Gast hat geschrieben: ↑Mittwoch, 22. Juni 2022, 20:06:57
Ich denke der Täter war sich vieleicht einfach unschlüssig darüber wie es weitergehen sollte. Er hatte Frauke irgendwie "festgesetzt".
(...)
Wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, müsste der Täter ein ganz seltsamer Mensch sein. Eine Art Kombination aus Schwächling, verwirrter Geist aber dennoch gewalttätig. Aber ich bin kein Psychologe. Alternativ: Der Täter hatte sadistische Züge und hat Spass daran gehabt Frauke immer wieder zu vertrösten / hinzuhalten.
Ich persönlich gehe davon aus, daß Frauke den Täter kannte und es schon vor der Tat eine Vertrauensbasis gab. Indem Sie mit Chris teleofniert ohne seinen Namen zu nennen (den sie m.E. kennt) versucht sie das Vetrauen des Täters dahingehend zu gewinnen, daß sie ihn auch nach einer Freilassung nicht verraten wird.
Das hat ja auch nur ein paar mal funktioniert, bis Frauke dann im letzten Gespräch sozusagen "die Dinge selbst in die Hand genommen hat".
Ich glaube z.B. auch, daß der Täter - bei meinen oben angenommen Tätertypus - Frauke nicht aktiv getötet hat - wofür auch die Auffindesituation sprechen könnte - er ist vielleicht einfach eine Zeitlang nicht mehr zum Versteck gegangen und hat ihre Leiche dann im Wald abgelegt.
Deine Ansichten gefallen mir.
Nur eins: Das liest sich, wenn ich es richtig verstehe, als ob du einen (oder Plural, wie immer...) Begleiter a priori in der Täterrolle siehst, also jemanden mit mehr oder weniger konkretem Tatvorsatz zur Freiheitsberaubung im Vorfeld oder spätestens ab Zusammentreffen mit Frauke am Dienstag Abend, mit welchem Motiv/Zielvorstellung/Perspektive auch immer.
Und genau das ist für mich die spannende Frage: In wieweit war Frauke von vornherein Opfer, in wieweit eingangs selbstbestimmt (angefangen bei der Frage, ob freiwillig in Nieheim), wurde ihr eine Situation vermeintlicher Selbstbestimmtheit (in Teilen?) geplant vorgegaukelt oder bestand die zunächst tatsächlich? Folgte der Hergang dieser Woche Plan und Zielsetzung des Täters oder entwickelte er sich (auch?) nach "seinen eigenen Regeln"?
Der ganze Komplex "Anrufe/SMS" verursacht bei einem ausschließlichen "restriktiver Täter"-Szenario viel zu viele Irritationen, meine ich.
Und dennoch, obwohl über Täterschaft, Motiv und Hergang soweit nichts Belastbares (bzw. weitgehend: gar nichts) bekannt ist, wird immer wieder Frauke als das tatsächliche spätere Opfer des Geschehens(!) als von vornherein in planvoll-böswilliger Absicht Festgehaltene, ihr(e) Begleiter von vornherein als den Hergang 100% vorausschauend und bestimmend gesetzt.
Natürlich (mal übertrieben gesagt), das Bild, dass sie sich aus Lust und Laune spontan aus dem Alltagsleben heraus in einen Open-End-Party-Modus begibt und einfach freiwillig nicht heimkommen will, das passt gar nicht auf die Frauke, wie sie beschrieben wird. Übrigens auch sonst auf die allermeisten nicht. Wenn man da also so holzschnittartig-schwarzweiß kategorisiert, d.h. wenn kein äußerer Zwang, müsste es eine zwanglos-unbeschwerte eigene Entscheidung gewesen sein, dann findet sich da jedenfalls keinerlei plausibles "Frauke-Verhalten".
Aber es gibt ja Varianten dazwischen. Z.B. nur mal so dahergesponnen:
Ein spontaner Kurztrip nach Nieheim, vielleicht aus Spaß oder einem ernsteren ihr wichtigen Grund, Frauke kannte sich nicht sonderlich aus, rechnete mit einem Später-Heimkommen von vielleicht gut einer Stunde, das wäre Chris ohne Weiteres zuzumuten, auch wenn sie ihm erstmal (bei Abfahrt in PB) mangels Akku nicht Bescheid geben konnte - in dieser Richtung traue ich Frauke unbekannterweise ohne Weiteres eine hinreichende Motivlage zu. Frauke war spontan, tatkräftig, feierfreudig, positiv - die ganzen Bekundungen, sie sei "so zuverlässig und würde niemals..." würde ich da nicht ad absolutum setzen. Anders als verabredet später kommen, auch ohne Bescheid sagen (zu können) - auch wenn sie das normalerweise nicht machen würde, "nie" ganz bestimmt nicht. Ich rede da nicht von "tagelang wegbleiben", sondern von "später als verabredet heimkommen".
