Richterin und StA im Dialog
Zwei Fotos des Regional-Fernsehens Oberbayern, beide wohl am 30.01.2024 aufgemmen, zeigen die VorsRiLG „Jacqu“ A. und StA Wolfgang F. beim Pläuschchen im Sitzungssaal: eine Situation, die jeder (andere) Richter von Berufs wegen tunlichst vermeidet, damit ein falscher Eindruck gar nicht erst entstehen kann – selbst wenn man nur übers Wetter oder das neue Schweinsbratn-Rezept beim Gamsbichler-Wirt reden sollte.
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Quelle: Regional-Fernsehen Oberbayern am 30.01.2024
https://www.rfo.de/mediathek/video/fall ... schlossen/
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Quelle: Regional-Fernsehen Oberbayern am 20.02.2024
https://www.rfo.de/mediathek/video/pauk ... ess-hanna/
Gewiss reden die beiden hier nicht verbotswidrig über inhaltliche Fragen des Verfahrens und auch nicht über Schweinsbratn. Doch erscheint es denkbar, dass die Vorsitzende den erheblich jüngeren StA bereits aus dessen Referendariat kennt und ihn unter ihre Fittiche genommen hatte, damit aus dem Bua was wird. Ein hellseherisch wirkendes Plädoyer des StAs, beinahe synchron zur stante pede folgenden Verurteilung in einem „Jahrhundertprozess“, könnte hilfreich sein. Schon manch einer wurde dafür belohnt mit einer Beförderung zum OStA oder als Richter ans LG gehievt. Für mich deutet die Körpersprache auf mütterliche Fürsorge gegenüber einem folgsam aufblickenden Eleven.
Unterlagen an Püschel (UKE)
Es ist Usus, einem Gutachter auf dessen Wunsch vorab entsprechende Unterlagen zukommen zu lassen, damit dieser einschätzen kann, ob er sich und seine Methoden für kompetent hält, den Sachverhalt beurteilen zu können. Nicht zuletzt dient dies auch der Prozessökonomie. Denn was hilft ein teures, hopplahopp in Auftrag gegebenes Gutachten, das sich später als fachlich ungeeignet herausstellt.
Nicht nur Verteidiger, auch das Gericht und die StA verfahren so, wenn ein Sachverständiger dies wünscht. Und keiner von denen stellt sich damit über das Gesetz.
Das individuelle Persönlichkeitsrecht (das auch über den Tod hinaus fortbesteht und u. a. in der Schweigepflicht verkörpert ist) konkurriert hier mit der rechtsstaatlich gebotenen Verteidigung im Strafprozess. Eine Rechtsgüterabwägung führt dazu, dass die Rechte der Verteidigung Vorrang haben (müssen). Weitergegeben werden die Unterlagen ggf. in anonymisierter Form und auch der (ärztliche) Gutachter unterliegt seinerseits der Schweigepflicht.
Vielmehr drängt sich die Frage auf, ob der Affront gegen die Verteidigung nicht doch von der Befürchtung getrieben ist, Püschel könnte am Ende zusammen mit einer Computersimulation von Syn Schmitt der Nachweis eines Unfalls gelingen. Ein deutlicher Warnhinweis:
Unfall oder Mord?
… Darüber hinaus steht Syn Schmitt im engen Austausch mit dem Hamburger Rechtsmediziner Prof. Klaus Püschel zur Anwendung seiner Methode in weiteren Rechtsfällen. …
Universität Stuttgart am 29.09.2022
https://www.uni-stuttgart.de/universita ... oder-Mord/
Retourkutsche?
Rechtskundig zeigt sich RA Holderle, indem er seine Strafanzeige nicht gegen bestimmte, namentlich benannte Personen richtete, sondern „gegen sämtliche Personen, welche verantwortlich sind für die Weitergabe von Akteninhalten“. So sucht er zu vermeiden, sich Vorwürfen der falschen Verdächtigung, der Verleumdung oder üblen Nachrede auszusetzen. Ob dies gelingen kann, wird sich erst noch zeigen.
Allerdings dürfte RAin Rick hinreichend Größe und Format besitzen, um einer Retourkutsche auf RA Holderles Augenhöhe nicht zu bedürfen.
Weitergabe der E-Mails an Bild
Noch nicht einmal bekannt ist, was genau der Bild-Redaktion zugespielt wurde – und von wem. Ich empfehle: eine Durchsuchung der Münchner Redaktion und der Kanzlei von RAin Rick. Schon lange gab es keine Spiegel-Affäre mehr und auch die rechtswidrigen Kanzleidurchsuchungen der 70er-Jahre hätten ein Revival verdient.
Im Ernst: Strafrecht mit dem Rasenmäher oder der Gießkanne funktioniert nicht. Eine konktete Person muss von der StA als Beschuldigter benannt werden, ein ganz konkreter Sachverhalt muss dem tatbestandlichen Vorwurf zugrunde gelegt werden. Hier aber wird es schon mit dem tatbestandlichen Vorwurf schwierig (
§ 353d StGB).
