MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Anja Aichele, Ayleen Ambs, Vierfachmord von Annecy 2012, Bärbel B. (Bremerhaven) u. Ingrid R. (Bremen), Annika Brill, Tristan Brübach, Christoph Bulwin, Anne D. (Lorch), Suzanne Eaton, Michaela Eisch, Victor Elling, Sonja Engelbrecht, Trude Espas, Regina Fischer, Abby G. & Libby W. (USA-Indiana), Maren Graalfs, Valeriia Gudzenko, Mara-Sophie H. (Kirchdorf), Marion & Tim Hesse, Jutta Hoffmann, Bärbel K. (Lübeck), Peggy Knobloch, Cindy Koch, Martina Gabriele Lange, Lola (FR-Paris), Karl M. (Berlin), Khadidja M. (Ingolstadt), Stefan M. (Salzgitter), Jelena Marjanović, Margot Metzger, Karin N. (Borchen), N. N. (Lampertheim), Gabby Petito, Heike Rimbach, Elmar Rösch, Gustav Adolf Ruff, Carina S. (Iserlohn), Hannah S. (Hamm), Lena S. (Wunsiedel), Gabriele Schmidt, Mord in Sehnde-Höver, Yasmin Stieler, Simone Strobel, Elisabeth Theisen, Karsten & Sabine U. (Wennigsen), Nicky Verstappen, Hanna W. (Aschau)
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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FRAGE : nachdem Herr RA Holderle zu Anfang des Prozesses immer wieder betont hat, welch Martyrium dies alles für die Angehörigen des Opfers sei, weil der Tatverdächtige nicht endlich gesteht ( sinngemäß), frage ich mich, warum hat er als Nebenklagevertreter nicht gleich zu Anfang des Prozesses, als absehbar war, Sebastian wird weiter schweigen, keinen Beweisantrag gestellt bezüglich der Beauftragung eines Hydromechanikers wie Herrn Prof. Malcherek?? Wenn ich richtig informiert bin, darf ein Nebenklagevertreter Beweisanträge stellen. Wenn man sich doch so sicher ist, dass es KEIN Unfall war, will man das doch schnellstmöglich untermauert haben, oder nicht? Ich will da jetzt nichts hineininterpretieren, aber waren da doch kleine Restzweifel ?
Turmfalke23
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Selbstverständlich hat die Nebenklage das Recht, eigene Beweisanträge zustellen.
Dass Sebastian schweigen wird, wäre doch keine Überraschung.

Diese Quelle kann hilfreich sein.
https://www.rudolph-recht.de/nebenklage ... afprozess/
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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andi55 hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 18:55:15 … warum hat er als Nebenklagevertreter … keinen Beweisantrag gestellt bezüglich der Beauftragung eines Hydromechanikers wie Herrn Prof. Malcherek?? …
Eine wirklich intelligente Frage, die sich aber nicht zufriedenstellend beantworten lässt. Grundsätzlich wird ein Nebenklagevertreter keinen Beweisantrag stellen, der absehbar der Verteidigung in die Hände spielen könnte.

Dem ersten Anschein nach kommen die Strömungsverhältnisse der Prien durchaus als Verletzungsursache mit relevanter Wahrscheinlichkeit in Betracht. Zu welchem Ergebnis dann ein Gutachter kommen wird, ist vorab kaum vorhersehbar. Möglicherweise sollte das Risiko vermieden werden, dass am Ende feststehen könnte, dass bestimmte Verletzungen nicht zwingend am mutmaßlichen Tatort entstanden sein müssen.

andi55 hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 18:55:15 … Wenn man sich doch so sicher ist, dass es KEIN Unfall war, will man das doch schnellstmöglich untermauert haben, oder nicht? …
Bemerkenswert erscheint die Sichtweise des Nebenklagevertreters (die sich Teile der Presse zueigen gemacht haben), ein Ausschluss der Prien als Ursache schließe automatisch auch einen Unfall aus. Er vernachlässigt dabei, dass längst nicht geklärt ist, welche Verletzungen bei einem Sturz (in den Bärbach) zu erwarten sind.

