MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

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Assis
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Assis »

RockyBalboa hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 22:00:54 Schreib doch du ihn auch mal an, mit deiner genialen Idee, das Phantombild in die Google Bildersuche hochzuladen und dann den ersten Russen zu verdächtigen, den er sieht 🙈🙈
Moglicherweise macht er das schon...
RockyBalboa
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von RockyBalboa »

Assis hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 22:07:58 Moglicherweise macht er das schon...
Dann ist der Fall ja gelöst, danke dir. Lade doch auch von anderen Fällen einfach das Phantombild in die Google Bildersuche, so kann man doch jeden Fall lösen? 😂
hoelzl
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

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@Jominko

Hast du dir da die Seel vom Leib gesprochen? Oder welchen Sinn soll der Beitrag haben?
Jomiko hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 21:23:08 (Dies für Schlüsselbund/Hölzl in Deutschland hatte jede Telefonzelle eine eigene Nummer und so brauchte nur der Angerufene in seinem Anrufverzeichnis nachschauen und diese Nummer dann melden).
In welchem Anrufverzeichnis. Sofern dann überhaut vorhanden. Das sind dann halt so Antworten oder Ideen welche mich nicht überzeugen.
Aber bleiben wir noch eine Moment in Marquartstein. Warum fahren die LS dann nicht nach Reit im Winkel? Wenn sie schon nach dem Weg fragen. Abgesehen davon, von Marquartstein führen viel Weg ins Hölzl. Auch an Telefonzellen vorbei. Nicht nur via Siegsdorf.
Assis
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Assis »

RockyBalboa hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 22:08:57 Dann ist der Fall ja gelöst, danke dir. Lade doch auch von anderen Fällen einfach das Phantombild in die Google Bildersuche, so kann man doch jeden Fall lösen? 😂
Ja, ist bereits passiert und, auch wenn es dich vielleicht nicht gefällt, so werden auch Verbrechen aufgeklärt...
Jomiko
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Jomiko »

Lieber Hölzl. Lies Dir bitte meinen Post nochmals durch dann kannst Du Dir Deine Fragen ja selber beantworten und wenn nicht dann frag doch bitte jemanden in Deiner Nachbarschaft der es Dir erklärt. Oder will es hier jemand für mich übernehmen?
z3001x
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von z3001x »

hoelzl hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 22:14:55Aber bleiben wir noch eine Moment in Marquartstein. Warum fahren die LS dann nicht nach Reit im Winkel? Wenn sie schon nach dem Weg fragen. Abgesehen davon, von Marquartstein führen viel Weg ins Hölzl. Auch an Telefonzellen vorbei. Nicht nur via Siegsdorf.
Für mein Gefühl jedenfalls, stemmst du dich schon mit aller Macht dagegen, den letzlich erwiesenen Umstand (alias "Realität") anzuerkennen, dass die beiden Ls eben aus Siegsdorf anriefen, weiß der Geier, warum das so eine harte Nuss ist. Was ist daran besonders? Sind da halt da durchgefahren und weil man damals keine Handys hatte, war man auf Telefonzellen angewiesen. Heißt man hat, wenn man dachte, es ist mal wieder Zeit, sich zu melden, unterwegs Ausschau gehalten und die nächste am Weg genommen.
Wie der Vorredner ja schrieb, lässt sich einfach nachverfolgen von welchem Apparat aus so ein Anruf getätigt wurde. Und es gehört eben zur Routine einer Moko, das in Erfahrung zu bringen. Völlig trivial eigentlich.

Oder gibt es irgendeinen Geheimumstand, oder auch nicht geheimen, den ich im Vergleich zu den vielen Sehr-gut-im-Fall-Beschlagenen-hier-im-Thread nicht kenne, und weshalb es ausgeschlossen sein muss, dass man in Siegsdorf war, obwohl es der ermittelnde Kommissar doch sagt, wenn auch nicht schon 1997?

Außerdem versteh ich auch nicht die suggerierte Gegenüberstellung der Örtlichkeiten Marquartstein und Siegsdorf. Die stehen ja nicht in Konkurrenz bzgl. Fall-Relevanz. Die Ls waren einfach hintereinander in beiden und dann im Litzenwalcher Hölzl. Ob sie in Reit waren, ist afaics unklar, Kripo vermutet aber nein (laut XY).
Oder gibt es irgendwas, weshalb die Ort-Zeit-Verlauf basierend auf stabiler Erkenntnis (und weniger auf Ich-will-meine-Theorie-Retten-Wünschen) so nicht gewesen sein kann?
HectorEnderby1

Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von HectorEnderby1 »

Kalle123 hat geschrieben: Samstag, 20. August 2022, 15:12:38 Dass sie die Geige schätzen ließen taucht auch nur in dem niederl. Artikel auf und kann daher als Bullshit abgetan werden.

Quelle: https://www.het-forum.de/viewtopic.php? ... 76af3ae9be
Bullshit ? Also alle Niederländischen Artikel sind jetzt Bullshit ?

Fakt ist: Es wurden Reste einer Geige gefunden.
Das heißt schon mal das man eine dabei hatte.

Und nun soll ein (nach deiner Meinung) Niederländisches Schmierenblatt die Sache mit der Schätzung frei hinein interpretiert haben ?
Irgendwo muss diese Information doch hergekommen sein ! Und es muß ja auch einen Grund geben warum man sie mitgenommen hat !

Schon mal daran gedacht das zu viel mit der Geige gar nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte ? Und man deshalb von einer Schätzung nichts mehr gelesen und gehört hat ?

Nur der Täter und evtl Mitwisser/täter wissen um was es im Hoelzl wirklich gegangen ist. Da zu viel von einer Geige heraus zu posaunen war vlt. ein Fehler.
Gast

Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Gast »

z3001x hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 22:47:06 Für mein Gefühl jedenfalls, stemmst du dich schon mit aller Macht dagegen, den letzlich erwiesenen Umstand (alias "Realität") anzuerkennen, dass die beiden Ls eben aus Siegsdorf anriefen, weiß der Geier, warum das so eine harte Nuss ist. Was ist daran besonders? Sind da halt da durchgefahren und weil man damals keine Handys hatte, war man auf Telefonzellen angewiesen. Heißt man hat, wenn man dachte, es ist mal wieder Zeit, sich zu melden, unterwegs Ausschau gehalten und die nächste am Weg genommen.
Wie der Vorredner ja schrieb, lässt sich einfach nachverfolgen von welchem Apparat aus so ein Anruf getätigt wurde. Und es gehört eben zur Routine einer Moko, das in Erfahrung zu bringen. Völlig trivial eigentlich.
Gabs 97 überhaupt schon Rufnummerübermittlung und Speicherung.
Ich denke die einzige Möglichkeit war damals die Fangschaltung.
Haben sie gesagt von wo sie anrufen oder hat einer aus der Tankstelle gesehen.
z3001x
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von z3001x »

Gast hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 23:34:57 Gabs 97 überhaupt schon Rufnummerübermittlung und Speicherung.
Ich denke die einzige Möglichkeit war damals die Fangschaltung.
Haben sie gesagt von wo sie anrufen oder hat einer aus der Tankstelle gesehen.
Bei ISDN gibts das schon ewig (lange vor 1997), bei analogen wurde "CLIP" erst 1998 eingeführt laut diesem Artikel
Die Möglichkeit der Rufnummernanzeige beim gerufenen Teilnehmer stand ursprünglich nur für ISDN zur Verfügung und ist seit Januar 1998 in Deutschland auch für analoge Telefonanschlüsse verfügbar
https://de.wikipedia.org/wiki/Vermittlu ... ers_(CLIP)
Jetzt müsste man wissen, welche Technik damals in öffentlichen T-Com-Telefonzellen verbaut wurde.
Weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich weiß noch, dass sie recht modern aussahen am Schluss und man im digitalen Display z. B. die gewählte Nummer sah, oder dass man auch angerufen werden konnte, weil die auch eine eigene Nummer hatten.

