DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Anja Aichele, Ayleen Ambs, Vierfachmord von Annecy 2012, Bärbel B. (Bremerhaven) u. Ingrid R. (Bremen), Annika Brill, Tristan Brübach, Christoph Bulwin, Anne D. (Lorch), Suzanne Eaton, Michaela Eisch, Victor Elling, Sonja Engelbrecht, Trude Espas, Regina Fischer, Abby G. & Libby W. (USA-Indiana), Maren Graalfs, Mara-Sophie H. (Kirchdorf), Marion & Tim Hesse, Jutta Hoffmann, Peggy Knobloch, Cindy Koch, Martina Gabriele Lange, Lola (FR-Paris), Karl M. (Berlin), Khadidja M. (Ingolstadt), Stefan M. (Salzgitter), Jelena Marjanović, Margot Metzger, Karin N. (Borchen), Gabby Petito, Heike Rimbach, Elmar Rösch, Gustav Adolf Ruff, Carina S. (Iserlohn), Hannah S. (Hamm), Lena S. (Wunsiedel), Gabriele Schmidt, Mord in Sehnde-Höver, Yasmin Stieler, Simone Strobel, Elisabeth Theisen, Karsten & Sabine U. (Wennigsen), Nicky Verstappen, Hanna W. (Aschau)
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Phil Durchblick
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Das Ehepaar U. wurden mit diversen Messerstichen umgebracht. Karsten U. auf seinem Bürostuhl im Keller. Sabine U. im Kellerflur. Ein psychiatrischer Gutachter hatte sich mit Ayas A. befasst und mit ihm gesprochen und die Tat als charakterfremd für den Angeklagten eingeordnet. Jedoch verwies er auch auf das Phänomen der „Übertötung“, wenn ein Täter von seiner eigenen Tat übermannt werde. „Jeder Bürger kann in der entsprechenden Situation zum Mörder werden“, sagte der Gutachter beim vorletzten Prozesstag am 16. März.

Es gibt keine Zeugen zu der Tat und die Auswertungen der Handydaten ergaben, dass weder das Werkstatt-Handy noch das Privat-Handy von A. zur Tatzeit am Tatort waren. A. bestreitet die Tat und beteuert, dass er auf U. und dessen Meistertitel angewiesen war. Die Tatwaffe wurde bislang nicht gefunden. Möglicherweise bis jetzt.
https://www.leine-on.de/blaulicht/nachr ... im-oeltank
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Phil Durchblick
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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„Einen Menschen zu töten, ist nicht so wie im Fernsehen“, erklärte der Gutachter vor der großen Strafkammer im Landgericht, „Es gibt einen regelrechten Todeskampf. Für den Täter, sofern er keine sadistischen, oder psychopatischen Züge aufweist, ist das eine belastende Erfahrung.“ A. hatte stets seine Unschuld beteuert, auch erklärt, dass er auf U. und seinen Meistertitel angewiesen war, um die von ihm abgekaufte Kfz-Werkstatt weiterzuführen. Er wurde kurz nach dem Mord an U. in seiner Werkstatt überfallen. Die Staatsanwaltschaft hält dies für eine Ablenkung. Dem Gutachter gegenüber sagte A., dass er sich in der JVA sicherer als draußen fühle, da er dort mächtige Feinde habe, die an die Werkstatt wollten.

A. habe selbstsicher im Gespräch mit dem Sachverständigen gewirkt. Der Iraker habe in seiner Heimat viel erlebt und will auch Zeuge von Gewalt geworden sein. „Menschen die Gewalt erlebt haben, neigen statistisch gesehen eher dazu, selbst auch Gewalt anzuwenden“, so der Gutachter. A. habe die deutsche Sprache gelernt und versucht etwas aus sich zu machen. Baute sich eine Existenz auf, auch um Familie zu unterstützen. A. beschrieb sich selbst als zufrieden, ruhig und zurückhaltend, nicht aggressiv, habe jedoch Angst vor Krankheiten. „Der Test zu seinem Charakter war unauffällig und liegt in der Norm. Die Tat war sehr brutal. So ein Täter würde bei dem Test wohl anders abschneiden. Sei traumatisiert.“ Jedoch könne man auch nicht vom „primär“ Charakter auf die Tat schließen. „Die Befragung fand unter dem Gesichtspunkt der Unschuldsvermutung statt. Man muss nicht krank sein, um eine solche Tat zu begehen. Im Grunde kann jeder normale Bürger zum Täter werden, wenn die Umstände entsprechend sind.“

A. ist kein Psychopath

A. habe keine Vorstrafen, keine kriminelle Karriere, keine narzisstische Veranlagung, oder Drogenprobleme. Der Gutachter habe auch keine Hinweise auf eine ausweglose Situation ergründetet. Jedoch habe A. finanzielle Probleme. Diese könnten zu einer emotionalen Belastung führen. Der Gutachter erklärte dem Gericht das Phänomen der „Übertötung“, wenn ein Täter aufgrund der Situation des Tötens in eine Erregungssituation komme. Die Opfer Sabine U. und Karsten U. wiesen diverse Stichverletzungen auf. „Diese Täter kommen dann wenige Minuten später wieder zu sich und rufen sogar Hilfe. Bei Ehepartnern ist dies oft zu beobachten, wenn diese ihre Partner getötet hätten. Man müsse auch unterscheiden zwischen der Situation, dass ein Täter bewusst zu seinem Opfer fahre und dann in die Erregungssituation komme, da das Töten nicht so verlaufe, wie geplant. Eine andere Situation sei es psychologisch bei einer impulsiven Tat, bei der der Täter während der Tat in Panik gerate und beim Todeskampf „überreagiere“.

Die Tat sei jedoch eher persönlichkeitsfremd für A., erklärte der Gutachter abschließend.

