TODESFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Arian Arnold, Jenny Böken, Kirsten Heisig, Unbek. Junge (Oelsa/Osterzgebirge), Isabelle Kellenberger, Malina Klaar, Yolanda Klug, Elisa Lam, Paula Maaßen, Christian Morgenstern, Theresa Stahl, Georgeta Tapu
StaffBro

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von StaffBro »

Truth CIA hat geschrieben: Sonntag, 16. November 2025, 17:47:03 Ich verfolge seit einiger Zeit die Beiträge hier, um mich über den aktuellen Prozess auf dem Laufenden zu halten.
Und den ersten Prozess inkl. Diskussion hier im Forum hattest du noch nicht mitverfolgt?
Truth CIA hat geschrieben: Sonntag, 16. November 2025, 17:47:03 Ich muss gestehen, dass ich angesichts vieler Beiträge hier wirklich erschüttert bin. Abgesehen davon, dass man vielen aufgrund der wirren Ausdrucksweise und wilden Gedankensprünge nicht einmal richtig folgen kann und sich fragt, wer dort eigentlich hinter dem Monitor sitzt,
wird hier vollständig die Tat und das Opfer verharmlost und der mutmaßliche Täter in Schutz genommen.
Das hört sich tatsächlich so an als wärst du von der Schuld des mutmaßlichen Täter (Sebastian T.) vollkommen überzeugt, ist das so ?

Falls ja, unterstelle ich an dieser Stelle mal das du den ersten Prozess inkl. aller "Mauscheleien" und äußerst zweifelhafter Verfahrens.- wie auch Beweisführung, nicht wirklich intensiv mitverfolgt hast!

Würde mich an dieser Stelle aber mal interessieren ob der Porno Konsum für dich jetzt der ausschlaggebende Punkt war, der dich von der Schuld von Sebastian überzeugt hat ?
Truth CIA hat geschrieben: Sonntag, 16. November 2025, 17:47:03 Die Fakten sind klar: eindeutige Gewalteinwirkung laut Obduktion, Verurteilung wegen Mordes, kein Unfall. Wer belastende Infos wie Obduktionsergebnisse oder den nachgewiesenen (vor der Tat exorbitant und danach sinkenden) Pornokonsum des Angeklagten ausblendet, betreibt Rosinenpickerei – typisch für selbsternannte Pseudo-Juristen der Tatrelativierung, die glauben, mit Wortklauberei alles umdrehen zu können.
Rosinenpickerei, ja ne is klar ...
Wenn jede Person mit hohem Internet-Porno Konsum gleich ein potenzieller Mörder wäre, dann müsste man sich tatsächlich schon sehr große Sorgen machen. (Bei 30% - 40% verursachten traffic durch Pornos im Internet)

Eine äußerst und maximal oberflächlich betrachtete, sowie konsequent einseitige Zusammenfassung und Wertung der "Fakten" an dieser Stelle von dir! Offensichtlich war der erste Prozess für dich frei von jeglicher Beanstandung/Verfehlung und ein absolutes Vorbild in Sachen Verfahrensführung und deutscher Rechtssprechung. Truth-Social lässt grüßen..
Truth CIA hat geschrieben: Sonntag, 16. November 2025, 17:47:03 Leider wird hier nicht kontrovers und objektiv diskutiert, weshalb ich in Zukunft in anderen Foren lesen werde, die der Wahrheitsfindung zuträglicher sind.
Anstatt sich hier einfach konstruktiv einzubringen und explizit eigene Sichtweisen zur Diskussion zu stellen -oder die eigene Kritik mal etwas präziser zu adressieren und zu veranschaulichen-, wird hier deinerseits einfach mal ein absolut plumper random "Rundumschlag" rausposaunt, welcher im übrigem jegliche Art von Objektivität in Gänze vermissen lässt. Wow, ganz großes Kino..