Ansonsten müsste Siegsdorf als Anrufort evtl über Zeugenaussage (Familie, Leute vorort) plus Streckenrekonstruktion mit Hinblick auf Standorte von Telefonzellen und Fahrtdauern usw ermittelt worden sein (?)
hoelzl
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von hoelzl »

z3001x hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 23:51:58 Ich weiß noch, dass sie recht modern aussahen am Schluss und man im digitalen Display z. B. die gewählte Nummer sah, oder dass man auch angerufen werden konnte, weil die auch eine eigene Nummer hatten.
Ganz genau das war richtig neu auf dem Märt. Ich hatte 1998 so ein Telefon mit fest Netzanschluss. Und das auch nur weil ich gezügelt habe. Eher als nicht hatte die Tochter kein solches.
Gast

Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Gast »

Die Grundsatzfrage ist doch, ob jemand im voraus gewusst hat dass das Ehepaar an dem Samstag, 7.6.1997 vom 15 bis 18 Uhr am Hölzl verweilt und wer könnte das sein.
Wusste er dass sie alleine sind oder dass er sie treffen kann.

Denn sie hatten kein Handy dabei um jemanden her zu telefonieren.

Dann gibts noch die Möglichkeit dass sie ab 15 Uhr von der Bundesstrasse oder von der Ortschaft aus gesehen wurden und der Täter streifte eh schon mit Pistole umher um auf eine günstige Gelegenheit irgendwo zu warten, oder er musste sich erst motivieren und ausrüsten und ranfahren.

Oder sie wurden verfolgt, das heisst jemand wurde davor schon auf sie aufmerksam und er hatte Glück dass sie an einen ruhigen Waldstück gehalten haben.
Widasedumi
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

z3001x hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 17:32:33 Auch ein Video zum Langendonk-Fall, von "Mystery"-Youtuberin Marshmelli.
Eher für junges Publikum.
https://www.youtube.com/watch?v=_BUiRg70ZRY
Das Video ist im Videoteil verlinkt. Bei Minute 1:55 sagt Marshmelli:
Die Langendonks waren wohl auch auch sehr bescheidene Leute. Sie hatten 3 Töchter und lebten immer sehr sehr sparsam. Gerade auch bei ihren Reisen achteten sie auf Sicherheit, weshalb sie nie besonders viel Bargeld und auch sonst nichts wirklich Wertvolles. Der einzige wertvolle Gegenstand, den sie auf dieser Reise mit hatten, war eine antike Geige, die sie anscheinend auch unterwegs in einem Ort namens Mittenwald schätzen ließen. Allerdings habe ich jetzt nicht herauslesen können, wieviel diese Geige jetzt im Endeffekt wahrscheinlich wert war.
Ich schaue mir das Video zu Ende an. Hier mal nur schnell die Aussage zur Geige. Marshmelli ist natürlich keine Wahrheitsinstanz und Quellen, wie sie Kati Winter hinzufügt, habe ich auf den ersten Blick auch nicht gesehen. Aber eine Zusammenfassung aus ihrer Sicht ist für einen Einsteiger sicher hilfreich.
Irrtumsvorbehalt
hoelzl
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von hoelzl »

Jomiko hat geschrieben: Sonntag, 21. August 2022, 22:26:35 Lieber Hölzl. Lies Dir bitte meinen Post nochmals durch dann kannst Du Dir Deine Fragen ja selber beantworten und wenn nicht dann frag doch bitte jemanden in Deiner Nachbarschaft der es Dir erklärt. Oder will es hier jemand für mich übernehmen?
Lieber Jominko. Du ich habe deine Post sehr gut verstanden. Die braucht mir niemand zu erklären. Was den Wegbeschrieb von Marquartstein nach Siegsdorf und Siegsdorf selber betrifft da hab ich auch nichts dagegen. Dass die Ls in in Marquartstein falsch gefahren sind, dass wäre ihnen mit 100% Garantie aufgefallen. Zumal sie laut XY kurz vorher von Übersee kommen nach Marquartstein gefahren sind. Das sind dann halt solche Ideen deren ich nichts abverlangen vermag. Vielmehr beschwören sie dieses Siegsdorf. Soll das der Sinn sein? Wohl auch nicht wirklich. Denn ein Ereignis liegt nicht vor was zur Lösung des Falles beiträgt.

Zudem kann die Auskunft der Kellnerin auch XY geschuldet sein. Da die Filmaufnahmen nicht in Marquartstein gemacht wurden.

Zum Weiter in deinem Beitrag. Das sind eure Recherchen. Und dass Truus sich im Hölzl ausruhen wollte, das hätte sie genau so gut auch in Reit im Winkel machen können. Bzw. Da bräuchten sie nicht erst nach Marquartstein zu fahren.

Ich bleib bei meiner Meinung. Diese Siegsdorf wie das Marquartstein ist nicht verifiziert. Und wie gesagt zur Lösung des Falles nicht relevant.

Nun aber warum hab ich auf deine Beitrag reagiert. Auch hier gibst du vor wie der Anruf aus Siegsdorf Ermittelt wurde. Dazu lies einfach die folgenden Beiträge. Da findest du auch die Begründung warum das nicht sein kann. Im Weitern hab ich mich bei einem Fernmeldespezialisten informiert bezüglich Nummernspeicherung 1997 aus einer Telefonzelle. Seine Meinung: Gab es nicht. Es gab zwar Nummernspeicherungen für Festnetzanschlüsse. (Die mussten aber beim Telefonanbieter in Auftrag gegeben werden. Und waren in meinem Land Kostenpflichtig.)
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Jomiko »

Hölzl
Und wieder beweist Du dass Du es nicht verstanden hast!
Aber egal ich werde mich nicht mehr weiter dazu äußern.
Eins noch es ist sogar Dir zu der damaligen Zeit möglich gewesen zu erfahren wer dich von welchem Apparat aus angerufen hat.
Was ich herausgefunden habe ist ein Radausflug eines Vereins an diesem Samstag bei dem BvB Mitglied war.
Und der Mammutfund 1997 war leider erst zu einem späteren Zeitpunkt sodass BvB wohl zu der Zeit dort im Chiemgau war! Ist übrigens Beides sehr leicht herauszubekommen!
lindenstein
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von lindenstein »

Bitte lesen..

28. Januar 2022

Der stille Passagier

Und er dachte sich noch, komisch, was macht ein Geschäftsmann so spät nachts an der Bushaltestelle? 2.10 Uhr, um die Zeit fahren doch längst keine Busse mehr. Um die Zeit braucht ein Manager doch kein Taxi, die Flüge gehen erst viel später. Um die Zeit rufen ihn doch sonst nur Besoffene an, oder Verliebte, die sich am Abend finden und schon am Morgen wieder fremd sein werden. Aber ein Geschäftsmann?
Wolfgang Stahl sieht ihn schon von Weitem. Ein Mann in dunklem Anzug, helles Hemd, Krawatte, nackenlange Haare. Sieben Minuten vorher hatte er aus der Telefonzelle hier ein Taxi gerufen, zur Haltestelle Löwenberger Straße, am äußersten Rand von Nürnberg. Stahl hält, macht ihm die Beifahrertür auf, der Mann aber drückt sie sofort wieder zu und steigt hinten ein. Stahl dreht sich um, guten Abend, wo fahren wir denn hin? „Und dann denk ich mir: Mensch, wie schaut der denn aus? Der hat dreckige Hände gehabt. Und die Haare waren total verschwitzt.“
Der Mann sagt, dass er zum Hauptbahnhof will. Dann sagt er nichts mehr, sitzt regungslos auf der Rückbank, ein stiller Passagier. Erst nach zwei, drei Kilometern fragt er, ob er in französischen Francs zahlen kann. Kein Problem, sagt Wolfgang Stahl, funkt die Zentrale an und lässt sich den Wechselkurs geben. Dann kein Wort mehr, bis zum Bahnhof.
Ein paar Tage später wird Stahl in der Zeitung von den zwei Leichen lesen, die in dieser Nacht verbrannt wurden, draußen vor der Stadt. Truus und Harry Langendonk, ein Ehepaar aus den Niederlanden. Er wird von dem Geld lesen, das sie im Urlaub dabeihatten, von den Gulden, den Schilling, den Francs. Und er wird bei der Kripo anrufen, wird sagen, Sie, da saß ein Mann bei mir im Taxi, der wollte in Francs zahlen. Noch nie wollte einer bei ihm in Francs zahlen.