Telefondaten und das Rätsel um die Terrassentür

Die Verteidigung von A. ging noch einmal auf die Auswertung der Telefondaten ein. Das Handy von Karsten U. ist seit der Tat verschwunden und ist seit dem nicht wieder im Funknetz aufgetaucht. Das Werkstatt-Handy von A. und auch das private Handy, seien nicht direkt am Tatort lokalisiert worden. Zwar tauchten die Handys in der Funkzelle auf, jedoch hatten Zeugen U. später noch gesehen. Laut Verteidigung würden der Tatzeitraum und die lokalisierten Handydaten A. entlasten, da er nicht am Tatort gewesen sei. Der Tatzeitraum wird auf Sonnabend, zwischen 8.20 Uhr und 11.10 Uhr geschätzt. Spätere Telefonate von A. hätten außerhalb der Funkzelle gelegen, Fahrtwege zwischen diesen Standorten und dem Tatort seien unrealistisch. Außerdem habe es keine Spuren in A.s Wagen, oder an Kleidung gegeben. A. hätte sich innerhalb des Zeitfensters also umziehen müssen, Geld im Hause suchen müssen (Tatvorwurf Habgier). Für die Verteidigung passt das nicht zusammen.
https://www.con-nect.de/wennigsen/nachr ... -neigungen
AngRa
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Heute ging es im Prozess weiter.

Die Plädoyers sollen am 26.4.2023 gehalten werden. Das Urteil soll am 27.4.2023 verkündet werden.

Ob es sich beim Messer, das im Öltank gefunden wurde, um die Tatwaffe handelt, konnte nicht festgestellt werden, da der Ölschlamm alle Spuren an der Klinge verwischt hat. Es ging am heutigen Prozesstag auch noch um einen Auswertungsbericht des Computers der Getöteten, insbesondere um ein Dokument mit der Zahlungsbestätigung. .

Wegen Schulden soll Ayas A. im Juni vergangenen Jahres das Ehepaar U. in Wennigsen-Holtensen getöteten haben. Während sich der Indizienprozess am Landgericht Hannover dem Ende nähert, hat ein IT-Spezialist berichtet, was im möglichen Tatzeitraum auf dem Computer der Opfer geschah.


Hannover. Der Indizienprozess am Landgericht Hannover zum Doppelmord in Wennigsen-Holtensen aus dem Juni vergangenen Jahres nähert sich seinem Ende. Geht es nach dem Vorsitzenden Richter, sollen am 26. April die Plädoyers gehalten und einen Tag darauf das Urteil verkündet werden. Doch die beiden Verteidigerinnen des Angeklagten Ayas A. wollen möglicherweise noch weitere Beweismittel in das Verfahren einführen.


Am Dienstag hat nun ein IT-Forensiker der Polizei einen Auswertungsbericht zu einem Computer der Getöteten Carsten und Sabine U. aus deren Wohnhaus in Holtensen vorgestellt. Das Gerät war bereits einmal von der Polizei untersucht worden – doch dabei wurde nichts gefunden. Der nun aus dem Urlaub herbeibestellte Spezialist fand allerdings Hinweise, die für die Tat, aber auch deren Zeitraum relevant sein könnten.


Wer hat die Zahlungsbestätitung bearbeitet?
Ein Gutachten hatte den Doppelmord bereits für die Zeit zwischen 8.20 und 11.10 Uhr am 11. Juni geschätzt. Wie der IT-Forensiker nun berichtete, wurde währenddessen der Computer im Keller der U.’s hochgefahren und benutzt – von wem, das ist unklar. Auf dem PC wurde offenbar eine Zahlungsbestätigung zwischen Carsten U. und Ayas A. bearbeitet. A. hatte U. die Kfz-Werkstatt in Hannover-Bornum abgekauft. Laut Anklage geriet der 24-Jährige so in finanzielle Schieflage. Das Paar soll er dann aus Habgier getötet haben.

Die Auswertung des Experten ergab, dass sich jemand gegen 9.15 Uhr am PC angemeldet hatte. Ein Passwort war dafür nicht nötig. Innerhalb von etwa 45 Minuten wurde das Dokument mit der Zahlungsbestätigung ausgedruckt, eingescannt und dann gespeichert. Im Gegensatz zum Original sind auf der überarbeiteten Version die Unterschriften von U. und A. zu sehen. Das Ursprungsdokument wurde dann offenbar gelöscht.

Spuren an Messer sind verwaschen
Wer den PC zur Bearbeitung der Zahlungsbestätigung nutzte, das konnte der Forensiker nicht sagen. A.’s Verteidigerinnen schließen aus, dass ihr Mandant am Computer war. Zu unterschiedlich seien die Unterschriften auf dem bearbeiteten Dokument im Gegensatz zu anderen Autogrammen des 24-Jährigen. Die beiden Anwältinnen gehen weiter davon aus, dass der Falsche auf der Anklagebank sitzt und wollen noch neue Beweismittel in das Verfahren einführen.

Keine neuen Erkenntnisse brachte hingegen ein Messer, das erst Ende März in der Kfz-Werkstatt in Bornum gefunden wurde. Die Klinge war bei Reparaturarbeiten in einem Heizungstank entdeckt worden. So kam die Frage auf, ob es sich möglicherweise um die vermisste Tatwaffe handelt. Nach aktuellem Stand hat der Ölschlamm allerdings alle Spuren verwischt.

https://www.haz.de/lokales/hannover/dop ... SZVPI.html
AngRa
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Einige Berichterstatter rechnen mit einem Freispruch!

Doppelmord Holtensen – Es muss wohl mit einem Freispruch gerechnet werden


Was kann in dem Mordfall mit dem Angeklagten Ayas A. in Verbindung gebracht werden, um ihm die vorgeworfene Tat nachzuweisen? Bislang ist dies nicht viel und nicht konkret und auch der heutige Prozesstag konnte keine klaren Beweise in dem Indizienprozess bringen. A. bestreitet die Tat.

