KRIMINOLOGISCHES WISSEN

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winbo
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KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von winbo »

:
Natürlich habe ich auch Phantasie.
keepitshort
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von keepitshort »

Kriminologe: Ausländer sind häufiger kriminell - aber nicht wegen ihrer Herkunft
http://www.focus.de/politik/deutschland ... 26600.html
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Sind die Sorgen der Deutschen gerechtfertigt, Herr Pfeiffer?
https://www.welt.de/politik/deutschland ... iffer.html
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U.s.1 883
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

Themensammlung zum Fall G.M. Straten

Während die meisten prädeliktischen Gewaltvorstellungen auf den Tötungsakt zugeschnitten erscheinen, beinhalten und favorisieren postdeliktische imaginäre Szenarien das Perfektionieren verschiedener Tatphasen und werden gekennzeichnet durch ein höheres Maß an Gewaltanwendung und Grausamkeit (Ressler et al. 1988,33).

Das Element des Seriellen liegt in der biologischen Determiniertheit des Tötungsakts begründet. Ist diese kommunikative Operation ein kontinuierlicher Bestandteil des Lebensszenarios des Täters, über das er sich in der Gesellschaft als «Selbst» orientiert und verortet, so lässt sie sich nur reintegrieren, indem sie erneut vollzogen wird. Um sich als psychisches System zu reproduzieren, benötigt er einen weiteren Körper. Auf diese Art entsteht ein Kreislauf des «Sich»-Wiederholens, der mit jeder Tötung fortgesetzt wird. Tathergang/-merkmale können von Tat zu Tat variieren. Sie markieren nur bedingt eine «Serie». Die Serialität resultiert vielmehr aus dem Aspekt der täterspezifischen Selbstbewerkstelligung. Einerseits bildet er sich über die Tötungen wiederholt ab, andererseits lassen sich die Taten selbst als Ereignisse interpretieren, die aneinander anschließen, aufeinander aufbauen oder in sich geschlossene Lebensepisoden sind. Das Selbstszenario des Täters verändert sich mit jeder Tathandlung bzw. mit jeder «Folge». Es ist eine variable Größe, wobei Klaus Theweleit konstatiert, dass es sich bei diesem Wandel nicht um einen Wachstumsprozess handelt, sondern um eine unmerkliche Verschiebung in der Wiederholung» (Theweleit 1993,341).7 Reflektiert der Täter seine Selbstinszenierung, die er am Körper des Opfers vorgenommen hat (sei es während
7 einem vergleichbaren Prozess), lässt sich das auch bei «Auftragsmorden» und «politischen Attentaten» feststellen, die ebenfalls zu einem konstanten Bestandteil im Leben der Täter werden können.


In der Tat oder mittels visueller Medien, wird er zum Zuschauer seiner eigenen «Serie», die er als «Regisseur», «Autor» und «Akteur» zugleich fortführen und gestalten kann. Die Selbstbeobachtung versetzt ihn in die Lage, mehrere Aspekte seiner selbst zu unterscheiden, zu benennen und untereinander in Beziehung zu setzen. Das kann sich beispielsweise in einer besonderen Arrangierung des Tatablaufs widerspiegeln. Dadurch wird die serielle Tötung zu einem metarefrenzielen Ereignis, das innerhalb einer individuell konstruierten «Lebensdramaturgie» anzusiedeln ist (vgl. Thomas 1999,110). Ein Serienmörder bewerkstelligt sich nicht nur wiederholt über seine Taten, die Serialität wird auch zu einem festen Element seines Operationsmodus. Es lässt sich zum Beispiel nicht ausschließen, dass (einzelne) Tatmerkmale durch den Akt des Wiederholens eine gesteigerte Intensität in der Wahrnehmung des Täters erlangen. Gekoppelt an die semiotischen und biologischen Verfallsprozesse, die multiplen Tötungen immanent sind, mündet die Serialität in eine sich fortlaufend reproduzierende Auflösung von Organismen und Zeichen. Abschließend lässt sich ergänzen, dass der Täter nicht der Einzige ist, der sich über das Moment des Seriellen bewerkstelligt. Externe Beobachter wie Kriminalisten konstituieren sich gleichfalls über Serialität, indem sie versuchen, die an den Leichen (unterlassenen Zeichen (Spuren, Verletzungen etc.) in ihrer Bedeutung zu erschließen und sprachlich an die visuell wahrnehmbare Serie des Täters anzuschließen, um ihr weitere «Episoden» hinzuzufügen. An diese serielle Selbstinszenierung der Ermittler kann der Täter wiederum mit seinen folgenden Tötungen anknüpfen.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die potenzielle Interaktion zwischen Täter und Opfer, die verbal, nonverbal (mimisch, gestisch) und körperlich (durch Einsatz physischer Gewalt) erfolgen kann. Sie bildet den Kern des unmittelbaren Tathergangs und kann durch außenstehende Beobachter oftmals nur rudimentär rekonstruiert werden — auf der Basis von Tatmerkmalen, Zeugenaussagen und Täterbefragungen. Insbesondere sprachliche und nicht-sprachliche Handlungen, die sich weder am Tatort noch am Körper des Opfers manifestieren, lassen sich im Nachhinein kaum nachvollziehen. Für eine solche Analyse fehlt die Perspektive des Opfers. Die Intentionalität sowie der Kommunikation*- und Bewerkstelligungsmodus beider Beteiligter bleiben fragmentarisch* Lediglich die physische Interaktion prägt sich in Form von Unterscheidungen in den Körper des Opfers ein und kann anhand dieser partiell konstruiert werden—vorausgesetzt die Leiche wird entdeckt und in den Kontext eines Tötungsakts überstellt. So gibt das Erkerungsmuster mitunter Aufschluss über die mögliche Handlungsfähigkeit des Opfers oder den physischen Widerstand, den es gegenüber dem Täter geleistet hat (Bzw.: Abwehrverletzungen an den Fingerkuppen).


