TODESFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Arian Arnold, Jenny Böken, Kirsten Heisig, Unbek. Junge (Oelsa/Osterzgebirge), Isabelle Kellenberger, Malina Klaar, Yolanda Klug, Elisa Lam, Paula Maaßen, Christian Morgenstern, Theresa Stahl, Georgeta Tapu
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Ich habe eine Frage zum anstehenden Verfahren:

Nachdem die neue Kammer des LG das Verfahren übernommen hat, hat sie zeitnah das Gutachten über AM in Auftrag gegeben. Darüber würde in der Presse berichtet.
Darüber hinaus ist es nicht unüblich, dass von der Kammer auch in Richtung der Ermittlungsbehörden Nachermittlungen gefordert werden. Im vorliegenden Fall wäre ja besonders von Interesse, wie die Handy-Bewegungsprofile des Freundeskreises von ST ausgesehen haben. Richterin Aßbichler wollte das im ersten Verfahren nicht weiterverfolgt sehen. Bezüglich angebliches Täterwissen rund um das angebliche Tischtennisspiel am Chiemsee wären diese Informationen aber sehr wichtig.
Würde man von derartigen Nachermittlungen erst in der Verhandlung hören, oder gibt es hierzu üblicherweise vorher Informationen?
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

… Sie [RAin Rick] will, dass sich das Gericht von ihrer Unfalltheorie überzeugen lässt. …

Rosenheim24 am 15.09.2025
viewtopic.php?p=304278#p304278
Gast hat geschrieben: Montag, 15. September 2025, 14:42:35 … Das funktionierte vllt beim Badewannenmord in einem Gbäude aber nicht im öffentlichen Raum wo genug Dritte beteiligt gewesen sein könnten. …
Im Badewannen-Fall wollte sich zunächst auch niemand von einem Unfallgeschehen überzeugen lassen. Mit Penetranz hatte man sich in eine krude Mordtheorie verbissen.

Nebenbei: Den entscheidenden Beweis lieferte ein Gutachten zur Todeszeit – ein Zeitraum, für den der Hausmeister ein Alibi hat. Die Computersimulation beweist lediglich, dass ein Sturz plausibel ist. Einen Beweis für einen Unfall gibt es nicht. Wenig zu tun hat dies damit, ob das Geschehen in einem Gebäude oder an der frischen Luft angesiedelt ist.

Im Fall Hanna gibt es neue Gutachten der Verteidigung (Rechtsmedizin, Hydromechanik, IT), Stellungnahmen der früheren Gutachter dazu und ganz sicher Nachermittlungen wie beispielsweise eine Untersuchung der Gewebeproben aus den Kopfverletzungen auf Farbpartikel (betreffend die grün lackierten Muttern am Schütz der Oberprienmühle), eine Neubeurteilung der acetylierten Glucose im Urin und der auffällig geringen Mengen an Restharn und Mageninhalt. Außerdem sollen Gewebeproben auf eine postmortale Entstehung der Verletzungen hinweisen. Frappierend ist allein schon die augenscheinliche Übereinstimmung der Kopfwunden mit den Muttern am Schütz des Kraftwerks (siehe hier). Zudem soll sich beweisen lassen, dass der Notfallkontakt auf Hannas Handy als Ghostcall im Wasser ohne menschliches Zutun aktiviert worden sein konnte. Und aufgrund einer Neuauswertung der Handy-Daten sei davon auszugehen, dass Hanna gezielt ans Ufer des Bärbachs getreten sei.

Im Gegensatz zu alledem existiert weder von einer Tat noch von einem Täter auch nur die geringste Spur!

Warten wir doch ab, was die Sachverständigen im Sitzungssaal zu Tage fördern werden. Detaillierte Vorabinformationen von Prozessbeteiligten sind wegen § 353d Nr. 3 StGB nicht zu erwarten.

Gast hat geschrieben: Montag, 15. September 2025, 14:42:35 … Falls V und L … bei ihren belastenen Erstaussagen … blieben, hätte das Gericht … keine andere Wahl zum Schuldspruch …
Verenas Aussage zu vermeintlichem Täterwissen bei einem Spaziergang am 03.10.2022 ist längst widerlegt. (Das Gespräch hatte am Folgetag stattgefunden, als das Wissen kein Täterwissen mehr war, sondern Dorfklatsch.)

Hinsichtlich der Aussagen von Lea, Verena und Raffi zur Datierung und zum Ort des Tischtennisspiels sind Nachermittlungen geboten aufgrund der Widersprüche. Ob eine Auswertung der Handys der Zeugen so lange nach dem Ereignis noch zum Erfolg führen wird, wird sich zeigen. Allein die eklatanten Widersprüche in den Aussagen (allen voran Übersee versus Bernau-Felden!) dürften einer revisionsfesten Beweiswürdigung zulasten Sebastians im Wege stehen.

Aller Voraussicht nach zerbröselt das Täterwissen beim Tischtennis ebenso wie bereits zuvor das beim Spaziergang mit Verena und die Aussage des JVA-Zeugen. Aus die Maus.


Gast hat geschrieben: Montag, 15. September 2025, 16:54:58 … Würde man von derartigen Nachermittlungen erst in der Verhandlung hören, oder gibt es hierzu üblicherweise vorher Informationen?
Das ist unterschiedlich. Die Informationspolitik des LG Traunstein wirkt sehr restriktiv. Über die Beauftragung des Glaubwürdigkeitsgutachtens hatte das Gericht durch die Pressesprecherin Handlanger ausgewählte Medien informiert (PNP, siehe hier). Über vom Gericht angeordnete Nachermittlungen hingegen ist bislang nichts bekannt geworden. (Vorabveröffentlichungen durch Prozessbeteiligte verbietet § 353d Nr. 3 StGB.)

Gleichwohl liegt es im ureigenen Interesse der Kammer, gut vorbereitet in die Hauptverhandlung zu starten, um nicht durch (in Wirklichkeit wenig) überraschende Beweisanträge in ihrer Terminplanung aus der Kurve gefegt zu werden – so wie sich die Aßbichlersche Kammer zur Einholung eines dann überhastet erstellten hydromechanischen Gutachtens zwingen lassen musste, das vernünftigerweise schon vor Anklageerhebung durch die StA hätte eingeholt werden müssen.

Wie bereits hier dargelegt, gehe ich davon aus, dass umfassende Nachermittlungen längst im Gange bzw. sogar schon abgeschlossen sind. Spätestens in der Hauptverhandlung werden wir's erfahren.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Von RAin Rick vermuteter Unfallort

Ergänzend zu den bereits geposteten Bildern gibt es auf Google Street View eine neue Panorama-Ansicht rund um die südliche Zufahrt zum Seilbahnparkplatz:

https://maps.app.goo.gl/Ybi5QC1aM54LLHX66
https://www.google.com/maps/@47.7635907 ... waKIZ!2e10

Hier die bisher bekannten Bilder:
Spoiler – hier klicken!
Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 15. April 2025, 20:22:01 Von RAin Rick vermuteter Unfallort

Bild
Kampenwandstraße, südliche Zufahrt zum Seilbahnparkplatz („An der Bergbahn“, siehe Google Maps), rechts im Bild hinter dem Gehweg und dem Grünstreifen der Bärbach

Quelle: @Fränkin
viewtopic.php?p=293007#p293007


Bild
Zufahrt zum Seilbahnparkplatz, mittig rechts im Bild der Bärbach

Screenshot aus:
https://www.google.com/maps/@47.7638586 ... FQAw%3D%3D

Quelle: @Gast
viewtopic.php?p=293052#p293052


Im Bereich der Zufahrt zur Seilbahn endete die Geruchsspur Hannas, der der Polizei-Mantrailer Alf ab dem Eiskeller folgte. Diese Spur aber ist nicht gerichtlich verwertbar wegen Missachtung der Standards. Siehe hier:
viewtopic.php?p=292969#p292969
Lento
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Catch22 hat geschrieben: Montag, 15. September 2025, 21:27:05 Nebenbei: Den entscheidenden Beweis lieferte ein Gutachten zur Todeszeit – ein Zeitraum, für den der Hausmeister ein Alibi hat. Die Computersimulation beweist lediglich, dass ein Sturz plausibel ist. Einen Beweis für einen Unfall gibt es nicht. Wenig zu tun hat dies damit, ob das Geschehen in einem Gebäude oder an der frischen Luft angesiedelt ist.
Auch die Bestimmung von Todeszeiten haben einen Unsicherheitsfaktor.

Man kann einen Unfall nur aus dem Zusammenhang insgesamt beweisen. Im Fall des Badewannenunfalls gab es DNA-Spuren an den Armaturen. Auch wenn diese in den Verfahren für die wirkliche Bewertung nicht herangezogen wurden, weil sie von einem anderen Zeitpunkt stammen konnten, zeigen diese jedoch, dass das Opfer diese Stellung von der die Simulation ausgegangen war, mindestens einmal eingenommen hat. Wenn diese Stellung bei einer plötzlichen Schwäche sehr wahrscheinlich zu dieser Lage führt, bedeutet das deutlich mehr als nur eine Plausibilität.

Die früheren Urteile hätten nur einen Stand an der linken Seite für realitätsnah erachtet. Warum wurde dort nie begründet (ich denke es waren in Wirklichkeit die DNA-Spuren an den Armaturen und Griff der Badewannen, das hätte dann jedoch zu einem Widerspruch geführt, weil die Gerichte diese nicht als entlastendes Zeichen sehen wollten). Auch rechts wäre in Wirklichkeit plausibel gewesen, wenn sie an das dort hängende Handtuch heran wollte.

Wenn das so feststeht, dann muss man sich anschließend fragen, wie realitätsnah es wäre, wenn ein Täter das Opfer ausgerechnet genau in diese Position gelegt hätte. Hier sähen die wahrscheinlichen Positionen höchstwahrscheinlich vollkommen anders aus.

Hier ist es dann das komplette Bild, auch die frühzeitige Entlassung aus dem Krankenhaus, mit denen man den Unfall als bewiesen ansehen konnte. Einen (fast) absoluten Beweis gibt es grundsätzlich dafür nicht.

Es gibt auch so gut wie nie einen (fast) absoluten Beweis, dass eine bestimmte Person der Täter ist. Man ist immer auf das Bild insgesamt angewiesen.

