Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
AngRa
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Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Es gibt endlich eine Gesetzesänderung nach der Freigesprochene bei Mord erneut vor Gericht gestellt werden können, wenn neue Beweismittel oder Tatsachen beigebracht werden. Der Grundsatz "ne bis in idem" , der in Art 103 III GG eingeflossen ist, gilt nicht mehr uneingeschränkt.

Gesetzesänderung bei Mord
Freigesprochenen droht zweiter Prozess
Stand: 25.06.2021 07:02 Uhr

Mutmaßliche Mörder können künftig auch dann vor Gericht gestellt werden, wenn sie schon einmal freigesprochen wurden. Das soll für Gerechtigkeit sorgen. Aber ist das mit dem Grundgesetz vereinbar?



https://www.tagesschau.de/inland/innenp ... t-101.html

Letzten Endes wird das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob das Gesetz Bestand haben wird. Ich halte die Gesetzesänderung für richtig, denn das Festhalten an der Rechtskraft würde zu unerträglichen Ergebnissen führen.
Widasedumi
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Ich würde es sehr begrüßen, wenn dieses Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben würde. Es ist im Personenkreis, wo die Anwendung in Frage käme, sehr begrenzt. Es muss sich um eine Tat mit "Lebenslänglicher Strafandrohung" handeln und um eindeutige neue Spurenerkenntnisse. Man muss abwarten. Die Begründung, ob so oder so, wird interessant sein.
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Interessanter Sachverhalt -ich sehe das ganze aber kritisch!

Das Thema ist mir bekannt, nicht zuletzt auch durch den Vater dessen Tochter seit 30 Jahren ermordet und der Beschuldigte freigesprochen wurde. Neuere DNA Analysen beweisen offenbar zweifelsfrei seine Schuld -und das hat die ganze Gesetzesänderung getrieben. Soviel zu der Gesetzesänderung an sich.

Nun die juristische Seite -von Nichtjuristen wie mich betrachtet. Nun, das mag ja alles sehr gerecht klingen und natürlich im Sinne des Vaters sein -ABER, damit rüttelt man an die Säulen des Rechtsstaates wonach niemand für die gleiche Tat 2x verurteilt werden darf. Oder anders gesagt: Weder ein Täter noch die Gerichtsbarkeit haben einen Schuss frei um sich alles noch passend zu machen. Anders als im Fall Harry Wörz (war im Gefängnis wegen Mord und wurde nachträglich frei gesprochen) soll nun ein Freigesprochener lebenslänglich hinter Gittern. Das sehe ich sehr, sehr problematisch den so würden wir uns nicht von totalitären Regimen unterscheiden, die willkürlich jeden zu jeder Zeit wieder im Gefängnis stecken können.

Und nun noch ein weiterer Aspekt als Nichtjurist. Wenn der Damm einmal gebrochen ist, dass man sehr wohl für die gleiche Tat 2x verurteilt werden kann -dann sind ja praktisch alle Freisprüche nun auf Vorbehalt, also eine Art lebenslange Bewährung. Und hier kommt das nächste Problem: Wenn Richter wissen, dass frei gesprochene Beschuldigte irgendwann doch noch wieder verurteilt werden können -dann werden Freisprüche fahrlässiger bzw. schlampiger ausgesprochen, denn sie ja dann nicht mehr endgültig. D.h. auch die Ermittlungen werden an einem Punkt aufhören wo man sich sagt: "Was solls, dann weisen wir ihm die Tat halt in 5 oder 10 Jahren nach".

Wie gesagt -bei allem Verständnis für die Gerechtigkeit sehe ich das ganze sehr kritisch und glaube nicht dass das mit dem GG vereinbar wäre. P.S. es gibt einen sehr schönen Film über dieses Thema -deutscher Titel "Doppelmord" bzw. Originaltitel "Double Jeopardy". Kann ich sehr empfehlen. ;)
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Ich finde, dass der Rechtsstaat nicht zugrunde geht, wenn falsch Freigesprochene aufgrund neuer Erkenntnismethoden ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Das Recht ist im Wandel, wie sich ebenso im sozialen Zusammenleben permanent ein schleichender Wertewandel vollzieht.

Ich sähe es als eine Unterminierung des Rechtsstaates, wenn es nicht zu dieser Änderung käme, denn der gesunde Menschenverstand und das natürliche Rechtsempfinden fordern diese Gesetzesänderung geradezu heraus. Das Rechtswesen ist ein entscheidender Pfeiler der Loyalität, die der Staat von seinen Bürgern als Anerkennung seiner Berechtigung benötigt.