„Jeder kann den PC benutzt haben“

Der 31-jährige IT-Forensiker der Polizei hatte sich den Rechner aus dem Keller von Karsten U. noch einmal genauer angeschaut. Anhand der Datensicherungen konnte er den Rechner virtuell nachbilden und auf ihn zugreifen, um das System auf weitere Daten zu analysieren. So konnte er nachweisen, dass der PC am vermutlichen Tattag, den 11. Juni 2022, benutzt wurde. So wurde der Rechner morgens gegen 9.30 Uhr eingeschaltet und ein Word-Dokument mit dem Titel „Kaufvertrag_Halle“ geöffnet und ausgedruckt. Kurze Zeit später wurde ein Dokument eingescannt und gespeichert. Das gelöschte Dokument konnte wiederhergestellt werden, es unterschied sich in den Angaben zu den Ratenzahlungen. Um kurz nach 11 Uhr versetzte sich der Rechner automatisch in den Ruhemodus.

Eine Brisanz konnte der Richter in der Auswertung nicht erkennen. Der PC war nicht durch ein Passwort geschützt, so das jeder ihn hätte nutzen können – auch U. Der Tatzeitraum wird auf einen Zeitraum von 8.20 Uhr bis 11.10 Uhr geschätzt. „Wir werden in unserem Plädoyer auf die Zusammenhänge eingehen“, erklärte die Verteidigung. Diese würde gerne noch weitere Beweisanträge einbringen, da auch die Unterschrift unter den Dokumenten auf dem PC zumindest optisch nicht mit A.´s üblicher Unterschrift übereinstimme. Auch ein Video einer Überwachungskamera einer Tankstelle möchte die Verteidigung noch auswerten, doch auch hier sieht die Kammer keine ausreichende Notwendigkeit. Auch eine aufwendige DNA-Analyse zu Spuren unter den Fingernägeln des Ehepaares U. sieht der Richter nicht als notwendig an. „Es wurde die DNA des Ehepaares gefunden und wenn die DNA des Angeklagten darunter gewesen wäre, hätte ich dies schon bekannt gegeben“, so Richter Grote, „Was wollen sie dort noch finden?“

Wo ist der Bezug zum Angeklagten?

Auch das am PC im Erdgeschoss des Hauses U. ein Dokument laut erster Datenauswertung am Tag nach der Tat (12. Juni 2022) geöffnet wurde, überzeugte die Kammer nicht, um weitere Beweisanträge anzunehmen. „Auch die Auswertung zum Messer, welches in einem alten Öltank in der Werkstatt gefunden wurde, liefert nichts genaues“, verlas der Richter eine vorläufige Auswertung, „Wir erwarten auch keine großen Erkenntnisse mehr.“ Der Ölschlamm habe alle Spuren unbrauchbar gemacht und es gibt keinen DNA-Befund.

Der Richter verwies darauf, dass die Justiz zu beschleunigten Verfahren angehalten sei. Es könnten natürlich noch weitere Beweisanträge gestellt werden, wobei sich aber schon jetzt die Ergebnisse diverser Verhandlungen an den entsprechenden Stellen aufstauten und Jahre auf sich warten ließen. „Was erwarten sie noch zu finden“, fragte er die Verteidigung, die sich von der Unschuld ihres Mandanten überzeugt zeigte, „Wo wären die zwingenden Rückschlüsse auf den Angeklagten?“ Jemand hat die U.´s ermordet, dass stehe fest, erklärte der Richter, doch was lässt sich zweifelsfrei dem Angeklagten anrechnen und was bleibt fraglich?

Die Kammer möchte die Beweisaufnahme schließen. Am nächsten Prozesstermin, dem 26. April, werden die Plädoyers gehalten, am 27. April wird das Urteil verkündet.

https://www.con-nect.de/wennigsen/nachr ... net-werden
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Am heutigen Prozesstag standen die Plädoyers an. Gegensätzlicher kann es nicht sein. Die Verteidigung forderte Freispruch, die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes in zwei Fällen.
Hannover. Es steht Freispruch gegen Höchststrafe: Die Verfahrensbeteiligten zum Doppelmord in Wennigsen-Holtensen haben am Mittwoch, 26. April, ihre Plädoyers vor dem Schwurgericht gehalten. Die Verteidigung des Angeklagten Ayas A. sieht etliche offene Fragen und vermutet einen unbekannten Täter hinter der grausamen Tat aus dem vergangenen Juni. Im Gegensatz dazu steht die Forderung der Staatsanwaltschaft. Sie plädierte auf eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mord in zwei Fällen.

Der Indizienprozess soll am Donnerstag mit der Urteilsverkündung seinen Abschluss am Landgericht Hannover finden. Ayas A. hatte die Tat von Beginn an geleugnet und geschwiegen. Staatsanwältin Birthe Kuck zählte in ihrem Plädoyer ein Dutzend Indizien auf, die den Automechaniker für den Mord an Sabine und Karsten U. verantwortlich machen.
Die Staatsanwaltschaft hält auch eine besondere Schwere der Schuld für gegeben.

Das Urteil soll morgen gesprochen werden.
Was geschah in Wennigsen-Holtensen?
Dazu gehören vor allem die Geldschulden des Angeklagten. A. hatte Karsten U. die Autowerkstatt in Hannover-Bornum abgekauft und war darauf in eine finanzielle Schieflage geraten. Auch Zeugenangaben vom Tattag fallen ins Gewicht. Eine Anwohnerin hatte Ayas A. im Vorbeifahren am Haus der U.’s gesehen. Der Angeklagte habe sich weggedreht – und sich somit verdächtig gemacht: „In Wennigsen grüßt man sich“, so Staatsanwältin Birthe Kuck.