Eine abstrakte Betrachtung dazu hatte ich hier angestellt:
viewtopic.php?p=242124#p242124

andi55 hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 18:55:15 … Ich will da jetzt nichts hineininterpretieren, aber waren da doch kleine Restzweifel ?
„Kleine Restzweifel“ wird selbst die StA haben, jedoch werden diese niemals nach außen kommuniziert.
Klugscheißer
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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andi55 hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 18:55:15 FRAGE : nachdem Herr RA Holderle zu Anfang des Prozesses immer wieder betont hat, welch Martyrium dies alles für die Angehörigen des Opfers sei, weil der Tatverdächtige nicht endlich gesteht ( sinngemäß), frage ich mich, warum hat er als Nebenklagevertreter nicht gleich zu Anfang des Prozesses, als absehbar war, Sebastian wird weiter schweigen, keinen Beweisantrag gestellt bezüglich der Beauftragung eines Hydromechanikers wie Herrn Prof. Malcherek?? Wenn ich richtig informiert bin, darf ein Nebenklagevertreter Beweisanträge stellen. Wenn man sich doch so sicher ist, dass es KEIN Unfall war, will man das doch schnellstmöglich untermauert haben, oder nicht? Ich will da jetzt nichts hineininterpretieren, aber waren da doch kleine Restzweifel ?
Was hat denn das Schweigen des Angeklagten mit dem Gutachten eines Hydromechanikers zu tun? Hat sich ja nichts geändert, jetzt wo das Gutachten vorliegt.

Woher sollte denn der Nebenklagevertreter schon zu Beginn wissen, dass noch eine weitere Verteidigerin aufschlagen würde, der die beiden bereits in Auftrag gegebenen Gutachten nicht reichen würden? Eben weil man sich sicher war, dass es KEIN Unfall war, hätte man sich dieses dritte Gutachten auch einfach schenken können, zumal es nur die beiden bereits vorliegenden Gutachten bestätigt.

Aber warten wir ab, vielleicht versucht Rick ja noch ein viertes Gutachten bei der Kammer durchzusetzen. Schaun wir mal
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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@Catch22
DANKE, dass du exakt wusstest ,worauf ich hinaus will und die Erklärung !!
Oberbayer

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Catch22 hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 20:54:11
Bemerkenswert erscheint die Sichtweise …, ein Ausschluss der Prien als Ursache schließe automatisch auch einen Unfall aus. Er vernachlässigt dabei, dass längst nicht geklärt ist, welche Verletzungen bei einem Sturz (in den Bärbach) zu erwarten sind.
Meine Güte, Catch22 und andi55. Welche Loyalitäten oder Traumata treiben Euch eigentlich an? Fünf gleichförmige, jedoch rechts und links angeordnete Kopfverletzungen bei einem initialen Sturz in den Bärbach? Total unwahrscheinlich. Jetzt seht es doch einmal ein, dass ihr Euch verrannt habt in Euren Unfallphantastereien.
Gast2255

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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@ Oberbayer

Kann ich dir nur beipflichten!

Aber Catch22 wird wohl nie irgendetwas hier einsehen !

Von andi55 kenne ich fast nur die gebetsmühlenartige Beiträge, dass alle Eiskellergäste gnadenlos besoffen waren und sowieso jeder der Alkhol konsumiert zum Werwolf mutiert. Und sie weiß genau wie Sebastian und Verena ticken, da sie solche Fälle aus ihrem Umfeld kennt (kann man ja anmerken aber ständig zu allem das gleiche zu schreiben macht‘s auch nicht immer richtiger).

@ Catch22 & andi55

Nein danke, ich verzichte dankend auf eine etwaige Antwort, ihr habt sowieso Recht und wisst Bescheid.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Oberbayer hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 23:55:11 Meine Güte, Catch22 und andi55. Welche Loyalitäten oder Traumata treiben Euch eigentlich an? … Jetzt seht es doch einmal ein, dass ihr Euch verrannt habt in Euren Unfallphantastereien.
@Oberbayer
@Gast2255
@Gast25

Den Boten zu töten, der die missliebige Nachricht überbringt, stand schon bei den alten Griechen hoch im Kurs. Die Logik der Botschaft selbst aber wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt.
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Ich habe noch nie behauptet, dass ich den armen Sebastian für unschuldig halte. Im Gegenteil, natürlich ist er hochgradig verdächtig. Ich gebe aber offen zu, dass natürlich eigene Lebenserfahrungen bei Überlegungen eine Rolle spielen. Dass dann unterstellt wird, man hätte ein Faible für Schwerstverbrecher oder würde an die große Verschwörung glauben, ist nicht fair.
Gast25

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Catch22 hat geschrieben: Samstag, 20. Januar 2024, 09:19:15 @Oberbayer
@Gast2255
@Gast25

Den Boten zu töten, der die missliebige Nachricht überbringt, stand schon bei den alten Griechen hoch im Kurs. Die Logik der Botschaft selbst aber wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt.
Gibst du bitte dann Bescheid, wenn du deine Botschaft mit der Logik hier postest?!
lawine
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von lawine »

Catch22 hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 20:54:11 Eine wirklich intelligente Frage, die sich aber nicht zufriedenstellend beantworten lässt. Grundsätzlich wird ein Nebenklagevertreter keinen Beweisantrag stellen, der absehbar der Verteidigung in die Hände spielen könnte.

