Taugenix hat geschrieben: ↑Dienstag, 12. September 2023, 03:00:12
Was ist mit den Tagen zuvor z.B.? BFS hatte sich die immer wieder (also seit Anbeginn der Wanderung) fehlenden Ortungs-Rohdaten mit diesem Ultra-Stromsparmodus erklärt.
Wenn sie in diesem Modus aber trotzdem Internet hatte (werden über bspw Google Chrome nicht ebenfalls Standortdaten erfasst?) und die Tage zuvor auch im Mobilfunknetz eingeloggt war, dann hätten doch trotzdem (von mir aus auch grob gefächerte, stärker vom echten Standort abweichende) Ortungspunkte/Bereiche in diesen ominösen Rohdaten auftauchen müssen?
Nein. Aus dem einfachen Grund weil in diesem Modus der Standort-
Dienst des Handys abgestellt ist. Der Standort-Dienst ist ja eine Betriebssystem-Komponente eines Android-OS. Das Huawei P20 Pro, das Scarlett benutzte, verwendet als OS Android. Der Dienst greift u.a. auf GPS, auch auf WLAN-Daten als Standort-Provider zu. Meines Wissens
nicht auf Mobilfunkdaten. Aber da bin ich mir nicht sicher. Es ist aber am Ende auch egal, weil wenn der Standort-Dienst aus ist, ist er aus, dann wird nicht getrackt und nichts geloggt, egal welcher Standort-Provider.
Google-Chrome kann den Standort-Dienst eines Endgeräts nutzen, auch eines Laptops oder PCs, wenn der Anwender es zulässt.
Aber dadurch, dass auf einem Endgerät Google Chrome als Browser installiert ist, wird nicht die Deaktivierung des Standarddienstes umgangen - insofern spielt das keine Rolle an der Stelle.
Taugenix hat geschrieben: ↑Dienstag, 12. September 2023, 03:00:12
Würde mal gerne wissen welcher Spezialist das herausgefunden hat mit fehlenden Ortungsrohdaten. Also wie kommt man da denn ran? Die Polizei war es ja anscheinend nicht?!
Die BfS haben IT-Experten ihres Vertrauens zurate gezogen (mehrere) und die haben einfach das Experiment gemacht und ein baugleiches Huawei P20 Pro eingesetzt, und dann eben einen halben Tag lang oder so Ultra-Energie-Sparmodus aktiviert und am anderen Tag Offline-Modus. Und dann verglichen, wie sich das in der Zeitleiste und Aktivitäten-Übersicht des Google-Kontos auf diesem Gerät niederschlägt.
Sie haben von Scarletts Google-Konto durch die zweite SIM-Karte und die bekannten Passwörter den gesamten Google-"Takeout" bekommen (
https://takeout.google.com/). Das ist ein Komplett-Datenabgriff, den jeder anfordern kann, der ein Google-Konto benutzt. Darin sind alle Daten, die Google so sammelt, wenn ein Smartphone ihre Dienste verwendet. Das ist extrem viel Material. Die Routen-Daten sind darin noch detaillierter als wenn man sie in Google-Maps unter "Meine Zeitachse" visualisiert ansieht. Ich hab mal einen Takeout angefordert. Allein im Standortverlauf waren über eine Million Einträge (für 7 Jahre), die JSON Datei hatte 10 Millionen Zeilen und war 20 MB groß.
Im Experiment der BfS-IT-Unterstützer ergab der Ultra-Energie-Sparmodus eben ein vergleichbares "Bild" bei den Routen-Daten (und auch bei anderen Aktivitätsdaten) wie das, was sie in Scarletts Google-Takeout vorgefunden haben. Und vor allem waren in dem Abschaltezeitraum eben einfach keine Daten in dem Standortverlauf drinne.
In den Google-Daten des Standort-Verlaufs hat ein Lokalisierungs-Eintrag immer einen Millisekunden-genauen Zeitstempel "timestampMs" (im Unix Epoche Time-Format, das z.B. auch JavaScript benutzt, der gibt die MS seit dem 1. jan 1970 0:00 an). Der Zeitstempel markiert den Startpunkt der Aufzeichnungssequenz. Die beginnt i.d.R. wenn das Handy aus dem Ruhezustand an einen anderen Ort bewegt wird.
So ein Eintrag hat einen Breitengrad-Wert "latitudeE7", einen Längengrad-Wert "longitudeE7", einen Wert "accurracy" für die Exaktheit der Messung, die gehen von 0 bis 2^16 ( = 65335) und dann noch einen "activity" Eintrag, in dem steht ein oder mehrere Aktivitäts-Einträge in denen weitere "timestampMs", steht für den nächsten Zeitmesspunkt, gefolgt von einer Einordnung der Bewegung, und zwar ob sie (vermutlich) zu Fuß, per Auto, Bahn, Fahrrad, Flugzeug erfolgt ist und ein Wert "Confidence" der angibt wie zuverlässig die Einschätzung der Fortbewegungsart ist. Wenn es nicht klar ist, womit User/Handy sich bewegten (confidence < 100), stehen eine Liste möglicher Fortbewegungsformen mit unterschiedlicher Zuverlässigkeit drin.
Optional steht in dem Eintrag auch die Höhe in Metern über Normal-Null des Standort "altitude", oder bei Bewegung auch die Bewegungsgeschwindigkeit "velocity".
Das kann z.B so aussehen, in JSON formatiert:
Code: Alles auswählen
{
"timestampMs" : "1505546352877",
"latitudeE7" : 482271152,
"longitudeE7" : 102258892,
"accuracy" : 68,
"altitude" : 229,
"verticalAccuracy" : 2,
"activity" : [ {
"timestampMs" : "1505546530808",
"activity" : [ {
"type" : "TILTING",
"confidence" : 100
} ]
}, {
"timestampMs" : "1505546227272",
"activity" : [ {
"type" : "UNKNOWN",
"confidence" : 40
}, {
"type" : "IN_VEHICLE",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "ON_BICYCLE",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "ON_FOOT",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "WALKING",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "RUNNING",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "STILL",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "IN_ROAD_VEHICLE",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "IN_RAIL_VEHICLE",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "IN_FOUR_WHEELER_VEHICLE",
"confidence" : 10
}, {
"type" : "IN_CAR",
"confidence" : 10
} ]
} ]
}
So und bei Scarlett war während der Wanderungen diese Info eben "weg". Bzw. sie wurde erst gar nicht geschrieben.
Und das deutet jedenfalls daraufhin, dass der Standort-Dienst aus war. Zusammen mit anderen Eintrags-Mustern in dem Takeout haben die das eben als durch-den-Ultra-Energiesparmodus-hervorgerufen gedeutet. Die haben sich zumindest Mühe gegeben und die Daten akribisch/ausführlich analysiert. Ich würd das nicht als stümperhaft zusammengeschustert einschätzen, wie sie dieses Datenmaterial und eben die Sache mit dem Standortverlauf und warum die Daten am 10.9 aber auch vorher fehlten, bewertet haben. Sondern schon als relativ fundiert.