Ich halte es daher für geboten, dass diese Gesetzesänderung kommt, denn sie rennt geradezu in der Bevölkerung offene Türen ein. Und ich finde es sehr gut, dass falsch Freigesprochene sich niemals sicher sein können, dass sie nicht doch noch ihrer gerechten Strafe zugeführt werden können.
Einem zurecht Freigesprochenen wird dieser Umstand niemals drohen. Und es ist nichts, wie recht und billig, dass es einen Unterschied gibt zwischen falsch Freigesprochene und zurecht Freigesprochene. Es ist sozusagen das Pendent zu einem Wiederaufnahmeverfahren von zu unrecht Verurteilten.
Warum aber der Rechtsstaat untergehen soll bei einer zurecht erfolgten Verurteilung eines früheren falsch Freigesprochenen, erschließt sich mir nicht.
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 11:43:16 Ich finde, dass der Rechtsstaat nicht zugrunde geht, wenn falsch Freigesprochene aufgrund neuer Erkenntnismethoden ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.
Wenn wir nur über die DNA-Entwicklung reden, dann sind es wahrscheinlich höchstens 2-3 Fälle in den letzten 30 Jahren wo ein Beschuldigter frei gesprochen wurde und danach noch DNA gefunden wurde, die ihn überführen würde. Ich sage auch deshalb 30 Jahre, weil sich seit dem alles rasant entwickelt hat und solche Fälle wie der Präzedenzfall die absolute Ausnahme sind. Man ändert die Säulen des Rechtsstaates (wenn man so will) nur um 1-2 Täter überführen zu können...? In konkreten Fall wäre ich eher für eine Entschädigung des Vaters als für eine Gesetzesänderung.
Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 11:43:16 Ich sähe es als eine Unterminierung des Rechtsstaates, wenn es nicht zu dieser Änderung käme, denn der gesunde Menschenverstand und das natürliche Rechtsempfinden fordern diese Gesetzesänderung geradezu heraus.
Naja, was heißt Rechtsempfinden? Es gab ein Prozeß, dem Angeklagten konnte nichts nachgewiesen werden und er wurde frei gesprochen. Der Rechtsstaat kann doch nicht so lange jemanden verklagen, bis seine Schuld endlich bewiesen ist -sondern hat lediglich einen einzigen Schuß. Gerichtsverhandlungen sollen ja auch kein Lotto werden wo man als 50:50 schuldig/unschuldig gilt.


Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 11:43:16 Ich halte es daher für geboten, dass diese Gesetzesänderung kommt, denn sie rennt geradezu in der Bevölkerung offene Türen ein.
Ich kann dir noch 100 mögliche Gesetzesänderungen aufzählen, wo "die Bevölkerung" klatschen würde -aber der Staat muss besonnen, vertrauenswürdig und emotionslos reagieren. Ich wäre für härtere Strafen als bestehende Grundprinzipien zu ändern.
Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 11:43:16 Und ich finde es sehr gut, dass falsch Freigesprochene sich niemals sicher sein können, dass sie nicht doch noch ihrer gerechten Strafe zugeführt werden können.
Das ist aber genau die Intention eines jeden autoritären Staates -niemand soll sich seiner Sache je sicher sein.

Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 11:43:16 Einem zurecht Freigesprochenen wird dieser Umstand niemals drohen.

"Zurecht" ist doch der Zustand nach 20-30-40 oder so Jahren -aus damaliger Sicht war doch jeder Freigesprochene (ob zurecht oder nicht) erstmal unschuldig. Du siehst wie schnell du in Teufels Küche kommst...

Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 11:43:16 Es ist sozusagen das Pendent zu einem Wiederaufnahmeverfahren von zu unrecht Verurteilten.
Nein! Es ist eben kein Pendant zu Wiederaufnahmeverfahren, denn dort wird eine günstigere Rechtslage für einen bereits Verurteilten angestrebt. In der beabsichtigten Gesetzesänderung wird aber für den rechtskräftig Freigesprochen eine erheblich ungünstigere Rechtslage angestrebt. DAS ist ein gewaltiger Unterschied!
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

Also ich möchte auch dazu ein zwei Sätze schreiben.

Ich finde es erstmal sehr fraglich ob die ganze Vorgehensweise bei so tief greifenden verfassungsrechtlichen Eingriffen, seitens der Politiker, so gerechtfertigt ist.

Wir erlebten eine" Wiedervereinigung", nach derer kein Referendum stattgefunden hat zur Anerkennung des Grundgesetzes als Verfassung. Das hätte meiner Meinung nach stattfinden müssen.

Nun zur verfassungsrechtlichen Situation bis zur endgültigen Ratifizierung des Zwei plus Vier Vertrages 1994. Diese (wenn man das als eine verfassungsrechtliche Situation anerkennen möchte) wäre dann heute hoffnungslos überholt.

Nun das Schengen Abkommen ist meiner Meinung nach der untauglichen Versuch mit Vertragsrecht, das Verfassungsrecht auszustechen. Zumindest bei den gebotenen Umgang mit Verfassungsrecht auszustechen.

Alle diese und noch andere schwerwiegende Eingriffe verfassungsrechtlicher Art sollen an der Bevölkerung vorbei, durch die Hintertür, eingeführt werden.

Dazu gehört auch der Einsatz von tödlichen Waffen bei Aufständen seitens Polizei/Militär und gemischten Formen der Vertreter des" Gewaltmonopols" (paramilitärische). Siehe die Einsätze von deutscher Polizei und Militär im Rahmen von NATO-Einsätzen.

