Gastei hat geschrieben: ↑Mittwoch, 31. Juli 2024, 08:52:19
Frauke kannte den Täter. Nachdem der Täter Frauke festgesetzt hatte, wollte ihm Frauke mit Hilfe der Anrufe eine Brücke bauen, sie wieder frei zu lassen: Die Anrufe sollten den Eindruck vermitteln, daß Frauke von einem Fremden festgehalten wird, dessen Namen sie nicht kennt. Leider gab es noch einen weiteren involvierten Täter. Dieser riet dem Haupttäter davon ab, Frauke wieder frei zu lassen. Frauke hat ihr möglichstes getan und ist damit leider gescheitert. Die Anrufe sollten als Beweis dafür dienen, daß sie sozusagen freiwillig weg ist und den Täter nicht verraten wird. Auch nach ihrer Freilassung nicht verraten wird. Die Anrufe waren Fraukes Idee und von ihr selbst initiiert. Der Täter hatte eine sehr labile, schräge Persönlichkeit. Aber sein Freund hat ihn letztendlich davon überzeugt, Frauke nicht mehr freizulassen. Sie ist verdurstet.
Frauke kannte den Täter - davon gehe ich auch aus. Wobei ich auch die Option sehe, dass sie kurz zuvor jemanden "kennengelernt" hatte, der ihr von Anfang an (geplante Tat) falsche Angaben über sich gemacht hat (Name, Wohnort...), so dass sie zwar an jenem 20.6. freiwillig zu ihm ins Auto gestiegen ist, dann im Verlauf jedoch am Telefon keine Möglichkeit hatte, eine identifizierende Angabe über ihn zu machen (was er ihr in dieser Geschichte natürlich vor den Anrufen deutlich gemacht hatte). Aber so allgemein - ich kann mich da nicht festlegen, ob eine relativ neue Bekanntschaft, eine recht oberflächliche Bekanntschaft aus ihrem weiteren Alltagsradius, oder "jemand von früher". Über ihr Nahfeld kann ich nichts sagen, da kenne ich zu wenige - im Wesentlichen nur die paar Gestalten aus den Dokus. Dagegen ein ihr völlig unbekannter Täter, da hätte ich mehrere Einwände.
Mir vermitteln die Anrufe viel eher den Eindruck einer Frauke, die zumindest bis Sonntag kooperativ mitmacht, weil sie tatsächlich an ihre mehr oder weniger baldige Freilassung glaubt. Und zwar nicht Hoffnung als letzter Strohhalm einer Verzweifelten - das wäre vielleicht für den letzten Anruf treffend, wo sie bei aller innerer Fatalität und Instabilität dennoch weitestgehend bei dem Schema bleibt, nichts über ihre tatsächliche Lage verlauten zu lassen. Sondern eher so, dass sie tatsächlich Grund hatte, an einen solchen Ausgang glauben, zumindest berechtigt darauf hoffen konnte. Das natürlich grundsätzlich aus ihrer Sicht, aber Frauke war nicht blöd, empathiefähig und hätte mMn wohl ganz gut einschätzen können, wie ihre Chancen stehen, welche Perspektiven realistisch sind. Hängt sehr vom Tatanlass und ihr erkennbarem Motiv ab.
Nicht vergessen, im Gegensatz zu uns
kannte Frauke damals den jeweils aktuellen Stand des Tathergangs als "Hauptperson" recht genau, und die Liste der plausiblen Motive, bei denen sie
nicht auch darüber im Bilde gewesen sein musste, die ist ziemlich kurz und abenteuerlich. Also, wahrscheinlich wusste Frauke die ganze Zeit ziemlich genau, was da grad abgeht. Und vom Täter und seinem Umgang mit ihr hatte sie natürlich auch ein recht deutliches Bild, möglicherweise ergänzt um ihre bisherigen Erfahrungen mit einem ihr vorab bekannten Täter. Und in eben diesem Kontext vermute ich anhand der Anrufe (Timing, Regelmäßigkeit, Inhalt soweit bekannt), dass Frauke angesichts der ihr augenscheinlichen Situation zunächst eine gewisse Zuversicht hegte. Kippte dann irgendwann zwischen den Anrufen Sonntag und Dienstag.
Wie könnte denn die Situation tatsächlich gewesen sein (und wie nicht...), dass eine halbwegs realistisch einschätzende Frauke zunächst ein gewisses Maß an Zuversicht gehabt hätte? Nicht die einzige, aber sicher die eindeutigst positive Antwort wäre sicher, wenn in der Tatsituation tatsächlich zunächst ihr Tod weder geplant noch von irgendwem gewollt, vielleicht zuerst nichtmal als möglicher Ausgang gesehen und bedacht wurde, von niemandem. Nur ein "sie kann nicht (jetzt noch nicht?) gehen", für das keine Lösung gefunden wird, vielleicht auch keine wirklich zu finden ist. Dass das letztlich mit ihrem Tod endet, sieht anfangs noch keiner, oder will keiner sehen.