Im Zuge des Mordverfahrens hatte sich für die Staatsanwaltschaft ein klarer Tatablauf ergeben. A. soll am Samstagmorgen, 11. Juni, das Fahrzeug eines Bringdienstes genommen haben, das gerade in der Bornumer Werkstatt des Angeklagten stand. Damit sei er zum Haus der U.’s nach Holtensen gefahren. Im Keller der Unterkunft tötete er Karsten U., der gerade an seinem Computer saß. Sabine U. wurde aufmerksam und eilte herbei. Auch sie wurde brutal erstochen. Das Ehepaar wurde mit dutzenden Messerstichen erst am Montag in seinem Haus gefunden – nach einem Hinweis von Ayas A. an die Polizei

Staatsanwaltschaft: Angeklagter wollte Tat vertuschen
Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen, dass A. den brutalen Doppelmord vertuschen wollte. So soll er wenige Tage nach der Tat einen Überfall auf sich selbst vorgetäuscht haben, offenbar um den Verdacht von sich zu lenken. Dabei verstrickte sich A. in Widersprüche. Staatsanwältin Buck: „Das war wie schlechtes Theater.“ Für die Tat komme niemand anderes infrage als der 24-Jährige. „Es gibt keinen Hinweis auf einen unbekannten Täter.“

Die Staatsanwaltschaft forderte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und sah die besondere Schwere der Schuld als gegeben. Als Mordmerkmale wurden A.’s Habgier wegen der Geldschulden und Heimtücke wegen des überraschendes Angriffs auf das Ehepaar angeführt. Die Nebenklage folgte dem Plädoyer.


Verteidigung fordert Freispruch – Urteil am 27. April
„Der oberste Grundsatz vor Gericht lautet: Im Zweifel für den Angeklagten“: Mit diesen Worten begann A.’s Verteidigerin Silke Willig ihr Plädoyer. Und die Anwältin sah noch einige Zweifel im vermeintlichen Hergang. Das betrifft vor allem den ungenau eingegrenzten Tatzeitpunkt. Es sei nicht eindeutig geklärt worden, wann das Ehepaar getötet wurde. Außerdem habe A. seine Schulden für die Werkstatt bei Karsten U. fast vollständig abbezahlt. Es gebe also kein Motiv für die Tat.


https://www.haz.de/lokales/hannover/dop ... PZRGE.html
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Ein weiterer Bericht vom heutigen Prozesstag:

Doppelmord Holtensen: Freispruch, oder lebenslänglich?

Hannover/Holtensen. Am vorletzten Prozesstag zum Doppelmord in Holtensen sollten heute die Plädoyers gehalten werden, doch zuvor versuchte die Verteidigung noch einige Beweisanträge einzubringen, bis der Richter deutliche Worte fand. Die Plädoyers konnten so erst am Nachmittag gehalten werden. Angeklagt ist Ayas A., welcher die Tat in dem reinen Indizienprozess abstreitet. Es wird ihm vorgeworfen das Ehepaar U. in ihrem Haus aus Habgier und in Heimtücke ermordet zu haben. Es gibt keine Zeugen.

Zunächst wurde ein Zeuge aus Berlin gehört, welcher der Verteidigung eine Frage beantwortete, ob er einen Kaufbeleg gesehen hätte. Da der Zeuge A.s Kfz-Werkstatt nach dem Mord kaufen wollte, hatte er sich nur einen Notarbeleg angeschaut. „Da war die Anfahrt sicher länger als die Befragung“, schickte Richter Martin Grote den Zeugen zurück nach Berlin. Weiter lehnte der Richter Beweisanträge ab, die die Verteidigung einreichen wollte. Alle hielt der Richter als ungeeignet für das Verfahren, da die Ergebnisse nicht eindeutig ausfallen würden. So lehnte er u.a. eine Analyse der Handschrift von A. auf Dokumenten ab, da nie eindeutig gesagt werden könnte, ob die Unterschrift absichtlich gefälscht, einfach nur anders aussieht, von A. absichtlich verfremdet, oder unter Zwang entstand. So lehnte er auch eine DNA-Analyse von Spuren unter den Fingernägeln der U.s ab. Die DNA von A. wurde dort ohnehin nicht nachgewiesen. Auch den Beweisantrag zu einem Autokauf von Karsten U. lehnte der Richter ab. U. soll einen schwarzen Porsche von einem Rumänen gekauft haben, der vermutlich gestohlen war und dessen Kauf rückgängig gemacht werden sollte. „Wo kommt jetzt dieser unbekannte Rumäne her“, so der Richter. Auch Screenshots von WhatsApp-Nachrichten zwischen A. und seiner Verlobten lehnte er als Beweis ab. Vielleicht sind sie echt, vielleicht auch bewusst platziert. „Wir müssen auch fertig werden. Man kann ja schon fast von einer Verschleppung des Verfahrens durch die Verteidigung ausgehen“, befand Grote, „Wir halten heute die Plädoyers!“

Das Messer aus dem Öltank konnte nicht als Tatwaffe identifiziert werden, oder ob es überhaupt in einem Bezug zur Tat steht. Die Spuren waren durch das Öl unbrauchbar geworden.

War es der Angeklagte, der nach Holtensen fuhr?