Im Badewannenunfall ist aus meiner Sicht der Beweis für ein Unfall schon leichter zu führen, weil er in einem geschlossenen Raum stattfand. Aber dass das in dem vorliegenden Fall nicht möglich sei, bezweifle ich. Denn es gibt schon recht viele Einzelindizien (Ort, Alkoholkonsum, Dunkelheit, Lücken im Zaun etc.), die einen Unfall wahrscheinlich machen. Ob das dann aber zu einer "Überzeugung" führt, das können wir aktuell noch nicht wissen.

Sprich wenn man einen Mord beweisen kann, warum soll man nicht auch einen Unfall beweisen können, wenn es genug Einzelindizien dafür gibt?
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Spiegel: Gespräch mit Max Steller
Ich habe nach wie vor Hochachtung vor der Justiz, habe sehr viele kluge Menschen kennengelernt. Aber deswegen kann man ja nicht verschweigen, dass es dort auch Dösbaddel gibt.
Ein spannendes und aufschlussreiches Interview mit dem 81-jährigen Rechtspsychologen und Glaubhaftigkeits-Gutachter Steller führte „Der Spiegel" (39/2025). Nicht explizit erwähnt wird der Fall Hanna, wenngleich die Aussage des JVA-Zeugen Adrian M. unausgesprochen im Raum schwebt.

Der vollständige Artikel:
https://archive.ph/20250918122602/https ... bfec5920d2

Eine gekürzte Fassung:

Spoiler – hier klicken!
Rechtspsychologe Steller über Falschaussagen
„Ich traue Menschen Böses zu“

Bild
Foto: Lisa Wassmann / Der Spiegel

Ein Spiegel-Gespräch von Christopher Piltz und Wiebke Ramm



Spiegel: Herr Steller, Sie begegnen als Gutachter in Gerichtsverfahren Menschen, die sich als Opfer einer Vergewaltigung sehen, manche von ihnen sind Kinder – und Ihre Aufgabe ist es, zu prüfen, ob sie lügen. Das klingt wenig sympathisch.

Steller: Ich würde es umformulieren wollen: Ich prüfe, ob sie die Wahrheit sagen. Ob sie über etwas sprechen, das sie wirklich erlebt haben. Ich bewerte dabei nicht den Charakter eines Menschen, sondern den Inhalt seiner Aussage. Und da finde ich hin und wieder Signale, die mir zeigen: So kann es nicht gewesen sein.

Spiegel: Die „Frankfurter Allgemeine“ nannte Sie vor Jahren den „berühmtesten menschlichen Lügendetektor Deutschlands“.

Steller: Das ist eine schöne Beschreibung, sie erweckt aber einen falschen Eindruck meiner Arbeit. Wenn ich von einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft beauftragt werde, stehen schwerste Vorwürfe im Raum. Meist geht es um Verbrechen, die zu den übelsten zählen, die man sich vorstellen kann: Missbrauch von Kindern, Vergewaltigungen. Aber unser Recht kennt auch für die widerlichsten Anklagen die Unschuldsvermutung. Oft gibt es in solchen Fällen nur zwei Aussagen, die des mutmaßlichen Opfers und die des mutmaßlichen Täters. Andere Beweise fehlen. Um dieses Patt zu überwinden, brauchen Sie Hinweise auf die Wahrheit. Die suche ich.

Spiegel: Sie sind also ein Wahrheitsdetektor.

Steller: Das trifft es eher.

Spiegel: Verhalten sich Lügner anders?

Steller: Sie meinen, ob ich einem Lügner ansehe, dass er lügt?

Spiegel: Schwitzen, Zittern, Erröten, es gibt viele Klischees.

Steller: Und keines davon ist wissenschaftlich bewiesen. Schon bei kurzem Nachdenken weiß eigentlich jeder: Menschlicher Ausdruck ist mehrdeutig. Werde ich rot, weil ich mich schäme, weil ich lüge oder weil mir warm ist? Vielleicht habe ich einfach Angst? Manchen Menschen fällt es generell schwer, Blickkontakt zu halten. Andere sitzen mir souverän gegenüber und lügen trotzdem.

Spiegel: Wie erkennen Sie dann, ob jemand die Wahrheit sagt?

Steller: Eine ausgedachte Geschichte unterscheidet sich von der Schilderung eines echten Erlebnisses. Die Wahrheit folgt ihrer eigenen Logik. Eine erfundene Geschichte wird meist chronologisch erzählt, nicht chaotisch. Wer lügt, dem fällt es schwer, in der Erzählung zu springen. Wer etwas wirklich erlebt hat, erinnert sich, was er in dem Moment gefühlt hat, welche Details ihm aufgefallen sind, und seien sie noch so nebensächlich. Wenn jemand Zweifel an seinen Erinnerungen äußert, vielleicht Lücken einräumt, kann das für eine glaubhafte Aussage sprechen. Auf solche Aspekte achte ich. Wir nennen sie Realkennzeichen. Man könnte auch sagen: Wahrheitssignale.

Bild
Steller (l.) im Gespräch mit Redakteur Christopher Piltz und Mitarbeiterin Wiebke Ramm im Berliner Spiegel-Büro: „In der Mehrzahl der Fälle habe ich dazu beigetragen, dass einem Opfer geglaubt wurde“ – Foto: Lisa Wassmann / Der Spiegel

Spiegel: Aber kann ein gewiefter Lügner so etwas nicht trainieren?

Steller: Natürlich ist das denkbar. In der Forschung wurden Studierenden Kenntnisse über Realkennzeichen vermittelt. Sie übten dann, falsche Geschichten zu erzählen. So sprachen etwa Frauen ohne Geburtserfahrung über das Erleben einer Geburt. Die Aussagen von Trainierten waren besser als die von Untrainierten. Aber einige Wahrheitssignale kamen in den fiktiven Geschichten niemals vor. Ihre Simulation gelang offenbar auch nicht nach Training.

Spiegel: Haben Sie das Gefühl, Sie machen mit Ihrer Arbeit die Welt gerechter?

Steller: Ich glaube, ich habe in nicht wenigen Gerichtsverfahren dazu beigetragen, dass das richtige Urteil gefällt wurde. In der Mehrzahl der Fälle habe ich dazu beigetragen, dass einem Opfer geglaubt wurde. Etwa einer 16-Jährigen, die einen Betreuer des sexuellen Missbrauchs beschuldigte. Es war mein erstes Gutachten, das war 1970. Zusammen mit meinem damaligen Professor konnten wir nachweisen, dass sich das Mädchen das nicht ausgedacht haben konnte. Der Täter wurde verurteilt.

Spiegel: Gab es Zeugen, denen es gelungen ist, Sie zu täuschen?

Steller: Ein Fall wird mir bis heute vorgehalten. Es ging um einen Mord, der in den Achtzigerjahren passiert ist. Ein vierjähriger Junge wurde tot aufgefunden, der Fall blieb unaufgeklärt. 26 Jahre später begutachtete ich eine Frau, die behauptete, den Mord als Mädchen beobachtet zu haben. Sie sagte, ihre Tante sei die Täterin.

Spiegel: Und Sie glaubten ihr?

Steller: Die Frau hatte eine sehr detailreiche und anschauliche Aussage gemacht. In einem vorläufigen Gutachten beschrieb ich zwar auch Bedenken, kam aber letztlich zu dem Schluss, dass sie wahrscheinlich erlebt hatte, was sie erzählte. Ich hatte dabei jedoch ein gravierendes Problem nicht erkannt, vielleicht nicht erkennen können.

Spiegel: Welches?

Steller: Die Frau hatte gesagt, ihre Tante sei damals mit dem Jungen auf einem Fahrrad weggefahren. Sie habe die beiden auf ihrem Kinderrad verfolgt und dabei eine Abkürzung durch ein Einkaufszentrum genommen. Die Frau sprach von Glastüren, die sich automatisch öffneten, und einem Mann, der mit ihr schimpfte. Eine sehr detailreiche Aussage also. An einem Verhandlungstag kam der Vorsitzende Richter mit alten Zeitungen in den Gerichtssaal. Er hatte Ortskenntnisse und arbeitete offenbar sehr gründlich. Er zeigte Berichte über die Grundsteinlegung für das Zentrum; sie waren zwei Jahre nach der Tat erschienen. Das änderte natürlich alles.

Spiegel: Warum hat Ihnen die Frau eine falsche Geschichte erzählt?

Steller: Für sie fühlte sich ihre falsche Erinnerung sehr wahrscheinlich an wie eine echte. Die Frau war in ihrem Leben oft gescheitert, saß mehrfach im Gefängnis, wiederholt in der Psychiatrie. Eine Diagnose lautete: Borderline-Störung. Mit dem vermeintlichen Beobachten des Mordes in ihrer Kindheit schien sie eine Ursache für all die Misere in ihrem Leben gefunden zu haben. Im Prozess ging ich in meinem endgültigen Gutachten von sogenannten Scheinerinnerungen aus und nicht davon, dass die Zeugin bewusst gelogen hatte.

Spiegel: Sie haben bei Ihrer Arbeit nicht nur mutmaßliche Opfer begutachtet, sondern auch Täter. Etwa den Serienmörder Niels Högel.

Steller: Als ich ihn traf, saß er schon in Haft. Zweimal habe ich dort mit ihm gesprochen.

Spiegel: Högel hat als Krankenpfleger mindestens 87 Patienten ermordet. Erst in einer Klinik in Oldenburg, dann in Delmenhorst. Auf was für einen Menschen trafen Sie?

Steller: Högel war intelligent, freundlich, Typ Schwiegermutterliebling. Er wollte gefallen, verhielt sich fast anbiedernd. Und er war ein talentierter Lügner.

Spiegel: Was hat er Ihnen berichtet?

Steller: Er hatte lange abgestritten, bereits in der Klinik in Oldenburg gemordet zu haben. Erst als die Beweislage erdrückend war, änderte er seine Aussage. Nun behauptete er aber, die Oldenburger Morde total vergessen zu haben. Ich dachte mir, sagte das aber natürlich nicht: Der mordete ununterbrochen über viele Jahre und will die Anfänge nicht mehr erinnern? Wir sprachen ausführlich über diese Thematik. Sechs Wochen später besuchte ich ihn wieder. Da sagte er mir zur Begrüßung, er habe noch einmal nachgedacht. Ganz vergessen habe er die Taten natürlich nie, er habe die Erinnerung nur nicht an sich herangelassen. Mit anderen Worten: Er wusste die ganze Zeit, was er getan hat, belog aber Polizei und Gericht. Nun trug er mir eine neue Erklärung für sein Verschweigen vor. Er hatte sicher meine Zweifel an der ersten Version gespürt, aber eine Lüge wirklich offen einzugestehen, war für ihn wohl nicht möglich.