Wenn ich deine Zeilen lese, dann beschleicht mich jedenfalls der leise Verdacht, dass da wohl jemand ein Opfer der selbst auferlegten Social-Media-Algorithmen geworden sein könnte. Sozusagen gefangen in der eigenen Bubble und merkt es gar nicht.. traurig1

PS: würde mich -bezüglich eigener Horizont Erweiterung- übrigens sehr freuen, wenn du hier dann auch nochmal bekannt geben könntest, welches andere Forum es dann letztlich geworden ist. Vielen Dank ;)
Bart

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Bart »

Catch22 hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 02:36:18 Nachtrag: Falls sich Deine Frage auch auf die Vergangenheit bezieht, sind die spektakulären Wiederaufnahmeverfahren im Fall des Bauern Rupp und im Badewannen-Fall zu nennen:

Tut mir leid, falls ich Deine Frage zuerst falsch verstanden haben sollte! Manchmal dauert‘s etwas länger … ;-)
Vielen herzlichen Dank für beide Antworten! Du hattest mich ganz richtig verstanden, die Fälle Rupp und Genditzki sind mir geläufig. Im Sinne des Forums sicher ebenfalls eine sehr hilfreiche Antwort.

Hintergrund meiner Frage ist, dass die Webseite von Frau RA Rick trotz ihres inzwischen erworbenen Starruhms sehr schmal ausfällt. Es ist keine Kanzlei mit mehreren Anwälten wie z.B. bei RA Dr. Georg und vielen anderen, zu denen dann vermutlich auch ein entsprechender Mitarbeiterstamm für Recherchen etc. gehört. Daher wäre meine Hypothese, dass das Portfolio tatsächlich nicht sehr groß ist - wertfrei gesprochen, denn die Qualität ihrer Arbeit ist offensichtlich beeindruckend.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Bart hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 10:36:39 … dass die Webseite von Frau RA Rick … sehr schmal ausfällt. …
Weniger ist manchmal mehr. Angestellte RAe, wissenschaftliche Hilfskräfte und pfiffige Fachangestellte können ein willkommener Multiplikator sein. Sie verursachen aber auch hohe Fixkosten. Je höher die Fixkosten, umso effizienter muss ein Mandat gemanagt werden. Jede Anwaltsstunde muss einen bestimmten Umsatz generieren. So entsteht Zeitdruck.

Ein Student, der sich während der Semesterferien gut und gerne zwei Monate Zeit nehmen kann, um eine sogenannte Hausarbeit (20 Seiten) anzufertigen, wird schwer ins Schwitzen geraten, wenn er im Berufsleben nur noch wenige Stunden dafür zur Verfügung hat – weil das Mandat finanziell einfach nicht mehr hergibt.

Persönlich frei zu sein von einer hohen Kostenlast, schafft Freiheit, sich tiefgreifender und zugleich entspannter mit einem Fall und seinen Problemen zu befassen – auch mal bei einer Radltour mit Picknickkorb. Oder nahezu zehn Jahre einen Fall pro bono zu bearbeiten wie den des Hausmeisters Manfred G. Freilich wäre selbiges auch innerhalb einer großen Anwaltssozietät mit vorzüglicher Infrastruktur denkbar. Jedoch gilt es dort, sich gegen vielerlei Zwänge und Usancen durchzusetzen.

Deshalb kann ich es sehr gut nachvollziehen, wenn eine erfolgreiche RAin bei des Schusters Leisten bleibt und nicht zur Management Queen einer geldigen Law Firm „aufsteigen“ will. Um Mandate muss sie sich nicht sorgen. Die spannendsten werden herausgepickt. Auf die schiere Masse des „Portfolios“ kommt es nicht an. Und das Wichtigste: Niemand redet ihr rein. Eine eher mausgraue Webseite hindert das nicht:

https://www.kanzlei-rick.de/

Bart hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 10:36:39 … die Qualität ihrer Arbeit ist offensichtlich beeindruckend.
Altbewährte Zutaten, nicht mehr ganz en vogue: Intelligenz, Fleiß und Ausdauer. ;-)
Truth CIA

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Truth CIA »