Die Staatsanwaltschaft begann als Anklage ihr Plädoyer. A. habe sich nachweislich hoch verschuldet, nachdem er die Kfz-Werkstatt von Karsten U. abkaufte und sich in seinem Umfeld viel Bargeld geliehen. Die 310.000 Euro für die Werkstatt sollte in nicht weiter definierten Ratenzahlungen erfolgen. „A. hat sich private Darlehen von mindesten 500.000 Euro beschafft, die er alle nicht bedienen konnte. Die Werkstatt hat kaum Geld abgeworfen. Sein Leben hat er nur durch immer weitere Darlehen bestritten“, so die Staatsanwaltschaft. Karsten U. habe in der Werkstatt öfter erzählt, dass er Banken misstraue und viel Bargeld im Hause habe. A. soll daher geplant haben U. zu töten, um so an Bargeld zu gelangen und kein weiteres Geld an U. zahlen müssen. Mit einem Firmen-PKW eines Essenslieferanten, welcher zur Reparatur in der Werkstatt war, soll er am Samstagmorgen des Tattages nach Holtensen gefahren sein. A. wurde morgens auf einem Überwachungsvideo einer Tankstelle gegenüber der Werkstatt gesehen, jedoch nicht im Fahrzeug. Das Fahrzeug wurde in Holtensen gesehen, jedoch nicht eindeutig A., führte die Staatsanwältin ihren Verdacht aus. Im Haus soll A. dann Karsten U. mit 20 Messerstichen in Gesicht, Hals und Oberkörper getötet haben. Aus unbekannten Gründen erfolgten 14 weitere Stiche post mortem in die Augen. Sabine U. wurde mit 50 Messerstichen getötet. Die Einstiche waren so heftig, dass Finger fast abgetrennt und Rippen angebrochen waren. „Vielleicht nahm A. auch die Hausschlüssel mit und kehrte später zurück.“

„Es gibt keinen großen Unbekannten“

Auffällig fand die Staatsanwaltschaft auch den wohl fingierten Überfall auf A. in seiner Werkstatt nach dem Mord. „Hier wollte er von sich ablenken. Er wollte auch Mitarbeiter dazu bewegen, ihm ein falsches Alibi zu geben. Keiner weiß, wo A. an dem Samstagvormittag war“, so die Staatsanwältin weiter. A. soll auch versucht haben, Mitarbeiter in ein schlechtes Licht zu rücken, um von sich als Täter abzulenken. So soll ein Mitarbeiter viel Bargeld mit sich geführt haben, Scheine, die A. für eine Ratenzahlung genutzt haben will. Bewiesen ist das nicht. Droh-SMS an einen Mitarbeiter, dass die Werkstatt verkauft werden solle, sonst passiere dem Besitzer das gleiche wie U., sind Erkenntnissen der Anklage nach vom gleichen iPhone gekommen, welches später als Werkstatthandy genutzt wurde.

Die Schulden, ein offener Restbetrag beim Kaufpreis der Werkstatt, dass A. morgens wahrscheinlich mit dem PKW nach Holtensen fuhr und er am Vorabend noch die Adresse von U. googelte, vieles spreche für A. als Täter. „Es sind nur Indizien, aber es sind viele und alle deuten auf A. Es gibt keine Hinweise auf einen großen Unbekannten, der der Täter sein könnte.“ Die Staatsanwaltschaft fordert daher eine lebenslängliche Haftstrafe und die Anerkennung der besonderen Schwere der Schuld, womit die Haft nicht nach 15 Jahren beendet wäre. „Bei der Tat war ein Vernichtungswille zu erkennen.“

Die Nebenklage schloss sich der Staatsanwaltschaft an. Auch sie sieht es als unwahrscheinlich an, dass ein anderer als A. der Täter sein könnte. A. sei sicher am Morgen des Tattages von der Werkstatt nach Holtensen gefahren. Die massiven Schulden, der dilettantisch inszenierte Überfall nach der Tat. Das Messer im Öltank der Werkstatt. „Es gab zwar keine Hinweise auf dem Messer, doch jemand wollte es bewusst dort verstecken. Außerdem hat A. kein Alibi, wusste von dem Geld im Haus. Auch die gute Freundschaft zu U. glauben wir nicht. Keiner konnte diese bestätigen und A. hat sich selbst vor Gericht nicht weiter geäußert.“ Die Nebenklage forderte daher das gleiche Strafmaß wie die Staatsanwaltschaft

Schwarzgeld. Überall Schwarzgeld!

Es sei ein Fall, den die Verteidigerin in ihren 20 Jahren in diesem Beruf so noch nicht erlebt habe. „Wir haben eine Menge Indizien gehört. Doch am Ende des Tages gilt ein Grundsatz, den alle hier kennen“, begann die Verteidigung ihr Plädoyer, „In dubio pro reo – Im Zweifel für den Angeklagten.“ Es habe Tage bei diesem Prozess gegeben, an denen sie ganz klar von der Unschuld ihres Mandanten überzeugt gewesen sei. An anderen Tagen jedoch gedacht: „Scheiße, er war es doch.“ Doch letztendlich ergebe alles keinen Sinn und keiner wisse, was genau passiert sei. „Daher kann es nur ein Freispruch sein.“

Was lässt sich eindeutig und nur dem Angeklagten zuschreiben? Eine Nachbarin habe vor Gericht ausgesagt, einen lauten gequälten Frauenschrei aus dem Hause U. gehört haben. Jedoch am Nachmittag des Tattages. Das Handy von A. sei zwischen 8 Uhr und 10.30 Uhr in der Funkzelle des Tatorts aufgetaucht, später nicht mehr. Der Gerichtsmediziner konnte den Zeitpunkt des Mordes nicht genau eingrenzen. „Vom Vormittag bis zum Nachmittag ist das Zeitfenster. U. wurde morgens noch gesehen. Der Rechner im Keller benutzt. Die Tat soll laut Staatsanwaltschaft nur Minuten gedauert haben, da das Handy von A. um 10.30 Uhr nicht mehr in der Funkzelle des Tatortes war. Jedoch habe A. keinerlei Spuren am Tatort hinterlassen, noch seien Blutspritzer an seiner Kleidung, oder in dem PKW gefunden worden.