Dem ersten Anschein nach kommen die Strömungsverhältnisse der Prien durchaus als Verletzungsursache mit relevanter Wahrscheinlichkeit in Betracht. Zu welchem Ergebnis dann ein Gutachter kommen wird, ist vorab kaum vorhersehbar. Möglicherweise sollte das Risiko vermieden werden, dass am Ende feststehen könnte, dass bestimmte Verletzungen nicht zwingend am mutmaßlichen Tatort entstanden sein müssen.
du lässt komplett außer acht, dass die Gerichtsmedizin neben Ertrinken und sehr speziellen Verletzungen an Kopf/Schulterdächern eine mindestens Bewusstseinstrübung bis hin zu Ohnmacht festgestellt hat.
Die Bewusstseinstrübung/Bewusstlosigkeit dürfte mit den Verletzungen hinreichend erklärbar sein. Nicht erklärbar allerdings ist, dass diese Verletzungen erst am Wehr kurz vor Priem entstanden sein sollen und dann zum Ertrinken geführt hätte.

Ertrinken bei vollem Bewusstsein oder ohnmächtig/bewusstseinsgetrübt ist gerichtsmedizinisch sehr gut nachweisbar.
Der Körper eines Menschen reagiert je nach Bewusstseinszustand unterschiedlich wenn er ertrinkt
lawine
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von lawine »

andi55 hat geschrieben: Samstag, 20. Januar 2024, 11:15:11 Ich habe noch nie behauptet, dass ich den armen Sebastian für unschuldig halte. Im Gegenteil, natürlich ist er hochgradig verdächtig. Ich gebe aber offen zu, dass natürlich eigene Lebenserfahrungen bei Überlegungen eine Rolle spielen. Dass dann unterstellt wird, man hätte ein Faible für Schwerstverbrecher oder würde an die große Verschwörung glauben, ist nicht fair.
welche Erfahrung hast du mit Ertrinken?
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Ein überaus lesenswerter Beitrag aus der „Legal Tribune online“ vom 01.07.2023 (m. w. N.) zur Vermeidung von Fehlurteilen – kaum ein halbes Jahr her und schon wieder vom Amüsement des Alltags aufgezehrt und verdrängt:
https://www.lto.de/recht/justiz/j/badew ... ng-justiz/

Hier ein Auszug daraus (ohne die im Original enthaltenen Verlinkungen zu weiteren Nachweisen):

Spoiler – hier klicken!
„Badewannenmordfall“ und andere Justizopfer
Wie lassen sich Fehl­ur­teile ver­hin­dern?



Wann ist ein Urteil „falsch“?

… Schon jetzt ist es aber an der Zeit für eine neue Debatte über ein justizielles Tabuthema – das Fehlurteil. Es geht damit um einen ebenso großen wie nebulös-unscharfen Begriff. Der Jurist Toni Böhme schlägt in seiner Dissertation über „das strafgerichtliche Fehlurteil“ ein differenziertes Begriffsverständnis vor: Ein Fehlurteil im engeren Sinne bedeutet für ihn „eine gerichtliche Entscheidung, die der forensischen (gerichtlich ermittelbaren) Wahrheit nicht entspricht […].“ Dem Gericht müsse „ein kausaler und vermeidbarer Fehler entweder bei der Sachverhaltsermittlung oder bei der Rechtsanwendung unterlaufen sein, der sich auf den Schuldspruch oder auf die Strafzumessung bezieht.“

Bereits mit dieser Definition legt er eine Grundlage, die Hoffnung macht: Bei Fehlurteilen handelt sich nicht um einen stets unvermeidbaren, systemimmanenten „Kollateralschaden des Rechtsstaats“. Fehler könnten verhindert werden. Sich hierum immer wieder zu bemühen, ist wichtig – nicht nur, um Menschen vor unrechtmäßiger Inhaftierung zu schützen, sondern auch um nachhaltige Schäden fürdas Vertrauen in die Justiz und die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats“ abzuwenden, so formulieren es die Strafrechtsprofessoren Stephan Barton, Marieke Dubelaar, Ralf Kölbel und Michael Lindemann in einer interdisziplinären Studie zu Fehlurteilen aus dem Jahr 2018.