Ich habe das Urteil des ersten Prozesses vollständig gelesen, wirklich von Anfang bis Ende. Deshalb bin ich sehr wohl im Bilde über die einzelnen Indizien, die Argumentationsketten des Gerichts und die Rolle der Sachverständigen. Ich stütze mich also nicht auf Hörensagen, Schlagzeilen oder einzelne herausgepickte Aspekte.
Was den Pornokonsum betrifft:
Allein für sich genommen ist er sicherlich nicht „das“ entscheidende Indiz. Trotzdem fällt er, so wie er im Urteil dokumentiert ist, aus mehreren Gründen auf. Das tägliche Ansehen von Pornos im dreistelligen Bereich liegt objektiv nicht mehr im Bereich des Üblichen. Noch auffälliger ist allerdings der zeitliche Verlauf: eine markante Steigerung unmittelbar vor der Tat – gefolgt von einem abrupten Einbruch auf einen Tiefstwert danach. Das heißt nicht automatisch „Schuld“, aber es ist eben auch nicht völlig irrelevant, zumal es im Urteil nicht isoliert, sondern im Kontext anderer Indizien betrachtet wurde.
Was die Wiederaufnahme betrifft:
Soweit mir bekannt ist, wurde das Verfahren nicht wegen fehlerhafter Gutachten neu aufgerollt, sondern aufgrund eines Formfehlers durch E-Mail-Kontakt bzw. den Anschein der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin. Die Wiederaufnahme war also kein fachlicher Widerruf der bisherigen Beweiswürdigung oder eine inhaltliche Korrektur der forensischen Einschätzungen.
Im Gegenteil:
Der Hydraulikgutachter wie auch der Rechtsmediziner haben im ersten Verfahren ein Unglücksgeschehen weitgehend ausgeschlossen. Diese Sachverständigeneinschätzungen standen damals im Zentrum der Urteilsbegründung und waren keineswegs so umstritten, dass sie eine Wiederaufnahme aus inhaltlichen Gründen ausgelöst hätten.
Kurz gesagt:
Ich habe mir die Mühe gemacht, das Urteil genau zu lesen und bilde meine Meinung nicht aus Bauchgefühl oder einseitigen Informationsquellen. Deshalb kann ich die pauschale Kritik an der damaligen Beweisführung nur begrenzt nachvollziehen.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Im Urteil steht ja nur die Meinung des Gerichts und die haben sich Mühe gegeben, um das schlüssig aussehen zu lassen aber einige hier sind mit der Argumentation nicht einverstanden, was man ja auf den vielen Seiten hier nachlesen kann.

Mein exzessiver Pornokonsum hat auch schon oft abrupt aufgehört, aber niemals mussten danach Sonderkommisionen gegründet werden.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Truth CIA hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 22:50:17 … Soweit mir bekannt ist, wurde das Verfahren nicht wegen fehlerhafter Gutachten neu aufgerollt, sondern aufgrund eines Formfehlers durch E-Mail-Kontakt bzw. den Anschein der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin. Die Wiederaufnahme war also kein fachlicher Widerruf der bisherigen Beweiswürdigung oder eine inhaltliche Korrektur der forensischen Einschätzungen. …
Ein wie im vorliegenden Fall zu unrecht abgelehnter Befangenheitsantrag ist ein sogenannter absoluter Revisionsgrund, der mit einem Schlag das gesamte angefochtene Urteil zu Fall bringt. Die Beweiserhebung, die Beweiswürdigung, die damit festgestellten forensischen Tatsachen und die rechtliche Würdigung sind damit allesamt Schall und Rauch.

Das hat einen guten Grund: Der Gesetzgeber vermutet, dass Voreingenommenheit des Gerichts ein faires Verfahren verunmöglicht haben könnte. Die Hauptverhandlung ist vor einer anderen Kammer komplett neu durchzuführen. Dies zählt zum Kern der Rechtsstaatlichkeit.

Vor diesem Hintergrund lapidar von einem „Formfehler“ zu sprechen, verniedlicht ein elementares Problem des ersten Rechtsgangs. Absurd ist es, daraus schließen zu wollen, das aufgehobene Urteil sei vom BGH inhaltlich gar nicht zu beanstanden gewesen. Anders herum wird ein Schuh daraus: Allein schon die Besorgnis der Befangenheit brachte das Urteil zu Tode. Eine weitergehende Prüfung durch den BGH war entbehrlich. Denn toter als tot konnte das alte Urteil nicht mehr werden.