Das gedankliche Nacherleben der Tat genügt nicht mehr, um Befriedigung und seelische Entspannung zu erfahren — es hat sich verbraucht, die Faszination stumpft ab, der Genuss ist nicht von Dauer, lässt sich nicht länger konservieren (Harbort 1999b, 718). Begünstigt wird der neuerliche Tatentschluss jedoch auch durch die Erfahrung, ungeschoren davongekommen zu sein.


Morden und Verstümmeln sind keine außergewöhnlichen Taten außergewöhnlicher Täter - erst das Deutungsmuster macht sie dazu.

Wenn man sich Bilder von den medizinischen Experimenten der Nazizeit ansieht, die Berichte von Kriegsschauplätzen und Folterkellern überall auf der Welt hört, kommt man unweigerlich zu dem folgenden Ergebnis: Verstümmeln und Töten, Zerstückeln und Ausweiden ist in unserer Zivilisation keineswegs die seltene Ausnahme, sondern ein durchaus weit verbreitetes Handeln. Wenn vielleicht nicht wir alle, aber doch viele von uns, in der Lage wären, ähnliches zu tun, so ergäbe sich aus dieser Beobachtung eine neue Forschungsperspektive: Statt zu fragen: «Welches sind die Motive, so etwas zu tun?», müßten wir fragen: «Welches sind die Motive, es nicht zu tun?»

Ich will damit sagen, dass wir uns erstens möglicherweise irren, wenn wir solche Handlungen als Taten außergewöhnlicher Individuen ansehen. Und dass wir uns zweitens mit Sicherheit irren, wenn wir annehmen, solches Handeln würde immer und überall (das heißt: in jeder Gesellschaft und unter allen Umständen) als moralisch verwerflich angesehen.

Fragen wir allgemeiner nach den sozialen Bedingungen, unter denen Menschen andere Menschen erst töten und dann verstümmeln oder auch erst verstümmeln und dann töten, kommen wir u.a. zu dem Ergebnis, dass es Täter gibt, die dies mit Billigung ihres sozialen Umfeldes oder gar weiter Teile der Gesellschaft tun, andere Täter dagegen Mißbilligung und Abscheu auf sich ziehen. Das Besondere an den sog. Lustmördern ist auf dieser Ebene der Betrachtung lediglich, dass sie unter Umständen, zu Zeitpunkten und mit unterstellten Motiven verstümmeln und töten, die der Gesellschaft nicht genehm sind. Folgerichtig lautete die nächste Frage dann, unter welchen Umständen und bei welchen Motiven Gesellschaften ein solches Handeln bestrafen, wann sie es tolerieren und
wann sie die Täter dafür mit Orden auszeichnen. Und dies gilt nicht nur für die uns hier interessierenden Handlungen, sondern für das Rauben, Vergewaltigen, Töten überhaupt.

Sadismus: Der im Schmerz gefangene Körper
Die in diesem Abschnitt skizzierten Prozesse firmieren in der Regel unter dem Begriff des Sadismus und implizieren kommunikative Operationen, die am lebenden Körper realisiert werden - über Folter (Sofsky 1997, 85-102). Die Möglichkeiten, über die der Täter mit dem Opfer auf physischer und psychischer Ebene interagieren kann, sind nahezu unbegrenzt und lassen sich graduell variieren: Anwendung von Elektroschocks, Injizierung von Säuren, Verletzung und Verstümmelung mittels scharfer oder stumpfer Gegenstände (Bsp,: Schere, Zange, Hammer etc.), Dehydratisierung, Zufügung von Bisswunden, Einführung von scharfen, metallenen Gegenständen in den Genitalbereich (bspw. Messer oder Rohre), Zerstückelung, Verbrennung von Gliedmaßen usw. Der Phantasie sind in dieser Hinsicht keine Grenzen gesetzt. Wie Wolfgang Sofsky anmerkt, lässt sich «jede Stelle des Körpers, jede seiner Haltungen, Bewegungen und Regungen f...] als Angriffspunkt der Quälerei» verwenden (Sofsky 1997, 94).