Natürlich alles nur Vorstellungen, die mir bei der Beschäftigung mit den Anrufen so kommen, kann auch völlig anders sein. Vielleicht hat der Täter Fraukes Anruftexte ja auch mit dramaturgischem Anspruch wörtlich verfasst und sie Frauke unter vorgehaltener Waffe vorlesen lassen, während sie gefesselt im Laderaum seines Lieferwagens lag. Kommt mir in der Vorstellung recht absurd vor, aber wer weiß? Ich jedenfalls nicht.
Die zwei Täter mit unterschiedlicher Meinung/Konsequenz, der eine mit weichem Herz, der andere rücksichtslos, und die ringen um ein Ergebnis, das dann (tragisch) zu Fraukes Ungunsten ausfällt - das ist doch eher ein erzählerisches Motiv als eine Vorlage für die Realität, oder nicht?
Aber das Thema, Fraukes Freilassung als im Tatverlauf durchaus real im Raum stehende Option, das ist für mich jedenfalls interessant, steht ja weiter oben.
"Sie ist verdurstet."
In deiner Darstellung wohl so, dass man sie bewusst verdursten ließ. Das wäre dann eher uninteressant, um Weiteres ergründen zu wollen. Ich meine, wie man letztlich ihren Tod herbeiführte, nachdem diese Entscheidung stand, das wäre psychologisch vielleicht ein bisschen interessant, macht aber für die wirklich wesentlichen Fragen (wer, warum, wie) letztlich weder einen Unterschied, noch trägt es zu deren Klärung bei.
Aber mal anders aufgegriffen: Es war in einem recht warmen Sommer (wobei allerdings gerade diese Woche etwas kühler gewesen sein soll), Frauke war im Verlauf wohl zunehmend und erheblich angeschlagen durch den massiven Dauerstress ihrer Situation, mentale Dauerüberlastung, gut möglich erheblich Schlafmangel. Sowas macht schnell anfällig für Erkrankungen und starke Ausprägung von Symptomen bei vorliegendem Anlass (Erkrankung, ungesunde Rahmenbedingungen). Und wir wissen nicht, unter welchen Umständen Frauke festgehalten wurde - Wasserversorgung, Essen, vielleicht ein kleiner, schlecht gedämmter Raum ohne oder mit geschlossenen Fenstern, der sich in der Sonne täglich massiv aufheizte, man denke an einen Schuppen, oder ein Fahrzeug, das in der Sonne geparkt ist?
Jedenfalls, Hitze, Dehydration und massiver Dauerstress können so einige mehr oder weniger ernsthafte gesundheitliche Probleme auslösen, die nicht fachgerecht behandelt in ihrer Lage teils gefährlich bis tödlich sein können - von Kreislaufproblemen über migräneähnliche Anfälle mit fortgesetztem Erbrechen, uU auch Durchfall bis hin zu einem ausgewachsenen Hitzeschlag, wo es einem schnell schlecht, dann etwa 36h richtig dreckig geht. Dann wirds (hoffentlich) wieder langsam besser, leider aber gehts dann aber eher steil bergab, wenn auch dann keine sofortige intensivmedizinische Behandlung stattfindet. Würde sich so vom Timing ganz gut in die Anrufpause am Montag und dann Fraukes miserablem Auftreten Dienstag einfügen, eigentlich. Oder eben einfaches Verdursten. Zu warmer Festhalteort, schon ein paar Tage mit Flüssigkeit eher unterversorgt, der Körper durch Stress und Schlafmangel sowieso geschwächt - da können dann 24h ganz ohne Wasser reichen, tödlicher Kreislaufkollaps, oder zumindest Delir oder fortdauernde Ohnmacht. Ohne Infusion und medikamentöse Stabilisierung plus möglichst durchgehende Überwachung sähe es dann echt schlecht aus.
In sofern, eine solche Todesursache wäre angesichts nicht vorhandener Anzeichen von Gewalteinwirkung (ein ausgeschlagener Schneidezahn wird wohl nicht die Todesursache gewesen sein) jedenfalls als Möglichkeit zu bedenken. Das eigentlich Interessante daran ist aber die Option, dass es sich dann auch durchaus um einen (zumindest zu dem Zeitpunkt) täterseits gar nicht beabsichtigten Tod handeln könnte.
An der Stelle weiß ich, dass manche die Vorstellung eines Täters, der Frauke vielleicht gar nicht töten wollte, so kaum stehen lassen wollen oder können. Ich weiß nicht genau warum, es wirkt als wäre manchen ein Täter, der nicht auch böswillig genug ist für eine klare und vollzogene Tötungsabsicht, irgendwie nicht akzeptabel. Keine Ahnung... jedenfalls kamen in der Vergangenheit an dieser Stelle eigentlich immer eher vehemente und ebenso eher wenig argumentativ begründete Einwände.