Anlässlich des 11. Todestages von Simone im Februar 2016 erschien in "Stern Crime Nr. 5 " ein Bericht über den Fall.
Es ging in diesem Bericht auch um die coronale Untersuchung in Australien vom 10.7.2007. Ich werde Auszüge, die Zeugenaussagen betreffen, hier einstellen. In dem Bericht werden nur beim Opfer und von den aussagenden Polizisten Klarnamen verwendet. Die anderen Zeugen haben andere Namen erhalten, so dass ich die Namen nicht abkürzen muss.
Zunächst die Aussage des Leiters der Mordkommission Detective Inspector Wayne George Hayes aus Sidney über den Zustand der Leiche und die Ablage der Leiche.
Als Zeuge der Anhörung tritt Detective Inspector Wayne George Hayes aus Sydney auf, ein erfahrener Ermittler in den Fünfzigern, er leitet das zuständige Team der Mordkommission des Staates New South Wales.
Simone Strobels Körper, referiert Hayes, sei ganz offensichtlich sorgsam verborgen worden. Vom Campingplatz aus habe man eine Abkürzung zum Ablageort von Simon es Leiche nehmen können, zwischen Bäumen hindurch und über den durchhängenden Maschendrahtzaun des Campingplatzes, dann über die Straße und den unbeleuchteten Pfad hoch, der am Continental Club entlang führt.
Da an Simones Füßen kein Schmutz zu finden war, sei sie wahrscheinlich getragen worden, nicht gezogen.
Hautabschürfungen deuteten außerdem darauf hin, dass sie unbekleidet und mit dem Gesicht nach unten durch das Loch im Zaun des Continental Clubs gehoben worden sei. Das, so Haynes, hätten zwei Personen bewerkstelligen können, aber auch eine allein. Ausgezogen habe man sie
wahrscheinlich, weil ihre Kleidung leicht zu sehen gewesen wäre, oder vielleicht, um eine Sexualstraftat vorzutäuschen.
Man habe geringe Spuren von Cannabis in ihrem Blut gefunden, außerdem Alkohol. Da der Körper keine Anzeichen von Gewalt aufgewiesen habe, seien die Ermittler davon überzeugt, dass Simone Strobel mit einem Kissen oder eine Plastiktüte erstickt worden sei, referiert Hayes am Ende seiner Befragung.
Dann folgt die Aussage des Ermittlers Shane Diehm, der über die Tagebücher aussagt, die Simone und ihr Freund geführt haben.
Dort tritt der Ermittler Shane Diehm in den Zeugenstand. Er verliest Einträge aus zwei Tagebüchern. Eins stammt von Simone, eins von Martin Scheffler.
Simone schreibt am Donnerstag, den 10. Februar 2005, einen Tag vor ihrem Verschwinden:
Die ganze Nacht hat es geregnet + der Morgen war auch grau in grau. Nachdem ich Martin gebeten habe Monika + mich zu ihm in den Van zu lassen,flippte er total aus + es ist die „badeste" Vibration zwischen uns. Solange wir hier in Australien sind -juck you!
So verbrachten wir den ganzen verregneten Tag getrennt, Monika + ich im Van + die anderen im Zelt ... Martin hat den ganzen Tag kein Wort gesprochen + mich hat es sehr gewundert das er zum Schlafen in den Van kam - aber auch da wurde kein Wort gesprochen!-shit one!
Martin schreibt am selben Tag:
Kein schöner Tag, eigentlich ein Scheißtag. Simmi ging mir schon am Morgen auf die Nerven.
Ich war noch nicht mal wach! Es wird langsam wirklich zu viel, es kann so nicht weiter gehen. Ich habe kaum ein Wort mit Simmi gesprochen und war sehr introvertiert ... zu allem Überfluss regnete es den ganzen Tag, so dass Lars und ich im Zelt abhingen und die Mädels im Van! ... Dieser Tag war ausgesprochen dumm ...
Für den 11. Februar findet sich in Simone Strobels Tagebuch nur ein Satz:
Der heutige Tag begann genauso scheiße, wie der gestrige begonnen hat!
Nun folgt noch die Aussage des Freundes, der als einziger der drei Personen, die die letzten Stunden mit Simone verbracht haben, nach Australien geflogen ist und am zweiten Tag der gerichtlichen Anhörung ausgesagt hat.
Es ist der zweite Tag der Anhörung in Lismore, als Lars Berg gehört werden soll, und die Stimme der Staatsanwältin klingt harsch: Ich denke, Sie sind den ganzen langen Weg von Deutschland nach Australien gekommen, um uns bei dieser Anhörung zu helfen und heute die Wahrheit zu sagen? -
Yep, sagt Lars Berg. Er erzählt auf Nachfragen der Staatsanwältin, wie Monika und er in Brisbane zu Simone und Martin stießen, wie sie gemeinsam die Küste entlang reisten, rauf zum Great Barrier Reef und durch einige Nationalparks, schöne drei Wochen, kein Streit, und wenn es mal
Meinungsverschiedenheiten gab, dann höchstens darüber, was sie essen wollten.