Bei kommunikativen Akten am lebenden Körper sind die morphologische und die neuronale Ebene involviert. Das zentrale Kommunikationsmedium ist der Schmerz, der im ursprünglichen Sinne als körperlicher Schutzmechanismus fungiert (Sofsky 1997, 74fr.). Über ihn kann sich der Organismus materiell von der Umwelt unterscheiden und sich in ihr orientieren. Im Kontext serieller Tötungen dient er dem Täter als Medium, um mit dem Opfer zu kommunizieren und sich ihm gegenüber zu inszenieren. Durch die Ausübung physischer Gewalt werden im Körper Schmerzimpulse ausgelöst, die sich in der jeweils betroffenen Körperregion lokalisieren. Diese Stellen markieren die Formen im Medium «Schmerz». Durch seine gewalttätigen Handlungen setzt der Täter im Organismus des Opfers einen physiologischen Prozess in Gang, der sich nach außen in optisch oder auditiv wahrnehmbaren Operationen widerspiegelt (z.B. in der Äußerung von sprachlichen Lauten, Reflexbewegungen etc). Schließt der Täter kommunikativ an diese neuronalen Reaktionen oder an die sich morphologisch bildenden Wunden an, werden sie zu Signifikanten, die mit verschiedenen Bedeutungen belegt werden können (Bsp.: Grad des Schmerzes, Emotionen etc.).

So lange das Opfer bei Bewusstsein ist, handelt es sich um eine Interaktion beider Teilnehmen Das verletzte Individuum kann seinerseits als psychisches System an die Handlungen des Täters ankoppeln, wobei sein Operationsradius durch die physische Gewalt und die daraus resultierenden Schmerzempfindungen massiv eingeschränkt ist. Ein solcher kommunikativer Akt kann beispielsweise darin bestehen, die Situation verbal zu entschärfen oder physisch Gegenwehr zu leisten. Auf diese Art kann sich das Opfer vom Täter unterscheiden und ein «Selbst» konstituieren. Um dies zu vermeiden oder zu steuern, greifen viele Täter auf sprachliche und körperliche Kontrollmechanismen zurück (z.B. auf Drohungen, Einschüchterungen, Mittel zur Fixierung des Opfers etc.).

Folter ist limitiert anwendbar. Ihre Häufigkeit und Intensität ist abhängig von unterschiedlichen Rahmenbedingungen wie der Temperatur, der Luftzufuhr und der physischen Konstitution des Opfers. Jeder Gewaltakt am lebenden Organismus impliziert zugleich einen Vorgriff auf ein mögliches Versagen der Lebensfunktionen (Sofsky 1997, 102). Mit jeder zugefügten Verletzung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Opfer stirbt. Sadismus lasst sich mehrfach interpretieren: Entweder als ein Tötungsakt, der in Sequenzen erfolgt, oder als eine Kette von Handlungen, an die die eigentliche Tötung anschließt. Es können beide Varianten auftreten.

Der Prozess der semiotischen Auflösung wird bereits durch die im vitalen Zustand zugefügten Verletzungen initiiert, die sich als Formen im Medium «Körper» unterscheiden und ausdifferenzieren lassen. Mit Eintritt des Todes kommen die Zeichen der biologischen Dekomposmon hinzu. Beide Zeichenebenen vermischen sich miteinander, so dass sich das am lebenden Organismus bewerkstelligte Selbstkonstrukt des Täters letztlich in der Leiche des Opfers manifestiert. Ob die körperlichen Manipulationen vital oder postmortal entstanden sind, lässt sich später nur noch anhand der rechtsmedizinischen Befunde eruieren.

In Teilen unserer Zivilisation scheint weniger die Handlung des Verstümmelns und Tötens selbst als verwerflich zu gelten, sondern eher der Zeitpunkt, die Umstände, und das Motiv, unter denen sie vorgenommen wird. Was man den sog. Lustmördern aus dieser Sicht moralisch vorwerfen kann, ist eigentlich "nur"; dass sie sich hinsichtlich dieser Handlungsfaktoren getäuscht haben. Und wir als Gesellschaft müssen uns fragen, warum ein unterstelltes sexuelles Motiv die Tat besonders verwerflich erscheinen läßt, aus Helden Verbrecher und aus Totschlag Mord macht.

http://www.tnmultimedia.de/het-forum/vi ... gi#p119132
Und wer- mit Wissen um den Fall Khashoggi- händeschüttelnd weiter Geschäfte mit den Verantwortlichen für diese Hinrichtung macht, können wir ja alle im öffentlichen Raum wahrnehmen.