Nur der Nebenklagevertreter Holderle und die lokale Krawallpresse sahen sich dazu berufen, den Spieß umzudrehen, indem sie einen „Justiz-Hammer“ beim BGH anstatt bei Aßbichlers Jugendkammer verorten wollen. Kein Makel soll an den heimatlichen Gefilden und ihren provinziellen Recken haften bleiben. Nicht wenige fallen darauf herein.

Truth CIA hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 22:50:17 … Der Hydraulikgutachter wie auch der Rechtsmediziner haben im ersten Verfahren ein Unglücksgeschehen weitgehend ausgeschlossen. Diese Sachverständigeneinschätzungen standen damals im Zentrum der Urteilsbegründung und waren keineswegs so umstritten, dass sie eine Wiederaufnahme aus inhaltlichen Gründen ausgelöst hätten. …
Auch die Darlegungen der Rechtsmedizinerin Mützel, des Biomechanikers Adamec und des Hydromechanikers Malcherek unterfallen der Aufhebung des Urteils durch den BGH. Hinfällig sind deshalb nicht nur ihre Einschätzungen, sondern auch die vom damaligen Gericht daraus gezogenen Schlüsse. Zudem stellte die Verteidigung am ersten Sitzungstag einen Befangenheitsantrag gegen diese drei Gutachter, um zu verhindern, dass diese erneut als Sachverständige bestellt werden.

Truth CIA hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 22:50:17 … Ich habe das Urteil des ersten Prozesses vollständig gelesen, wirklich von Anfang bis Ende. Deshalb bin ich sehr wohl im Bilde über die einzelnen Indizien, die Argumentationsketten des Gerichts und die Rolle der Sachverständigen. …
Dann müsste Dir aufgefallen sein, dass es kein einziges unmittelbar tatbezogenes Indiz gibt, das Sebastian mit Hannas Tod in Verbindung bringt. Darin verbirgt sich ein fundamentales Problem, das ich vor längerem am Beispiel der BGH-Entscheidung zum Pistazieneis-Fall erläutert hatte (siehe hier).

Hinzu kommt beispielsweise, dass es keinerlei Spuren (vor allem kein Blut) an irgendeinem Tatort gibt und dass die Rechtsmedizin hinsichtlich der Interpretation von acetylierter Glukose im Urin höchstwahrscheinlich geirrt hat (kein Hinweis auf eine Adrenalinausschüttung, sondern vielmehr auf eine bakterielle Blaseninfektion). Das aufgehobene Urteil wurde in diesem Thread seit Januar 2025 ausführlich diskutiert; ab April ebenso der BGH-Beschluss.

Truth CIA hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 22:50:17 … Was den Pornokonsum betrifft: Allein für sich genommen ist er sicherlich nicht „das“ entscheidende Indiz. … Das heißt nicht automatisch „Schuld“, aber es ist eben auch nicht völlig irrelevant, zumal es im Urteil nicht isoliert, sondern im Kontext anderer Indizien betrachtet wurde. …
Das äußerst randständige Indiz des Pornokonsums wurde von Aßbichlers Kammer zur publikumswirksamen Ausschmückung eines äußerst wackligen Indizien-Konstrukts herangezogen. Dem „Kontext anderer Indizien“ fehlt jedwedes unmittelbar tatbezogene Indiz: ein Turmbau aus Pudding. Darüber kann der härteste Pornokonsum nicht hinwegtäuschen.

Truth CIA hat geschrieben: Montag, 17. November 2025, 22:50:17 … Ich habe mir die Mühe gemacht, das Urteil genau zu lesen und bilde meine Meinung nicht aus Bauchgefühl oder einseitigen Informationsquellen. Deshalb kann ich die pauschale Kritik an der damaligen Beweisführung nur begrenzt nachvollziehen.
Pauschalierungen liegen mir fern. Nicht nur ich war stets um eine sachlich fundierte, ausführliche und mit Fundstellen belegte Darstellung bemüht. Nur ist es lästig, diese Beiträge immer wieder herauszusuchen und im Einzelnen darauf zu verweisen. Für einen neuen Foristen mag es aufwendig sein, sich hier einzulesen. Dennoch möchte ich Dich bitten, dies zu tun. Als kleine Hilfestellung biete ich einige Links an, mit deren Unterstützung Du die wohl relevantesten Beiträge (auch mit Hilfe der leider fehlerbehafteten Suchfunktion) finden solltest.