Im übrigen halte ich auch den jetzt erfolgten Eingriff, seitens des Gesetzgebers, in Bezug auf die Doppelbestrafung, eben für ein Ergebnis der in der Vergangenheit mangelhaft erfolgten Maßnahmen zur Kriminalpolitik.*


*
U.s.1 883 hat geschrieben: ↑
Mittwoch, 03. Februar 2021, 01:15:06

Ich würde so ein Gesetz für Augenwischerei halten.Wenn man quantitativ sowie qualitativ hundertprozentiger Arbeit verlangt und ermöglichen möchte, muss mehr Personal her.
So wie die technische Ausstattung verbessert werden.

Im vergangenen Jahr konnte man in verschiedenen Zeitungen lesen das staatliche Labors zur Untersuchung von Beweismitteln (zum Beispiel) nicht den Arbeitsschutz Richtlinien entsprachen und vorübergehend geschlossen werden mussten.

Nun hat die Kriminalität seit der Wiedervereinigung immens zugenommen.

Wie kommt es aber dann zu den oben beschriebenen Schließungen, zum Beispiel?

Geldwäscheskandale ohne Ende. Hartz vier Empfänger, die die Hosen runterlassen müssen für weniger als ein Almosen.

aber was rede ich denn hier
An der nächsten Ecke kontrolliert mich ja der Kontaktbereichsbeamte, ob bei mir die Maske richtig sitzt.
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

U.s.1 883 hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 15:08:10 Also ich möchte auch dazu ein zwei Sätze schreiben.
Naja, du schreibst nicht 2 Sätze, sondern wirfst alles in einem Topf was so die letzten 30 Jahre gedrückt hat und nicht zum Thema gehört. Der klassische Wutbürger also. Das Thema mit der Gesetzesänderung ist durchaus ernst und sollte natürlich auch kontrovers diskutiert werden -aber was hat denn bitteschön der 2+4 Vertrag mit dem ganzen zu tun? Verschwörungstheorien haben wir an anderer Stelle mehr als genug um bei solch einem ernsten Thema auch noch dem Populismus zu verfallen.... ;)
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Ich argumentiere als einfacher Staatsbürger, der ein Empfinden für Gerechtigkeit hat. Gerechtigkeit unterscheidet sich von der Rechtsprechung.
Bei einem fälschlicherweise Freigesprochenen wurde nach einer Rechtslage verfahren, die nicht die absolute Gerechtigkeit als ganzes darstellt. Wenn die anvisierte Gesetzesänderung verfassungsmäßig Bestand haben wird, kommt das meinem Gerechtigkeitsempfinden sehr entgegen und das Maß meiner Loyalität zu meinem Staat wird sich erhöhen.

Dass ein fälschlicherweise Verurteilter wie z.B. Herr Gustl Mollath ein Wiederaufnahmeverfahren anstreben kann, ist rechtens, richtig und gerecht. Und mit derselben Logik sollte auch ein fälschlicherweise Freigesprochener wieder vor Gericht gestellt werden können. Das ist Gerechtigkeit, auch wenn es derzeit noch nicht verfassungsmäßig geprüft wurde. Zwischen der Gerechtigkeit, dass ein fälschlicherweise Verurteilter ein zweites Verfahren erhält und der Gerechtigkeit, dass ein fälschlicherweise Freigesprochener ein zweites Verfahren erhält passt kein Blatt Papier und es gibt keinen Unterschied von der Basis der Gerechtigkeit aus.

Wie es Juristen sehen, ist eine Sache für sich. Es geht hier vielleicht um Rechtsphilosophie, vielleicht auch um den Wahrheitsbegriff, ob er absolut oder relativ gesehen wird. Da kann ich nicht mitreden. Aber zu meinem subjektiven Gerechtigkeitsempfinden kann ich sagen, dass es aus dem Gleichgewicht kommt, wenn ein fälschlicherweise Freigesprochener, der später als Täter überführt werden kann, wegen eines Freispruchs aus Beweismangel nicht mehr bestraft werden kann. Das widerstrebt meinem Gerechtigkeitsbegriff vehement. Natürlich erkenne ich das demokratische Procedere der zuständigen Institutionen sowie die Gesetzeslage an, ob ich mich aber mit den Ergebnissen identifiziere, hängt von der juristischen Begründung bzw. von ihrem rechtphilosophischen Hintergrund ab.
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

von Undercover » Samstag, 26. Juni 2021, 14:50:31
Hallo,

Du klassifizierst also meine Auflistung als zwar zutreffend, aber als" Geschwätz von gestern"?

Ich halte nach wie vor alle diese von mir aufgezählten Kriterien für zutreffend , -für zumindest den Bürger in der BRD im Bezug auf dessen innere Verfasstheit und wie sie sich nicht, nach außen niederschlagen kann.

Ich bin eben nicht der Meinung das Eingriffe wie sie hier Thema sind, so einfach mit einer Gesetzesänderung/neuen Gesetz sinnvoll als qualitativ höhere Weiterentwicklung im Bezug auf unsere" Verfassung".

Dass du versuchst mich mit dem Wort " Wutbürger", eben mit denen in einen Sack steckst, zeigt mir das Du mich Kategorisieren möchtest. Somit Stigmatisieren.

