeugen beschrieben gegenüber der britischen Polizei in Haverfordwest übereinstimmend einen etwa 40 Jahre alten Mann, der ihnen einen Tag vor der Tat aufgefallen war. Nach Einschätzung der Zeugen ist dieser Mann wahrscheinlich Engländer. Bei den Zeugenvernehmungen stießen die Beamten auf einen zweiten Hinweis. Denn in Begleitung des 40jährigen soll sich ein etwa 20 Jahre alter Mann befunden haben, dessen Aussprache auf einen Deutschen oder Niederländer schließen ließ. Hierfür gibt es ein Indiz: An der Stelle, wo die Leichen von Ingrid Warmbier und Bernd-Michael Köpping gefunden wurden, lag eine niederländische Geldmünze."
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Quelle :Hamburger Abendblatt, Historisches Archiv · Nr. 193 vom 20.08.1991 · Seite 11
Göhrde-Mörder?
Hat der Göhrde-Mörder wieder zugeschlagen? Ein maskierter Mann überfiel in der Nacht zum Sonntag an der Bundesstraße 493 bei Gartow ein Lehrer-Ehepaar in dessen Wohnmobil und bedrohte es mit einer Schußwaffe. Er fesselte den 46 Jahre alten Mann, raubte 60 Mark und zwang die Frau, mit ihm hinauszugehen. Der 46iährige konnte sich befreien und den Täter, der die 43 Jahre alte Frau offenbar vergewaltigen wollte, in die Flucht schlagen. Der Lüneburger Oberstaatsanwalt Ernst Liebeneiner: "Eine Verbindung mit dem Göhrde-Mörder ist nicht auszuschließen." Diesen Mann sucht die Polizei seit mehr als zwei Jahren. Er hatte im Waldstück Göhrde, etwa 45 Kilometer von Gartow entfernt, im Mai 1989 ein Ehepaar aus Hamburg und zwei Monate später ein Liebespaar ermordet
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Quelle: Hamburger Abendblatt vom 20.5.2014
25 Jahre nach der Tat Das große Rätsel um den "Göhrde-Mörder"
Von Ludger Fertmann
Zwei Paare sind in der Nähe von Lüneburg auf grausame Art und Weise ums Leben gekommen. Exakt 25 Jahre nach der Tat fehlt weiter jede Spur vom Täter. Doch immer wieder wird der Fall neu aufgerollt.
Lüneburg/Lüchow. Der 21. Mai 1989 ist ein sommerlicher Tag – und ein historischer. Denn in der Göhrde, einem Staatsforst im Landkreis-Lüchow-Dannenberg, beginnt an diesem Tag einer der spektakulärsten und vor allem rätselhaftesten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesrepublik. Ein bis heute Unbekannter ermordet an diesem Tag im prächtigen Mischwald ein Ehepaar aus Hamburg-Bergedorf.
Erst am 12. Juli entdecken Blaubeerensammler die Leichen. Auf dem Weg zur Polizei treffen sie noch im Wald einen braunhaarigen, etwa 40 Jahre alten Mann, von dem die Polizei bis heute annimmt, dass er der Täter war. Er hat, so die Überzeugung der Polizei, genau an diesem Maitag ein zweites Paar ermordet, ein Liebespaar, das sich in der Kur kennengelernt hat, er 43 Jahre alt aus Hannover, sie 46 Jahre alt aus Uelzen. Die Polizei findet diese Leichen am 27.Juli 1989 im Rahmen einer Spurensuche im Zusammenhang mit dem ersten Doppelmord – keine 800 Meter entfernt vom ersten Fundort.
Nach Rekonstruktion der Polizei erschießt der Täter den Mann mit einer Kleinkaliberwaffe, während am ersten Fundort Beamte schon Spuren suchen. An Schüsse aber kann sich kein Polizist erinnern. Der Frau zertrümmert der Unbekannte den Schädel. In beiden Fällen ging er äußerst brutal und offenkundig zielgerichtet vor, auch wenn bei dem ersten Doppelmord wegen des hohen Verwesungsgrads durch den heißen Frühsommer offen bleibt, ob die Opfer erschlagen, erschossen oder stranguliert wurden. Sicher ist sich die Polizei aber, dass es kein Unfall oder Selbstmord war, sondern ein Verbrechen.