Meine Beiträge in diesem Thread:
search.php?author=Catch22&ch=300&t=1158&submit=Suche
Meine Beiträge im Bilder-Thread:
search.php?author=Catch22&ch=300&t=1262&submit=Suche

Beiträge von @Fränkin (medizinische Themen):
search.php?author_id=9087&ch=300&t=1158&submit=Suche

Beiträge von @Lento:
search.php?author_id=10955&ch=300&t=1158&submit=Suche

Beiträge von @Kalle:
search.php?author_id=10697&ch=300&t=1158&submit=Suche

Beiträge von @fassbinder (Prozessbeobachter):
search.php?author_id=9840&ch=300&t=1158&submit=Suche

Beiträge von @Haropa (Prozessbeobachterin):
search.php?author_id=9757&ch=300&t=1158&submit=Suche


Zum Status quo

Unumstößlicher Fakt ist, dass das aufgehobene Urteil keinerlei Wirkung mehr entfaltet. Allein entscheidend ist, was die Beweisaufnahme in der neuen Hauptverhandlung des zweiten Rechtsgangs ergibt und wie diese vom Gericht gewürdigt wird.

Die jüngste Zusammenfassung der Sitzungstage 1 bis 10 im neuen Rechtsgang findest Du hier:
viewtopic.php?p=306469#p306469
11. Sitzungstag:
viewtopic.php?p=308962#p308962
12. Sitzungstag:
viewtopic.php?p=309144#p309144

Nach aktuellem Stand ist nicht auszuschließen, dass der Prozess vorzeitig mit einem Freispruch enden wird – weil sich bereits jetzt (auch ohne rechtsmedizinische und hydrologische Gutachten!) deutlich abzeichnet, dass ein Schuldnachweis zulasten Sebastians nicht zu erbringen ist.


Die von mir gestern verlinkten ARD-Dokus über den Fall des Bauern Rupp und den Badewannen-Fall (siehe hier) legen eindrücklich den Finger in die Wunde mangelnder Fehlerkultur. Eine erratische Justiz macht Angst. Dieser Angst entgegenzutreten, indem ein Fehlurteil gesundgebetet werden soll, ist der falsche Weg.
Chip-21

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Chip-21 »

Der Fall ist längst klar und fast schon uninteressant:

Das LG Traunstein bekommt unter Will langsam kalte Füße, bei der gegenwärtigen Beweislage noch hinreichend Belastungsfakten zusammen zu bekommen, welche eine erneute Verurteilung rechtfertigen könnten; daneben geht es auch um "prozeßökonomische Aspekte".

Wäre dem nicht so, würde das Gericht nicht zu einem Juristengespräch gebeten haben.

Es wird interessant sein, ob diese berühmte Staatsanwaltschaft noch in der Lage ist, neue Beweise aus dem Hut zu zaubern und wenn ja, ob hierauf eine Verurteilung gestützt werden könnte, vermtl nicht. Sie dürfte schon alles in den Ringe geworfen haben.

Die Verteidigung RA Rick hat noch genug zur Entlastung des Angeklagten auf der Pfanne, RA Georg begleitet diesen Rechtszug mit Blick auf erneute Verfahrensfehler in Richtung etwaiger Revisionsgründe.

Der Amtsermittlungsgrundsatz führte hier substantielle in die Leere, es ist mit einem Freispruch (1. KLASSE) zu rechnen, auf Geschenke der Justiz wird sich die Verteidigung nach dem "Drama Aßbichler" nicht mehr einlassen.
Dubio

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Dubio »

Natürlich ist Freispruch 1. Klasse speziell für Sebastian im dörflichen Umfeld wichtig und anzustreben. Und natürlich hat auch die Verteidigung ein Interesse an dieser Art von Triumph.

Aber es ist auch eine Kostenfrage. Wenn die Option im Raum steht, den Prozess jetzt mit einem Freispruch (2. Klasse) zu beenden und alternativ noch wochen- oder monatelang mit weiteren Gutachten und Sitzungen den Freispruch 1. Klasse (also die Feststellung des Gerichts, dass es den Angeklagten auf Basis der vorliegenden Fakten für tatsächlich unschuldig hält) anzustreben - wer will, soll und muss das bezahlen?