Auch wenn das etwas hart klingt wie ich dies oben Ausdrücke, ist es nicht so das ich nicht dazu lernen könnte.

Worauf ich eigentlich raus möchte ist das wenn man sich die Ermittlungs Geschichte in den Fällen die diese Gesetzesänderung/Neues Gesetz betreffen genau ansieht, ist es so das man ganz bestimmt ,die ganz verschiedenen Gründe warum man nicht zu einem zutreffenden Ermittlungsergebnis gekommen ist (beziehungsweise zu spät), entsprechende Maßnahmen und Ausführungen, zur Sicherung einer fairen Ermittlungsarbeit, sicherzustellen, erarbeitet werden kann.

Aber ich nehme an, dass dieser Weg zu teuer ist. In den Fällen die hier zu dem Thema tangiert sind, ist ja auch Schaden entstanden (Material als auch immaterielle), der ja mit der Klärung der Schuldfrage im Bezug auf verantwortlicher seitens der Ermittlungsbehörden, vermieden werden soll, eben dafür Verantwortung zu übernehmen.

Ich denke so einfache Dinge wie Personalbestandserhöhung, die Einstellung und Qualifizierung von Personal, ist damals genauso wie heute eines der Grundvoraussetzungen für faire Ermittlungsarbeit. :mrgreen:

2 4 vertrag a.pdf
Ich bin kein eifacher Wutbürger
(120.22 KiB) 234-mal heruntergeladen
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Zum Begriff der Doppelbestrafung?

Wo ist eine Doppelbestrafung, wenn ein wahrer Mörder wegen nicht ausreichender Beweise freigesprochen werden musste,
aber in einem späteren Verfahren wegen einer neuen Beweislage seiner Tat überführt werden kann?

Wie kann man hier von einer Doppelbestrafung sprechen?
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 17:36:22 Ich argumentiere als einfacher Staatsbürger, der ein Empfinden für Gerechtigkeit hat.

Gerechtigkeit ist relativ. Der eine will gleich den elektrischen Stuhl sehen, dem anderen reichen Lebenslänglich (also 15 Jahre). Natürlich sollen Täter hart bestraft werden, aber der Rechtsstaat hat nun mal Prinzipien -die für alle gleichermaßen gelten sollen (ob schuldig oder nicht). An diesen wird jetzt gerüttelt indem man sagt -manche verklagen wir 2x wegen der gleichen Sache, andere nicht.

Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 17:36:22 Dass ein fälschlicherweise Verurteilter wie z.B. Herr Gustl Mollath ein Wiederaufnahmeverfahren anstreben kann, ist rechtens, richtig und gerecht.

Man muss aber dazu sagen, dass Wiederaufnahmeverfahren sehr, sehr, sehr selten sind. Habe neulich eine Doku darüber gesehen wo im Kern die gleiche Frage aufkommt wie bei der beabsichtigten Gesetzesänderung: Rechtssicherheit! D.h. der Staat will auch mal einen Punkt machen und sich nicht in "Dauerverfahren" befinden.
Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 17:36:22 Und mit derselben Logik sollte auch ein fälschlicherweise Freigesprochener wieder vor Gericht gestellt werden können. Das ist Gerechtigkeit, auch wenn es derzeit noch nicht verfassungsmäßig geprüft wurde. Zwischen der Gerechtigkeit, dass ein fälschlicherweise Verurteilter ein zweites Verfahren erhält und der Gerechtigkeit, dass ein fälschlicherweise Freigesprochener ein zweites Verfahren erhält passt kein Blatt Papier und es gibt keinen Unterschied von der Basis der Gerechtigkeit aus.

Nein, du verstehst den Sinn der Rechtsstaatlichkeit nicht. Die Gerichtsbarkeit muss dir als Täter nicht IRGENDWANN deine Schuld beweisen, sondern in dem einen Verfahren welches geführt wird! Das ist doch mit der U-Haft im Prinzip das gleiche: Hat man keine Anklage innerhalb von 6 Monaten zustande gebracht, so ist der Beschuldigte frei zu lassen. Da kann die Staatsanwaltschaft auch nicht sagen: Wir nehmen uns noch 3 Jahre Zeit und dann haben wir ihn!
Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 17:36:22 wegen eines Freispruchs aus Beweismangel nicht mehr bestraft werden kann.
Soso. "In dubio pro reo" stellst du also auch noch in Frage.....


P.S. Ich will hier aber einen anderen Aspekt hinzuziehen -und zwar die USA. Die USA hat um Welten härtere Strafen als wir hier in der EU und ist vom Grundgedanken her auf Rache und Sühne fokussiert. Ich wette mit jeden, dass selbst ein auf Rache und Sühne ausgelegtes Rechtssystem NIEMALS vom Prinzip der "double jeopardy" abweichen würde! Es gibt nun mal für Herzblut-Juristen in westlichen Demokratien eine rote Linie, die nie überschritten wird....