Aufhellung im „Hinterhof der Strafjustiz“

Auch, wenn die wissenschaftliche Aufhellung dieses „Hinterhofs der Strafjustiz“ noch am Anfang steht, liegen schon Befunde zur Genese und Prävention von Fehlurteilen vor. Der Tübinger Kriminologe Jörg Kinzig begann bereits 2014 mit einem DFG-geförderten Forschungsprojekt zum „Freispruch nach Untersuchungshaft“. Richtig Fahrt aufgenommen hat die interdisziplinäre Debatte 2017 mit den Bielefelder Verfahrenstagen zum Thema „Fehlurteile im Strafprozess“. 2019 erschien eine Arbeit von Carolin Arnemann, die basierend auf einer empirischen Erhebung Reformvorschläge für das strafrechtliche Wiederaufnahmeverfahren formuliert. Eine weitere Untersuchung von Barbara Dunkel widmet sich den „Fehlentscheidungen in der Justiz“. 2022 beendete das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) das von den Professor:innen Thomas Bliesener, Karsten Altenhain und Renate Volbert durchgeführte und von der DFG geförderte Forschungsprojekt „Fehler und Wiederaufnahme im Strafverfahren“.



Was schützt vor dem justiziellen Super-GAU?

Rechtspolitische Ansatzpunkte ergeben sich schon jetzt mit Blick auf die Ursachen strafgerichtlicher Fehlentscheidungen. Grundlegend erforscht wurden sie von Böhme in seiner Dissertation. Einige der von ihm gefundenen Probleme seien hier exemplarisch benannt: Als Hauptfehlerquellen erkennt er etwa „die Schwäche des Personalbeweises, die polizeiliche Ermittlung, die gerichtliche Aufklärung, die richterliche Überzeugungsbildung und Beweiswürdigung sowie die Ausgestaltung verschiedener gesetzlicher Vorschriften“. Damit meint er vor allem falsche Geständnisse, unerkannte Falschaussagen, sonstige falsche bzw. irreführende Beweismittel oder eine falsche anwaltliche Beratung. Hinzu komme, wie so oft, der Personal- und damit Zeitmangel bei der Erledigung von Strafverfahren.

Für eine bessere Prävention von Fehlurteilen schlägt er neben einer Aufstockung des Personals in der Strafjustiz unter anderem die Vermittlung von Kenntnissen der Aussagepsychologie, Forensik und Kriminalistik sowie von fehlurteilsspezifischen Inhalten in der strafrechtlichen Referendar:innenausbildung vor. Viel verändern könnte zudem eine etablierte Fehlerkultur in der Strafjustiz. Die Fehleranfälligkeit des Revisionsrechts vor Augen stellt Thomas Fischer außerdem fest: „Veränderungen des Revisionsrechts und der Revisionspraxis sind notwendig.“ Große Hoffnung liegt auch auf der Dokumentation der Hauptverhandlung. Ein aktueller Regierungsentwurf sieht eine verpflichtende Tonaufzeichnung und anschließende Transkription der Hauptverhandlung vor. Urteile sollen nicht mehr nur auf der Basis von Erinnerungen und Mitschriften der Richter:innen beraten werden.

Der Fehlurteilsforschung endlich zuhören

Wer sich anlässlich des aktuellen Fehlurteilsverdachts im „Badewannenmordfall“ die Frage nach der Prävention von Fehlurteilen stellt, wird bei einem Blick in die strafrechtlich-kriminologische Forschung bemerken: Es mangelt nicht an Ideen. Wir müssen der Fehlurteilsforschung nur endlich zuhören. Der Fall Genditzki ist unser Wake-Up-Call. Ihn ernst zu nehmen, ist eine große Chance für unseren Rechtsstaat. Bundesjustizminister Buschmann sollte nicht nur die geplante Entrümpelung des Strafgesetzbuches, sondern auch die seit Jahren angemahnten Bemühungen um Fehlurteilsprävention beherzt anpacken. Denn hier geht es um nichts Geringeres als das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und die Freiheit jedes einzelnen von uns.[/size]

Dipl. Jur. Katharina Reisch ist Doktorandin und wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie und Rechtssoziologie an der Universität Leipzig bei Prof. Dr. Katrin Höffler.