Doch irgendetwas, erzählt Lars, muss zwischen Simone und Martin vorgefallen sein, am Mittwoch, dem 9. Februar. Seit Donnerstag morgen hätten sie kaum noch miteinander gesprochen. Und dann habe es Streit gegeben, weil Simone und Monika im Van sitzen, Martin aber darin schlafen wollte.
Martin sei dann ausgerastet, wie er, Lars, es noch nie erlebt habe.
Die Anhörung verläuft zäh, die Staatsanwältin muss häufig nachhaken, Lars Berg antwortet knapp, seine Antworten bleiben vage. Am Freitag habe Martin immer noch nicht viel gesprochen, er habe ihn gefragt, was los sei zwischen ihm und Simone, aber Martin habe nicht darüber reden wollen.
Am Nachmittag hätten Martin und er dann jeder vier oder fünf Bier getrunken und gekifft. Es sei seine Idee gewesen, abends zu viert noch einmal in den Pub zu gehen, weil er glaubte, dass ein paar Gläser den Freunden helfen würden, sich auszusprechen.
Doch je mehr Martin getrunken habe, desto weniger sei mit ihm zu reden gewesen. Später auf dem Campingplatz habe sich der Streit sogar
noch hochgeschaukelt. Immer wenn Simone etwas sagte oder Monika einschreiten wollte, wurde Martin nur noch wütender, erzählt Lars.
Er selbst habe das aber nur am Rande mitbekommen, weil Gun, ein japanischer Tourist, ihm zu dieser Zeit das Didgeridoo Spielen beigebracht habe. Einige Leute hätten sich dann über den Lärm beschwert, und irgendwann sei Gun in seinem Zelt verschwunden. Kurz davor oder danach müsse auch Simone gegangen sein.
Können Sie sich noch an Schimpfworte erinnern, die Martin in jener Nacht äußerte? Lars überlegt eine Weile. Schlampe. Blöde Kuh, das habe
Martin aus dem Van heraus geschrien. Nachdem Simone eine Weile verschwunden war, habe er Monika vorgeschlagen, nach ihr zu suchen. Martin wollte im Van warten, sagt Lars, falls Simone wiederkomme oder anriefe.
Monika und er hätten sich dann aufgeteilt, seien in der Umgebung des Campingplatzes auf die Suche gegangen und nach 15 oder 30 Minuten zurückgekehrt. Dann seien sie noch einmal losgezogen, diesmal Richtung Stadtzentrum.
Als sie wieder eintrafen, habe Martin noch immer im Van gelegen, in Boxershorts und T-Shirt, eine Decke über den Beinen. Macht euch keine Sorgen, sie kommt schon wieder, habe er gesagt. Sie seien dann schlafen gegangen.
Halten Sie es für möglich, dass Martin Simone im Van versteckte?
Nein. Das hätten wir bemerkt.
Haben Sie in Guns Zelt nachgesehen?
Ja. Das hatten Monika und er getan. Gun war allein und schlief.
Am nächsten Morgen seien Monika und er schon gegen sieben Uhr auf den Beinen gewesen. Als sie zum Van gingen, trafen sie Martin, er war nun beunruhigt, wollte zur Polizei gehen.
Wieso hat es dann mehr als drei Stunden gedauert, bis Sie das taten?
Sie hätten geduscht, gepackt und den Van vor dem Campingplatz abgestellt, um nicht für eine weitere Nacht zahlen zu müssen, erzählt Lars. Sie wären auch zu einem silbernen Zelt gegangen und hatten den Besitzer gebeten, hineinsehen zu dürfen. Martin habe den Mann seltsam gefunden, er könne sich heute aber nicht mehr erinnern, warum.
Die Staatsanwältin muss wieder und wieder nachfragen, was genau die Freunde während dieser Stunden getan haben. Bis Lars schließlich damit herausrückt, dass Martin ihn und Monika auf die Aussage bei der Polizei vorbereitet habe. Die beiden sollten nicht erzählen, wie viel sie alle
getrunken hatten, dass Joints geraucht wurden und dass man im Kifferdorf Nimbin gewesen war. Auch den Streit mit Simone sollten sie verschweigen. Und stattdessen behaupten, Monika und Martin hätten eine kleine Familienauseinandersetzung gehabt, woraufhin Simone den Campingplatz durch den Haupteingang verlassen habe.
Er selbst, sagt Lars, habe sie jedoch nur bis zu den Toiletten gehen sehen.
Ja, er habe das alles seltsam gefunden, aber auch nicht weiter wichtig, weil er dachte, dass Simone noch am Leben gewesen sei und weil er natürlich keinen Ärger wegen seines Drogenkonsums kriegen wollte. Erst später in Deutschland habe er ein schlechtes Gewissen bekommen und sich deshalb entschlossen, nun endlich die Wahrheit zu erzählen.