Man hätte es fast vermuten können, wie die finanzielle Situation des Angeklagten mit so einem - sorry - hirnrissigem Hartz4-Vergleich - verharmlost wird. Also dann mal zu dem vollständigen Bild, wie "Frankfurter" es aus dem Prozess berichtete:Adlerauge hat geschrieben:Ja, Straftaten darf man auf keinen Fall verherrlichen!
Runterspielen ist relativ. Wenn jemand wegen Mordes angeklagt wird und man immer sagt, derjenige sei pleite gewesen und hätte deshalb den Mord begangen ist es aber schon wichtig zu wissen, ob derjenige vielleicht doch gar nicht so "pleite" war wie von allen Seiten behauptet und nachgesprochen. Und wenn dann aus den Büchern keine ausreichenden Entnahmen zu sehen sind darf doch man bei gastronomischen Betrieben vermuten, dass auch mal Bargeld fließt.
Das ist nicht lebensfremd und damit spiele ich ja keine Straftaten runter. Fakt ist, JM war alles andere als pleite. Er hatte hier und da mal nicht genügend Liquidität. So stellt es sich jedenfalls für mich dar.
Hat nicht gestern auch ein Gutachter bestätigt, unterm Strich hatte er ein Privatvermögen von 1,3 Millionen Euro? Das reicht für 216 Jahre Hartz 4 bis ins Jahr 2235.
Beginnen wir zunächst mit dem privaten cash flow...ZITAT:
" Seine nachvollziehbaren Einnahmen bestanden überwiegend aus den Ausschüttungen, die er aufgrund seiner Beteiligung am Gi. erhielt und auch sehr schwankend waren. Seine Ausgaben der 2 Jahre bis zum Tatzeitpunkt waren im monatlichen Durchschnitt um etwa TEUR 16 höher als seine Einnahmen. Daraus ergab sich eine Lücke für die 2 Jahre von insgesamt TEUR 400."
Mit anderen Worten, er war nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Jedenfalls nicht aus eigenen Einnahmen. Deswegen auch die mannigfaltigen Versuche, sich mit zweifelhaften Methoden Kredite zu beschaffen, wie es aus früheren Prozesstagen bekannt wurde. Das bedeutet nicht "hier und da mal keine Liquidität" sondern ein permanentes Liquiditätsproblem.
In den Ausgaben wurden nicht nur Handtäschchen und Urlaube festgestellt, sondern auch harte Verpflichtungen wie "Delrey" aus dem Prozess berichtete:
" Es war einfach ein exzessiver Lebensstil. Kreditkartenabrechnungen um die 15.000,-p.M., an *** Unterhalt floss 5-6000,-p.M., Privatschulen ...., div. Leasingautos, Urlaube bei denen mal zus. 15.000,- weg waren und natürlich die Darlehen die bedient werden mussten."
Zins und Tilgung für Darlehen kann man nicht einfach mal so schieben und die Zahlungen an *** Unterhalt, Leasinggeber resultierten sehr wahrscheinlich auch aus festen Verpflichtungen. Anders als Kredite werden diese lediglich nicht bilanziert. Das wäre ökonomisch gesehen aber folgerichtig, so dass hier je nach verwendetem Kapitalisierungszinssatz noch zusätzliche 1,5 - 2 Mio "unsichtbare" Schulden zuzurechnen wären.
Dann erst sollte man sich das "Netto"vermögen anschauen:
750k Haus zu 50%...vermutlich von der ......bewohnt und damit nicht liquidierbar
1,6 Mio Wohnung....liquidierbar (eher nicht zu diesem Preis, aber mit viel Glück vielleicht ja doch)
Und dann?
Wohnungslos, aber wieder etwas liquide, mit selbstverständlich weiterhin laufenden Verpflichtungen. Wie hätten diese bestritten werden können? "Frankfurter" berichtete dazu:
" Bei der M. GmbH war dies (Anm.: Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit) lt. Gutachterin im Januar 2018 der Fall. Alle Lokale/Betriebe waren verkauft, Erlöse aus dem Verkauf des F.I. waren über die Rückführung der Gesellschafterdarlehen entnommen und neue Einnahmen waren nicht in Sicht. Neben den offenen Gesellschafterdarlehen gab es noch andere offene Verbindlichkeiten, die zur Zahlungsunfähigkeit (...) führten.
Bei der G. GmbH gab es hin und wieder zwar Liquiditätsprobleme, aber 2017 war ein erfolgreiches Jahr mit aber einem überschaubaren Gewinn, der aber die Verluste der Vorjahre nicht ausgleichen konnte. (...)
Bei der 121 war die Sache etwas anders gelagert: (...) hatte er sich nicht nur seine geleisteten Gesellschafterdarlehen zurückgezahlt, sondern darüber hinaus weiteres Geld aus der Gesellschaft entnommen. Für diese Entnahmen gab es aber keinen wirtschaftlichen Grund/Berechtigung."
Fazit:
Liquidierbares Vermögen minus ökonomisch zurechenbare Verbindlichkeiten = negativ
Einnahmen minus laufende Zahlungsverpflichtungen = negativ
Gemeinhin nennt man das mit dem Rücken am Abgrund stehen.
Ich sehe das Motiv durch diesen Bericht deutlich erhärtet. Nicht mehr, nicht weniger.
*** sinngemäß geändert/anonymisiert