Spiegel: Högel war 23 Jahre alt, als er mit dem Morden anfing, erst fünf Jahre später wurde er verhaftet.

Steller: Ihm war es wichtig, auf dem Podest zu stehen, er hatte ein unbändiges Geltungsbedürfnis. Ein Narzisst. Högel hatte zahlreichen Patienten Medikamente gespritzt, die zu einem Herzstillstand führten. Er wollte derjenige sein, der sie wiederbelebt. Seine Kollegen sollten ihn anhimmeln. Ob das eine Art Sucht war, kann keiner beantworten. Wer kann solche Menschen erklären?

Spiegel: Glauben Sie an das Böse im Menschen?

Steller: Ich traue Menschen Böses zu. Beispielhaft ausgedrückt: Wenn Sie Herrn Högel in einer fremden Stadt nach dem Weg fragen würden, weist er Sie bewusst in die falsche Richtung. Weil es ihm Freude macht. Davon bin ich überzeugt.

Spiegel: Womit könnten Sie eher leben: Wenn jemand unschuldig in Haft sitzt oder schuldig ist, aber frei herumläuft?

Steller: Einen Unschuldigen einzusperren, widerspricht den Grundsätzen unseres Rechtsstaates. Wenn ich weiß, dass jemand zu Unrecht in einer Zelle sitzt, weil ein Gericht falschliegt, bereitet mir das schlaflose Nächte. Manche Fälle belasteten mich so sehr, dass ich überlegte, an die Presse zu gehen. Ich war mir aber auch bewusst, dass ich danach nie wieder einen Gutachtenauftrag erhalten hätte. Und dann hätte ich keinem Menschen, ob Opfer oder Unschuldiger, mehr helfen können.

Spiegel: Von Ihren Gutachten hängt viel ab. Wie gehen Sie mit dieser Verantwortung um?

Steller: Mich nervt diese Frage. Ich habe sie zu oft von Freunden gehört, Psychotherapeuten oder Erziehern. Es klingt dann so, als würde allein mein Handeln entscheiden, wie ein Leben verläuft. Aber auch und gerade Lehrer, Erzieher, Therapeuten und andere nehmen Einfluss auf Lebensläufe, ihr Wirken ist ähnlich gewichtig wie meines. Diese Berufsgruppen haben also auch große Verantwortung, Folgen von Fehlern werden bei ihnen nur nicht so unmittelbar evident wie in Strafverfahren.

Spiegel: Manche bezeichnen Gutachter als die heimlichen Richter im Strafverfahren. Sind sie das?

Steller: Als Sachverständige sind wir Gehilfen des Gerichts, aber wir fällen keine Urteile. … Richter sind verpflichtet, meine Gutachten auf Stringenz zu prüfen.

Spiegel: Ihnen sitzen bei der Begutachtung oft Menschen gegenüber, die offensichtlich leiden. Wie gelingt es Ihnen, sich den Emotionen zu entziehen?

Steller: Eine Begutachtung ist für mich wie das Lösen eines Rätsels. Das soll bitte nicht zynisch klingen: Ich höre nicht so sehr auf das Schlimme, sondern achte mehr darauf, was zwischen den Zeilen transportiert wird. Aber natürlich geht mir das an die Nieren, wenn mir eine junge Frau weinend gegenübersitzt und fürchterliche Sachen erzählt.

Spiegel: Kommen Ihnen da auch die Tränen?

Steller: Ich bin eigentlich ein Mitweiner. Das passiert mir im Kino oder vor dem Fernseher. Aber nie bei einer Begutachtung. Da bemühe ich mich, den Probanden wohlwollend neutral zu begegnen.

Spiegel: Sie haben 1965 in Kiel begonnen, Psychologie zu studieren. War das damals für einen jungen Mann nicht ungewöhnlich?

Steller: Mein Vater war über diese Entscheidung entsetzt. Er konnte mit Psychologie nichts anfangen, sah keine Berufschancen für mich.

Spiegel: Wie fing das an mit Ihnen und der Aussagepsychologie?

Steller: Ich hatte nach dem Studium eine Stelle an der Universität Kiel gefunden, in einer Abteilung für Erziehungswissenschaften. Schulforschung war aber so gar nicht mein Ding. Dann fragte mich mein früherer Professor, ob ich an sein Institut zurückkehren und nebenbei Gutachten erstellen möchte. Damals gab es in diesem Bereich nur wenige Experten in Deutschland. Er war einer von ihnen. Das war ein großes Glück für mich.

Spiegel: Jahre später gingen Sie nach Berlin und hatten von 1988 bis zu Ihrer Pensionierung 2009 die einzige Professur für Rechtspsychologie in Deutschland inne. Sie haben das Fach geprägt.

Steller: Die Lehre, die Forschung, die Begutachtung – ich habe das immer mit Begeisterung gemacht. Es war eine wunderbare Zeit. Noch heute habe ich das Glück, quasi meinem Hobby als Beruf nachgehen zu können. Dass die Aussagepsychologie den Stellenwert hat, den sie heute hat, lag aber vor allem an einem Verfahren, den Wormser Prozessen.

Spiegel: Damals waren 25 Frauen und Männer aus der Gegend um Worms angeklagt, mindestens 16 Kinder missbraucht zu haben. Weil es so umfangreich war, gab es drei Prozesse, die von 1994 bis 1997 am Landgericht Mainz verhandelt wurden. Sie waren Gutachter in einem der Verfahren. Wie haben Sie die Prozesse damals erlebt?

Steller: Das Ganze fing mit zwei Scheidungskonflikten an. Eltern kämpften um ihre Kinder. Einige Kinder schliefen deshalb schlecht, wachten manchmal schreiend auf. Eine Sozialpädagogin und ein Kinderarzt sahen darin Reaktionen auf Missbrauch. Dabei hatte keines der sehr jungen Kinder von sich aus eine Andeutung in diese Richtung gemacht, entsprechende Fragen sogar wiederholt verneint. Ihre belastenden Aussagen entstanden erst nach wochen- und monatelangem Befragen. In der Anklage war dann von einem sadistischen Porno-Ring die Rede. Während des Ermittlungsverfahrens hatten drei psychologische Gutachter die späten Aussagen der Kinder als glaubhaft eingestuft.

Spiegel: Sie sahen das anders.

Steller: Ein Beispiel: Wir hörten uns in der Verhandlung Aufklärungskassetten an, die die Sozialpädagogin den Kindern vorgespielt hatte. Audiokassetten über den Wettlauf von Spermien, untermalt mit Musik von Beethoven. Und beim Crescendo traf das Spermium auf die Eizelle. Wenn sich eine Fünfjährige dann abrupt der Sozialpädagogin zuwandte, meinte sie, Bescheid zu wissen: Das Kind wurde missbraucht. Geht es noch absurder? Eine Großmutter, die mitangeklagt war, hatte es damals auf den Punkt gebracht: Die Kinder sind dummgebabbelt worden. Die Gehirnwäsche hat bei ihnen zu Scheinerinnerungen geführt.

Spiegel: Für Ihre kritische Haltung wurden Sie heftig angefeindet und als „Täterschützer“ beschimpft.

Steller: Solch eine Aggressivität hatte ich noch nie erlebt. Ich weiß, dass man mich sogar beobachten ließ. Unser Institut in Berlin befand sich in einer alten Villa. Viele Tage stand dasselbe Auto vor der Tür. Darin saß jemand, der sich primitiv hinter einer Zeitung zu verstecken versuchte. Die wollten etwas finden, um mich zu diskreditieren und aus dem Prozess zu kicken.

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Experte Steller beim Spiegel-Gespräch: „Ich habe nach wie vor Hochachtung vor der Justiz“ – Foto: Lisa Wassmann / Der Spiegel

Spiegel: Am Ende sprach das Landgericht alle Angeklagten frei. Wenige Jahre später fällte der Bundesgerichtshof (BGH) ein wichtiges Urteil: 1999 legte er fest, welche Mindeststandards fortan für Gutachten zur Glaubhaftigkeit gelten sollten. Dabei berief er sich maßgeblich auf Ihre Expertise. Welche Wirkung hatte dieses Urteil?

Steller: Auch heute gibt es noch Therapeuten oder Sozialpädagogen, die denken, anhand des Verhaltens eines Menschen aufdecken zu können, dass jemand missbraucht worden ist. Sie suchen nach Symptomen, die es nicht gibt. Aber viele Beratungsstellen arbeiten seit dem Urteil professioneller, weniger ideologisch.

Spiegel: Erst kürzlich machte ein Fall aus Braunschweig Schlagzeilen: Eine junge Frau beschuldigte ihre Mutter und ihren Stiefvater, sie über Jahre als Sexsklavin missbraucht und verkauft zu haben. Die Eltern wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Bis klar wurde: Nichts davon stimmte. Die Eltern saßen 684 Tage unschuldig im Gefängnis. Wie kann es heute immer noch zu solchen Fehlurteilen kommen?

Steller: Vor „Unfällen“ dieser Art sind wir nie gefeit, fürchte ich. Auch wenn wir uns fachlich noch so gut aufstellen. Ich habe nach wie vor Hochachtung vor der Justiz, habe sehr viele kluge Menschen kennengelernt. Aber deswegen kann man ja nicht verschweigen, dass es dort auch Dösbaddel gibt.

Spiegel: Ist der Braunschweiger Fall nicht extremer?

Steller: Ich war nicht beteiligt, habe aber Berichte über ihn verfolgt. Tatsächlich haben hier anfangs fast alle versagt. Die Polizei nicht, aber ein Gutachter, eine übereifrige Staatsanwaltschaft und das erste Gericht. Aussagepsychologen müssen weiter aufklären über die Tücken von Suggestion und Scheinerinnerungen sowie über die Bedeutung der genauen Prüfung von Aussagen. Je länger so einschneidende Rechtsmomente wie die Wormser Prozesse und das BGH-Urteil zurückliegen, desto größer ist die Gefahr, dass ähnliche Fehler wieder gemacht werden.

Spiegel: In den vergangenen Jahren hat sich der Umgang mit sexueller Gewalt geändert, es gibt die #MeToo-Bewegung. Manche Aktivisten und Aktivistinnen fordern, einer Frau immer zu glauben, wenn sie angibt, vergewaltigt worden zu sein.