Ein Mord wie ein Profikiller, findet die Verteidigung. „Hat A. sich vor der Tat vor den Augen von U. einen Ganzkörperanzug angezogen? Dann die gesamte Wohnung nach Geld durchsucht? Dokumente eingescannt und war dann noch rechtzeitig aus der Funkzelle verschwunden?“ Der Gerichtsmediziner habe das Sterben als Todeskampf beschrieben, welcher länger dauere. Das psychiatrische Gutachten spreche auch für den Angeklagten. „Das mag jetzt nicht schmeichelhaft sein, aber seine Mitarbeiter beschrieben A. vor Gericht als Feigling und als Kind. Der Psychiater beschrieb A. als nicht gewalttätig, oder psychopatisch veranlagt. „Ein normaler Mensch hätte aber eine Belastungsstörung nach so einer Tat, jedoch verhielt sich unser Mandant nachweislich wie immer.“ Zeugen hätten berichtet, dass eine Terassentür zu gewesen sei und ein Wasserhahn lief. Die Polizei sei jedoch montags durch eine auf Kipp stehende Terassentür ins Haus gekommen. Der Wasserhahn war aus. „Da muss nach der Tat noch jemand im Haus gewesen sein. Unser Mandant kann es nachweislich nicht gewesen sein.“

Auch ein Motiv sieht die Verteidigung nicht. Ohne U. hätte die Werkstatt keinen Meister gehabt. U. habe sich auch weiter um vieles gekümmert. Und die Schulden? „Machen wir uns nichts vor, dass ganze Umfeld schiebt sich Schwarzgeld hin und her. Das ist überall. Wie könnten Arbeitslose ansonsten fünf bis sechsstellige Beträge in bar als Darlehen vergeben?“ Auch das Geld, was U. bekommen habe und im Haus versteckte, sei Schwarzgeld gewesen. Jedoch hätte es für die Zahlungen Quittungen gegeben, von U. unterschrieben. Insgesamt 300.000 Euro für die Werkstatt. „Warum also U. töten und eine Zahlungsbestätigung einscannen, wo A. doch alle Quittungen als Beleg schon hatte?“ Die Zahlungsbestätigung sei rechtlich ohnehin wenig wert, da sie außer einer undefinierten Ratenzahlung nichts aussage.

Da A. die Morde nicht begangen habe, müsste der Überfall auch anders gesehen werden. Er wollte wohl nur Mitleid von seinen Geldgebern und sich etwas Zeit erkaufen, um die Schulden zurückzuzahlen.

„Vielleicht weiß unser Mandant, wer der Täter ist, oder sein könnte. Uns hat er es nicht gesagt, vielleicht aus Angst.“ Da die Tat Ayas A. nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne, fordert die Verteidigung einen Freispruch.

Richter Grote wird das Urteil am Donnerstag gegen 14 Uhr verkünden.

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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Das Urteil wurde gesprochen:

Lebenslange Haft für den Angeklagten Ayas A. Die Schwere der Schuld wurde festgestellt, nicht unüblich bei einem Doppelmord.
Urteil zum Doppelmord in Wennigsen-Holtensen: Ayas A. muss lebenslang in Haft


Das Schwurgericht hat am Donnerstag sein Urteil zum Doppelmord in Wennigsen gefällt: Der Angeklagte Ayas A. wurde wegen Mordes in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Schwurgericht sieht die besondere Schwere der Schuld als gegeben.


Hannover. Urteil zum Doppelmord an Sabine und Karsten U.: Das Schwurgericht hat am Donnerstag den Angeklagten Ayas A. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld sah das Gericht als erwiesen.

Der 24-Jährige hat nach Überzeugung des Gerichts das Ehepaar am Morgen des 11. Juni 2022 in dessen Haus in Wennigsen-Holtensen überrascht und dann brutal ermordet. Die beiden Toten wurden zwei Tage später in dem Haus gefunden. Ayas A. war schnell in den Fokus der Ermittler gerückt. Der 24-Jährige hatte Karsten U. die Kfz-Werkstatt abgekauft. Finanziell soll er sich dabei übernommen und Schulden bei U. gehabt haben.


Doppelmord Wennigsen: Verteidigung hat auf Freispruch plädiert
Die Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch eine lebenslange Freiheitsstrafe für Ayas A. wegen zweifachen Mordes gefordert. Die Anklagebehörde sah die Mordmerkmale der Heimtücke wegen des überraschenden Angriffs auf das Paar sowie Habgier wegen A.’s Geldschulden als erfüllt an. Der Angeklagte habe zudem versucht, die Tat zu vertuschen. Unter anderem soll er einen Überfall in der Bornumer Werkstatt gegen sich selbst vorgetäuscht haben.


A.’s Verteidigerinnen hatten hingegen auf Freispruch plädiert. Wichtige Indizien seien dem Kfz-Mechaniker nicht nachzuweisen. So gebe es unter anderem Zweifel am Tatzeitraum. Außerdem fehle ein Motiv, und der Angeklagte habe ein freundschaftliches Verhältnis zu Karsten U. gehabt. Ayas A. selbst hatte die Tat bestritten.

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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

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Zur Begründung des Urteils:

Der Richter folgte in der Urteilsbegründung in weiten Teilen dem gestrigen Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Diese hatte dazu ausgeführt, A. habe sich nachweislich hoch verschuldet, nachdem er die Kfz-Werkstatt von Karsten U. abkaufte und sich in seinem Umfeld viel Bargeld geliehen. Die 310.000 Euro für die Werkstatt sollte in nicht weiter definierten Ratenzahlungen erfolgen. „A. hat sich private Darlehen von mindesten 500.000 Euro beschafft, die er alle nicht bedienen konnte. Die Werkstatt hat kaum Geld abgeworfen. Sein Leben hat er nur durch immer weitere Darlehen bestritten“, so die Staatsanwaltschaft. Karsten U. habe in der Werkstatt öfter erzählt, dass er Banken misstraue und viel Bargeld im Hause habe.