Wolfgang Stahl, graue Haare, braunes Shirt, fährt die Strecke von damals noch mal ab.

Er ist längst Rentner, hat längst kein Taxi mehr, aber er braucht nur die Haltestelle zu sehen, und sofort ist er wieder in jener Nacht im Juni 1997.

Sofort ist alles wieder da. Die schmutzigen Hände, die schweißnassen Haare, wohl doch kein Geschäftsmann. Und sein Dialekt, österreichisch.
Fast 25 Jahre ist das alles her. 25 Jahre, wie himmelweit weg das klingt. Und wie nah es doch immer bleibt.
Stahl fährt jetzt auf den Nürnberger Hauptbahnhof zu. Eine Baustelle, wartende Autos. Damals, sagt Stahl, war hier viel weniger los, nachts erst recht. Dann bleibt er stehen, zeigt auf eine Laterne neben dem Bahnhofseingang. „Da hab ich den rausgelassen.“
Die Nacht im Juni 1997, gegen 2.30 Uhr. Der stille Passagier hat bezahlt, 100 Francs, er ist auf dem Weg in die Vorhalle, als er nach ein paar Metern umkehrt und noch mal zum Taxi kommt. Er steckt seinen Kopf zur Hintertür rein, sagt, er habe doch kein deutsches Geld, ob Stahl ihm noch 100 Francs wechseln könne? Kann er, Stahl gibt ihm 30 Mark. Dann wirft der Mann die Tür zu und verschwindet.
Für Wolfgang Stahl ist die Fahrt hier zu Ende. Der Passagier aber läuft einmal quer durch den Bahnhof, kann sein, dass er nach Zügen schaut, kann sein, dass er kurz überlegt, fieberhaft, wer weiß, sicher ist nur, dass er auf der anderen Seite des Bahnhofs wieder rauskommt und in ein zweites Taxi steigt. Seine Flucht geht weiter.
Fast 25 Jahre später sucht die Polizei diesen Mann noch immer. Einen Mann, der an einem Waldrand in der Nähe von Traunstein zwei Urlauber erschießt, Truus und Harry Langendonk.

Der ihnen dazu noch die Kehle aufschneidet, am helllichten Tag, sie später in ihr Wohnmobil lädt und damit fährt, fährt, fährt, solange der Sprit reicht, Hauptsache, weg. Der das Auto kurz vor Nürnberg abstellt, alles in Brand setzt, dann zu einer rätselhaften Reise durch die Nacht aufbricht und im Morgengrauen genau dort wieder ankommt, wo er diese irre Tat begonnen hat.
Die Polizei sucht einen Mann, der zwei Menschen umbringt und dabei so unwahrscheinlich viel Glück hat, dass er fast so etwas wie den perfekten Mord begeht.
Besser aber, man fängt am letzten Tag der Langendonks woanders an. Beim Mittagessen.

Marquartstein, ein Dorf im Chiemgau, knapp drei Autostunden südlich von Nürnberg. Stefan Stampfl hält vor einem kleinen Haus, steigt aus, vor ihm das Tal, der Kirchturm, weiter hinten flimmert der Chiemsee. Eine Gegend, als hätte ein Kunstschmied sie ziseliert. Stampfl läuft um das Haus, schaut in den Garten, wo der Efeu über die Vormauer wächst, geht ein paar Schritte zurück, schaut die Fassade hoch, wo der Putz bröckelt, das Holz verwittert. Am Balkonbrett ist noch der Name zu erkennen, „Wirtshaus zum Schlossberg“, die Schrift zieht schon lange keiner mehr nach.

Stefan Stampfl, 49, ist Kriminalhauptkommissar bei der Kripo Traunstein. Ein Mann, an dem alles aufgeräumt wirkt, die Kleidung, die Sätze, die Emotion. Er hat ein glattes Gesicht, kräftige Arme und ist einsfünfundneunzig groß. Harry Langendonk war fast genauso groß.
Stampfl ermittelt von Anfang an in dem Fall. 1997 war er einer der Bereitschaftspolizisten, die den Wald am Tatort absuchten. 2003 war er in der Soko, die noch mal mit allen Zeugen gesprochen hat, mit den Taxifahrern, mit den Anwohnern, die die Schüsse gehört haben, die Schreie. 2015 hat er die Ermittlungen übernommen, und jetzt?

Stampfl ist im Moment der Einzige, der den Mörder der Langendonks noch sucht.

Das verwachsene Wirtshaus in Marquartstein also. Hier haben die beiden gegessen, bevor sie mit ihrem Wohnmobil an den Waldrand gefahren sind. An den Tatort.
Der 7. Juni 1997, 12.30 Uhr. Obwohl draußen schönes Wetter ist, setzen sich Truus und Harry Langendonk an einen der Tische drinnen. Er bestellt Bratwürste und Röstkartoffeln, dazu trinkt er eine Apfelschorle. Sie isst nichts, trinkt nur etwas schwarzen Tee. Seit neun Tagen sind sie mittlerweile unterwegs. Sie erzählen der Kellnerin von ihrer Reise, sagen, dass sie Reit im Winkl besuchen möchten. Außerdem kauft Harry Langendonk ein Bierglas mit dem Aufdruck des Wirtshauses. Für zu Hause.
Nur Stunden später, nach dem Mord, wird der stille Passagier mit einem zweiten Taxi aus Nürnberg zurückfahren. Er wird dem Fahrer lange nicht genau sagen, wohin er will, wird immer wieder sein Ziel ändern, einmal wird er auch Marquartstein nennen. Ausgerechnet. Haben die Langendonks ihren Mörder hier schon getroffen, beim Mittagessen?
Truus und Harry Langendonk führten, was man ein normales, vielleicht auch ein glückliches Leben nennt. Ihren Betrieb, einen Bremsendienst, hatten sie schon vor längerer Zeit verkauft, in ihrer Rente wollten sie vor allem reisen. Sie hatten sich extra ein neues Wohnmobil zugelegt, einen Mercedes, Typ Westfalia. Das Kennzeichen wird später in den Zeitungen gedruckt, bei „Aktenzeichen XY … ungelöst“ eingeblendet: VB-13-JK.

Die Langendonks lebten in Delden, zwanzig Minuten vor der deutschen Grenze. Truus, 61, las gerne und ging nie ohne Lippenstift aus dem Haus. Harry, 63, versteckte den Enkeln jedes Jahr gackernd ein paar Ostereier. Beide spielten sie Klavier, und in ihrem Haus stand eine Uhr, die er ihr als junger Mann selbst gebaut hatte. Zu Weihnachten. Es gibt ein Foto von ihnen, er in der Lederjacke, Panzerkettchen am Handgelenk, sie in der Sommerjacke, kurze Haare, sie prosten sich zu und lächeln.
In einem niederländischen Reisemagazin lesen die Langendonks von der Deutschen Alpenstraße. Adembenemend, steht über dem Artikel, atemberaubend. Sie beschließen, die Route mit dem Wohnmobil abzufahren. Ihr Urlaubsgeld nehmen sie in bar mit, Gulden, Francs, Mark und Schilling. Sie zahlen nicht gerne mit Karte.
Am 29. Mai 1997 fahren sie in Delden los, den Rhein entlang, den Alpen entgegen. Nach ein paar Tagen schicken sie ihren Töchtern eine Postkarte aus Sigmaringen. Sie besuchen die Schlösser Neuschwanstein und Linderhof, sie fahren nach Oberammergau und zur Wieskirche, sie machen dort überall Fotos, die Polizei wird sie später entwickeln. Aus Garmisch schicken sie einen Brief, schreiben, dass sie in Mittenwald waren. Sie hatten eine alte Geige dabei, die wollten sie dort schätzen lassen. Die Polizei wird Reste davon im Brandschutt finden, Saiten und Wirbel.