Steller: Das verstößt gegen Grundsätze unseres Rechtssystems, und es widerspricht rationalem Denken. Rechtlich und ethisch für mich undenkbar. Eine falsche Anschuldigung kann Leben zerstören. Jeder Vorwurf muss geprüft werden.

Spiegel: Sie sagten einmal, solchen Anschuldigungen müsse mit der gleichen Skepsis begegnet werden wie Vorwürfen, bei denen es um Autodiebstahl geht.

Steller: Mir wurden zweimal kurz nacheinander gute Rennräder gestohlen. Und beide Male hatte ich beim Anzeigen das Gefühl, die Polizisten seien skeptisch, vermuteten Versicherungsbetrug. Ich fand das damals nicht fair. Aber natürlich war es richtig, meine Angaben zu hinterfragen und so etwas mitzudenken. Warum sollte das im Bereich von Sexualdelikten anders sein?

Spiegel: Kann es einen Übereifer beim Aufdecken von Sexualdelikten geben?

Steller: Ja, und das wird auch öffentlich zugegeben. In vermeintlich wissenschaftlichen Publikationen finden Sie das zynische Argument, dass man früher den sexuellen Missbrauch häufig übersehen habe, weswegen man heute eben in Kauf nehmen müsse, dass er auch mal fälschlich angenommen wird. Da sträuben sich mir alle Haare. Man kann altes Unrecht nicht mit neuem ausgleichen.

Spiegel: Können Menschen, die missbraucht worden sind, das vergessen?

Steller: Das hängt vom Alter ab. Ab der Schulzeit bleibt zumindest ein Schimmer von Erinnerung. Die Details sind vielleicht weg, aber der Täter bleibt im Gedächtnis. Massiver, penetrativer Missbrauch im Schulalter wird in der Regel nicht vergessen. Sollten die Kinder aber erst ein oder zwei Jahre alt gewesen sein, gehen wir von einem vollständigen Vergessen aus. Da gibt es auch keine Erinnerung, die sie dann wieder hochholen könnten.

Spiegel: Einer aktuellen Studie zufolge glaubt aber eine erhebliche Anzahl von Psychotherapeuten in Deutschland, es sei ihre Aufgabe, verdrängte Traumata wieder hochzuholen.

Steller: Dahinter steckt die fatale Vorstellung, dass besonders schlimme Erlebnisse verdrängt oder unvollständig abgespeichert werden. Doch das ist einfach falsch. Extrem belastende Momente prägen sich einem Menschen in der Regel besonders gut ein. Die Betroffenen leiden ja gerade darunter, dass sie die Erinnerungen nicht loswerden. Der Versuch, vermeintlich verloren gegangene Erinnerungen wiederzuentdecken, sogenannte Erinnerungsarbeit in Psychotherapien, ist verbunden mit der großen Gefahr, Scheinerinnerungen zu erzeugen. Das belegen zahlreiche Studien.

Spiegel: Es gibt also noch heute Menschen, denen in der Therapie fälschlicherweise eingeredet wird, dass sie als Kind missbraucht wurden?

Steller: Ja, und das ist unerträglich. Die Menschen haben sich schließlich in Therapie begeben, weil es ihnen wirklich nicht gut geht. Dort hören sie dann eine vermeintliche Erklärung für all die Widrigkeiten in ihrem Leben. Und erinnern sich an einen Missbrauch, den es nie gegeben hat. Paradoxerweise kann das zunächst sogar entlastend wirken. Doch aus der Forschung wissen wir, dass es in keinem Fall zu einer Verbesserung der Situation der Betroffenen gekommen ist. Im Gegenteil. Unter Umständen zerbricht das familiäre Umfeld, die Menschen vereinsamen, ihre psychischen Probleme verschlechtern sich.

Spiegel: Sie sind 81 Jahre alt, erstellen immer noch Gutachten. Was treibt Sie an?

Steller: Die wissenschaftliche Neugier auf den Menschen. Und der Wille, im Einzelfall die richtige Lösung herauszufinden. Ich übernehme jedoch nur noch wenige Fälle und führe auch keine Begutachtungsgespräche mehr mit Zeugen. Zuweilen ist die Lösung aber bereits durch gründliches Aktenstudium zu finden. Das fordert mich heraus. Ich glaube, meine Arbeit hält mich gesund.

Spiegel: Herr Steller, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Spiegel.de am 18.09.2025
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... bfec5920d2

Anmerkung: Zur Methodik eines aussagepsychologischen Gutachtens unter Einbeziehung der Gegebenheiten im Fall Hanna siehe hier:
viewtopic.php?p=301567#p301567
Gast123

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast123 »

Es gibt einen neuen FAZ-Artikel. Vielleicht kann ihn ja zufällig jemand lesen und die wichtigsten Dinge zusammenfassen 😀.
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 80580.html
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

FAS: RAin Rick kritisiert bayerische Justiz – TV-Doku

Mit der Sonntagszeitung (FAS) der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) betritt ein weiteres mediales Schwergewicht das Parkett der Berichterstattung im Fall Hanna.

► Im Zentrum steht ein Porträt der Verteidigerin Regina Rick.

► Nicht zuletzt auch mit Blick auf den Badewannen-Fall übt RAin Rick harsche Kritik an einem politisch verfilzten Nährboden der bayerischen Ermittlungsbehörden und Justiz sowie an der Verquickung von Gerichten und Staatsanwaltschaften durch ein in Bayern institutionalisiertes Personalkarussell*. Niemand der Verantwortlichen sei bereit gewesen, eine Gegenposition zu beziehen und sich für den Artikel der FAS zitieren zu lassen – aus Sorge vor einem zukünftigen Befangenheitsantrag.

* siehe zu dem dadurch drohenden Distanzverlust zwischen Judikative und Exekutive meinen früheren Beitrag (Absätze 5 bis 7)

► Ähnlich der mehrteiligen ARD-Dokumentation zum Badewannen-Fall entstehe derzeit auch zum Fall Hanna eine TV-Doku. Seien wir gespannt!

► Der nicht namentlich genannte Nebenklageverteter (anscheinend gibt es ihn noch) habe im Vorfeld „neue Erkenntnisse“ angekündigt. Die Verteidigung werde neue Gutachten vorlegen.


Das sachlich Wesentliche mit Bezug zum Fall Hanna aus dem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS):

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Strafverteidigerin mit Biss
Wie Regina Rick Bayerns Justiz herausfordert

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Bezeichnet sich als „Akten-Ajatollah“ und meint damit: Sie liest alles. Regina Rick in ihrer Kanzlei in der Münchner Innenstadt. Foto: Lucas Bäuml

… Polizei und Justiz in Bayern wirft … [Regina Rick] Voreingenommenheit und mangelnde Fehlerkultur vor. …

Es ist der 16. November 2023. Im … Sitzungssaal … haben sich Journalisten, Fotografen, Kameraleute aufgestellt. In dem als „Eis­keller-Prozess“ titulierten Mordverfahren wollen sie auch an diesem Morgen festhalten, wie der Angeklagte … von Justizbeamten in den Saal geführt wird. … Doch an diesem Tag gilt die Aufmerksamkeit … noch einer weiteren Person – der überraschend benannten, neuen Wahlverteidigerin …, die an diesem elften Prozesstag das erste Mal erscheint. Ihr Name: Regina Rick.

Im Blitzlichtgewitter stand Rick auch vier Monate zuvor schon … Am 7. Juli 2023 sprach das Landgericht München I Manfred … [G.], früher Hausmeister einer Seniorenresidenz …, … frei. Das Urteil setzte den Schlusspunkt unter einen der größten Justizirrtümer der vergangenen Jahrzehnte. … Zehn Jahre lang hatte Rick gegen viele Widerstände daran gearbeitet, entlastende Hinweise vorzulegen, um ein Wiederaufnahmeverfahren zu erwirken, und es letztlich geschafft – eine echte Seltenheit in Deutschland, zumindest bei Kapitalverbrechen.



Ihr eilt ein Ruf voraus

Spätestens seit … [G.s] Freispruch eilt Regina Rick ein Ruf voraus. Er variiert, je nachdem, mit wem man spricht.

Die, die sie lobpreisen – Mandanten, Kollegen, Journalisten, True-Crime-Fans –, sehen in ihr eine unerschrockene und unermüdliche Kämpferin, die sich Justiz und Polizei entgegenstellt.

Die anderen – unter ihnen Richter, Ermittlungsbeamte, Journalisten – beschreiben sie als aggressiv und reißerisch agierende Verteidigerin mit dem Hang, andere Prozessbeteiligte verächtlich zu machen. Für diesen Artikel war niemand aus der bayerischen Justiz bereit, sich zitieren zu lassen. Zu groß ist die Sorge, dass Rick in einem künftigen Verfahren einen Befangenheitsantrag stellen könnte.

Was keiner bestreitet: Rick hat Erfolg

Was keiner bestreitet, egal wie er zu Regina Rick steht: Sie ist erfolgreich.

Die 57 Jahre alte geborene Münchnerin … betont, das komme nicht von ungefähr. Die Wiederaufnahmen habe sie nur erzielen können, „weil ich da unzumutbar viel Arbeit reingesteckt habe“. Sie bezeichnet sich als „Akten-Ajatollah“. Vor allem an den Wochenenden … liest sie Akten … Bei der Lektüre stößt sie dann gerne auch mal auf „wunde Punkte“ bei Ermittlungen oder in Abläufen. Dafür hat sie einen Riecher.

… Neben ihrem Bett liegen Notizbuch und Stift, damit sie sich Gedanken notieren kann, die sie nachts aufwecken. Was sie sich selbst abverlangt, schätzt sie auch an anderen. Über den Hamburger Strafverteidiger Yves Georg … sagt sie anerkennend: „Der ist bereit, alles unterzuordnen.“

Im Fall des vermeintlichen Badewannenmörders … [G.] arbeitete sie die meiste Zeit pro bono. Anders wäre es gar nicht gegangen, so viele Stunden investierte sie in die Durchsicht von Haupt- und Beiakten, um Hinweise für die Unschuld … zu finden. Zudem ließ sie, finanziert durch Spenden, ein aufwendiges Gutachten erstellen, das zeigte, dass die Auffindesituation … den … Gegebenheiten eines Sturzes … entsprach. „Nachgehen bis zum Letzten“, nennt sie das.

