Gast hat geschrieben: ↑Dienstag, 30. Juli 2024, 23:21:30
Ich stimme deiner Analyse voll und ganz zu. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich nicht glaube, die Anruf entstanden aus Not heraus, sondern in der naiven Annahme, dass dies die Intensität der Ermittlungen behindere (was ja auch teils stimmte), er/sie aber nicht davon ausging, dadurch geschnappt werden zu können.
Daher glaube ich nicht daran, dass er besonders clever war, sondern viel Glück hatte.
Du meinst, der Täter könnte die Anrufe tatsächlich einfach für eine gute Idee gehalten und dann quasi freiwillig, ohne empfundenen zwingenden Handlungsdruck durchgeführt haben? Kann natürlich so sein, wissen wir nicht. Ist halt Aufwand, tatsächliches und mehr noch empfundenes Risiko, man begibt sich mit dem Opfer in den Straßenverkehr, quasi in die Öffentlichkeit mit einigen Unwägbarkeiten. Ich meine, wer steht da nicht völlig unter Strom, zumindest teilweise auch völlig zu Recht? Nervenkitzel schön und gut, aber wenns um das Risiko geht, als Entführer erwischt zu werden, da hört der Spass doch eigentlich auf, oder nicht? Der müsste schon ordentlich eins an der Waffel gehabt haben, wenn er da keine erhebliche Hemmschwelle empfunden hätte - eine Hemmschwelle, die ein Täter mMn nicht ohne als zwingend empfundenen Grund überschritten hätte. Kann man natürlich irgendwie für
mutig halten, bleibt dabei aber trotzdem völlig kontraintuitiv. Deshalb glaube ich da viel eher an einen "Mut der Verzweiflung", sozusagen.
Oder der Täter war wirklich ausgeprägt dummdreist - dass er letztlich (noch) nicht erwischt wurde, sollte da nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Anrufe als "freiwilliges Täterhandeln" dennoch völlig abseits eines vernünftig geplanten Hergangs stehen.
Andere machen das echt besser. Da verschwindet das Opfer auf Nimmerwiedersehen, auch die Leiche wird in vielen Fällen nie oder erst nach vielen Jahren zufällig gefunden. Man denke mal an Sonja, Scarlett, Rebecca, Yolanda - nur um mal ein paar hier im Forum populäre Namen zu nennen. Stattdessen mit den Anrufen rumzueiern ohne wirkliche Not, nur weil man es für eine gute Idee hält? Würde ich für ausgesprochen dämlich halten.
Wie gesagt, kann natürlich sein, wissen wir nicht.
Hamburger hat geschrieben: ↑Mittwoch, 31. Juli 2024, 05:02:43
Ich bin vollkommen Deiner Meinung, dass die Anrufe "ein klares Zeichen sind, dass da etwas gar nicht nach Plan lief".
Ich gehe davon aus, dass der Täter Fraukes Entführung plante und vorbereitete - und die Absicht hatte, nach der 1. SMS aus Nieheim mit Frauke vollständig unterzutauchen. Der erste Anruf kam wenige Stunden, nachdem die Polizei bekanntgegeben hatte, dass sie wegen Fraukes Verschwinden Ermittlungen aufgenommen und sogar schon den Absendeort der SMS aus Nieheim ermittelt hatte.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Täter mit dem 1. Anruf auf diese Nachrichten reagierte. Das legt nahe, dass der Täter sich durch den ungewöhnlich frühen Beginn der Ermittlungen bedroht sah. (Als die Mitteilung der Polizei veröffentlicht wurde, waren noch keine 48 Stunden vergangen, seit Frauke den Pub verlassen hatte - und das, obwohl Frauke erwachsen war und es keinerlei Hinweise auf eine Gewaltanwendung gab.)
Nach meiner Ansicht hatten die Anrufe den Zweck, die polizeilichen Ermittlungen zu stoppen - allerdings mit Ausnahme des letzten Gesprächs, das sich in mehrerer Hinsicht von den vorangegangenen unterscheidet. Das Motiv für die ersten 4 Anrufe ist daher, so meine Einschätzung, von dem Motiv für die Entführung völlig unabhängig.
Ob geplant und vorbereitet oder nicht - das ergibt sich halt oft mehr oder weniger daraus, wo und in welchem Bezug zu Frauke (inklusive "unbekannt") man den Täter vermutet. Denkbar ist beides, und ich bin nicht der Ansicht, so eine Tat müsse irgendwie gut geplant und vorbereitet sein, um zu gelingen. Da hast du Zugang zu irgendeinem abseits gelegenen Gebäude, das von anderen zumindest gerade nicht frequentiert wird, ländliche Gegend ist voll davon. Oder nen Camper, Wohnwagen, der auf irgendeinem Hinterhof abgestellt ist, wie auch immer. Entweder bist du alleinstehend ohne allzu neugierige direkte Nachbarn, bzw. zur WM kannst du natürlich selbst deiner Familie oder so jeden Abend erzählen, du gehst abends mit Freunden/Kollegen Fußball schauen. Abfahrt nach dem Abendessen, Heimkehr irgendwann gegen Mitternacht. Hätten viele Menschen damals auch spontan "mit Bordmitteln" stemmen können, da brauchts keine besondere Planung oder außergewöhnliche Voraussetzungen seitens Täter.
Wie meinst du das, "...die Absicht hatte, nach der 1. SMS aus Nieheim..."? Klingt als würdest du annehmen, der Täter habe diese SMS initiiert.
In welchem Szenario wäre die erste SMS dem Täter irgendwie hilfreich gewesen? Die wäre in diesem Wortlaut nur gut dafür gewesen, dass Chris nicht irgendwann nach Mitternacht versucht, Frauke zu erreichen (hat er trotzdem versucht) und dann versucht, Bella (deren Nummer er mutmaßlich gar nicht hatte) zu erreichen, im Anschluss vielleicht mitten in der Nacht Fraukes Eltern informiert oder sich auf den Weg in die Innenstadt macht, um Frauke zu suchen oder so. Ich meine, in dem Wortlaut erklärt die SMS Fraukes Fernbleiben nichtmal bis zum nächsten Morgen, nichtmal ein "ich bleib über Nacht weg", oder "bis morgen". Eine Folge-SMS oder einen Anruf am Mittwoch gab es nicht, der eine solche Intention der SMS fortgesetzt hätte.
Wenn die SMS in diesem Wortlaut vom Täter initiiert wurde, was sollte das?
Ob es der "ungewöhnlich frühe Beginn der Ermittlungen" war, durch den sich der Täter bedroht sah und zu den Anrufen inspiriert wurde? Ich sag mal so, bei einer geplanten und vorbereiteten Tat, und von so einer gehst du ja aus, da sollte völlig wurscht sein, ob nun ein oder zwei Tage früher oder später ermittelt wird. Wenn ordentlich geplant und durchgeführt, dann ist sie weg, EB und Angehörigen bleibt nur, ihr Verschwinden öffentlich zu konstatieren, Plakate aufzuhängen und so. Bei einer fähig geplanten Tat Jacke wie Hose.