Die Leichen des Ehepaares waren entkleidet, im zweiten Fall waren die Opfer mindestens teilweise mit Leukoplast gefesselt. Wer in den Archiven blättert, im Internet surft, der stößt immer wieder auf neue Varianten über den Zustand der Leichen und die Art der Verletzungen, die anzunehmende Todesursache und weitere Details. Dies hat auch damit zu tun, dass die Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg bis heute aus gutem Grund mit Details geizt.
Sollte doch noch ein Verdächtiger gefunden werden, kann das sogenannte Täterwissen entscheidend sein, um ihn zu überführen. Dabei geht es um Details der Taten, die nie den Weg in die Massenmedien gefunden haben und die also außer den Beamten nur ein Täter haben kann. Über die Beweggründe des Täters ist nicht nur wegen der Brutalität beider Doppelmorde gerätselt worden, sondern auch wegen seiner Dreistigkeit. Die zweite Doppeltat geschah schließlich im gleichen Waldstück, während die Beamten nur wenige Hundert Meter weiter aktiv waren.
Den Wagen der ersten Opfer parkte er Tage nach der Tat in der Nähe des Bahnhofs von Winsen. Und auch den Personenwagen der beiden späteren Opfer hat er offenkundig noch eine Woche gefahren, bevor er ihn in Bad Bevensen stehen ließ. Beide Fundorte der Autos liegen in unmittelbarer Nähe der Bahnstrecke Hannover–Hamburg
Neben den Autos stahl er bei beiden Doppeltaten auch noch Gegenstände wie ein Fernrohr oder eine Sofortbildkamera, von einem klassischen Raubmord aber geht die Polizei bis heute nicht aus. Ob der Mann nun gefühlskalt oder geisteskrank war, ob er ein Einzelgänger ist und blieb, es sind bis heute nur Mutmaßungen möglich.
Die Taten wurden abgeglichen mit den Patienten von Landeskrankenhäusern, auch die Gäste aller in der Nähe liegenden Hotels und Pensionen wurden unter die Lupe genommen. Ohne Erfolg. Und auch die erste heiße Spur brachte nichts: Im britischen Wales starb im Juni 1989 das Ehepaar Dixon unter ähnlich brutalen Umständen, die ersten Beschreibungen von Zeugen wiesen eine deutliche Ähnlichkeit zum Phantombild aus Deutschland auf
Erst 2009 konnte die Polizei in England einen Verdächtigen anhand von DNA-Spuren festnehmen, der dann auch rechtskräftig verurteilt wurde. Aber es gab keine verwertbaren Anhaltspunkte, dass er auch der "Göhrde-Mörder" war. 1989 und noch einmal 1990 wurde der Fall in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY… ungelöst" thematisiert. Fast 2000 Spurenakten hat die Polizei im Laufe der Jahre abgearbeitet, bis heute werden die umfangreichen Akten immer wieder in die Hand genommen. Die meisten Beamten allerdings, die sich Jahrzehnte immer wieder in den Fall verbissen haben, sind inzwischen in Pension. Aufhören, so versichert es zum traurigen Jubiläum Kai Richter, Pressesprecher der Polizeidirektion, wird man nicht: "Wir geben die Hoffnung nicht auf, ihn doch noch zu fassen." Die Polizeiinspektion steht auch noch im Kontakt mit der Tochter eines der Opfer.
Und dann gibt es da noch eine Chance, auch nach 25 Jahren noch auf eine heiße Spur zu stoßen. Teil der Spurenakte sind zwei Haare, die in einem der beiden gestohlenen Wagen sichergestellt wurden und weder den Opfern noch ihrem Umfeld zugeordnet werden konnten. Polizeisprecher Richter will sich nicht festlegen, aber "vielleicht schon in naher Zukunft" will die Polizei diese Haare in einem österreichischen Institut analysieren lassen, das darauf spezialisiert ist, die DNA auch in Haaren ohne Wurzeln zu bestimmen. Im Tatjahr 1989 stand die DNA-Analyse noch ganz am Anfang, aber inzwischen gibt es Hunderttausende von DNA-Proben in der Datenbank der deutschen Polizei. In Vergessenheit geraten wird der doppelte Doppelmord aber auch deshalb nicht, weil er in 25 Jahren Tausende von Menschen auf der Internetplattform "
http://www.allesMist" beschäftigt hat. Da wird spekuliert, um Details gestritten, und am Ende bleibt dann meistens doch nur die Hoffnung, dass der Täter sich stellt – wenn er noch lebt
http://www.abendblatt.de/region/article ... erder.html