A. soll daher geplant haben U. zu töten, um so an Bargeld zu gelangen und kein weiteres Geld an U. zahlen müssen. Mit einem Firmen-PKW eines Essenslieferanten, welcher zur Reparatur in der Werkstatt war, soll er am Samstagmorgen des Tattages nach Holtensen gefahren sein. A. wurde morgens auf einem Überwachungsvideo einer Tankstelle gegenüber der Werkstatt gesehen, jedoch nicht im Fahrzeug. Das Fahrzeug wurde in Holtensen gesehen, jedoch nicht eindeutig A., führte die Staatsanwältin ihren Verdacht aus.

Im Haus soll A. dann Karsten U. mit 20 Messerstichen in Gesicht, Hals und Oberkörper getötet haben. Aus unbekannten Gründen erfolgten 14 weitere Stiche post mortem in die Augen. Sabine U. wurde mit 50 Messerstichen getötet. Die Einstiche waren so heftig, dass Finger fast abgetrennt und Rippen angebrochen waren. „Vielleicht nahm A. auch die Hausschlüssel mit und kehrte später zurück.“ Auffällig fand die Staatsanwaltschaft auch den wohl fingierten Überfall auf A. in seiner Werkstatt nach dem Mord. „Hier wollte er von sich ablenken. Er wollte auch Mitarbeiter dazu bewegen, ihm ein falsches Alibi zu geben. Keiner weiß, wo A. an dem Samstagvormittag war“, so die Staatsanwältin weiter

A. soll auch versucht haben, Mitarbeiter in ein schlechtes Licht zu rücken, um von sich als Täter abzulenken. So soll ein Mitarbeiter viel Bargeld mit sich geführt haben, Scheine, die A. für eine Ratenzahlung genutzt haben will. Bewiesen ist das nicht. Die Schulden, ein offener Restbetrag beim Kaufpreis der Werkstatt, dass A. morgens wahrscheinlich mit dem PKW nach Holtensen fuhr und er am Vorabend noch die Adresse von U. googelte, vieles spreche für A. als Täter. „Es sind nur Indizien, aber es sind viele und alle deuten auf A. Es gibt keine Hinweise auf einen großen Unbekannten, der der Täter sein könnte.“ Die Staatsanwaltschaft fordert daher eine lebenslängliche Haftstrafe und die Anerkennung der besonderen Schwere der Schuld, womit die Haft nicht nach 15 Jahren beendet wäre. „Bei der Tat war ein Vernichtungswille zu erkennen.“

Verteidigung kündigt Revision an

Richter Martin Grote fasste zusammen, es gebe viele Indizien und Einzelmerkmale, die alle eines gemeinsam hätten: sie führen alle zum Angeklagten und zu keinem großen Unbekannten. Daher sei die Kammer zu dem Entschluss gekommen, dass der Angeklagte wegen Mordes zu verurteilen sei. Die Tochter des getöteten Ehepaares, Tanja U., erklärte nach dem Urteil: "Ich bin sehr froh, dass der Mörder meiner Eltern verurteilt ist." Die Verteidigung des A. teilte mit, dass sie in Revision gehen werden: "Wir halten den Angeklagten weiter für unschuldig und werden für sein Recht kämpfen."



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AngRa
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Noch etwas zur Urteilsbegründung:
URTEIL NACH DOPPELMORD VON WENNIGSEN
Killer Ayas (24) stach seinem Opfer in die Augen



Von: MIRKO VOLTMER
28.04.2023 - 07:43 Uhr
Hannover – Er hielt sich für besonders clever, glaubte, mit einem ausgefeilten Mord-Plan davonzukommen.

Ayas Elias A. (24), der Doppelmörder von Wennigsen (Niedersachsen), verrechnete sich gewaltig!


Am Donnerstagnachmittag gab’s die Quittung für sein bestialisches Verbrechen. Das Landgericht Hannover verurteilte den irakischen Mechaniker zu lebenslanger Freiheitsstrafe.

Richter Martin Grote (53): „Wir sind der festen Überzeugung, dass der Angeklagte es war.“


Tags zuvor hatte Staatsanwältin Birthe Kuck in ihrem Plädoyer die Indizienkette gegen den 24-Jährigen plausibel geschlossen. Mit über 70 Messerstichen brachte Ayas A. im Juni 2022 den Kfz-Meister Karsten U. (†59) und dessen Frau Sabine (†60) in deren Haus im Ortsteil Holtensen (Region Hannover) um


2015 gelangte der jesidische Kurde als minderjähriger Flüchtling nach Deutschland.

Nach seiner Ausbildung zum Mechatroniker betrieb er eine kleine Autowerkstatt in Hemmingen. Dann traf er auf den Kfz-Meister, befreundete sich mit ihm.

Schließlich übernahm er im Jahr 2021 U.s Werkstatt im Stadtteil Bornum. Kaufpreis: 310 000 Euro.

Doch er konnte die Raten nicht mehr bedienen. Grote: „Er ist kein Kaufmann, häuft immer mehr Schulden an.“ Mehr als 500 000 Euro soll sich Ayas A. bei Bekannten geliehen haben.

Die Richter gehen davon, dass das Paar am 11. Juni zwischen 9.14 Uhr und 9.21 Uhr umgebracht wurde


In seiner Geldnot kannte er nur einen Ausweg: Den Kfz-Meister aus dem Weg räumen, um an dessen Barvermögen im Haus (über 200 000 Euro) zu gelangen.

Bei der Vorbereitung überließ er nichts dem Zufall.

▶︎ Für den Weg nach Holtensen verwendete er ein Kundenfahrzeug (VW Caddy von Menü-Bringdienst), schaltete sein Privathandy aus.

▶︎ Zuvor telefonierte er mit Karsten U. – vermutlich ging es im Gespräch um die Zahlungsvereinbarung zwischen beiden, denn der Kfz-Meister fuhr seinen Computer hoch.