Ich gehe davon aus, dass bei einem Freispruch die Kosten des Verfahrens von der Staatskasse getragen werden. Das Strafrecht kennt aber die Unterscheidung zwischen erster und zweiter Klasse nicht. Ich glaube daher nicht, dass der Staat verpflichtet wäre, die Kosten dafür zu übernehmen, den Prozess noch fortzuführen, wenn das Gericht bereits einen Freispruch avisieren würde. Wenn die Verteidigung darauf drängt, müssten wahrscheinlich der Angeklagte oder Eltern die Mehrkosten tragen. Ob sie diese Mittel aufbringen können oder wollen, ist meiner Meinung nach eine schwierige Entscheidung.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Ein Freispruch aufgrund erwiesener Unschuld ist für Sebastian von existenzieller Bedeutung. Selbst jetzt, wo sämtliche ehemals vermeintlich belastenden Zeugenaussagen zu Staub zerfallen sind, zerreißt sich das Volk das Maul darüber, dass er doch „der Täter“ sein müsse. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Versagen von Polizei, StA, Gericht und drei lokalen „Star“-Anwälten.

Gleichermaßen unverzichtbar für den Rechtsstaat ist eine Aufarbeitung des Versagens. Dem zu entgehen, dürfte im Interesse der StA liegen: Rücksprachen in der Hierarchie (vom Behördenleiter über den GStA bis ins Ministerium) könnten den Weg für einen möglichst geräuscharmen Antrag auf Freispruch und einen sofortigen Rechtsmittelverzicht ebnen. Keine Revision, Deckel zu, fertig. Mit jeder weiteren Beweiserhebung (EKHKin Diana U., Gutachter) dagegen würde das desaströse Bild noch wüster.

Nach dem Fall des Bauern Rupp wurde immerhin die „Lex Rupp“ geschaffen (§ 136 Abs. 4 StPO). Diese Vorschrift auf Zeugenvernehmungen auszudehnen, wäre dringend geboten. Ebenso eine detaillierte Protokollierung der Hauptverhandlung. Wahrscheinlich wird aus beidem nix.

Sebastian ist zu wünschen, dass die Beweisaufnahme im ursprünglich vorgesehenen Umfang fortgeführt wird: Rechtsmedizin, Hydrologie, Geodäsie usw. Diesbezügliche Privatgutachten wurden von der Verteidigung bereits vorgelegt und auch bezahlt. Ob diese Kosten im Falle eines vorzeitigen Freispruchs (in dubio pro reo) aus der Staatskasse erstattet werden, ist stark zu bezweifeln. Erstattungsfähig sind nur die sogenannten „notwendigen“ Auslagen (§ 467 Abs. 1 StPO). Kausal notwendig für einen Freispruch aus Mangel an Beweisen sind diese Privatgutachten nicht.

Ein Fall, der erst durch staatliches Versagen monströs aufgebläht wurde, darf nicht unter Berufung auf prozessökonomische Aspekte abgewürgt werden, ohne dass der unschuldig Angeklagte und ehedem Verurteilte vollständig rehabilitiert ist. Auch wenn er darauf nach dem Gesetz keinen Rechtsanspruch hat. Art. 2 GG gilt trotzdem.
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

@Catch22
Dieser §136 Abs. 4 ist doch reine Augenwischerei. Dann lässt man einen Verdächtigen eben so lange wie nur irgendwie möglich im Status "Zeuge" und schon kann man es umgehen. Hat ja bei Sebastian wunderbar funktioniert !
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

andi55 hat geschrieben: Mittwoch, 19. November 2025, 00:07:15 … Dann lässt man einen Verdächtigen eben so lange wie nur irgendwie möglich im Status "Zeuge" und schon kann man es umgehen. …
Deshalb sagte ich:
Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 18. November 2025, 23:32:31 … Diese Vorschrift auf Zeugenvernehmungen auszudehnen, wäre dringend geboten. …
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

@Catch22
Ich hab übrigens immer noch den Screenshot von dem Facebook-Kommentar, in welchem ein User anstatt Jugendstrafrecht "die Spritze" für Sebastian gefordert hat ! Das ganze auch noch mit einem Like eines angesehenen Geschäftsmannes aus TS, über den auch gerne mal die lokale Presse berichtet.
Irgendwie gefällt mir die Vorstellung, wenn ein Kamerateam bei den beiden angesehenen Herren vor der Tür steht und sie damit konfrontiert.
Gast5678