Stefan Stampfl, der Ermittler, steigt jetzt zurück in sein Auto, lässt das verwachsene Wirtshaus hinter sich und fährt Richtung Traunstein. Rechts ragen die Berge auf, stumme Zeugen, links machen sich die Felder breit. Die Polizei hat rekonstruiert, wie die Langendonks an den Tatort gekommen sind. Die Straße hier dürften sie genommen haben. An einem alten Postgebäude in Siegsdorf, kurz vor Traunstein, hält Stampfl noch mal an. Ein schmuckloser Bau, taubengrau verputzt. In den Neunzigerjahren standen überall im Land noch Telefonzellen, auch hier, an der Wand sieht man die Umrisse noch.

Der 7. Juni 1997, irgendwann zwischen 13.30 und 14.30 Uhr. Von Siegsdorf aus rufen die Langendonks ein letztes Mal zu Hause an. Sie sprechen mit ihrem Schwiegersohn, sagen, dass sie am Chiemsee sind und noch etwas bleiben werden. In der Tankstelle gegenüber steht eine Frau an der Kasse. Sie beobachtet, wie Truus Langendonk erst allein telefoniert, dann kommt ihr Mann dazu und sie zwängen sich zu zweit in die Telefonzelle. Am Schluss sagen sie, dass die Münzen aus sind. Sie telefonieren immer, bis die Münzen aus sind.
Ungefähr eine Viertelstunde halten sich die Langendonks hier auf, sie tanken, kaufen bei der Kassiererin zwei Eis. Die Polizei wird sie später fragen, ob sonst noch jemand dabei war. Saß vielleicht noch wer im Wohnmobil, stand jemand rum und stieg dann zu?
Von der Tankstelle ist es nicht mehr weit, ein paar Kilometer nur, die das Leben vom Tod trennen. Stefan Stampfl fährt einmal quer durch Traunstein, raus auf die B304, immer weiter, dann scharf links auf einen schmalen Feldweg, den Waldrand hoch, Fichten, Büsche, dann bleibt er stehen. Am Litzlwalchener Hölzl. Am Tatort.

Litzlwalchen, das sind ein paar Häuser und Bauernhöfe, sonst nur Felder und Wald. Ein Dorf, so winzig und verloren, als wäre es einem Riesen aus der Tasche gefallen. Kann sein, dass die Langendonks gerade deshalb hierhergefahren sind. Weil es ruhig ist.
Der 7. Juni 1997 ist ein Samstag, verschwenderisch viel Sonne, um die 23 Grad. In Litzlwalchen sind mehrere Modellflieger unterwegs, ein Ehepaar verbringt den ganzen Nachmittag am Flugplatz, direkt gegenüber dem Waldrand.

Nur 400 Meter liegen zwischen dem Flugplatz und dem Waldrand.

Im Dorf werkelt eine junge Mutter im Garten, ihr Mann baut ein Fliegennetz für die Terrassentür. Ein paar Häuser weiter schaut eine ältere Dame fern.
Zwischen 15 und 16 Uhr. Truus und Harry Langendonk parken ihr Wohnmobil am Waldrand, mehrere Zeugen sehen das Auto dort. Sie beschreiben auch, dass Tisch und Stühle am Fahrzeug stehen. Vielleicht trinken die Langendonks Kaffee, vielleicht dösen sie, genau weiß das niemand.
Wahrscheinlich ist, dass sie hier rasten.
Sicher ist, dass sie hier sterben.
Irgendwann sehen die Modellflieger Personen am Wohnmobil, sie werden der Polizei später aber nicht sagen können, wie viele es sind. Die Fliegerhütte steht etwa 400 Meter von den Langendonks entfernt, wie sollen sie erkennen, ob es drei Leute sind, vier? Und woher nähert sich der Täter, aus dem Wald, über den Feldweg, aus dem Dorf?
Wahrscheinlich ist, dass es Streit gibt, Anwohner erwähnen in ihrer Vernehmung eine bellende Stimme, wie bei Kommandos.

Sicher ist, dass der Täter auf der Waldseite mordet, im Sichtschutz des Wohnmobils.
Woher der Täter auch kommt, was immer er hier will: Gegen 18 Uhr schießt er. Die Modellflieger hören es, die junge Mutter im Garten hört es, drüben in Biebing hören sie die Schüsse auch. Mal werden zwei genannt, mal vier oder sechs.
Wahrscheinlich ist, dass Harry Langendonk sich wehrt, er hat auf der Reise ein Tischbein dabei, eines, das nicht zum Wohnmobil gehört, er hat es zur Selbstverteidigung dabei, man weiß ja nie, er greift wohl danach, es liegt später außerhalb des Autos, im Unterholz.

Sicher ist, dass der Täter Harry Langendonk mit einem Kopfschuss tötet.
Mehrere Zeugen hören eine Frau schreien, kreischen, die Modellflieger hören sie, die junge Mutter hört sie, Truus Langendonk in Panik, eine Kugel bleibt in ihrer Brust stecken.
Wahrscheinlich ist, dass die Pistole des Täters eine Ladehemmung hat, dass er einmal durchrepetiert, die Auszieherkralle reißt ein unverfeuertes Projektil aus dem Lauf, es bleibt im Gras liegen, alles hochdynamisch, kann sein, dass die Frau weiter um Hilfe schreit, kann sein, dass der Täter seinen Wahnsinn deshalb beschleunigt.
Sicher ist, dass er Truus Langendonk mit einem Kehlschnitt tötet, auch ihrem Mann schneidet er die Kehle auf, weiß der Teufel, warum er das noch tut, Harry Langendonk ist doch schon tot, weiß der Teufel, was ihn treibt an diesem Tag.
Oben im Dorf sitzt die ältere Dame in ihrem Haus und schaut fern. Sie hört die Schüsse, sie hört die Schreie, sie schaut weiter fern. Im ORF 2 läuft die Tiersendung „Wer will mich?“, Folge 719, die Polizei macht daran später die Tatzeit fest. Draußen scheint die Sonne, drinnen bittet Moderatorin Edith Klinger um eine neue Heimat für ihre ausgesetzten Hunderl und Katzerl. Und unten am Waldrand sterben zwei Menschen.

Es heißt ja immer, alte Krimiweisheit, der Tatort würde so viel über den Täter erzählen. Hier erzählt er so gut wie nichts über ihn. Weil wohl nicht der Täter den Tatort ausgesucht hat, sondern die Opfer. Stefan Stampfl sagt: „Es ist schwer vorstellbar, dass die Langendonks hierher gelotst werden.“ Sie übernachten nur auf Campingplätzen, bei Kirchen oder Polizeistationen, warum sollten sie einem Fremden in den Wald folgen?
Trotzdem hat sich Stampfl immer wieder gefragt, ob sie ihren Mörder schon tagsüber getroffen haben. Den stillen Passagier. Bemerkt er die beiden, ihr neues Wohnmobil, und hängt sich ran? Bietet er sich als Ortskundiger, als Reiseführer an? Aber nichts. Die Kellnerin sieht die Langendonks beim Mittagessen nur zu zweit. Die Kassiererin beobachtet niemanden sonst an der Tankstelle. „Deswegen gehen wir davon aus, dass die Person tatsächlich am Tatort auf die Holländer getroffen ist.“

Stampfl macht ein paar Schritte ins Unterholz. Er bleibt stehen, schaut sich um.