Nach der Ankunft, so stellte es das Gericht fest, stach Ayas A. „plötzlich und unerwartet“ auf den am Schreibtisch sitzenden 59-Jährigen von hinten ein.

Dem sterbenden Karsten U. rammte er die Klinge 14 Mal in die Augen.

„Warum es dazu kam, konnten wir nicht klären“, so der Richter. Von den Schreien aus dem Keller-Büro aufgeschreckt, eilte Sabine U. zu ihrem Mann. Auch sie musste sterben. Das Paar verblutete.

Auffallend: An dem Tag änderte jemand das im Computer gespeicherte Vertragsdokument, das nun besagte, dass Ayas A. alle Raten beglichen hatte.

Grote: „Wer außer dem Angeklagten sollte ein Motiv haben, ein rückdatiertes Dokument zu erstellen? Das versteckte Bargeld hatte der 24-Jährige übrigens nicht gefunden.

Im Nachgang führte der Killer-Mechaniker eine Schmierenkomödie auf, legte falsche Fährten, gab sich als besorgter Freund des Kfz-Meisters aus. Als Höhepunkt inszenierte er einen Raubüberfall auf sich, um die Kripo in die Irre zu führen.

Doch die Ermittler ließen sich von dem Theater nicht täuschen, sammelten eine Fülle von Indizien (u.a. Kameraaufzeichnungen, Funkzellenauswertungen, Zeugenaussagen).

Richter Martin Grote: „Zum einen wollte der Angeklagte einen Gläubiger aus der Welt schaffen, zum anderen nach Bargeld suchen“

Der Richter: „Bis heute hat uns der Angeklagte nichts dazu gesagt, wo er zur Tatzeit eigentlich war.“

Wegen der besonders grausamen Tötung des Paares stellte die Kammer auch die besondere Schwere der Schuld fest – keine vorzeitige Haftentlassung für Ayas A. nach 15 Jahren! Beim Schuldspruch verzog der 24-Jährige keine Miene. Offenbar hatte er sich vorher mit seinem Knast-Schicksal abgefunden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung (forderte Freispruch) kann noch Revision einlegen.



https://www.bild.de/regional/hannover/h ... .bild.html


Noch etwas zum Bargeld im Haus der Opfer:
Der Iraker tötete das Paar aus Geldnot. Für 310 000 Euro hatte er die Werkstatt des 59-Jährigen im hannoverschen Stadtteil Bornum per Ratenzahlung gekauft, sich allerdings bei der Finanzierung verhoben und verschuldet. Die Staatsanwältin: „Er wusste, dass Karsten U. wegen einer Steuernachzahlung über einen hohen Bargeldbetrag verfügte.“ Die Rede ist von weit über 200 000 Euro, die der Kfz-Meister in einem Karton gebunkert hatte – das jedoch nicht der Killer entdeckte, sondern erst die Beamten.
https://www.bild.de/regional/hannover/h ... .bild.html


Nachdem eindeutigen Urteil ist es rätselhaft, wieso einige Wochen zuvor ein Reporter geschrieben hat, dass wohl mit einem Freispruch gerechnet werden müsse.
Susi

Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

Ungelesener Beitrag von Susi »

AngRa hat geschrieben: Samstag, 29. April 2023, 07:46:26 Nachdem eindeutigen Urteil ist es rätselhaft, wieso einige Wochen zuvor ein Reporter geschrieben hat, dass wohl mit einem Freispruch gerechnet werden müsse.
Da wird der Reporter u.a. diese Passage, basierend aud den Ermittlungen der Polizei :

"Auffallend: An dem Tag änderte jemand das im Computer gespeicherte Vertragsdokument, das nun besagte, dass Ayas A. alle Raten beglichen hatte"

Wohl noch nicht auf dem Schirm gehabt haben oder war dieser Umstand evtl. schon länger bekannt ?
AngRa
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Re: DOPPELMORDFALL KARSTEN & SABINE U. (59 †, 60 †), WENNIGSEN/HANNOVER, 2022

Ungelesener Beitrag von AngRa »

@Susi

In dem entsprechenden Bericht, wo der Reporter mit einem Freispruch gerechnet hat, hieß es:
„Jeder kann den PC benutzt haben“

Der 31-jährige IT-Forensiker der Polizei hatte sich den Rechner aus dem Keller von Karsten U. noch einmal genauer angeschaut. Anhand der Datensicherungen konnte er den Rechner virtuell nachbilden und auf ihn zugreifen, um das System auf weitere Daten zu analysieren. So konnte er nachweisen, dass der PC am vermutlichen Tattag, den 11. Juni 2022, benutzt wurde. So wurde der Rechner morgens gegen 9.30 Uhr eingeschaltet und ein Word-Dokument mit dem Titel „Kaufvertrag_Halle“ geöffnet und ausgedruckt. Kurze Zeit später wurde ein Dokument eingescannt und gespeichert. Das gelöschte Dokument konnte wiederhergestellt werden, es unterschied sich in den Angaben zu den Ratenzahlungen. Um kurz nach 11 Uhr versetzte sich der Rechner automatisch in den Ruhemodus.

Eine Brisanz konnte der Richter in der Auswertung nicht erkennen. Der PC war nicht durch ein Passwort geschützt, so das jeder ihn hätte nutzen können – auch U. Der Tatzeitraum wird auf einen Zeitraum von 8.20 Uhr bis 11.10 Uhr geschätzt. „Wir werden in unserem Plädoyer auf die Zusammenhänge eingehen“
Ich gehe mal davon aus, dass der Reporter sich die Argumentation der Verteidigung zu eigen gemacht hat.

https://www.con-nect.de/wennigsen/nachr ... net-werden

Richter Grote ist davon ausgegangen, dass niemand außer dem Angeklagten ein Motiv haben konnte ein rückdatiertes Dokument zu erstellen. Das ist mir nachvollziehbar.
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