„Ich verliere nicht gerne“

Sie sagt, speziell bei solchen Fällen treibe die Suche nach der Wahrheit sie an. Und dass sie „Gerechtigkeitsfanatiker“ sei. „Ich weiß, das klingt platt.“ Hinzu komme die intrinsische Motivation, nicht aufzugeben. Sowie eine kompetitive Note: „Ich verliere nicht gerne.“ Schon im Studium habe sie nie etwas anderes werden wollen als Strafverteidigerin. In einem Gerichtsverfahren sei der Angeklagte in der schwächeren Position als die Staatsmacht. … Das Gleichgewicht der Kräfte sei wichtig in einem demokratischen Rechtssystem.

Das Eiskeller-Verfahren geht in die zweite Runde

Ab Ende September wird Regina Rick … erneut im Rampenlicht stehen. Das „Eiskeller“-Verfahren geht in die zweite Runde. Die Verurteilung … hatte Rick zunächst nicht abwenden können. In die erste Hauptverhandlung war sie eingestiegen, als diese bereits seit Wochen lief. Sie sagt, die Familie des Angeklagten … habe sie nach dem zehnten Verhandlungstag bekniet, die Wahlverteidigung zu übernehmen. Sie wollte nicht. Doch als Rick erfuhr, dass eine Polizeibeamtin [Diana U.] und ein Rechtsmediziner [Jiri Adamec], die im Fall … [G.] eine aus ihrer Sicht ungute Rolle gespielt hatten, auch am „Eiskeller“-Fall beteiligt waren, sagte sie zu.

Mit ihrem Einstieg … verschärfte sich der Ton im Gerichtssaal. Mit der Vorsitzenden … Aßbichler prallte Rick immer wieder aufeinander. … Sie stellte einen Befangenheitsantrag gegen Aßbichler; eine Vertretungskammer wies ihn ab.

Rick hatte auf Freispruch plädiert

Am 19. März 2024 wurde Sebastian T. zu … neun Jahren Haft … verurteilt. …

In der Urteilsverkündung kritisierte Richterin Aßbichler Verteidigerin Rick scharf. Sie habe sich als „eines Organs der Rechtspflege unwürdig“ verhalten. Vor allem rügte Aßbichler, dass Manfred … [G.] an einem Tag im … Gericht aufgetaucht war. … Rick habe damit Stimmung machen wollen. Rick bestreitet das, sie habe … [G.] nicht als „warnendes Beispiel“ geladen. Er könne gehen, wohin er wolle, und sie schließe nicht aus, dass er sich auch bei dem neuen Verfahren blicken lassen werde.

Sie ging in Revision - und bekam recht

… Gemeinsam mit ihrem Kollegen Yves Georg verfasste … [Rick] 1800 Seiten Revisionsantrag – und bekam recht. Mit Beschluss vom 1. April hob der BGH das Urteil wegen Befangenheit der Vorsitzenden Richterin auf … Wie persönlich gekränkt sich Richterin Aßbichler gefühlt haben muss, zeigte sie mit einer Stellungnahme an den BGH, auf die das höchste Gericht auf seine Weise reagierte: In seinem Beschluss erwähnte es die „unaufgefordert abgegebene Stellungnahme“ und stellte fest, diese lasse „ein Fehlen der gebotenen richterlichen Distanz erkennen“.



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Diese Robe hängt symbolisch an der Eingangstür zu Ricks Kanzlei, denn sie hatte einst angekündigt, die Robe an den Nagel zu hängen, wenn sie Manfred … [G.] frei bekommen sollte. Foto: Lucas Bäuml

… [Ricks] Mutter arbeitete in einer Klinikverwaltung, der Vater war Mehrfachakademiker, unter anderem Ingenieur und Zahnmediziner. Wenn er die Tochter lobte, pflegte er anzumerken, unter den Blinden sei der Einäugige König. …

… Auf dem Weg in die Cafeteria warnt Rick ihren Praktikanten, Strafverteidigung versaue den Charakter: „Man muss unerbittlich sein. Das ist nicht schön, aber wenn man zu weich ist, erreicht man halt auch nichts.“

Diplomatie ist ihre Stärke nicht

Hans Holzhaider, viele Jahre Gerichtsreporter der „Süddeutschen Zeitung“, schrieb in einem Porträt, Rick könne Zeuginnen in Vergewaltigungsverfahren so hartnäckig befragen, dass sie zu weinen begännen. Ricks Kollege Klaus Wittmann, mit dem sie häufig gemeinsam verteidigt …, sagt, Rick neige im Gerichtssaal nicht unbedingt zu diplomatischem Verhalten. …

Dass unter Strafverteidigern häufiger Typen mit Geltungsdrang vorkommen, das findet auch Rick. Im Gegensatz zu diesen Kollegen sei sie sachorientiert, nicht an Selbstprofilierung interessiert. Manchen, der mit ihr zu tun hat, dürfte dieser Satz befremden. Journalisten beschreiben Rick als „sehr versiert im Umgang mit den Medien“ – und das ist nicht lobend gemeint. Manche lästern darüber, wie sie Manfred … [G.] und Sebastian T. … öffentlichkeitswirksam in Begleitung von Kameras aus der Haft abholte. Rick entgegnet, bei beiden hätte sie „einen riesigen Medienrummel“ veranstalten können – habe sie aber nicht. „Gleichzeitig ist klar: Das sind große Erfolge, und von denen habe ich gerne auch ein Bild.“ Zum „Badewannenmord“ gab es eine mehrteilige Dokumentation in der ARD, und auch zum „Eiskeller“-Prozess entsteht gerade eine.

Der Vorwurf: Sie nutze die Medien gezielt

Zudem wird kritisiert, Rick nutze Medien, um die Öffentlichkeit auf die Seite ihrer Mandanten zu ziehen. Wenn die Verteidigerin selbst und Gutachter, die in ihrem Auftrag arbeiteten, in ausführlichen True-Crime-Formaten unwidersprochen ihre Sicht der Dinge darlegen könnten, sei eine unvoreingenommene Hauptverhandlung kaum möglich. An diesem Argument ist etwas dran. Auch Ermittler, Staatsanwälte und Richter gehen jedoch nicht immer unvoreingenommen vor, wie die Fälle des angeblichen „Badewannenmords“ oder auch das „Eiskeller“-Verfahren zeigen. „In dubio pro reo“ stellt man sich anders vor.

Ricks Kanzlei befindet sich … in der Münchner Innenstadt. … Manchmal arbeitet sie auch von zu Hause aus, so wie schon früher einmal, als junge Anwältin mit kleinen Kindern.

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Rottweiler-Hündin Momo darf manchmal auch mit in die Kanzlei, ist per Foto aber sowieso immer anwesend. Foto: Lucas Bäuml

… [Ricks] ruhiger Ton und die münchnerisch eingefärbte Sprachmelodie geben ihren Sätzen eine gewisse Milde, auch wenn sie Fundamentalkritik übt. Natürlich gebe es Richter und Staatsanwälte und Polizisten, die ihren Job gut machten. Aber: Die bayerische Strafjustiz sei besonders fehleranfällig. Laut Rick hat das zwei Gründe: 70 Jahre CSU-Regierung mit autoritären Strukturen – und der im Vergleich zu anderen Bundesländern institutionalisierte Wechsel zwischen Richteramt und staatsanwaltlichem Dienst und einer damit verbundenen personellen Verquickung.

„Dieses ‚mia san mia‘, wir greifen hier durch, ob das rechtmäßig ist oder nicht – das ist typisch bayerisch“, so Rick. Die Polizei bekomme viel Geld und habe zu viel Macht. So würden die Rechte von Beschuldigten immer wieder mit Füßen getreten. Sebastian T. sei beispielsweise auch in seiner zweiten Vernehmung weiter als Zeuge befragt worden, obgleich die Polizei ihn bereits verdächtigte. Als Zeuge habe seine Aussage nicht audiovisuell aufgezeichnet werden müssen, als Verdächtiger wäre das vorgeschrieben gewesen. So besagt es Absatz 4 im Paragraph 136 der Strafprozessordnung, zumindest für Beschuldigte, die unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten leiden. Dieser Absatz wurde nach dem Fall des Bauern … [R.] neu aufgenommen, da die intelligenzgeminderten Verdächtigen unter hohem Ermittlungsdruck falsche Geständnisse abgelegt hatten. Sebastian T. erlitt bei seiner Geburt einen Sauerstoffmangel, stottert und hat einen IQ von 80.

Rick kann viele weitere Beispiele von einseitigen Ermittlungen und fehlerhaftem Verhalten durch Polizisten, Rechtsmediziner, Staatsanwälte und Richter aufführen. Da sie das auch immer wieder tut, ist sie ein Stachel im Fleisch der bayerischen Justiz. Sie beklagt, es gebe in der Justiz keine Fehlerkultur und keine Konsequenzen, weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich. „Hier passiert einfach niemandem etwas.“ So hadere … [G.] vor allem damit, dass keine einzige Person, die in seinem Fall Fehler gemacht habe, negative Konsequenzen erleiden musste. Bezüge zu kürzen, wäre eine Option aus Ricks Sicht. … [G.] musste während seiner langen Haft Privatinsolvenz anmelden. Nach seinem Freispruch erhielt er eine Entschädigung, sollte aber auch 100.000 Euro für Kost und Logis an die Staatskasse zahlen. Von dieser Forderung ist die Staatsanwaltschaft mittlerweile abgerückt.

Rick wird neue Gutachten vorlegen

Am 29. September beginnt nun die zweite „Eiskeller“-Hauptverhandlung … T. ist weiterhin des Mordes angeklagt … Der Rechtsbeistand von Hanna W.s Eltern, die als Nebenkläger am Prozess teilnehmen, kündigte im Vorfeld neue Erkenntnisse an.

Und Rick? Wird ein Gutachten vorlegen, das ihrer Ansicht nach die fünf gleichförmigen Quetsch-Riss-Wunden am Schädel der Toten erklärt. Diese passten exakt zu bestimmten Schraubenmuttern an einem Wehr, gegen das der leblose Körper mehrfach geschleudert worden sein kann – und wären somit nicht durch einen Stein entstanden, den Sebastian T. als Waffe genutzt haben soll.