An den Fichten klettert das Moos hoch, weiter vorne wachsen junge Bäume. Der Wald verändert sich, aber die Fragen bleiben. Wohin zieht der Täter sich zurück? Postiert er sich, schaut, ob jemand kommt, Polizeiautos, Spaziergänger?
Das Paar, das damals am Flugplatz hockt, sieht nach den Schüssen noch jemanden am Wohnmobil. „Bewegung“, sagt Stampfl, „drum haben die sich nix dabei gedacht.“ Der Kripo sagen sie später, dass sie dachten, ein Jäger habe geschossen – und ein Reh habe geschrien.
Die Leute rufen die Polizei, wenn einer zu weit auf der Straße parkt. Die Leute rufen die Polizei, wenn einer zu laut grillt. Die Leute hören Schüsse, Schreie, die Polizei rufen sie nicht.
Für die Ermittlungen ist das bis heute die größte Katastrophe.
Für den Täter ist es nur ein Moment von vielen, in denen er Glück hat. Unwahrscheinlich viel Glück.

Die Stille, sagt Tabea Block, die Stille vergisst sie nicht.

Es war ein ganz ruhiger Tag, nicht mal die B304 hat man gehört, wo sonst immer die Autos drüberbrettern. Dann zerreißt ein Schuss die Luft. „Ein brutales Gekreische, eine Frau.“ Wieder Schüsse, mehrere hintereinander, dann nichts mehr. „Hab ich gedacht: Das ist komisch.“ Wären es Jugendliche, die Blödsinn machen, wäre es danach doch nicht still. Dann würde es doch erst recht losgehen.
Tabea Block war 26 Jahre alt, ihre Kinder waren noch klein und sie werkelte hier draußen im Garten. Eine bestimmte Frau, freundlich, aber mit einem angriffslustigen Lächeln. Sie ging damals zu ihrem Mann, der im Keller ein Fliegennetz gebaut hat. Du, hat sie zu ihm gesagt, das war grad komisch, der Schuss, das Geschrei. Hm, hat er gesagt, weiß auch nicht.
Sie läuft jetzt ein wenig die Straße runter, bis zu den Feldern, dann zeigt sie vor zum Wald, sehen Sie? „Keine Chance“, sagt sie. Die Bäume, der Winkel, den Tatort sieht man von hier nicht. „Wenn ich was gesehen hätte, hätte ich die Polizei angerufen. Aber ich hab ja nichts gesehen.“ Am Abend dachte sie schon nicht mehr drüber nach.
Was man nicht sieht, kann nicht sein. Oder?
Tabea Block weiß noch, wie die Kripo vor ihrer Tür stand. Wie ihr kalt wurde, eiskalt.

Die Ermittlungen leitet damals Werner Weiß. Gut eine Woche nach der Tat wurde er nach Litzlwalchen gerufen, bis dahin dachte man noch, Truus und Harry Langendonk seien in der Gegend ermordet worden, in der sie auch verbrannt wurden. „Brutaler Raubmord bei Nürnberg“, stand in der Süddeutschen Zeitung. Der stille Passagier hatte es geschafft, den Tatort zu verschleiern.
Dann aber führen die Ermittlungen nach Litzlwalchen. Weiß hatte Dienst, er suchte mit einem Kollegen den Waldrand ab, den Feldweg, die Wiese. Sie fanden Patronenhülsen. Die Brille von Truus, zertreten im Gras. Sie alarmierten die Dienststelle, die Spurensicherung, stellten eine Soko auf, fast 70 Beamte, das ganze Programm.
Werner Weiß, 64, sieht ein bisschen so aus, wie man sich einen pensionierten Kommissar vorstellt.

Jeans, Hemd, Schnauzbart und dunkel getönte Brille.


Auch er geht noch mal den Tatort ab, dort, wo vorhin Stefan Stampfl ging. Weiß war seit Jahren nicht hier, er dreht sich eine Zigarette, raucht und schaut sich um. „Jedes Mal ganz ein blödes Gefühl.“
Alles am Tatort scheint damals gegen die Polizei zu arbeiten. Nicht nur, dass es Tage dauert, bis er entdeckt wird. Es regnet auch, immer wieder, Weiß sagt: „Es hat geschüttet ohne Ende.“ Die Hülsen und das ausgeworfene Projektil verraten zumindest noch, mit welcher Pistole die Langendonks erschossen wurden: einer Tokarew, TT-33, Kaliber 7.62. Eine Ordonnanzwaffe der sowjetischen Armee. In Deutschland eher selten, in Osteuropa weit verbreitet. Was sagt sie über den, der sie gebraucht? Sie denken damals in alle Richtungen, eine davon: „Diese Waffe, dieses Übertöten mit einem Messer, hat der vielleicht Erfahrung aus dem Bürgerkrieg?“
Einen Menschen zu erschießen, aus ein, zwei Meter Entfernung, ist eine Sache. Eine ganz andere Sache ist, zu dem Menschen hinzugehen, ihn vielleicht sogar anzufassen, seine Körperwärme zu spüren, eine Sekunde nur, seine Panik, rasende Bilder, ihm dann eine Klinge an den Hals zu drücken, so fest es geht, und durchzuziehen. Wer so etwas tut, davon gehen die Ermittler aus, verbricht nicht seine erste Tat.
Von einem aber sind sie überzeugt: dass der Täter einen Bezug zur Gegend hat. Dass er hier gewohnt oder gearbeitet hat, dass er zumindest auf Besuch war. „Er tut alles, um das hier besenrein zu machen“, sagt Werner Weiß. Er nimmt sogar das Risiko auf sich, stundenlang mit zwei Leichen durch die Gegend zu fahren – und kommt dann wieder zurück. „Wenn der nicht von hier wäre, was soll der hier?“

Der 7. Juni 1997, bis 20 Uhr. Der Täter lässt sich nach den Schüssen lange Zeit, zwei Stunden, lange genug, um runterzukommen, nachzudenken. Irgendwann in dieser Zeit beschließt er, aufzuräumen. Er lädt die Leichen ins Wohnmobil, klappt Tisch und Stühle zusammen, wirft das Tischbein ins Unterholz. Er schafft weg, was er findet.
Zwischen 20 und 20.15 Uhr sehen mehrere Zeugen das Wohnmobil rangieren und vom Waldrand wegfahren.
Wahrscheinlich ist, dass der Täter dabei die Einstiegshilfe übersieht. Dass er am Morgen noch mal hergeht, schaut, ob er was vergessen hat, und sie tief in den Wald trägt, mehrere Hundert Meter.

Sicher ist, dass die Polizei sie dort später findet. Sie ist überfahren, verbogenes Blech, und steckt unter einem morschen Baumstumpf.
Der Täter biegt vom Feldweg auf die B304. Stefan Stampfl, der ihn bis heute sucht, kann nur mutmaßen, dass ihn sein Weg dann auf die Autobahn führt. Unbemerkt fährt er in die anbrechende Nacht, hinten im Wohnmobil liegen zwei Leichen.
An einer der Fichten am Waldrand hängt ein Kranz, Rosen und Efeu aus Plastik und Draht.

Aus den Blüten ist die Farbe gewichen, aber sie hängen da, seit mehr als zwanzig Jahren. Von der Familie.