In dem Szenario dann ein unvorhergesehener Verlauf, ob von der Begleitung beabsichtigt/geplant oder nicht, Frauke leiht sich einen Akku oder vor Ort ein passendes Ladekabel (waren verbreitet) und gibt Chris nun doch Bescheid - keinen Nerv, ihn da jetzt zu sprechen, irgendwas zu erklären, nur "komme später" (rechnet zu dem Zeitpunkt noch damit, bald/noch in der Nacht heimzukommen), ein bisschen besänftigende "Beziehungspflege" (England-Insider, hdgdl) dazu. Mehr ist grad nicht drin, vielleicht ist vor Ort gerade "die Kacke am Dampfen" und Frauke hat Wichtigeres im Kopf als die Frage, ob Chris wohl angepisst sein würde und ob sie sich wohl am besten gleich umfangreich bei ihm erklären und entschuldigen sollte, blabla... solche Denk-/Wahrnehmungsmuster entlang von Manieren und guten Sitten haben da vielleicht vorrangig erziehungsbewusste Eltern oder so, aber das Frauke kategorisch "in die Schuhe schieben" zu wollen, um damit dann die Authentizität der SMS pauschal in Abrede zu stellen - in meinen Augen eine schwer nachzuvollziehende Fehleinschätzung.
Wie gesagt, alles nur dahergesponnen, es geht nicht um ein propagiertes konkretes Szenario, zumal der Kern der Sache ja völlig offen bleibt: Aus welchem Grund, mit welcher Motivation, mit welcher Erwartung war Frauke aus eigener Entscheidung in Nieheim oder aber aus welchem Grund, welcher (Täter-)Motivation und -Erwartung wurde sie gegen ihren Willen dorthin verbracht? Was geschah dann, unter welchen Umständen entstand die Nieheim-SMS, wie war der Rahmen und Motiv für die späteren Telefonate?
Mal ein anderer Gedanke in den Raum gestellt:
Der Eindruck ist mir ziemlich eindeutig, und wurde auch von anderen wiederholt angenommen, Frauke habe am Fr/Sa/So wohl tatsächlich an ihre Heimkehr geglaubt. Sofern dem nicht eine unbestimmte (statt täterdominierte) Situation zugrunde lag, müsste ihr der Täter dies glaubhaft vorgegaukelt haben, falls er es bereits insgeheim anders geplant gehabt hätte.
Natürlich wollte Frauke baldestmöglich nach Hause, wollte daran glauben. Und je gestresster und verunsicherter, desto leichter glaubt man, was man glauben will, sofern sich kein Defätismus breit macht.
Gleichzeitig war Frauke intelligent und wohl auch ausgeprägt empathiekompetent - also nicht die küchenpsychologische "emotionale Empathie" im Sinne von Mitgefühl, "Mitschwingen", emotionaler Perspektivübernahme und so, sondern die eigentliche (rationale) Empathie, das weitgehend zutreffende Erkennen- und Nachvollziehen-Können von Motivationslandschaften, Beweggründen und Verhaltensmustern beim Gegenüber (die "emotionale Empathie" ist bei Licht betrachtet ein "Add-On", eine innere emotionale Reaktion auf eben dieses Nachvollziehen. Haben manche wenig, andere mehr, manche können es gut regulieren, bei anderen ist eher "Mitgefühl-Wildwuchs"... ich schweife ab).
Jedenfalls, Belastungssituation und unmittelbare eigene Betroffenheit mal außen vor gelassen, müsste Frauke eigentlich ziemlich gut in der Lage gewesen sein, die äußere Situation und die Befindlichkeit/Absichten des Täters zutreffend zu erkennen und deuten.
Ein erfolgreiches Täuschen (wäre es in dem Fall nicht, eigentlich) über ihre Heimkehr wäre dann doch viel eher möglich, wenn diese Frage dem Täter selbst noch offen ist, oder gar diese Absicht tatsächlich besteht. Und wenn die Gesamtsituation diese Option sozusagen logisch auch irgendwie hergibt.
Ob in einer Situation, in der der Täter Frauke de facto nicht mehr gehen lassen konnte und er sich dessen auch bewusst war, das unausgesprochen auch schon entsprechend entschieden hatte - hätte er da Frauke erfolgreich glaubhaft ihre Heimkehr in Aussicht stellen können?
Klar, die "verzweifelt Glaubende" ist denkbar, die Anrufe dann tatsächlich wohl vor allem zu dem Zweck, ihr selbst ihre Illusion aufrechtzuerhalten, ihr Nichts-Ausplaudern erzwungen mit der glaubhaften Drohung, sie werde sonst nie mehr nach Hause kommen. Das passt soweit auch mit vielen Details zumindest optional zusammen.
Was dabei jedoch offen bleibt, ist die Frage, warum der Täter so ein Bohei um die Anrufe macht (Fahrten, Entdeckungsrisiko auch wenn Frauke nichts ausplaudert), nur damit Frauke glaubt, sie komme wieder nach Hause.
Ganz stimmig ist das für mich aktuell nicht, und wie gesagt, sagt auch nichts über den Anfang besagter Woche/Eingangsgeschehen aus.