FAS auf FAZ.net am 17.09.2025
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 80580.html


@Gast123
Danke für den Hinweis!
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Doch als Rick erfuhr, dass eine Polizeibeamtin [Diana U.] und ein Rechtsmediziner [Jiri Adamec], die im Fall … [G.] eine aus ihrer Sicht ungute Rolle gespielt hatten, auch am „Eiskeller“-Fall beteiligt waren, sagte sie zu.
Aus Spoiler von obigen Beitrag

Ach da hat sie sich dann verbissen.
Gast123

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast123 »

Danke ebenfalls fürs Einstellen!
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

LG Traunstein: Sicherheitsverfügung

Mit der Sicherheitsverfügung vom 15.09.2025 (berichtigt am 22.09.2025) gibt das LG Traunstein heute bekannt:

► Sitzungsbeginn: grundsätzlich jeweils um 9.30 Uhr
(Änderungen werden „rechtzeitig durch Aushang“ bekanntgegeben.)

► Sitzungsort: Saal 26 des AG Laufen
(Tittmoninger Str. 32, 83410 Laufen)
https://www.google.de/maps/place/Amtsge ... F1ygbcfm5l

► Kapazität: 62 Publikumsplätze (einschl. Presse!)

► Liste der Sitzungstermine:
viewtopic.php?p=303527#p303527

Wer den Sitzungen als Zuhörer beiwohnen möchte, sollte die Sicherheitsverfügung des Gerichts aufmerksam studieren, um nicht durch Maßnahmen wie ehedem in Stuttgart-Stammheim vor den Kopf gestoßen zu werden.


Die Sicherheitsverfügung im Wortlaut (die zitierten Normen habe ich verlinkt):

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Landgericht Traunstein
Die Vorsitzende der 1. Jugendkammer

Az. 1 KLs 402 Js 40276/22 jug (2)
Strafverfahren gegen T., Sebastian
wegen versuchten Mordes


Sicherheitsverfügung vom 15.09.2025:

Zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in der Hauptverhandlung wird gemäß § 176 GVG angeordnet:


I. Sitzungssaal, Öffentlichkeit

Die Hauptverhandlung beginnt am 29. September 2025 und wird nach anliegendem Plan voraussichtIich bis mindestens bis 18. Dezember 2025 fortgesetzt.

Sie findet im Sitzungssaalgebäude des Amtsgerichts Laufen, Sitzungssaal 26, in der Tittmoninger Straße 32 in 83410 Laufen statt. Der Sitzungssaal 26 bietet Platz für 52 Zuhörer [unten berichtigt: 62]. Die Sitzungen beginnen grundsätzlich um 09.30 Uhr. Etwaige Änderungen werden rechtzeitig durch Aushang bekanntgemacht. Die Sitzungen sind grundsätzlich öffentlich (§ 169 Abs. 1 Satz 1 GVG).


II. Allgemeine sitzungspolizeiliche Anordnungen

1. Allen Personen, die Zutritt zum Sitzungssaal haben, ist im Sitzungssaal einschließlich des Zugangsbereichs vor dem Sitzungssaal untersagt, Waffen und Gegenständen mit sich zu führen, die geeignet sind, andere Personen zu verletzen oder zur Störung der Hauptverhandlung verwendet zu werden oder die Identifizierung möglicher Störer zu vereiteln oder zu erschweren. Untersagt Ist auch das Zeigen oder Tragen von Kleidung und Kleidungsbestandteilen mit Symbolen oder bildlichen oder textlichen Darstellungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Bekenntnisse oder Aussagen mit Bezug zum Gegenstand des Verfahrens oder seinen Beteiligten. Von diesem Verbot ausgenommen Ist das Führen der Dienstausrüstung durch die den Gebäude- und Saalschutz stellenden Personen.

2. Es wird eine Zugangskontrolle für alle Zuhörer, Sachverständige, Verteidiger, den Angeklagten, auf freiem Fuß befindliche Zeugen sowie deren Zeugenbeistände und Medienvertreter wie im Folgenden angeordnet:

a. Die genannten Personen haben sich einer Ausweiskontrolle zu unterziehen:

aa. Alle genannten Personen müssen sich bei der Einlasskontrolle mit einem gültigen amtlichen Lichtbildausweis (z. B. Personalausweis oder Reisepass), Verteidiger und Zeugenbeistände wahlweise auch mit einem gültigen Ausweis der Rechtsanwaltskammer ausweisen, ausländische Staatsangehörige mit einem entsprechenden gültigen amtlichen Ausweispapier mit Lichtbild.

bb. Zuhörern, die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist der Zutritt schon bei der Einlasskontrolte zu verwehren. Über Ausnahmen entscheidet die Vorsitzende im Einzelfall.

b. Medienvertreter müssen sich zusätzlich durch einen gültigen Presseausweis oder einen sonstigen Nachweis über ihre Eigenschaft als Journalist legitimieren.

cc. Vor der Versagung des Zutritts einer Person ist die Vorsitzende zu verständigen.

b. Alle Zuhörer, der Angeklagte, alle auf freiem Fuß befindliche Zeugen sowie deren Zeugenbeistände und alle Medienvertreter haben sich einer Durchsuchung zu unterziehen wie
folgt:

Nach Vorzeigen der Ausweispapiere sind sie durch Abtasten der Kleidung und Durchsicht der Behältnisse – auch unter Zuhilfenahme eines Metalldetektors sowie einer Metalldetektorschleuse – auf Waffen und Gegenstände zu durchsuchen, die geeignet sind, zur Störung der Hauptverhandtung verwendet zu werden. Bei der Durchsuchung sind Mäntel und Jacken stets abzulegen. Auf Verlangen des Kontrollpersonals sind auch Pullover, Gürtel und Schuhe auszuziehen und Taschen zu entleeren. Verbleibt nach der Durchsuchung der begründete Verdacht, dass verbotene Gegenstände mitgeführt werden, dürfen Durchsuchungen auch am Körper vorgenommen werden. Die Kenntnisnahme des Inhalts bei der Durchsicht vorgefundener Schriften und Aktenteile ist untersagt.

3. Mitnahme von Gegenständen in den Sitzungssaal

a. Folgende Gegenstände dürfen von Zuhörern in den Sitzungssaal nicht mitgenommen werden und sind daher in Verwahrung zu nehmen:

• größere Taschen, Rucksäcke, Beutel, Tüten und andere Behältnisse,

• Transparente und Flugblätter,

• Funkgeräte, Computer, Fernbedienungen, Foto- und Filmapparate, MP3-Player und sonstige Geräte, mit denen Ton- und/oder Bildaufnahmen gefertigt werden können; Mobiltetefone sind im Sitzungssaal auszuschalten.

• Getränkeflaschen aus Glas sowie

• sonstige Gegenstände, die geeignet sind, zur Störung der Hauptverhandlung verwendet zu werden.

b. Medienvertreter, die sich als solche ausgewiesen haben, dürfen Taschen, Mobiltelefone und Computer, nicht jedoch UMTS-Datenkarten, in den Sitzungssaal mitbringen. Mobiltelefone sind im Sitzungssaal auszuschalten. Die Benutzung von Computern im Sitzungssaal ist den Medienvertretern nur im Offline-Betrieb gestattet. Das Versenden von Nachrichten, das Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im Sitzungssaal sind genauso wenig erlaubt wie die Fertigung von Ton-, Bild- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal. Ausnahmen ergeben sich aus Ziffer III. Sofern Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung internetfähiger Endgeräte bestehen oder zu besorgen ist, dass noch nicht vernommene Zeugen durch Informationen von Vorgängen aus dem Gerichtssaal am Tag ihrer Vernehmung in ihren Angaben beeinflusst werden könnten, behält sich die Vorsitzende aus Gründen der Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege weitere Einschränkungen vor.

c. Verteidiger, anwaltliche Zeugenbeistände, Sachverständige und Dolmetscher dürfen Taschen sowie Computer und Mobiltelefone in den Sitzungssaal mitbringen. Die Mobiltelefone sind im Sitzungssaal auf „stumm“ zu schalten. Telefonieren ist im Sitzungssaal nicht gestattet, ebenso wenig wie die Fertigung von Ton-, Bild- und Filmaufnahmen mit Mobiltelefonen und Computern. Ein Anspruch auf Einräumung einer Internetverbindung besteht nicht.

d. Soweit eine zu durchsuchende Person sich nicht in der vorgeschriebenen Weise ausweist, die Durchsuchung verweigert oder sich weigert, beanstandete Gegenstände in Verwahrung zu geben, ist vor Versagung des Zutritts die Entscheidung der Vorsitzenden einzuholen.

e. Insbesondere in Fällen von Verstößen gegen diese Anordnungen behält sich die Vorsitzende sowohl eine sofortige Verweisung der Zuwiderhandelnden aus dem Sitzungssaal als auch eine sofortige Änderung der Anordnung zur Nutzung von mobilen Computern bzw. zum Mitführen von Smartphones und Mobiltelefonen im Sitzungssaal vor.


III. Presse-, Funk- und Fernsehberichterstattung

1. Ton-, Film- und Bildaufnahmen sind nur ausgewiesenen Medienunternehmen jeweils 15 Minuten vor dem angesetzten Beginn der Sitzung im ausgewiesenen Bereich des Gerichtssaals gestattet. Außerhalb dieses Bereichs dürfen keine Ton-, Bild- und Filmaufnahmen gefertigt werden; insbesondere im Zuhörerraum sind keine derartigen Aufnahmen gestattet.

2. Bei der Positionierung der Kameras und während der Aufnahmen ist den Anweisungen der Mitarbeiter der Pressestelle und der Wachtmeister Folge zu leisten. Der Aufenthalt hinter der Richterbank und das Filmen von Akten sind nicht gestattet.

3. Die Hauptverhandlung beginnt gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StPO mit dem Aufruf der Sache. Vor diesem Zeitpunkt sind sämtliche Bild-, Ton- und Filmaufnahmen auf Hinweis der Vorsitzenden sofort einzustellen.

4. Mit Bild-, Film- und Tonaufzeichnungen des Gerichts sowie der Protokollführer außerhalb des Sitzungssaals besteht kein Einverständnis.

5. Bild- und Filmaufnahmen von Zeugen sind so zu gestalten, dass eine Identifizierung nicht möglich ist, es sei denn, es wurde von ihnen ausdrücklich das Einverständnis mit einer abweichenden Verfahrensweise erklärt. Im Übrigen sind die Persönlichkeitsrechte der Prozessbeteiligten, insbesondere des Angeklagten und der Zeugen, in eigener Verantwortung zu wahren.

6. Darüber hinaus sind Ton-, Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal sowie in den abgesperrten Zugangsbereichen zum Sitzungssaal nicht gestattet (§ 169 Abs. 1 Satz 2 GVG).