Der 8. Juni 1997, ab 0.30 Uhr. Das Wohnmobil parkt auf einer Waldstraße neben dem Autobahnkreuz Nürnberg-Ost, ein paar Kilometer vor der Stadt. Der stille Passagier ist gefahren, so weit es nur ging. Im Tank sind nur noch drei Liter Diesel, das Warnlämpchen hat schon eine ganze Weile geleuchtet. Auf der Straße ist ein Erdhaufen aufgeschüttet, der Täter rumpelt wohl dagegen, will vielleicht noch ausweichen. Den Schlüssel zieht er ab und lässt ihn unter dem Zündschloss liegen.
0.55 Uhr. Das Wohnmobil steht in Flammen. Der Passagier benutzt eine Gasflasche, die er im Auto findet, wickelt einen Lappen um das Ventil und zündet alles an. Eine zerstörerische Hitze, die Verkleidung fällt von der Decke, von den Sitzen bleiben nur Gestänge. Das Feuer frisst alle DNA-Spuren, die der Täter im Auto hinterlässt. Die Leichen von Truus und Harry Langendonk verbrennen.

Als zwei Frauen den Brand melden, ist der stille Passagier schon in die Stadt unterwegs. Er flieht zu Fuß, fast drei Kilometer, verschwitzt wird er in der Löwenberger Straße ankommen.
Wahrscheinlich ist, dass ihm Feuerwehr und Polizei entgegenkommen, Blaulicht, Sirenen, dass er in Stress gerät, ins Gebüsch springt, die Straßenseite wechselt und sich hinter Zäunen versteckt.
Sicher ist, dass die Polizei entlang der Straße immer wieder Gegenstände aus dem Wohnmobil findet. Zeug, das der Passagier erst mitnimmt, warum auch immer, und dann wegwirft.
Die Reisepässe der Opfer liegen im Gras, ein Brillenetui, ein Notizbüchlein.

Hinter einem Holzzaun liegt ihr Geldbeutel, voller Mark und Gulden. Der Täter dürfte ihn verloren haben, warum sollte er ihn wegwerfen, denn Geld, darum ging es ihm ja wohl.
An einer Stelle wirft er den Fotoapparat der Langendonks weg. Er nimmt sich sogar die Zeit, zwei Filme aus der Kapsel zu reißen. Warum? Ist er auf einem der Fotos drauf? Die Kripo wird einige davon noch entwickeln können.

Das Belichten hat die Bilder getrübt, als hätte jemand einen Schleier vor sie gehängt. Den Täter zeigen sie nicht.
Erst räumt er den Tatort auf, dann vernichtet er die meisten seiner Spuren, dann bleibt er unentdeckt, bis heute. Aber, sagt Stefan Stampfl: „Irgendwo hat er einen Fehler gemacht. Vielleicht haben wir den bloß noch nicht gefunden.“
In Litzlwalchen folgt Stampfl jetzt einem Schotterweg in den Wald hinein. Der Kies knirscht, die Sonne blinzelt durch die Bäume, draußen segelt ein Modellflieger über das Feld.

Fast lächerlich harmlos hier. Vielleicht war genau das das Problem.
So oft hat Stampfl das Geschehene schon durchdacht, die Akte schon gelesen, 140 Leitzordner: Das Verhalten des Täters kann er sich nicht erklären. Da sind Momente, in denen er völlig zielgerichtet handelt. Die Abwägung, ob er das Risiko in Kauf nimmt, mit zwei Leichen im Auto kontrolliert zu werden. „Und das hat er abgewogen, weil er hat zwei Stunden Zeit gehabt.“ Da sind aber auch Momente, in denen er völlig chaotisch handelt. Wozu nimmt er Zeug mit, das für ihn keinen Wert hat, die Reisepässe, das Brillenetui, und wirft es dann doch weg? Kein Hinweis, der darauf je eine Antwort gab.
Natürlich auch nicht auf die eigentliche Frage: Warum das alles? Stefan Stampfl sagt: „Ich glaub, das ist ein Zufallstreffer. Der sieht das Wohnmobil, denkt sich, da kann ich schnell ein paar Hundert Mark abzocken. Geht hin, macht schön Wetter, ratscht ein bisschen, lotet die Situation aus. Dann kommt die Geldforderung, und dann eskaliert’s.“
Ein Zufall. Warum dann die Waffe? „An dem Tag hat er sie dabeigehabt. Warum auch immer.“ Wenn er denn allein war. Die Polizei hält es immer noch für möglich, dass es mehrere Täter gibt. Dass der stille Passagier nur der Cleaner ist, der alles beseitigt, während der Mörder untertaucht.
Weit mehr als 300 Personen haben Stampfl und seine Kollegen schon als mögliche Täter überprüft. Wieder und wieder haben sie versucht zu ermitteln, warum der Mann es so eilig hatte zurückzukommen. Wem wäre sein Fehlen am Morgen aufgefallen?

Sie haben alle Häuser in der Gegend überprüft, musste er zu seiner Familie, hatte er hier ein Auto stehen? Sie haben alle Bauernhöfe überprüft, musste er in den Stall? Sie haben die Bauarbeiter überprüft, die zu der Zeit die Streckenführung an der B304 verlegten, musste er zur Arbeit? Sie haben die Traunsteiner Kaserne überprüft und die Waldbesitzer, eine Hochzeit und alle Partys an dem Wochenende, den Zeitungswerber und den Matratzenvertreter, die damals von Tür zu Tür gingen.
Doch überall: nichts.
Einmal ermitteln sie in Österreich, zu einem Mann aus der Nähe von Graz. Stampfl recherchiert sich langsam an ihn heran, war er 1997 mal in Traunstein? Stampfl zieht die Kreise enger, wo hat er gewohnt, noch enger, welche Autos fuhr er? Stampfl ermittelt Wochen, Monate, dann ist es eine Sache von Minuten, Sekunden letztlich. Das Fax einer Reederei. Der Mann war auf einem Schiff in Norwegen, als die Langendonks ermordet wurden.
Gut 2000 Hinweise, und keiner führte bislang zum Täter. Dabei weiß die Polizei, wie er in etwa ausgesehen hat, die Taxifahrer konnten ihn ganz gut beschreiben. Der stille Passagier war zwischen 30 und 35 Jahre alt, etwa 1,80 bis 1,85 Meter groß und sprach österreichisch, vielleicht auch bairisch. Die Haare: blond, glatt, nackenlang. Ein bisschen Prinz Eisenherz, ein bisschen junger Rod Stewart.

Jedenfalls kein Allerweltsgesicht. Wie kann er sich so lange verborgen halten?
Frank Behring sitzt in dem kleinen Park am Südausgang des Nürnberger Hauptbahnhofes. Eigentlich heißt er anders, aber weil sein echter Name etwas ungewöhnlich ist, würde der Täter ihn problemlos über Google finden. Also soll er hier Frank Behring heißen. In den Neunzigerjahren fuhr er an den Wochenenden oft Taxi, auch in jener Nacht im Juni 1997. Er war es, der den stillen Passagier zurück in den Chiemgau gefahren hat.

Niemand in dieser Geschichte hat so viel Zeit mit ihm verbracht wie Behring.

Da vorne, sagt er jetzt und zeigt auf den schließfachgrauen Ausgang, da vorne kam der Mann aus dem Bahnhof.