Wenn man sich Bilder von den medizinischen Experimenten der Nazizeit ansieht, die Berichte von Kriegsschauplätzen und Folterkellern überall auf der Welt hört, kommt man unweigerlich zu dem folgenden Ergebnis: Verstümmeln und Töten, Zerstückeln und Ausweiden ist in unserer Zivilisation keineswegs die seltene Ausnahme, sondern ein durchaus weit verbreitetes Handeln. Wenn vielleicht nicht wir alle, aber doch viele von uns, in der Lage wären, ähnliches zu tun, so ergäbe sich aus dieser Beobachtung eine neue Forschungsperspektive: Statt zu fragen: «Welches sind die Motive, so etwas zu tun?», müßten wir fragen: «Welches sind die Motive, es nicht zu tun?»

Dies ist der Kontext, in dem meines Erachtens die Änderung des Mordparagraphen im Jahre 1941 verständlich wird. Ich hatte bereits erwähnt, dass damals zur Qualifikation des Mordes die niederen Beweggründe eingeführt wurden: Mordlust, Habgier; die Befriedigung des Geschlechtstriebes. Es war damals offensichtlich nötig, die Grenzen zwischen staatlich erwünschtem und unerwünschtem Verstümmeln, Töten und Ausweiden neu zu bestimmen. Im Interesse und Auftrag des Staates wurde mit klarem Bewußtsein und mit Wissen von der "weltgeschichtlichen Größe ihrer Mission“ von SA, SS und Wehrmacht gefoltert und gemordet.
Die Illusion der Demokratie lebt von der Vertuschung staatlicher Rechtsbrüche, und leider verliert sich selbst die Standfestigkeit ursprünglich integerer Persönlichkeiten allzu oft in den Sümpfen der Politik.
Melanie
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Robert K Ressler, ein US-amerikanischer Kriminologe, 1937-2013, befasste sich schwerpunktmäßig mit dem Sexualmord.
Mitautor des Buchs: "Sexual Homicide: Patterns and Motives" (1988);

Ressler arbeitete als Kriminalpsychologe, Profiler und Berater.

Die wesentliche Lehre Resslers besagt, dass man aufgrund der Einzelentscheidungen, die der Täter am Tatort und schon bei der Auswahl des Opfers treffen muss, Rückschlüsse auf die Person ziehen kann. (Wikipedia)
Melanie
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Die diversen Autoren, die in der zuvor stehenden Themensammlung genannt sind, gehen von einem Menschen ohne erkennbare Empathiefähigkeit aus. Die Themensammlung ist sehr allgemein und beschreibt psychische Prozesse, die beim Töten abgehen, wobei das Töten ein Kommunikationsakt mit dem Opfer sei. Gefühlsbeschreibungen konnte ich keine ausmachen, vielmehr benötige der Täter den Kommunikationsakt des Tötens, um sich als identisch zu erleben.

Ich vermisse die Genesis, wie es zu solchen gefühllosen Tätermaschinen kommen kann, denn wenn man von der Tatausführung auf den Täter kommen will, müssen die Umweltbedingungen wie dazugehörende Sozialisationsbedingungen und ihre Kategorisierung mitgeliefert werden.

Die Autorenauffassung finde ich fragwürdig und unbefriedigend, weil sie Unmenschlichkeit als Normalität verkaufen will. Ich halte folgende Formulierungen für abscheulich, da kann der Autor noch so berühmt sein:

Beispiel 1
U.s.1 883 hat geschrieben:Morden und Verstümmeln sind keine außergewöhnlichen Taten außergewöhnlicher Täter - erst das Deutungsmuster macht sie dazu.

Welch ein Weltbild hat dieser Autor? Beschreibt er Menschen oder Monster, die schlimmer als Tiere sind?

Beispiel 2
U.s.1 883 hat geschrieben:Verstümmeln und Töten, Zerstückeln und Ausweiden ist in unserer Zivilisation keineswegs die seltene Ausnahme, sondern ein durchaus weit verbreitetes Handeln.
Und deshalb selbstverständlich und normal, oder was ???

Beispiel 3
U.s.1 883 hat geschrieben:Ich will damit sagen, dass wir uns erstens möglicherweise irren, wenn wir solche Handlungen als Taten außergewöhnlicher Individuen ansehen. Und dass wir uns zweitens mit Sicherheit irren, wenn wir annehmen, solches Handeln würde immer und überall (das heißt: in jeder Gesellschaft und unter allen Umständen) als moralisch verwerflich angesehen.
Da kann ich nur zynisch anmerken: "Na, dann ist ja alles in Butter."