IV. Platzvergabe

1. An den Sitzungstagen erhalten Medienvertreter und sonstige Zuhörer jeweils 30 Minuten vor Beginn der Hauptverhandlung Einlass in den geöffneten Sitzungssaal.

2. Die für Journalisten reservierten Plätze sind als solche gekennzeichnet. Pro Medienunternehmen wird nur ein Sitzplatz freigehalten. Bei der Platzvergabe haben akkreditierte Medienvertreter Vorrang.

3. Zuhörer werden in der Reihenfolge ihrer Ankunft vor dem Sitzungssaal eingelassen. Es dürfen nur so viele Zuhörer eingelassen werden, wie Sitzplätze für Zuhörer vorhanden sind. Ein Sitzplatz darf nicht mit zwei Zuhörern besetzt werden. Freiwerdende Sitzplätze sind unverzüglich weiteren Zuhörern zur Verfügung zu stellen, die noch Einlass begehren. Medienvertreter, die nicht in dem für sie reservierten Bereich Platz gefunden haben, werden wie Zuhörer eingelassen.

4. Zuhörer werden in den für die Medienvertreter reservierten Bereich eingelassen, falls dort 5 Minuten vor Beginn der Hauptverhandlung weniger Medienvertreter Einlass begehrt haben als Plätze vorhanden sind.

5. Medienvertreter und sonstige Zuhörer haben während der Hauptverhandlungspausen, die für länger als 15 Minuten angeordnet werden und nach Ende der Sitzung den Sitzungssaal zu velassen. Sofern sie ihren Sitzplatz unmittelbar nach der Sitzungspause wieder einnehmen, verlieren sie nicht den Anspruch hierauf.

6. Bei größerem Zuhörerandrang können Nummernkarten vergeben werden. Diese sind nicht übertragbar und dürfen nicht weitergegeben werden. Ein freiwerdender Sitzplatz kann neu belegt werden. Reservierungen jeder Art sind nicht statthaft.

7. Personen, die keinen Sitzplatz gefunden haben, müssen den Sitzungssaal vor Beginn der Hauptverhandlung verlassen.


V. Sitzungspolizei und Ordnung während der Sitzung

1. Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung (Sitzungspolizei) obliegt der Vorsitzenden. Ihren Anordnungen ist Folge zu leisten (§§ 176, 177 GVG). Ihre daraus erwachsenen Befugnisse erstrecken sich

• in örtlicher Hinsicht auf den Sitzungssaal und auf die dem Sitzungssaal vorgelagerten Räume, also auch auf den Zugang zum Sitzungssaal,

• in zeitlicher Hinsicht auf die Sitzung, wozu auch die Sitzungspausen sowie die Zeitspannen vor und nach der Sitzung gehören, in denen sich die Beteiligten oder Zuhörer im Sitzungssaal und dem dazugehörenden Sicherheitsbereich aufhalten und

• in persönlicher Hinsicht auf alle Personen, die sich während der angegebenen Zeiten in den erwähnten Bereichen aufhalten.

2. Innerhalb des aufgezeigten örtlichen, zeitlichen und persönlichen Rahmens wird das Hausrecht durch die Sitzungspolizei verdrängt.

3. Im Übrigen gilt die Hausordnung des Amtsgerichts Laufen.

4. Das Hausrecht wird ausgeübt
• durch die Direktorin des Amtsgerichts Frau Daniela Krammer
• oder bei deren Abwesenheit durch den stellvertretenden Direktor des Amtsgerichts Herrn Dr. Christian Liegl.


VI. Allgemeines

1. In Zweifelsfällen oder wenn ein Verfahrensbeteiligter oder Zuhörer geltend macht, durch den Vollzug der angeordneten Maßnahmen in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein, ist die Entscheidung der Vorsitzenden einzuholen. Änderungen der Zugangsregelungen bleiben vorbehalten.

2. Diese Verfügung wird über die Homepage des Landgerichts Traunstein veröffentlicht. Anschließend wird sie Medienvertretern, die sich in dem Presseverteiler zu dem Akkreditierungsverfahren befinden, als E-Mail-Anhang übermittelt.


Gründe:

Die aufgeführten sitzungspolizeilichen Anordnungen dienen der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung (§ 176 GVG). Sie sind erforderlich, um einen störungsfreien Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten. Die Anordnungen dienen insbesondere der Sicherheit des Angeklagten und der übrigen Verfahrensbeteiligten. Den getroffenen Regelungen liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

1. Die getroffenen Anordnungen zur Durchführung von Zugangskontrollen in Form von Ausweiskontrollen und Durchsuchungen einschließlich der vorübergehenden Verwahrung von mitgeführten Gegenständen sind, ohne dass im Einzelfall eine Gefährdungslage vorzuliegen bräuchte, aus generellen Sicherheitserwägungen erforderlich und geeignet, potenzielle Gefahren zu erkennen und abzuwehren, um so einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten.

2. Soweit Medienvertretern die Nutzung des Internets im Sitzungssaal und das Versenden von Nachrichten aus dem Sitzungssaal versagt ist und auch darüber hinaus die Reduzierung sämtlicher internetfähiger Geräte auf den Offline-Betrieb beschränkt ist, beruht dies darauf, dass das Gericht eine möglichst unverfälschte Wahrheits- und Rechtsfindung zu gewährleisten hat (BVerfG, Beschluss v. 31.07.2014, 1 BvR 1858/14, NJW 2014, 3013, Rn. 16 – beck-online). Hiermit ließe sich die Möglichkeit einer Live-Berichterstattung aus dem Sitzungssaal nicht vereinbaren. Diese brächte es mit sich, dass einzelne Passagen einer Einlassung des Angeklagten oder einer Zeugenaussage veröffentlicht werden könnten, noch bevor dem Angektagten bzw. den Zeugen durch Nachfragen Gelegenheit gegeben worden wäre, erläuternd auf beispielsweise missverständliche oder aufsehenerregende Äußerungen einzugehen, und dass um der schnellen Nachricht willen Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen einzeln wörtlich wiedergegeben werden könnten. Das Gericht muss deswegen bei der Gestaltung des Verfahrens darauf achten, dass die Aussage von Zeugen nicht wegen der Scheu vor einem unbeschränkten, übersehbaren und unsichtbaren Zuhörer- oder Zuschauerkreis erschwert wird. Dem Angeklagten muss die Möglichkeit gegeben werden, seine Einlassungen und Erklärungen so zu gestalten, wie es das Verteidigungsinteresse erfordert. Diese Möglichkeit würde erheblich beschränkt, wenn er damit rechnen müsste, dass jede Äußerung in dem Verfahren isoliert berichtet wird, noch ehe er sich im Ganzen oder wenigstens zu einem bestimmten Teilaspekt vollständig eingelassen hat. Es entstünde so die Gefahr einer ungewollt verzerrenden Berichterstattung, der mit der getroffenen sitzungspolizeilichen Maßnahme begegnet werden soll. Die Rechte der Presse aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG haben insoweit zurückzutreten (MüKo-StPO/Kulhanek, 2. Aufl. 2025, GVG § 176 Rn. 26; BVerfG, Beschluss v. 31.07.2014, a.a.O., Rn. 21).

3. Die Versagung von Ton-, Bild- und Filmberichterstattung während der Sitzung beruht auf § 169 Abs. 1 S. 2 GVG.

Soweit Ton-, Bild- und Filmaufnahmen auch darüber hinaus Einschränkungen unterworfen werden, beruht dies darauf, dass das Grundrecht der Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) mit den Grundrechten der abgebildeten/betroffenen Personen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) im Wege praktischer Konkordanz in Einklang zu bringen und im Übrigen ein geordneter Verfahrensablauf sicherzustellen ist (vgl. BVerfG, Beschluss v. 21.10.2019, 1 BvR 2309/19, NJW 2020, 38, Rn. 14 f. – beck-online; Krauß in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2022, § 176 GVG, Rn. 4 ff.).

Gründe, die ein generelles Verbot von Ton-, Film- und Bildaufnahmen rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Ton-, Film- und Bildaufnahmen werden daher vor Sitzungsbeginn im Sitzungssaal gestattet, wobei zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten und aus Gründen eines geordneten Verfahrensablaufs eine zeitliche Begrenzung auf jeweils 15 Minuten bis zum Beginn der Sitzung anzuordnen war.

Die Zugangsbereiche zum Sitzungssaal, in denen sich die Durchleuchtungsgeräte befinden, dienen ausschließlich der reibungslosen Durchführung der angeordneten Zugangskontrollen, was die Erstreckung des Verbots von Ton-, Film- und Bildaufnahmen auf diese Bereiche gebietet.


gez. Will
Vorsitzende Richterin am Landgericht


Vorläufiger Sitzungsplan:

Beginn:
• Montag. 29.09.2025

Fortsetzungstermine:
• Dienstag, 30.09.2025
• Mittwoch, 08.10.2025
• Donnerstag, 09.10.2025
• Montag, 13.10.2025
• Dienstag, 14.10.2025
• Montag, 20.10.2025
• Dienstag, 21.10.2025
• Mittwoch, 22.10.2025
• Donnerstag, 23.10.2025
• Freitag, 24.10.2025
• Mittwoch, 12.11.2025
• Donnerstag, 13.11.2025
• Dienstag, 18.11.2025
• Mittwoch, 19.11.2025
• Montag, 24.11.2025
• Dienstag, 25.11.2025
• Mittwoch, 26.11.2025
• Montag, 01.12.2025
• Dienstag, 02.12.2025,
• Montag, 08.12.2025
• Dienstag, 09.12.2025
• Mittwoch, 10.12.2025
• Mittwoch, 17.12.2025
• Donnerstag, 18.12.2025
• Freitag, 19.12.2025



Landgericht Traunstein
Die Vorsitzende der 1. Jugendkammer

Az. 1 KLs 402 Js 40276/22 jug (2)
Strafverfahren gegen T., Sebastian
wegen Mordes

Korrektur der Sicherheitsverfügung vom 15.09.2025:

Die Sicherheitsverfügung vom 15.09.2025 wird dahingehend korrigiert, dass der Sitzungssaal 26 des Amtsgerichts Laufen für 62 Zuhörer Platz bietet.