Der 8. Juni 1997, um 2.30 Uhr. Der stille Passagier steigt in Frank Behrings Taxi, setzt sich wieder auf die Rückbank. Auch Behring fallen gleich die schweißnassen Haare auf, das Sakko trägt der Mann mittlerweile über dem Arm. Ob Behring auch weiter weg fährt? Klar. Ob er mit Karte zahlen kann? Nein, Behring hat kein Lesegerät dabei. Also bar. Den Großteil will er diesmal nicht in Francs zahlen, sondern in Schilling. Außerdem hat er noch 30 Mark. So viel wie Wolfgang Stahl, der erste Taxifahrer, ihm vor ein paar Minuten gewechselt hat.
Frank Behring ist ein genauer Mensch, fast penibel. Er hat seine Notizen mitgebracht, er hat alles aufgeschrieben, Erinnerungsfetzen, Satzbrocken, alles, was ihm hinterher noch eingefallen war. Die Kripo lädt ihn damals immer wieder vor, stellt ihm Tatverdächtige gegenüber, einmal wird er unter Hypnose vernommen. Sie versuchen, Behring auszuwringen wie einen Schwamm, wer könnte etwas über den Passagier erzählen, wenn nicht er?
„Recht gesprächig war er nicht“, sagt Frank Behring jetzt auf der Parkbank. „Auffällig war an dem Typen, dass die Klamotten nicht zu ihm gepasst haben.“ Kann sein, dass der Täter sich umgezogen hat, dass er sich den Anzug vielleicht aus dem Gepäck von Harry Langendonk genommen hat. Kann sogar sein, dass er eine Perücke getragen hat.

Nach 2.30 Uhr. Behring versucht, irgendwie ins Gespräch zu kommen mit dem stillen Passagier. Der Mann sagt, dass er seine Freundin treffen möchte. Dass er sie verpasst hat. Er weiß aber scheinbar gar nicht so genau, wohin er will. In Nürnberg redet er von München. Etwa 30 Kilometer später, auf der Höhe von Hilpoltstein, fragt er nach dem Münchner Hauptbahnhof. Fünf Minuten später will er zum Nord-Ost-Bahnhof, wo auch immer der sein soll, dann zum Flughafen, bis er auf Traunstein umschwenkt, auf Marquartstein. Weiß er, dass seine Opfer dort gegessen haben?

Fast wirkt es, als würde der stille Passagier an den Weggabelungen dieser Nacht immer auch ein paar Rätsel abwerfen, Krumen, seine Verfolger lesen sie auf, aber finden ihn doch nicht.

Bis heute geben die Leute Hinweise, alle drei, vier Wochen, Stefan Stampfl überprüft sie alle. Jahr für Jahr vergeht, und immer wieder gibt es diese Momente, in denen er für einen Moment euphorisch wird. 2015 finden sie ein Speziallabor in Innsbruck, sie lassen dort den Geldbeutel der Langendonks noch mal untersuchen, lassen jede Naht auftrennen, jede Schuppe kommt unters Mikroskop. Dann der Anruf: eine männliche DNA, eine, die sie noch nicht kannten. „Da war uns klar, da hat der Täter seine Finger drin gehabt, hat die Geldscheine angeschaut.“ Dann der nächste Dämpfer, Stampfl sagt: „Berechtigter Spurensetzer.“ Jemand aus der Familie hatte den Geldbeutel in der Hand.
Es ruckelt kurz, als die drei Frauen sich einwählen, Kameras werden an- und ausgeknipst, noch mal einwählen, dann erscheinen sie auf dem Bildschirm, jede bei sich zu Hause, Zimmerpalmen, Küchenschränkchen, wärmende Normalität: Monique, Ellen und Karin Langendonk. Die Töchter von Truus und Harry.
Karin und Ellen sind Zwillinge, beide 59, die eine mit kurzen Haaren, die andere mit Irokesenschnitt. Monique ist die Älteste, 62, tiefe Stimme. Frauen mit zwei Leben, eines vor, und eines nach dem Mord an ihren Eltern. Sie waren in ihren Dreißigern damals, und zack, waren sie Vollwaisen.

Sie erzählen gleich los, diese verrückten ersten Monate, diese unwirkliche Zeit. Karin Langendonk sagt: „Ich hatte das Gefühl, ich würde im ‚Tatort‘ mitspielen.“ In den Nachrichten wurden Familienfotos gezeigt, Kamerateams belagerten das Haus in Delden. Als die Boulevardleute längst wieder weitergezogen waren, brachten Polizisten den Schmuck, den ihre Eltern getragen hatten.
Die drei Schwestern waren immer sehr eng, und doch waren sie plötzlich sehr allein. Ellen Langendonk sagt: „Jede ging für sich damit um.“ Ein bisschen wie auf dem Bildschirm gerade, drei Gesichter, jedes in seinem Fenster.
Monique, die Älteste, schaute jahrelang nach Autos am Straßenrand. Ging durch die Stadt, merkte sich die Kennzeichen, einfach so. „Damit ich die Polizei informieren kann, falls was passiert.“
Karin hat von ihren Eltern geträumt, immer wieder, gerade während der ersten Monate. Wie sollten sie tot sein? Als sie losgefahren sind, haben sie doch noch gelebt. Und die Sache ist ja: Der Täter hat ihnen nicht nur die Mutter und den Vater genommen. Er hat ihnen auch den Abschied genommen. Die Töchter haben die Leichen ihrer Eltern nie gesehen, sie haben sich von zwei Holzsärgen verabschiedet. Die Polizei hatte ihnen geraten, sie nicht zu öffnen.
Was man nicht sieht, kann nicht sein. Oder?
Monique Langendonk sagt: „Wir werden nie wissen, ob sie da drin gelegen sind. Aber es muss so sein. Sie haben sich danach nie mehr bei uns gemeldet.“

Der 8. Juni 1997, vor 3.36 Uhr. Es bleibt eine seltsame Fahrt. Frank Behring fällt auf, dass der Mann völlig ruhig auf der Rückbank sitzt. Wie eine Puppe. Später erinnert er sich, dass der Passagier einmal etwas von einem Sinfonieorchester erzählt, von klassischer Musik. Die Langendonks hatten doch eine Geige dabei, die Wirbel im Brandschutt, sie wollten sie doch schätzen lassen. Die Ermittler nehmen halb Mittenwald auseinander, sprechen mit den Geigenbauern, den Gesellen, aber nichts, überall nichts.
Der 8. Juni 1997, 3.36 Uhr. Frank Behring fährt an der Raststätte Holledau raus. Der Mann wollte ja nach Marquartstein, Behring kennt sich im Chiemgau aber nicht aus. Er kauft eine Karte an der Tankstelle, der stille Passagier bleibt sitzen. Am Rastplatz sind überall Kameras, sie nehmen das Taxi auf, zeigen, dass auf der Rückbank jemand sitzt.

Aber das Taxi bleibt genau so stehen, dass sein Gesicht von einer Säule verdeckt wird. Wäre Behring nur eine Zehntelsekunde früher oder später stehen geblieben, wäre der Mann voll im Bild.
3.41 Uhr. Das Taxi fährt weiter. Wie viel Glück kann einer haben?
Glück, dass in Litzlwalchen niemand die Polizei ruft. Glück, dass er auf der Fahrt nach Nürnberg nirgends kontrolliert wird. Glück, dass ihn die Überwachungskamera verpasst. Und Glück, dass der Regen die Spuren am Waldrand für immer verwäscht.
Vor ein paar Jahren gab es in Bayern eine Amnestieregelung, ein Jahr lang konnten die Leute illegale Waffen bei den Landratsämtern abgeben – straffrei. Stefan Stampfl wollte wissen, ob dabei auch die eine oder andere Tokarew auftaucht. Die Tatwaffe wurde nie gefunden, aber die verschossene Munition ist eine der wichtigsten Spuren, alles in Datenbanken hinterlegt. Stampfl und seine Kollegen fragen nach, tatsächlich wird das Modell in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land mehrmals abgegeben, genauer: mehr als 30 solcher Pistolen. Die Anspannung steigt.
Die Pistolen werden beschossen, Stampfl bringt sie selbst nach München, ins Labor des Landeskriminalamts. Er schaut dem Sachverständigen über die Schulter, als die Projektile unter einem Stereomikroskop verglichen werden. Er denkt an die Besuche der Langendonk-Schwestern in Traunstein. Er denkt an die Grußkarten, die sie jedes Jahr zu Weihnachten schicken. Er hofft. Und wird enttäuscht.