Ein solches Menschenbild, eine solche Sprache, das ist das Ergebnis eines positivistischen Naturbegriffs, der die Natur rein funktional versteht, als ein "Aggregat von als Ursache und Wirkung miteinander verbundener Seinstatsachen" (H. Kelsen).
Gleiches gilt auch für die Vernunft in einem positivistischen Verständnis, welche nur verifizierbares und falsifizierbares umfasst, während Ethos und Moral dem Bereich des Subjektiven zugewiesen werden.
Die Erkenntnisquellen für Ethos und Recht sind damit eliminiert.

Ich halte daher nichts von solch einer ethikfernen positivistischen Wissenschaft und finde sie abscheulich, primitiv und menschenverachtend.
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Das Foltern eines Menschen als Kommunikationsprozess zu beschreiben, detailliert, jedoch ohne Empathie und Mitgefühl ist m.E. so was von daneben, dass ich dieses Geschreibsel für völlig überflüssig und überhaupt nicht erkenntnisfördernd im Fall G.M.Straten halte.

Außerdem wissen wir gar nicht, ob das Opfer auch sexuell missbraucht wurde. Die "Kommunikationsakte" Kopf abtrennen ohne Sexualmotiv oder mit Sexualmotiv dürften ja nicht die gleichen sein?

Von Motiven, außer dass es um Identitätserleben sowie um Verortung gehe (welch ein "Eindruck schinden wollendes, jedoch nichtssagendes Geschwätz" !!!) kann ich in der Themensammlung auch nichts finden. Und wie will ich nun die Suche von der Tatausführung auf den Täter mittels eines solchen hochtrabenden Geschwurbels finden?

Wenn da empirische Daten stünden, ein Altersbereich angegeben wäre, eine defizitäte Sozialisation unter diversen Aspekten, eine Motivlage, eine Lebenssituation, etc., dann könnten Milieubereiche ins Auge gefasst werden. Doch das vermisse ich bei besagter Materialsammlung. Tut mir leid.
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U.s.1 883
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von U.s.1 883 »

Noch einmal für die Allgemeinheit.

Mein Beitrag- Themensammlung zum Fall G.M. Straten- ist keine Materialsammlung und erst recht keine Abhandlung.

Sondern soll ein Beitrag zu Denkanstöße sein.

Klar habe ich mir als Leser dieser Bücher auch meine eigenen Gedanken dazu gemacht.

Ich als Hobbyermittler würde mir in jedem Fall gegenüber des gelesenen der Autoren, die sich professionell beziehungsweise beruflich mit diesen mehr als morbiden Themen befassen, eben nicht der Vorwurf zu machen ist, das die Prägung Die die Autoren (Professionelle,- in beruflicher Hinsicht mit "dem Thema " befasst) eben bei ihrer Arbeit erfahren, nicht Grund- und Anlasslos ist.
Diese Menschen müssen sich und wollen sich im Sinne der Menschlichkeit sehr tief auf diese Seite unseres Lebens einlassen.

Ich habe mich einmal mit zwei Autoren solcher Bücher unterhalten können und konnte feststellen das in den Wissenschaften zu diesem Bereich, sich sogar ziemlich öfter darüber auseinandergesetzt wird, mit welcher Haltung die Erkenntnisse an die Öffentlichkeit gebracht werden sollten.

Daher gebührt solchen Menschen die sich professionell und/oder beruflich damit befassen müssen meine Hochachtung.
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

U.s.1 883 hat geschrieben:Daher gebührt solchen Menschen die sich professionell und/oder beruflich damit befassen müssen meine Hochachtung.
Ich halte die Ergüsse, welche du als Themensammlung reingestellt hast, als einen gottlosen evolutionsbesoffenen Zynismus, der moralisches und verwerfliches Handeln auf einer Stufe ansiedelt, nämlich beides als einen Kommunikationsakt an sich begreift, ohne einen moralischen Maßstab anzulegen oder gleich in zwei unvereinbare Dimensionen zu differenzieren. Wenn ich das Kopfabschneiden eines Mitmenschen und das Wirken einer Mutter Theresa begrifflich im Kommunikationsakt auf eine Stufe stelle und jegliche Moral und Ethik außen vorlasse, dann wende ich mich voll Abscheu und Ekel von solcherart Wissenschaft ab.

Und erst recht lasse ich mich von solch moralisch retardierten "Wissenschaftlern" nicht auf eine primitive Seinsstufe unterhalb des Tierniveaus eines Krokodils stellen. Es gibt da keine Qualitätsunterschiede mehr, ob man Küken schreddert oder lebensfähige Babys im Mutterleib zerstückelt. Im Gegenteil, bei den Küken empört sich der positivistische Evolutionist sogar noch, während er nun sogar den Embryo mit vollen 9 Monaten noch zum Schreddern freigibt. Welch eine Wirkung durch die Selbstvergötterung des Menschen zeigt sich da? Und es wird noch schlimmer werden.