Legal Tribune online vom 01.07.2023
https://www.lto.de/recht/justiz/j/badew ... ng-justiz/
Gast1201

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast1201 »

Könnte man den Angeklagten nach aktueller Beweislage überhaupt schuldig sprechen?

Es bräuchte doch schon mehr, als die bisherigen Ansätze oder?

Meint ihr er bricht irgendwann sein Schweigen, wenn es zu übel für ihn steht? Ansonsten würde das ja höchstwahrscheinlich heißen, dass er es dann wohl doch war oder?
Gast25

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast25 »

Catch22 hat geschrieben: Samstag, 20. Januar 2024, 16:32:20 Ein überaus lesenswerter Beitrag aus der „Legal Tribune online“ vom 01.07.2023 (m. w. N.) zur Vermeidung von Fehlurteilen – kaum ein halbes Jahr her und schon wieder vom Amüsement des Alltags aufgezehrt und verdrängt:
https://www.lto.de/recht/justiz/j/badew ... ng-justiz/

Hier ein Auszug daraus (ohne die im Original enthaltenen Verlinkungen zu weiteren Nachweisen):

Spoiler – hier klicken!
„… schon wieder vom Amüsement des Alltags aufgezehrt und verdrängt: …“: Na wenigstens outest du dich indirekt bezüglich der Basis deiner „Logik“ immer wieder mal sehr eindeutig. In dem Zusammenhang wundert mich dann deine wiederholt gespielte Empörung doch ein wenig, wenn man dich dann lediglich beim Wort nimmt. Falls es zu einer Verurteilung kommt, ist es also ein Fehlurteil wie bei Genditzki und Mollath. Ist das deine Meinung?
Gastfreiheit

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gastfreiheit »

Catch22 hat geschrieben: Samstag, 20. Januar 2024, 09:19:15 @Oberbayer
@Gast2255
@Gast25

Den Boten zu töten, der die missliebige Nachricht überbringt, stand schon bei den alten Griechen hoch im Kurs. Die Logik der Botschaft selbst aber wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt.
Danke catch22 für dieses Zitat und auch an andi55.
Der Mob pöbelt,.... Ich schätze eure Beiträge. Danke dafür.
Gastfreiheit

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gastfreiheit »

Oberbayer hat geschrieben: Freitag, 19. Januar 2024, 23:55:11 Meine Güte, Catch22 und andi55. Welche Loyalitäten oder Traumata treiben Euch eigentlich an? Fünf gleichförmige, jedoch rechts und links angeordnete Kopfverletzungen bei einem initialen Sturz in den Bärbach? Total unwahrscheinlich. Jetzt seht es doch einmal ein, dass ihr Euch verrannt habt in Euren Unfallphantastereien.
Oberbayer. In diesem Zusammenhang von Traumata zu sprechen, ist dumm und , mit Verlaub, eine Frechheit. Missbrauche bitte Wörter nicht, deren Bedeutung Dir nicht klar sind. Diskutieren geht anders. Danke sehr.
Gast25

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast25 »

Der Ton wird rauher bei einigen Foristen… die Einsicht, sich in manchen Punkten komplett verrannt zu haben und dabei bewusst verbal weit aus dem Fenster gelegt zu haben, wächst scheinbar auch dort. Zumindest ist der süffisant-überhebliche Unterton der vermeintlichen Überlegenheit komplett gewichen. Egal… man weiß ja mit beiden provozierenden Stilmitteln umzugehen. Und der geschätzte Mitforist Oberbayer erst recht. @Oberbayer: Danke für deine stets guten und besonnenen Beiträge.

In Summe ist das ja auch menschlich und wir sollten da jetzt nicht allzu heftig mit zb Catch22 ins Gericht gehen. Noch vor ca. 1 1/2 Wochen war er fest der Meinung, dass ein Haftprüfungsantrag durch die Verteidigung unmittelbar bevorsteht… „nach Anhörung des Sachverständigen Malcherek“. Jetzt muss Catch22 genau das Gegenteil zur Kenntnis nehmen. So wie ich ihn hier basierend auf seinen sonstigen Beiträgen einschätze, ist es absolut erklärbar, warum er nicht so einfach komplette Fehleinschätzungen einräumen kann. Ich seh ihm das nach, wenn der Diskussionston sachlich und fair bleibt.