RA Holderles Logik
Kalle hat geschrieben: ↑Freitag, 23. Februar 2024, 13:56:08
… Ich versuche die Logik von Herrn Holderle … zu durchdringen und es gelingt mir nicht. Was tut er, was den Eltern wirklich hilft ? …
Was Familie W. helfen könnte? In Frage kommen z. B.:
• Schadensbegrenzung (wegen evtl. Kostentragungspflicht bei Freispruch),
• Geltendmachung von Schadenersatz und Schmerzensgeld,
• effektive Interessensvertretung im Sitzungssaal,
• rückhaltlose Aufklärung über den Erkenntnisstand.
Wir wissen nicht, welches Narrativ RA Holderle seiner Mandantschaft gegenüber bedient, um sie bei der Stange zu halten. Sicher scheint nur, dass er sich (zumindest nach außen) auf lautestmögliches Gackern verlegt, weil die juristischen Eier, die er legen könnte, allenfalls Korinthengröße aufweisen.
Nicht um einen rechtlichen Kampf geht es ihm, sondern um eine psychologische Kriegsführung. In erster Linie will er seine Mandanten von seiner Kompetenz überzeugen. Und retten, was noch zu retten geht. Womöglich hatte er das Verfahren seinen Mandanten zu Anfang als „g'mahde Wiesn“ verkauft und die Familie hatte sich allzu leichtfertig darauf eingelassen.
Was am meisten verwundert: Bis heute wurden keine Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht. Dies ist nicht allein einem späteren Zivilprozess vorbehalten, sondern kann auch im Strafprozess erfolgen (sog. Adhäsionsverfahren,
§ 403 ff StPO). Vorteil: Die aufwendige Ermittlung des Sachverhalts muss nicht kostenträchtig in einem Zivilverfahren wiederholt werden.
Was RA Holderle tut: Er agitiert gegen die Verteidigung, vor allem gegenüber den Medien. Er schließt einen Unfall zur Gänze aus und stellt dies so dar, als sei es zu 100 Prozent durch die Beweisaufnahme erwiesen. Damit tangiert er in gefährlicher Weise seine anwaltliche Verpflichtung zur Wahrheit. Entgegen seines eigenen Postulats einer bereits übertretenen Schmerzgrenze rückt er Familie W. noch weiter in den Fokus der Öffentlichkeit als Opfer einer vermeintlich kriminellen Verteidigung.
Cui bono? Mein persönlicher Tipp: RA Holderle. Aus dessen Perspektive betrachtet, ergibt das Szenario ein viel stimmigeres Bild als aus der Perspektive der Familie W.
Kalle hat geschrieben: ↑Freitag, 23. Februar 2024, 13:56:08
… Ich kann mir … nicht vorstellen, dass die Eltern … an einer Verurteilung von irgendwem interessiert sind. …
Das halte auch ich für wenig wahrscheinlich. Wo aber liegen die Interessen Holderles?
Ich fürchte, die Familie W. durchdringt den Stand des Verfahrens nicht ganz, zumal sie auf RA Holderles „Interpretation“ und Übersetzung ins Normaldeutsche angewiesen ist und auch aus der Presse überwiegend einseitig und vorverurteilend informiert wird.
Trauerarbeit der Familie?
Mutter, Vater und Bruder leben seit nunmehr fast eineinhalb Jahren in einem Ausnahmezustand, an dessen Schrecken sich seit der Todesnachricht nichts verändert hat. Ein Standbild aus Schock und Verzweiflung. Trauerarbeit war und ist kaum möglich, solange noch kein Tatverdächtiger ermittelt, keine Anklage erhoben war, keine Beweiserhebung vor Gericht abgeschlossen ist und keine Aufklärung vorliegt, ob eine Gewalttat oder ein Unfall geschehen ist. Noch dazu die Frage: Steht der Richtige vor Gericht? Pausenlose Erschütterung. Eine ganze Wand, gegen die eine Trauerarbeit unmöglich ist.
andi55 hat geschrieben: ↑Freitag, 23. Februar 2024, 18:28:15
… Auf mich wirkt es so, als wären Hannas Eltern sehr besonnene Menschen, die … von ihrem Anwalt angestachelt und aufgehetzt werden. …
Ein RA hätte der Familie raten können, sich nicht den seelischen Strapazen einer Nebenklage auszuliefern, sondern an einem stillen Rückzugsort Ruhe zu finden, um in aktiver Trauer einen Weg in die Zukunft beginnen zu können – fernab des die Seele blockierenden Medienrummels rund um einen aufreibenden Strafprozess. Doch damit verdient ein Fachanwalt für Strafrecht kein Geld.
RA Holderle aber ist auch Fachanwalt für Familienrecht. Ob er denn weiß, dass die besten RAe sich nur höchst selten bei Gericht zeigen, weil sie sich darauf verstehen, Konflikte zu vermeiden oder sie außergerichtlich zu lösen? Damit steht man dann allerdings nicht in der Zeitung.
Wieder gilt: Eine Betrachtung aus der Perspektive des RAs lässt erkennen, dass die scheinheilige Inszenierung am ehesten zu den Interessen des Anwalts passt, nicht zu denen der Familie W.