Das schafft aber der positivistische Naturbegriff. Das schafft die Gottlosigkeit. "Alles ist Natur, auch der Mensch ist Natur, und in der Natur gibt es keine feststellbare Moral." Die Folgen solchen Rechtspositivismus' wie der des darin führenden Hans Kelsen zeigt dann Folgen, die m.E. eine Gefahr für die Menschenwürde sind.

Davor ist mein Glauben ein Schutzmantel und wird es auch bleiben.
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Der Psychiater Dr. Reinhard Haller befasste sich intensiv mit dem Bereich des menschlich Bösen.
Er ist u.a. Forensiker und Gerichtspsychologe. Sein Video: Persönlichkeitsstörung und das Böse aus psychiatrischer Sicht (Reinhard Haller) https://www.youtube.com/watch?v=PraaieT_Oog
ist eine klar strukturierte Arbeit, sowohl in historischer Sicht, als in der Diskussion verschiedener Modelle einer Epoche, als auch eine Synthese der besten Konzepte des Augenblicks.

Den Serienkiller zeichnen aus:

1. Fehlende Empathie / Gemütskälte
2. Egozentrizität
3. Einseitige Machtverteilung
4. Entwürdigung, Entmenschlichung anderer
5. Missachtung des "Moralinstinkts"

Was Serienkiller mit Despoten und bösen Menschen gemeinsam haben, wird als maligner Narzissmus bezeichnet - nach Dr. Kernberg:

1. die narzisstische Persönlichkeitsstörung
2. sie fühlen sich/beanspruchen über dem Gesetz zu stehen
3. hohes Aggressionspotential und/oder Sadismus
4. paranoide Haltung

(Ausführungen zu diesen Punkten gibt Dr. Haller im Vortrag im letzten Drittel)
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Agatha Christie
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Agatha Christie »

@Melanie

Grundsätzlich kann ich deine Empörung über das Schreddern lebender Kühen verstehen, das ist für ein Land, das sich für den Tierschutz einsetzt in keiner Weise akzeptabel. Es gibt aber noch viel mehr und genauso gravierende Missstände in D. Z.B. Das Schächten von Tieren in unbetäubtem Zustand und über die Zustände in manchen ausländischen Schlachthöfen möchte ich besser nichts allzuviel erfahren. Zudem bin ich als kleines Kind einmal unverhofft dazugekommen, als eine Ziege geschlachtet wurde. An dieses schreckliche Erlebnis erinnere ich mich heute noch. Bei mir hat esdazu geführt, dass ich nicht oft Fleisch esse.

Das alles betrifft zwar nicht kriminologisches Wissen im herkömmlichen Sinn, und sollte daher jetzt beendet sein, aber ich wollte auch kurz "meinen Senf dazugeben".
Beharrlichkeit führt auch zum Ziel!
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Agatha, da habe ich mich vielleicht unverständlich ausgedrückt.

Ich finde es nicht richtig, dass man sich über das Schreddern von Küken aufregt, wenn man es gleichzeitig okay findet, dass Embryos, sogar lebensfähige Embryos, ohne Wimpernzucken abgetrieben werden. Und sie müssen dazu ab einer gewissen Größe zerstückelt werden. Soorum war es gemeint. Das Töten von Menschen und das Töten von Tieren ist nach meinem Glauben ein Unterschied.
In der Evolutionsideologie gibt es keinen moralischen Unterschied, was "unbrauchbare/unerwünschte" Küken oder menschliche Embryos anbelangt.
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Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Melanie »

Das Kriminologische Wissen muss m.E. ergänzt werden um den Faktor "kulturelle Wertungen".
Die bisherigen psychiatrischen Erkenntnisse fußten auf Patienten und Klienten aus einem gemeinsamen Kulturkreis, in welchem das Morden eines Menschen abwertend gesehen wurde.

Das ist jedoch in dem Moment nicht mehr so, wenn irgendwelche heiligen Schriften das Morden befehlen, und wenn dadurch der Mörder gar kein Unrechtsbewusstsein hat. Es ist das gleiche wie im 3. Reich, dass eine Bevölkerungsgruppe abgewertet wird und die Eliminierung das Ziel ist.

Diese Mörder lediglich als psychisch krank zu betrachten und in die Psychiatrie zu verweisen, begreift das Problem zu kurz. Wenn Täter die Handlungsanweisungen aus heiligen Büchern als Pflicht betrachten und dadurch Menschen anderer Kultur umbringen, ist dem Problem mit der Psychiatrie m.E. nicht abgeholfen.

Bisher habe ich hier noch keine kulturmotivierten Tätermerkmale gefunden.

