Ich will euch mal kurz von einem Erlebnis der letzten Tage berichten...
Ich war Do-So auf einem Mittelalterlager. Also nicht als Besucher, sondern habe dort gelagert, mit vielleicht 100 anderen Personen. Es war heiß, Tageshöchsttemperaturen 30-35 Grad bei strahlendem Sonnenschein. Natürlich habe ich mich die allermeiste Zeit im Schatten aufgehalten, leichte Kleidung, viel (natürlich alkoholfreie) Getränke, wenig Bewegung, feuchtes Tuch auf dem Kopf. Mehrmals am Tag kalt geduscht. Die anderen dort haben es mehr oder weniger genauso gehalten.
Jedenfalls, auch wenn ich es zu keinem Zeitpunkt als "zu heiß" empfunden und mich durchweg wohl gefühlt habe, es nachts auch immer auf 22 Grad oder weniger abkühlte, war es in dieser Menge/Dauer "too much": In der Nacht, als ich schon wieder zu Hause war, bekam ich migräne-ähnlich Kopfschmerzen, Brechdurchfall, Krämpfe und anhaltende Gliederschmerzen. Wer Migräne oÄ nicht kennt - man ist innerhalb kürzester Zeit völlig ausgelaugt, kaum zu einem klaren Gedanken oder Willen mehr fähig, es geht gefühlt "die Welt unter".
Und ich war da nicht der Einzige, es hat einige erwischt, mehr oder weniger, einer hat es mW auch bis ins Krankenhaus "geschafft".
Ich hab mich da dann natürlich zum Thema Überhitzung/Hitzschlag schlauer gemacht...
Nun, um den Bogen zum Fall FL zu spannen: Im Juni 2006 war es ungewöhnlich warm, wird auch konkret für den Raum PB als "brütend warm" benannt:
Die Haushalte im fahndungsrelevanten Bereich werden in den nächsten Tagen per Postwurfsendung über die aktuelle Öffentlichkeitsfahndung informiert. Weil die fragliche Tatzeit bereits über ein halbes Jahr zurück liegt, erinnert die Polizei in dem Faltblatt an einige Ereignisse, um möglichen Zeugen eine Erinnerung zu erleichtern:
Es war Fußballweltmeisterschaft. Deutschland spielte am Dienstag, 20. Juni, dem Tag des Verschwindens von Frauke Liebs, gegen Ecuador und im Achtelfinale am Samstag, 24. Juni, gegen Schweden. Es war brütend warm. Es waren Schützenfeste in Vörden, Höxter, Brakel, Steinheim und Lüchtringen. (Polizeibehörde PB, Quelle:
https://web.archive.org/web/20120221000 ... iminalamts )
Wir wissen nichts über Fraukes Aufenthalts- bzw. Unterbringungsort. Gut möglich, dass dies zeitweise oder durchgehend ein Fahrzeug oder ein einfaches Gebäude wie Garage, Schuppen oÄ ohne jede Klimatisierung war. In dem Fall wäre eine solche Reaktion auf Überhitzung bereits nach wenigen Tagen erwartbar, und wenn die Symptome erstmal aufgetaucht sind, ist der Drops längst gelutscht. Auch lebensbedrohliche Ausmaße (Hitzschlag) sind gut möglich, ohne medizinische Versorgung (Infusionen, Medis, HK-Überwachung) siehts da schnell düster aus.
Jedenfalls, die assoziierten (mentalen) Symptome reichen neben heftigen Unwohlsein von "völlig geplättet" über "willenlose Verzweiflung" bis hin zu Desorientiertheit, eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit, Halluzination und Bewusstlosigkeit. Im Fall von Frauke käme da noch ihre unsichere/bedrohliche Lage verstärkend hinzu.
Mein Gedanke: Fraukes augenscheinlich desolater mentaler Zustand beim Telefonat am Dienstag kann durchaus durch die Symptome eines solchen Hitzeschadens bedingt gewesen sein, Karens Assoziation zu ihrem Erlebnis mit KO-Tropfen passt da gut ins Bild.
Fraukes (berechtigte) Befürchtung, nicht mehr nach Hause zu kommen, dann vielleicht eher beruhend auf ihrem Gesundheitszustand und fehlender medizinischer Versorgung anstatt auf einer "Todesdrohung" oÄ seitens des Täters. Man fühlt sich buchstäblich "sterbenselend".
Auch in Folge ihr Ableben kann hierin begründet liegen, dann also nicht irgendwelche unerwünschten Äußerungen im Telefonat als "Todesurteil" oder ein vorab eingeplanter Tötungszeitpunkt, sondern vielmehr Folge von Hitzeerschöpfung/Hitzschlag.
Das muss natürlich nicht so gewesen sein. An sich plausibel ist es allerdings, und es bezieht die Fakten zum letzten Telefonat, die damalige Wetterlage und die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit einer nicht ausreichend wärmegeschützten Unterbringung Fraukes mit ein. Ob man das nun insgesamt für "gut möglich" oder auch nicht halten will, hängt wohl vor allem davon ab, in wieweit es zur eigenen spekulativen Gesamtschau "passt", insbesondere im Bezug auf den planend handelnden Täter, der alles zu 100% kontrolliert.
Über Einwände, Ergänzungen und Feedback allgemein freue ich mich natürlich, wie immer.
@Klugscheißer
Ja, die Kommunikationswissenschaft... Die kann recht fokussiert drauf schauen, wer zu welchem Thema was in welcher Weise äußert und ob daran etwas auffällig ist - Voraussetzung ist natürlich das Material zum Begutachten.
Stimmt, die OFA2 datiert 2021.