U.s.1 883 hat geschrieben: Samstag, 26. Juni 2021, 17:42:20 Hallo,

Du klassifizierst also meine Auflistung als zwar zutreffend, aber als" Geschwätz von gestern"?
Nein! Ich klassifiziere deine Auflistung überhaupt nicht als zutreffend, denn sie ist grundlegend falsch und widerspricht sich sogar. Denn alle deine gesammelten (Frust-) Argumente können ganz leicht widerlegt werden indem man z.B. so einen Fall wie Harry Wörz nimmt. Es sind die gleichen 2+4 Verträge, es ist das gleiche GG und es ist der gleiche Personalmangel in der Justiz und Staatsanwaltschaft. Und? Ein Unschuldiger wurde trotzdem verurteilt und saß jahrelang im Gefängnis! Worauf ich hinaus will ist: Es gibt in beiden Richtungen im Nachhinein (!!) Fehlurteile!

Und jetzt käme das ungerechte bei der Geschichte: Würde man durch eine Gesetzesänderung ein Fehlurteil doch noch zurecht biegen können (im Sinne der Gerechtigkeit), so kann man auf der anderen Seite einen fälschlicherweise Verurteilten und im Gefängnis für 15 Jahre gesteckten mit keinem Geld der Welt die "Gerechtigkeit" zurecht biegen. Es gibt aus den USA zahlreiche solche Fälle wo Leute 50-60 Jahre einsitzen und dann plötzlich klar wird, dass sie die ganze Zeit unschuldig waren. Was nützen einem Millionen Entschädigung wenn das Leben bereits gelaufen ist...?

Ich kenne einen vergleichbaren Fall aus Deutschland (gabs eine Doku dazu) wo eine 7-8 jährige Nichte den Onkel der sexuellen Belästigung beschuldigt hat. Der Mann war Ende 40, verheiratet mit 2 Kindern, guter Job, gutes soziales Umfeld und viele Freunde. Und? Der Mann wird zu 10 Jahren oder so verurteilt, verliert seine Familie, Job, soziale Kontakte und verliert praktisch alles weil keiner was mit ihm zu tun haben will. So. Und irgendwann vor Ablauf der Gefängnisstrafe hält es die nun erwachsene Nichte mit dem Gewissen nicht mehr aus und geht zur Polizei und sagt, dass sie dmals gelogen hat. Der Mann wird darauf sofort entlassen und steht vor den Ruinen seines Lebens. Als Haftentschädigung bekommt er lediglich 10€/Gefängnistag (zum Vergleich in Österreich 100€), aber es kommt durch die lange Haftstrafe einiges zusammen. Er geht zum Sozialamt wegen Wohnung, Sozialhilfe usw -und was bekommt er dort zu hören? Er müsse seine Entschädigung erstmal aufbrauchen, damit er überhaupt Anspruch auf Sozialhilfe hätte. Hat man da noch Worte...?
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

von Undercover » Sonntag, 27. Juni 2021, 09:02:33
Hallo ,

im Grunde genommen sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt, jedoch das wie ist hierbei die Frage.

Ich fände es sehr interessant wenn ich eine Antwort auf meine Frage an dich bekommen könnte und vielleicht deine Position besser zu verstehen.

Also, stell dir vor es gibt eine Verurteilung gegenüber eines Angeklagten wegen massiver Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Mord, sowie Beihilfe zum Mord.

Dieses Urteil ist von einem Gericht in Schweden ausgesprochen worden. Ein Strafvollzug hat noch nicht stattgefunden.

Der eingeklagte entzieht sich dem Strafvollzug.

Der Kläger wechselte den Wohnort/ständigen Aufenthaltsort/Staatsbürgerschaft. Wobei für die Staatsbürgerschaft auch eine Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitsgenehmigung ins Auge zu fassen wäre. Hier in der BRD erhebt er nun Klage gegen den gleichen Angeklagten in gleicher Sache.

Würde das für dich, bei einer Verurteilung auf eine doppelte Bestrafung hinaus laufen?


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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

U.s.1 883 hat geschrieben: Sonntag, 27. Juni 2021, 16:03:14 Würde das für dich, bei einer Verurteilung auf eine doppelte Bestrafung hinaus laufen?
Ja!

Wobei du hier die absurdesten Sachen in einem Topf wirfst um von mir ein einfaches Ja/Nein zu hören.



Deshalb möchte ich wie folgt argumentieren:

1) Es ist falsch wenn du von doppelte Bestrafung redest, denn der juristische Grundsatz ist : Nicht 2x wegen der gleichen Sache Anklage. Ist ein gewaltiger Unterschied, denn der Täter könnte genau so 2x frei gesprochen werden.

2) In deinem verwirrten Fall käme juristisch gesehen erstmal ein Auslieferungsersuchen des jeweiligen Staates

3) Vom Grundsatz der EU her, liefert die EU an jeden Staat aus wo es keine Todesstrafe gibt und nicht gefoltert wird. Dein Schweden-Beispiel würde also gleich wegfallen

4) Ich verstehe auch nicht den Wohnortwechsels des Klägers? "Kläger" in Strafsachen ist doch immer der Staat und insofern verstehe ich den Wohnortwechsel inhaltlich nicht.