Nach Verstand und Logik dürften bei kulturmotivierten Delinquenten

1. die Abwertung kulturverschiedener Menschen sein und damit das Fehlen von Empathie;
2. das Interpretieren der Heiligen Schriften als unmittelbare Handlungsanweisung;
3. der Gehorsam gegenüber den Religionsgründern und ihres Gottesbildes;
4. der Glaube an die göttliche Belohnung für das Umsetzen der Gottesbefehle;
5. die Einräumung höherer Gültigkeit für Religion als für säkulare Gesetze;
6. die Verbundenheit mit Glaubensgeschwistern, Andersgläubige zu besiegen durch verschiedene Strategien.

Bei solch irreversiblen Prägungen greifen die Methoden der Psychiatrie nicht mehr.
Gast

Re: KRIMINOLOGISCHES WISSEN

Ungelesener Beitrag von Gast »

Geographische Verhaltensmuster fremder Täter bei Serienmorden im Zusammenhang mit Sexualstraftaten
Stephan Harbort

Gekürzte Fassung



Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

• In Dreivierteln der Fälle war der Kontaktort nicht weiter als 20 Kilometer vom Ankerpunkt des Täters entfernt.

• Knapp 60 Prozent der Täter sind sehr regional agierende Täter. Die Entfernung zwischen Ankerpunkt und Kontaktort beträgt in diesen Fällen weniger als zehn Kilometer.

• Die durchschnittliche Entfernung vom Ankerpunkt bis zum Kontaktort betrug bei durchgängig oder überwiegend (bei maximal einem „Ausreißer“) regional agierenden Tätern 7,5 Kilometer.

• Die Täter zeigten bei der Auswahl der Kontaktorte eine hohe Perseveranz. Bei 81,6 Prozent der Täter betrug die Entfernung vom Kontaktort zum Ankerpunkt durchgängig oder ganz überwiegend weniger als 20 Kilometer.

• Viele Täter messen einer „Sicherheitszone“ (näherer Bereich um den Ankerpunkt herum) keine überragende Bedeutung bei.

• In 73,2 Prozent der Fälle erfolgte der Initialkontakt zwischen Täter und Opfer in der Gemeinde/Stadt, in dem sich der Ankerpunkt des Täters befand.

• In 94,1 Prozent der Fälle ereignete sich das gesamte Tatgeschehen innerhalb eines Bundeslandes.

• Bei durchgängig oder überwiegend überregional agierenden Tätern (20,4 Prozent) konnten keine spezifischen Verhaltensmuster festgestellt werden. Auch eine differenzierte Betrachtung erbrachte keine anderen Ergebnisse: Bei sechs Tätern war die Entfernung zwischen Ankerpunkt und Kontaktort bei der ersten Tat am geringsten, bei vier Tätern war die Entfernung zwischen Ankerpunkt und Kontaktort bei der letzten Tat am geringsten.

• In 80 Prozent der Fälle, in denen ein Tatortwechsel vorgenommen wurde und das Opfer freiwillig folgte, lag der Ankerpunkt der Täter im regionalen Bereich um den Kontaktort herum. Bei 71,2 Prozent der Taten betrug diese Entfernung weniger als zehn Kilometer.

• Wurde das Tatgeschehen gegen den Willen des Opfers verlagert, nahm die Zahl der Taten mit regionalem Charakter ab. Der Ankerpunkt der Probanden lag lediglich in 60,9 Prozent der Fälle im regionalen Bereich.

• Eine Ortsverlagerung allein ist kein geeignetes Kriterium, um eine Richtungseinschätzung zum Ankerpunkt des Täters hin vorzunehmen. Auch bei einer differenzierten Betrachtung von erster und letzter Tat lässt sich eine solche Prognose nicht stellen.

• Städtische Täter legen vom Ankerpunkt aus geringere Entfernungen zurück als ländliche, um den Kontaktort zu erreichen. Beide Gruppen müssen aber also regional operierende Täter angesehen werden.

• Das Kriterium der Täter-Opfer-Beziehung hat eine große Bedeutung für die Einschätzung des geographischen Verhaltens der Täter. In diesen Fällen darf ein starker regionaler Bezug des Täters zum Kontaktort angenommen werden. In 85,7 Prozent der Fälle war die Entfernung vom Ankerpunkt des Täters zum Kontaktort weniger als zehn Kilometer.

• Bei lebensjüngeren Tätern (jünger als 21 Jahre) besteht i. d. Regel ein sehr starker regionaler Bezug zum Kontaktort. Auch die Tatorte liegen in solchen Fällen gemeinhin innerhalb eines Kreises von zehn Kilometern.

• Polizeiliche Vorerkenntnisse sind unabhängig davon, ob sie allgemeiner oder einschlägiger Natur sind, keine geeigneten Kriterien, um Aussagen zum geographischen Täterverhalten treffen zu können.

• Es bestehen keine signifikanten Unterschiede bei Taten „kindliches Opfer“ und „nicht kindliches Opfer“. Das Opferalter allein ist demnach kein geeignetes Kriterium, um eine spezifische Ableitung zum geographischen Täterverhalten vorzunehmen.