Die verdammte Hoffnung. Erst trägt sie einen, dann lässt sie einen fallen, immer wieder. Mittlerweile versucht Stampfl, nicht mehr zu aufgeregt zu sein, wenn eine Spur sich erhärtet.
Ellen Langendonk sagt: „Wir hoffen nicht zu sehr.“
Monique Langendonk sagt: „Selbstschutz.“
Karin Langendonk sagt: „Es ist passiert, und du musst damit klarkommen. Wir müssen mit vielen Dingen klarkommen, die dort passiert sind.“
Fast 25 Jahre ist der Täter schon auf der Flucht. Mehr als 50000 Euro Belohnung sind auf seine Ergreifung ausgesetzt, das meiste stammt von den Töchtern.

Manchmal ruft Stefan Stampfl sie an und fragt, ob sie die Summe aufrechterhalten. Eine Formalität eigentlich. Die brechende Stimme am anderen Ende. Die sprachlosen Sekunden. Das Ja, jedes Mal.
So weit die Tat auch zurückliegt, am Ende bleibt sie denen, die sie betrifft, immer nah.
Wolfgang Stahl, der erste Taxifahrer, hat sich nach dem Mord die Leute genauer angeschaut, die zu ihm ins Auto stiegen. Hat sich öfter umgedreht, Gesichter gemustert.
Tabea Block, die Anwohnerin, hat sich einen Hund zugelegt. Von ihrem Haus an den Tatort sind es nur ein paar Minuten. Sie ist nie mehr hingegangen.
Werner Weiß, der pensionierte Kommissar, ist selbst Camper, er hätte sein Wohnmobil früher ohne Bedenken an dem Waldrand abgestellt. Danach kamen sie immer wieder, die Bedenken.
Frank Behring, der zweite Taxifahrer, heftet bis heute alles über den Fall ab, Notizen, Fotos, Zeitungsartikel. Alles sauber und akkurat, schön mit Erscheinungsdatum.
Stefan Stampfl, der Ermittler, fährt alle drei, vier Monate an den Waldrand, steigt aus und steht einfach da, die Hände in den Hosentaschen. Dann, sagt Stampfl, überlegt er. „Warum, Burschi, hast du das gemacht? Was ist in dir vorgegangen? Was ist hier abgelaufen?“ Dann fährt er wieder.

Monique Langendonk, die älteste Tochter, bekommt manchmal mit, dass Leute über ihre kranken Eltern jammern. Die Pflege, der Stress. Dann denkt sie sich, was beschwert ihr euch? Wie gern würde sie ihre Eltern pflegen.
Der 8. Juni 1997, vor 5 Uhr. Frank Behring fährt mit dem stillen Passagier weiter nach Süden, die A8, der Bernauer Berg, vorbei am Chiemsee, da waren Truus und Harry Langendonk noch, haben Fotos gemacht auf Herrenchiemsee. In Grabenstätt fährt Behring raus, biegt rechts ab nach Marquartstein, da beugt sich der Mann zum ersten Mal vor, fragt nach der Uhrzeit. Dann will er auf einmal umkehren, jetzt gleich, der Passagier ändert zum letzten Mal sein Ziel. „Ich hab zu ihm gesagt: Langsam sollten Sie schon mal wissen, wo Sie hinwollen.“
Plötzlich kennt sich der Mann erstaunlich gut aus, er lotst Behring nach Traunstein, durch die Stadt, sagt, fahren Sie da lang und da lang, weiter, raus auf die B304, immer weiter, bis zum Wald. Behring erinnert sich, dass der Passagier noch mal nach der Uhrzeit fragt, warum fragt er ständig nach der Uhrzeit?
Irgendwann sagt der Mann, da vorne komme jetzt dann ein Bushäusl, da steige er aus.

Bushäusl, das Wort hat Behring sich gemerkt.

Zu der Stelle, an der Truus und Harry Langendonk ermordet wurden, sind es von hier nur ein paar Hundert Meter. In etwa zwei Stunden fällt der erste Regen.
5.10 Uhr. Behring hält mitten auf der Straße, ist ja nichts los um diese Zeit. Am Ende kostet die Fahrt 500 Mark, der Mann gibt ihm 30 Mark und 3300 Schilling. „Dann hat er noch gesagt: So schnell sind 500 Mark weg.“ Du bist blöd, denkt sich Frank Behring, wärst du doch mit dem Zug gefahren. Dann steigt der stille Passagier aus. Behring sieht ihn noch im Rückspiegel, sieht, wie er in den Wald läuft.
Und dann ist er verschwunden.

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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von hoelzl »

Jomiko hat geschrieben: Montag, 22. August 2022, 17:10:48 Und wieder beweist Du dass Du es nicht verstanden hast!
Was beweist was? Was soll ich nicht verstanden haben? Besteitest du etwa, dass meine Antwort nicht zutrifft.
Auf meinen Festnetztelefon wurde 1998 ein Anruf angezeigt. Und nicht im Jahr 1997 wie der Fall Ls. geschah.
Zudem geht das Richtung Behauptung die Tochter hätte das auch können.

Aber nochmals die Frage: Welchen Erkenntnisgewinn bringt Siegsdorf?

Was du nicht alles weisst über Bredow! Soviel wie nichts!

Im selben Jahr informierte Bredow erstmals die örtlichen und regionalen Behörden über seinen Mammutfund von 1975. Der Traunsteiner Landrat Leonhard Schmucker soll schließlich eine Untersuchung durch den Münchner Paläontologen Kurt Heißig veranlasst haben, der die Echtheit der bisherigen Funde bestätigte und mit Bredow die von der Gemeinde Siegsdorf finanzierten Ausgrabungsarbeiten fortsetzte
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lindenstein
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von lindenstein »

Zur Info,

das Mammutmuseum wurde 1996/97 bereits eröffnet. Ich war schon da.
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von Jomiko »

Lindenstein
Vielen Dank für Diesen Artikel. Ich kannte ihn ja schon, aber andere werden sich darüber freuen. Das Museum von BvB heisst übrigens Mamuttheum und ist leider seit einiger Zeit geschlossen.

Hölzl
Wie gesagt ich sag nix mehr dazu!
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von gastmann »

Artikel@Lindenstein
Zitat:
... Am Ende kostet die Fahrt 500 Mark, der Mann gibt ihm 30 Mark und 3300 Schilling. „Dann hat er noch gesagt: So schnell sind 500 Mark weg

Er sagt nicht, so schnell ist das Geld weg, sondern so schnell sind 500,- Mark weg. Man könnte annehmen er rechnete in DM.
Woher kannte der Taxifahrer den Wechselkurs? Rief er etwa auch in seiner Zentrale an?

Für mich ist es ein weiteres Indiz dafür, dass er ein Deutscher war.
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Re: MORDFALL EHEPAAR LANGENDONK -- Diskussion

Ungelesener Beitrag von lindenstein »

Ich werde getrackt und kann das nicht abstellen, dennoch sind für mich hier im Fall der Yves s. und der H.B. von der Rohrbaufirma nicht entlassen.

Beide haben Bezug zu Oberbayern.. der eine Siegsdorf- Nürnberg der andere die Deponie damit Hölzl- Nürnberg.

In Nürnberg kennt man sich auch aus.. dort gibt es einen Nordostbahnhof.. der wird in Höhe München von dem stillen erwähnt.

Er sagt dem Taxler was von Philharmonikern/Symphonikern.. welche haben wir?

Die Berliner/ Münchner und Nürnberger.. alles deutsch daher konnte er das mit den 500 Mark artikulieren, weil es eben ein deutscher Künstler/Coach/ Musiker war, da spricht auch nichts dagegen. Meiner Meinung nach ist das auch eine Spur und wenn man hier BvB mit Konsorten einfließen lässt wird da auch ein Schuh draus.. nur ist eben dieser Schuh, wenn man das weiter Denken möchte..
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