5) Und nun zu meinem JA. Ich verstehe den juristischen Grundsatz so, dass dieser absolut ist. D.h. ein Täter muss nicht vom gleichen Gericht 2x angeklagt werden, es muss auch nicht der gleiche Bundesstaat eines föderativ organisiertes Land sein (ins Deutsche Bundesländer usw) und er muss nicht vom gleichen Staat 2x angeklagt worden sein, damit dieser Grundsatz gilt. Oder anders gesagt und nach westlichem Verständnis darf ein Täter nicht ein 2x irgendwo auf der Welt wegen der gleichen Sache angeklagt werden -vorausgesetzt immer dass es bereits ein Rechtskräftiges Urteil in dieser Sache gibt

6) Zum anderen gibt es im deutschen Recht sehr wohl die Möglichkeit durch die Hintertür einen Täter 2x vor Gericht zu zerren -und das nennt sich dann die darauf folgende Zivilklage. D.h. der Täter wurde zwar des Mordes frei gesprochen, aber die Verbliebenen klagen nun auf Schadensersatz weil z.B. der Hauptverdiener in der Familie ausfällt. Also neuer Prozess, neue Beweisführung, neue Zeugen, neues Urteil

Aber ein Beispiel aus der Praxis, der Fall Jens Söring. Ein Deutscher, der in den USA wegen Doppelmordes angeklagt und für paar mal lebenslänglich oder so verurteil wurde. Er saß über 30 Jahre dort in Haft und letztes Jahr kam er überraschend frei (was hinter den Kulissen abgelaufen ist wissen nur die Unterhändler) und lebt nun in Deutschland. Unabhängig wie ein deutsches Urteil hier ausfallen würde (natürlich viel milder) -kann er trotzdem nicht hier erneut wegen Doppelmord angeklagt werden (obwohl er ein Deutscher ist und Mord bekanntlich ja nie verjährt). Er ist also hier ein freier Mann und hat wahrscheinlich noch ein lupenreines Führungszeugnis.

P.S. Dein Fiktionsfall hättest du aber um längen besser gestalten können -und meine Antwort wäre trotzdem "Ja" gewesen! Und zwar folgendermaßen: Ein amerikanischer Tourist wird in Nordkorea von einem Nordkoreaner bei einem politischen Streit (wer ist besser Kim oder Donald) eine Treppe hinunter geschubst und stirbt. Der Täter wird in Nordkorea lediglich zu einer Geldstrafe von umgerechnet 50$ verurteilt (Zynismus an: Ist ja nur ein Amerikaner. Zynismus aus), da es dort z.B. den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge bzw. fahrläßige Tötung nicht gibt und außerdem der Amerikaner den Staatsoberhaupt beleidigt habe (was z.B. dort ein Strafbestand ist) -wurde dem Täter nur Selbsverteidigung und Verteidigung von Staatsorganen angerechnet und daher nur die lausigen 50$.

So. Der gleiche Nordkoreaner heiratet jetzt aber eine Südkoreanerin aus den USA und wandert zu ihr in die USA aus. Und jetzt die Frage: Kann sich die amerikanische Justiz den Mann jetzt einfach so schnappen und sagen: Jetzt wird dir hier ein richtiger Prozess gemacht...? ;)
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

Erstmal danke für die ausführliche Antwort.
Im Anhang (PDF) findest du die Texte die für mich bei der Fragestellung relevant sind.

Es gibt da verschiedene Bereiche in denen immer wieder durch Anlehnung , Ableitungen sowie Analogien, als auch die legendären Umkehrschlüsse, die in der Vergangenheit sowie heute verhindert haben, das schwerste Straftaten geahndet werden sollen können.

Womit ich ganz und gar nicht einverstanden bin.

Ich werde mir deine Antwort mal genau zu Gemüte führen und bedanke mich dafür das du auf mich eingegangen bist.

Ich brauche etwas um das alles für mich auszuwerten.

Doppelbestrafung a het neu.pdf
Textbasis des hypothetischen Fall
(95.39 KiB) 198-mal heruntergeladen
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

U.s.1 883 hat geschrieben: Montag, 28. Juni 2021, 14:22:01
Es gibt da verschiedene Bereiche in denen immer wieder durch Anlehnung , Ableitungen sowie Analogien, als auch die legendären Umkehrschlüsse, die in der Vergangenheit sowie heute verhindert haben, das schwerste Straftaten geahndet werden sollen können.

Ich denke das ist ein schwieriges Thema -weil es halt unterschiedliche Ansichten gibt. Das fängt schon damit an, dass z.B. die USA und Russland (2 Weltmächte also) den Internationalen Gerichtshof gar nicht anerkennen. Ich denke ein solches Recht kann nur bei ziemlich gut verifizierten Gräueltaten angewandt werden, wo z.B. ein Schurkenstaat seine eigene Miliz bei Massenmorden deckt und entsprechend in Prozessen frei spricht. Da sehe ich eine 2.Anklage in westlichen Demokratien durchaus für rechtsstaatlich. Aber mein fiktives Nordkorea-Beispiel jedoch nicht, da dieses nur als Sinnbild für unterschiedliche Rechtsauffassungen dienen sollte und keine Massenmörder oder so rechtfertigen will.