Anmerkung Moderation nach Beanstandung dieses Beitrags:
Wer sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, wird sich noch zeigen, noch ist es nicht so weit.
Und auch ein Urteil eines irdischen Gerichts ist übrigens kein objektiv-absolutes und unanfechtbares. Von in Mitgefühl drapierten Hohn gegenüber Mitforisten bitten wir abzusehen.
Das gilt natürlich für beide Seiten des Jordans.
Danke!
ben
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Gast25 hat geschrieben: Samstag, 20. Januar 2024, 20:12:31 Der Ton wird rauher bei einigen Foristen… die Einsicht, sich in manchen Punkten komplett verrannt zu haben und dabei bewusst verbal weit aus dem Fenster gelegt zu haben, wächst scheinbar auch dort. Zumindest ist der süffisant-überhebliche Unterton der vermeintlichen Überlegenheit komplett gewichen. Egal… man weiß ja mit beiden provozierenden Stilmitteln umzugehen. Und der geschätzte Mitforist Oberbayer erst recht. @Oberbayer: Danke für deine stets guten und besonnenen Beiträge.

In Summe ist das ja auch menschlich und wir sollten da jetzt nicht allzu heftig mit zb Catch22 ins Gericht gehen. Noch vor ca. 1 1/2 Wochen war er fest der Meinung, dass ein Haftprüfungsantrag durch die Verteidigung unmittelbar bevorsteht… „nach Anhörung des Sachverständigen Malcherek“. Jetzt muss Catch22 genau das Gegenteil zur Kenntnis nehmen. So wie ich ihn hier basierend auf seinen sonstigen Beiträgen einschätze, ist es absolut erklärbar, warum er nicht so einfach komplette Fehleinschätzungen einräumen kann. Ich seh ihm das nach, wenn der Diskussionston sachlich und fair bleibt.
Die Unfall-Theorie war doch von Anfang an irgendwie Quatsch. Sie wurde ermordet.

Es stellt sich doch nur die Frage, ob sie ihn für "ich wars" in den Knast stecken wollen oder, ob ihnen das zu wenig ist und sie ihn davon kommen lassen wollen. Im. ersten Fall geht event. ein Unschuldiger in den Knast. Im zweiten Fall läuft ein Mörder frei rum.

Und um diese Frage gehts seit Monaten und daran werden weitere Monat an Diskussion nichts ändern.
Oberbayer

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Gast25 hat geschrieben: Samstag, 20. Januar 2024, 20:12:31 … die Einsicht, sich in manchen Punkten komplett verrannt zu haben …, wächst scheinbar auch dort. Zumindest ist der süffisant-überhebliche Unterton der vermeintlichen Überlegenheit komplett gewichen. Egal... @Oberbayer: Danke für deine stets guten und besonnenen Beiträge.

In Summe ist das ja auch menschlich und wir sollten da jetzt nicht allzu heftig … ins Gericht gehen. … nach Anhörung des Sachverständigen Malcherek muss … genau das Gegenteil zur Kenntnis nehmen. […] nicht so einfach komplette Fehleinschätzungen einräumen ...
Einverstanden und Danke! Ja, wir sind alle Menschen und damit in unserem Urteil fehlbar. Und wir Foristen kennen “leider” (bzw. völlig zurecht) nicht die Ermittlungsakten.

Umso mehr ist bei der von uns Laien vorgenommenen Indizienwürdigung eine ständige “Kalibrierung” notwendig. Jeder weiß, denke ich, was ihn gerade an diesem Fall packt, richtig?
Sind es der deutlich defizitäre TV, ist es das attraktive Opfer, lebensfoh, welches in absehbarer Zukunft mit Sicherheit eine gute Ärztin für die Region abgegeben hätte, die verzwickte Beweislage insgesamt, und vieles dergleichen mehr?

Kalibrierung heißt nun, sein Urteil im Erkenntnisfortschritt anzupassen. Unfall ist vorliegend vom Tisch. Momentan verdichtet sich die Indizienlage eindeutig zu Lasten des einzigen (!) TV. Jeder sollte seine Hypothesen, unterbewussten Glaubenssätze, “mental models”, etc. überprüfen und der Lage anpassen. Für einen Hammer sind alle Probleme Nägel, Leuten auf der Suche nach Justizopfer erscheinen Genditzki-Clones.

Nüchtern betrachtet, sind weder die verabscheuungswürdige vermeintliche Tat noch der TV so speziell. Die mit dem Fall betraute Kammer wird befähigt sein, zu gegebener Zeit ein ausgewogenes Urteil zu fällen. Verurteilungen zu Mord/Totschlag erfolgen selbstredend auch ohne konkrete Tatwerkzeugkenntnis oder Täter DNA, so kann es im vorliegenden Fall laufen.
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