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast5678 »

Oh ja, über die sensationslüsterne Lokalbevölkerung mit Hang zu einer mittelalterlichen Lynchjustiz müsste auch einmal berichtet werden. Das ist ein bedeutendes Phänomen bei Strafprozessen und nicht ungefährlich, weil dadurch die öffentliche Meinung in eine unsachliche Richtung beeinflusst werden kann. Dieses Phänomen gehört einmal für sich analysiert. Traunstein bietet jetzt die Grundlage für eine fundierte Analyse.
Stuffz

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Stuffz »

Oiso wos i im Chiemgau af dea Straße vo den Leuten hea is, do gibt's oan Sponsor dea dea Familie vom Wastl etzad de Rick und den Schorsch zoits. Und wea si sowas leisten ko, dea griagt dannad hoit Recht in Bayern. Dass dea Wastl unschuldig is, des glaubt do koa Mensch.
Gast5678

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast5678 »

Warum glaubt denn keiner, dass der Angeklagte unschuldig ist? Die Beweislage scheint das ja derzeit nicht herzugeben. Worauf stützen diese Leute denn ihre Annahme?
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von z3001x »

Stuffz hat geschrieben: Mittwoch, 19. November 2025, 17:27:34Oiso wos i im Chiemgau af dea Straße vo den Leuten hea is, .... Dass dea Wastl unschuldig is, des glaubt do koa Mensch.
Kindermund tut Wahrheit kund. Aber hier handelt es sich um Dorftratsch. Was häufig eine Unterdisziplin des Rufmords ist. Schuldig ist, wer eh schlecht angesehen ist (weil z.B. arm) und daher unten steht in der Gamsbockhierarchie.
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von fassbinder »

Gast5678 hat geschrieben: Mittwoch, 19. November 2025, 20:34:06 Warum glaubt denn keiner, dass der Angeklagte unschuldig ist? Die Beweislage scheint das ja derzeit nicht herzugeben. Worauf stützen diese Leute denn ihre Annahme?
Das Einzige was die stützen, ist der Kopf oder den Ellenbogen auf den Stammtisch.

Wenn es gut läuft, sind es noch Argumente wie „Wenn I es ned war, dann sog i a, dass i es ned war.“

Ist aber natürlich auch zum Glück so nicht der Fall, es gibt genug Leute im Chiemgau, die nicht so denken.

Die ersten Verhandlungstage waren die noch stärker vertreten, dann ist wohl das Durchhaltevermögen ausgegangen.
fassbinder
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von fassbinder »

]
z3001x hat geschrieben: Mittwoch, 19. November 2025, 20:50:03 Kindermund tut Wahrheit kund. Aber hier handelt es sich um Dorftratsch. Was häufig eine Unterdisziplin des Rufmords ist. Schuldig ist, wer eh schlecht angesehen ist (weil z.B. arm) und daher unten steht in der Gamsbockhierarchie.
Wird sich wohl leider auch nie ändern.

https://youtu.be/JjEX5TyOkWM?si=jwhsoPUSDtmYE75O
Gast5678

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast5678 »

Wie gesagt: Wenn er freigesprochen wird, wäre es lohnenswert, auch die Medienberichterstattung und das Getratsche (wissenschaftlich) aufzuarbeiten. Das wäre wirklich wichtig.
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

@Stuffz
Wundert mich nun nicht wirklich. Im Chiemgau glaubt man anscheinend auch, dass, wenn auf dem Trachtenfest der Gmeinwieser Bene mit dem Hinterhofer Bertl zamsitzt, dass der eine zum anderen sagt: " Mei, host den Ausschnitt von der Walli ihrerm Dirndl gseng ? AN DER HABE ICH SEXUELLES INTERESSE !" Das klingt für einige Chiemgaubewohner , allen voran dem Herrn Holderle, absolut schlüssig ! So drückt man sich halt aus im tiefsten Bayern. Kultiviert, sachlich. Absolut glaubwürdig !
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