Ich finde es auf der anderen Seite aber immer problematisch, wenn jemand nach Gesetzen gehandelt hat (keine Gräueltaten, jedoch uns im Westen missfallen), dieses Regime etc. aber nun abgelöst wird und ein Dritter (ob neue Regierungspolitik oder Internationale Gerichte) alles als gesetzeswidrig ansehen und entsprechend Anklagen erheben. Aber nach welchem Recht?


Zum Glück stellt sich diese Frage bei uns mit der beabsichtigten Änderung nicht. Und von daher mache ich mir das mit dem "Ja" so einfach... ;)
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U.s.1 883
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

von Undercover » Montag, 28. Juni 2021, 15:04:16
Als auch ein "kleines" Beispiel für immer noch bestehende Rechtsräume die nach Antworten verlangen.

https://www.lettre.de/archiv?author=2649
Stimmen aus dem Dunkel
Der Bericht des Roten Kreuzes zur Folter in geheimen US-Gefängnissen
Wir hoffen, daß Zeit und Wahlen allein genügen werden, damit sich unser Land von seinem tiefen moralischen Fall erholt. Doch dieser Wunsch ist vergeblich. Seit vergangenem November haben sich George W. Bush und seine Regierung anscheinend immer schneller von uns entfernt, einem dunklen Kometen gleich, der zum Ende des Universums rast. Die Wendung „Krieg gegen den Terror“ – noch vor kurzem Kernbotschaft einer Regierung und Lieblingsmotto eines Staatsoberhauptes, das sich stolz einen „Präsidenten in Kriegszeiten“ nannte – wird heute kaum noch ohne Anführungszeichen benutzt. Sie klingt fragwürdig und einigermaßen peinlich wie etwas, das unwiderruflich der Vergangenheit angehört. Dennoch sind wir auf Schritt und Tritt mit den Entscheidungen konfrontiert, die dieser Präsident nach den Attentaten vom 11. September 2001 fällte. Ob die Auslieferung von Gefangenen an Folterstaaten, ob überwachungsstaatliche Methoden, ob brutale Verhörtechniken – die Trümmer seiner Politik liegen überall herum. Niemand bekennt sich zu ihnen, und niemand will sie bergen.
Wie können wir anfangen, über dieses Thema zu sprechen? Vielleicht mit einer Geschichte. Geschichten kommen zu uns mit der Unschuld von Neugeborenen, und sie verheimlichen ihre Absichten nicht: Es war einmal, am Anfang war … Wenige Worte genügen, damit wir wissen, was uns erwartet. Hier ist ein Beispiel:
„Ich wachte auf und war nackt auf ein Bett gefesselt, in einem sehr weißen Raum. Dieser Raum war ungefähr vier mal vier Meter groß und hatte drei gemauerte Wände. Die vierte Wand bestand aus Metallstäben, die eine Abtrennung zu einem größeren Raum bildeten. Wie lange ich auf diesem Bett lag, weiß ich nicht genau.“
Ein namenloser Mann, nackt auf ein Bett gefesselt, und ansonsten nur die elementaren Tatsachen von Zeit und Raum, von grellem Weiß.
Der Erzähler ist ein Mann aus unserer Zeit. Im Frühjahr 2002, am Beginn des „Krieges gegen den Terror“, betrat er das dunkle Reich der „Verschwundenen“. Erst viereinhalb Jahre später kam er mit 13 anderen high value detainees („Gefangenen von besonderem Wert“) in Guantánamo an. Dort konnte er Vertretern des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) von seinen Erlebnissen erzählen. Als der eigentlich vertrauliche Bericht des IKRK seinen Weg in die Öffentlichkeit fand, kam auch er wieder zum Vorschein. Inzwischen ist er eine Berühmtheit. Seine Karriere folgte einer Entwicklung, die für die Gegenwart charakteristisch ist: Dschihadist, Verbrecher, Terrorist, „Verschwundener“. Der Mann ist eine Art Weltstar, und jeder von uns hat zumindest einen seiner Namen schon gehört. Schließlich wird kaum jemandem die Ehre zuteil, daß der Präsident der Vereinigten Staaten in einer landesweit ausgestrahlten Ansprache beschreibt, wie es ihm in letzter Zeit ergangen ist.
„Wenige Monate nach dem 11. September 2001 haben wir einen Mann festgenommen, der unter dem Namen Abu Zu-baida bekannt ist. Wir glauben, daß Zubaida ein hochrangiger Terrorist und enger Vertrauter von Osama Bin Laden war. (…) Zubaida wurde bei dem Schußwechsel, der ihn in unseren Gewahrsam brachte, schwer verwundet. Er überlebte nur dank der medizinischen Versorgung, die ihm die CIA zukommen ließ.“ 
Eine spannende Geschichte und eine Sensationsmeldung. Verwundet bei einer Schießerei im pakistanischen Faisalabad. Schußwunden im Magen, Unterleib und Oberschenkel nach einem Sprung vom Dach in einem letzten, verzweifelten Fluchtversuch. Starke Blutungen. Einlieferung in ein Militärkrankenhaus in Lahore. In Baltimore erhält ein Unfallchirurg spät nachts einen Anruf vom Chef der CIA und wird unter größter Geheimhaltung ans andere Ende der Welt geflogen. Der Verwundete entgeht dem Tod nur knapp. Sein Zustand stabilisiert sich allmählich, und er wird heimlich auf einen Militärstützpunkt in Thailand gebracht. Von dort geht seine Reise zurück nach Afghanistan. Oder war es doch nicht Afghanistan?