Traunstein, den 22.09.2025

gez. Will
VRiLG

LG Traunstein am 15.09.2025 und am 22.09.2025 (online seit 23.09.2025)
PDF: https://www.justiz.bayern.de/media/imag ... BCgung.pdf
https://www.justiz.bayern.de/gerichte-u ... lungen.php


Offenkundig möchte die Vorsitzende Will schon im Vorfeld allen Eventualitäten begegnen – von Demonstrationen bis hin zu Anschlägen und Amokläufen. Ob mit derlei Zwischenfällen wirklich ernsthaft zu rechnen sein wird?

Anmerkung für @fassbinder u. a.: Copy & Paste funktioniert mit diesem PDF des LG Traunstein nur sehr eingeschränkt. Heraus kommt vor allem zu Beginn der Zeilen eine barbarische Fragmentierung. Deshalb habe ich den Text im obigen Spoiler mühsam per Hand zurechtgefrickelt. So viel Zeit muss sein!
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

Fehlen nur noch Straßensperren und dass der Luftraum gesperrt wird.
Lento
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Das Ganze ist doch nicht mehr nachvollziehbar. Wenn die Gefahr wirklich als so groß angenommen wird, warum wird nicht auch dem Angeklagten zu Hause Polizeischutz gewährt?
Oder sind nur Richter zu schützen und den Angeklagten liefert man dem Pöbel aus? Eine Farce!
Der_Clown

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Mich wundert, dass die mediale Vorberichterstattung bislang ausbleibt. Selbst bei kleineren, für die Öffentlichkeit weniger interessante Prozesse gibt es eine Woche vor Prozessstart doch schon Berichte.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Lento hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 07:53:21 Das Ganze ist doch nicht mehr nachvollziehbar. Wenn die Gefahr wirklich als so groß angenommen wird, warum wird nicht auch dem Angeklagten zu Hause Polizeischutz gewährt? Oder sind nur Richter zu schützen und den Angeklagten liefert man dem Pöbel aus? Eine Farce!
Genauso ist es!

Die Sicherheitsverfügung des Gerichts würde eher zu einem Terroristenprozess passen. Wird wirklich ernsthaft mit Gewalt gerechnet? Von welcher Seite sollte sie kommen und gegen wen könnte sie sich richten? Selbstjustiz des Pöbels gegen Sebastian? Gibt es wieder Gewaltdrohungen gegenüber den Verteidigern und eine Amokdrohung wie im ersten Prozess? Hier könnte die bayerische Polizei unter Beweis stellen, dass sie auf Zack ist!

In dem umfangreichen Schleuserverfahren, das derzeit in Traunstein läuft und in dem sogar das USK und ein Sprengstoffhund eingesetzt werden (siehe hier im Spoiler), wurde trotz einer offenkundig angenommenen Gefährdungslage keine Sicherheitsverfügung des Gerichts veröffentlicht. Demzufolge scheint die Lage in Laufen wohl ernster eingeschätzt zu werden – oder soll die Öffentlichkeit in Sorge versetzt und ferngehalten werden?

Ob auch in Laufen wieder die Vorhänge zugezogen werden, um Prozessbeteiligte und Publikum vor Angriffen von außen zu schützen? Gut erinnerlich ist diese sinn- und wirkungsarme Placebo-Maßnahme aus der Endphase des ersten Rechtsgangs in Traunstein (siehe hier, letzte Zitatbox und letzter Absatz), als ein Anschlag befürchtet wurde.

Ich bin sehr gespannt, was todesmutige Prozessbeobachter wie @fassbinder und die Medien am kommenden Montag berichten werden. Hoffentlich bleibt alles friedlich.

Der_Clown hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 13:46:34 Mich wundert, dass die mediale Vorberichterstattung bislang ausbleibt. …
Das erstaunt mich auch.

Immerhin legte der „Spiegel“ mit dem Steller-Gespräch das Fundament für eine künftige Berichterstattung über die fehlende Glaubhaftigkeit der Aussage von Adrian M. und die FAS versuchte vergebens, eine Stellungnahme der bayerischen Justiz zu der deutlichen Kritik von RAin Rick zu erlangen. Diese Medien werfen nicht mit Schlamm, sie wollen seriös und sachlich informieren. Möglicherweise sind gewisse Krawallmedien davon eingeschüchtert?

Zum Wochenende hin rechne ich mit einem Vorbericht der SZ und auch das OVB wird seine einseitig interessierten Leser an den bevorstehenden „Jahrhundertprozess“ erinnern. Die große mediale Welle bis hin zum Fernsehen erwarte ich erst am Montag.
fassbinder
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Lento hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 07:53:21 Das Ganze ist doch nicht mehr nachvollziehbar. Wenn die Gefahr wirklich als so groß angenommen wird, warum wird nicht auch dem Angeklagten zu Hause Polizeischutz gewährt?
Oder sind nur Richter zu schützen und den Angeklagten liefert man dem Pöbel aus? Eine Farce!
Da tut man aber der Vorsitzenden vllt Unrecht, wenn man ihr nur wegen der Sicherheitsverfügung unterstellt, sie will nur sich schützen und den Angeklagten ausliefern.

Erstmal, kann sie ja nicht einfach eigenmächtig privaten Polizeischutz organisieren, da muss schon eine sehr konkrete Bedrohungslage vorliegen und wir wissen ja noch nicht mal, ob das gewollt wäre.

Die Ausweiskontrolle und das Verbot von Rucksäcken im Saal, hat mich schon auch verwundert und kennt man tatsächlich eher von Rocker-und Terrorverfahren, da ist aber schon noch ein bisschen Luft nach oben.

Und man darf nicht vergessen, es gab im letzten Verfahren eine Amokdrohung und wir wissen ja nicht, was in der Zwischenzeit eingegangen ist. Mit den Personalien hat man halt Störer schon besser im Blick.

Das mit den religiösen und politischen Symbolen, auch hier, kennt man auch eher mehr aus Verfahren, wo das eine Rolle spielt. Aber es ist halt immer noch eine Verfügung von einem Gericht, manche decken da einfach viel ab sicherheitshalber. Ob man jetzt weggeschickt wird, weil man einen Rosenkranz trägt, weiß ich nicht.

Also von einer Farce, würde ich erstmal noch nicht sprechen.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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fassbinder hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 17:01:11 … es ist halt immer noch eine Verfügung von einem Gericht, manche decken da einfach viel ab sicherheitshalber. …
Sicherheitsverfügungen eines Gerichts gibt es in zahlreichen Verfahren. Nur die wenigsten davon werden jedoch in einem Presseportal der Justiz veröffentlicht.
fassbinder
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Catch22 hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 17:17:39 Sicherheitsverfügungen eines Gerichts gibt es in zahlreichen Verfahren. Nur die wenigsten davon werden jedoch in einem Presseportal der Justiz veröffentlicht.
Vollkommen richtig. Da war ich mir aber ziemlich sicher, dass in dem Fall eine veröffentlicht wird. Ich dachte halt, ein bisschen weniger streng.

Ich dachte eher, dass da hauptsächlich die Pausenregeln und das Filmen von Akten etc. behandelt werden.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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fassbinder hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 17:22:33 … Ich dachte halt, ein bisschen weniger streng. …
Ohne Grund oder besonderen Anlass geschieht dies nicht. Im ersten Rechtsgang des Hanna-Verfahrens wurde nur eine einzige Sicherheitsanordnung veröffentlicht, die (aus Anlass einer konkreten Bedrohungslage) ausschließlich für den Tag der mündlichen Urteilsverkündung galt:
viewtopic.php?p=247714#p247714

Hast Du das denn vergessen? Du warst doch selbst vor Ort!

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde auch in dem aktuellen Schleuserverfahren eine Sicherheitsverfügung erlassen. Veröffentlicht wurde diese aber nicht. (Siehe meinen obigen Beitrag!)
fassbinder
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Catch22 hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 17:57:10 Ohne Grund oder besonderen Anlass geschieht dies nicht. Im ersten Rechtsgang des Hanna-Verfahrens wurde nur eine einzige Sicherheitsanordnung veröffentlicht, die (aus Anlass einer konkreten Bedrohungslage) ausschließlich für den Tag der mündlichen Urteilsverkündung galt:
viewtopic.php?p=247714#p247714

Hast Du das denn vergessen? Du warst doch selbst vor Ort!

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde auch in dem aktuellen Schleuserverfahren eine Sicherheitsverfügung erlassen. Veröffentlicht wurde diese aber nicht. (Siehe meinen obigen Beitrag!)
Vergessen habe ich das nicht.

Ich habe ja selbst vorhin geschrieben, dass vllt wieder Drohungen eingegangen sein könnten.

Und ich weiß auch, dass nicht jede Sicherheitsverfügung online geht. In dem Fall habe ich es aber irgendwie erwartet. Ist doch das öffentliche Interesse noch größer, als zu Beginn des Ersten Verfahrens.

Und ich nehme auch an, dass im Schleuserverfahren eine erlassen wurde, wenn die Angeklagten schon so aufwendig vorgeführt werden. Aber dafür interessiert sich halt keine Sau, platt gesagt.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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fassbinder hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 18:07:59 … Ich habe ja selbst vorhin geschrieben, dass vllt wieder Drohungen eingegangen sein könnten. …
Eine rhetorische Frage: Obläge es dann nicht der Justiz bzw. der Polizei, dies öffentlich zu machen?

fassbinder hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 18:07:59 … In dem Fall habe ich … [die Veröffentlichung der Sicherheitsverfügung] aber irgendwie erwartet. Ist doch das öffentliche Interesse noch größer, als zu Beginn des Ersten Verfahrens. …
Wir wissen bislang nur, dass der Saal in Laufen kleiner ist als der in Traunstein. Wie groß der Andrang sein wird, werden wir (und auch das Gericht) erst am Montag erfahren.

fassbinder hat geschrieben: Mittwoch, 24. September 2025, 18:07:59 … Aber … [für das Schleuserverfahren] interessiert sich halt keine Sau …
Vielleicht interessiert sich auch keine Sau dafür, mit dem ÖPNV nach Laufen zu zuckeln?

Mir drängt sich eher der Eindruck auf, dass entweder eine konkrete Bedrohungslage verschwiegen werden soll oder aber versucht wird, die Öffentlichkeit einzuschüchtern und von einem Besuch in Laufen abzuhalten.

Die damalige Amokdrohung ließ Aßbichler erst Tage später aus dem Sack, um die hohe Polizeipräsenz und das Zuziehen der Vorhänge zu erklären. Vielleicht äußert sich die neue Vorsitzende Will am Montag zu der Sicherheitsverfügung.
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