Wir wissen es nicht mit Sicherheit. Denn als der Mann namens Abu Zubaida am 28. März 2002 gefangen wurde, verließ er die geheime Welt der seit dem 11. September untergetauchten al-Qaida-Anführer und betrat eine andere – ein „unsichtbares globales Netzwerk von Gefangenenlagern“, das zur Inhaftierung und Vernehmung diente. Es wurde von der CIA aufgrund von Befugnissen geschaffen, die Präsident Bush persönlich am 17. September 2001 in einer „Verständigungsnotiz“ erteilt hatte.
Teil dieses geheimen Systems waren Gefängnisse auf Militärstützpunkten rund um die Welt, von Thailand und Afghanistan bis Marokko, Rumänien und Polen. Nach Berichten gab es „derartige Internierungslager zu verschiedenen Zeiten in acht Ländern“. Insgesamt sollen über hundert Gefangene darin verschwunden sein. Das Netz der black sites verfügte über eine eigene Flugzeugflotte und praktizierte ein besonderes „Überstellungsverfahren“. Laut den Autoren des IKRK-Berichts war es „in den meisten Fällen weitgehend standardisiert“ und lief ungefähr folgendermaßen ab:
„Der Häftling wurde vor und nach der Überstellung sowohl bekleidet als auch nackt photographiert. Körperöffnungen wurden geprüft (Rektaluntersuchung), und einige Häftlinge erklärten, daß ihnen dabei auch ein Suppositorium eingeführt worden sei (dessen Art und Wirkung ihnen nicht bekannt war).
Der Häftling mußte eine Windel tragen und wurde in einen Trainingsanzug gekleidet. Er bekam Kopfhörer aufgesetzt und daraus gelegentlich Musik zu hören. Seine Augen wurden zumindest mit einem Tuch um den Kopf verbunden. Einige Häftlinge erklärten, daß man ihnen Baumwolle über die Augen geklebt und diese anschließend verbunden und mit Schutzbrillen versehen habe. (…)
Dem Häftling wurden Hand- und Fußschellen angelegt. Dann transportierte man ihn im Auto zum Flughafen und setzte ihn in ein Flugzeug. Gewöhnlich wurde der Häftling in zurückgelehnter Haltung sitzend transportiert. Seine Hände waren vorne gefesselt. Die Reise dauerte zwischen einer Stunde und 24 oder sogar 30 Stunden. Der Häftling durfte nicht auf die Toilette gehen. Bei Bedarf mußte er in die Windel urinieren und defäkieren.“
Man muß sich anstrengen, um eine konkrete Vorstellung von dieser entrückten Welt zu erlangen: rundherum nur Schwärze und absolut nichts zu sehen. Stille – oder „ab und zu“ laute Musik – anstelle der Geräusche des Alltags. Handschellen, manchmal in Kombination mit Handschuhen, statt der Möglichkeit, die Hand auszustrecken, die Umgebung zu ertasten, zu fühlen. Man spürt Metall an Hand- und Fußgelenken, Baumwolle über den Augen, Stoff vor dem Gesicht, Kot und Urin auf der Haut. „In einigen Fällen wurden Häftlinge flach auf dem Bauch liegend am Boden des Flugzeugs und mit hinter dem Rücken gefesselten Händen transportiert“, was ihnen „Beschwerden und starke Schmerzen verursachte“, während man sie von einem unbekannten Ort zum anderen brachte.
Abu Zubaida, der einunddreißigjährige, im saudiarabischen Riad als Kind palästinensischer Eltern aus dem Gazastreifen geborene Zein al-Abidin Mohammad Hassan, erklärte, „daß bei einer Überstellung seine Augen sehr streng verbunden wurden, was zu Verwundungen der Nase und der Ohren führte. Er weiß nicht, wie lange diese Überstellung dauerte, aber er erinnert sich, daß ihm die Haftbehörden mitgeteilt hatten, seine Reise würde 24 bis 30 Stunden dauern.“
Es war also eine lange Reise. Vielleicht nach Guantánamo? Oder nach Marokko? Und danach anscheinend wieder zurück nach Thailand? Oder doch nach Afghanistan? Er selbst vermutet letzteres, aber ganz sicher ist er nicht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Black_Site

Wird noch erweitert.
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Re: Gesetzesänderung / Ne bis in idem /Verbot der Doppelbestrafung

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

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von U.s.1 883 » Freitag, 02. Juli 2021, 19:30:37
Das kommt heute immer auch noch, nicht selten vor.
Die Illusion der Demokratie lebt von der Vertuschung staatlicher Rechtsbrüche, und leider verliert sich selbst die Standfestigkeit ursprünglich integerer Persönlichkeiten allzu oft in den Sümpfen der Politik.
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