• Das Intelligenzniveau ist kein Kriterium, um eine Aussage hinsichtlich des geographischen Täterverhaltens vornehmen zu können.

• Das Kriterium „Tötung des Opfers erfolgte in einer geschlossenen Räumlichkeit“ ist besonders geeignet, um eine Aussage in geographischer Hinsicht vornehmen zu können. Die Ermittlungen sollten sich in diesen Fällen zunächst auf den näheren Bereich (Umkreis von fünf Kilometern) der vermuteten Tatorte konzentrieren.

• Für die geographische Einschätzung des Ankerpunktes des Täters ist der Kontaktort wesentlich bedeutsamer als der Leichenfundort. Der Täter ist mit einer wesentlich höheren Wahrscheinlichkeit im regionalen Bereich des Kontaktortes zu finden.









Überprüfung der Ausgangshypothesen
Vorbemerkung: Gravierende Abweichungen zur BKA-Studie.

1.
In nahezu neun von zehn Fällen ist der Kontaktort nicht weiter als 20 Kilometer Luftlinie vom Ankerpunkt des Täters entfernt.

Die Hypothese des überwiegend regional operierenden Täters ließ sich verifizieren. Allerdings beträgt der Anteil der regionalen Taten 75,2 Prozent.

2.
In mehr als der Hälfte der Fälle erfolgt der Initialkontakt zwischen Täter und Opfer in der Gemeinde/Stadt, in der sich der Ankerpunkt des Täters befindet.

Auch diese Hypothese bestätigte sich, in 73,2 Prozent der Fälle erfolgte der Erstkontakt in der Gemeinde/Stadt, in der der Ankerpunkt des Täters war.

3.
In ca. 95 % aller Taten ereignet sich das gesamte Tatgeschehen in dem Bundesland, in dem der Täter seinen Ankerpunkt hat.

Unter diesem Aspekt wurden ebenfalls nahezu deckungsgleiche Zahlenwerte ermittelt: 94,1 Prozent.

4.
Findet eine Verlagerung des Tatgeschehens statt und folgt das Opfer dabei zunächst ohne Argwohn dem Täter, so ist von einem sehr regionalen Bezug des Täters zum Ort der Kontaktaufnahme auszugehen. In über der Hälfte der Taten ist der Ankerpunkt weniger als einen Kilometer Luftlinie vom Kontaktort entfernt.

Eine solche Konzentration von Taten im sehr regionalen Bereich konnte nicht festgestellt werden (lediglich 17,8 Prozent). Allerdings betrug in mehr als der Hälfte aller Fälle die Entfernung vom Ankerpunkt zum Kontaktort weniger als fünf Kilometer.


5.
Bei Taten, in denen das Opfer unter Zwang an einen weiteren Tatort verbracht wird, bildet die überwiegende Mehrzahl der Täter eine „Sicherheitszone“ von einem Kilometer Umkreis um ihren Ankerpunkt aus.

Diese Hypothese konnte verifiziert werden. Überdies wurde festgestellt, dass der Ankerpunkt des Täters in diesen Fällen nur noch in 60,9 Prozent der Fälle im regionalen Bereich lag.

6.
Eine Einschätzung zur Verlagerungsrichtung des Tatgeschehens ist nicht möglich. In der Mehrzahl der Fälle werden bei einer Verlagerung keine großen Distanzen zurückgelegt.

Auch diese Annahme traf zu. Selbst bei einer differenzierten Betrachtung – nämlich bei Unterscheidung in erste und letzte Tat – war eine Richtungseinschätzung nicht möglich.

7.
In mehr als Dreivierteln aller Fälle, bei denen der Täter seinen Ankerpunkt in städtischen Regionen hat, erfolgt der Kontakt zwischen Täter und Opfer in weniger als fünf Kilometern Entfernung vom Ankerpunkt und unterscheidet sich damit hochsignifikant von Taten „ländlicher“ Täter.

Diese Hypothese konnte nicht nachvollzogen werden: in lediglich 45,9 Prozent der Fälle im städtischen Bereich betrug die Entfernung vom Ankerpunkt des Täters zum Kontaktort bis zu fünf Kilometer, bei ländlichen Taten war dies ähnlich häufig der Fall: 38,1 Prozent.

8.
Es lassen sich hinsichtlich des geographischen Tatverhaltens keine signifikanten Unterschiede zwischen Taten „mit“ und „ohne“ vorgefassten Tatentschluss feststellen.

Hierzu konnten keine weiterführenden Erkenntnisse gewonnen werden, da Serien-Sexualmörder in aller Regel „mit vorgefasstem Tatentschluss“ (88,9 Prozent der Fälle) im Sinne der vorliegenden Untersuchung agierten.

9.
Eine „Sicherheitszone“ um den Ankerpunkt des Täters kann bei Taten mit vorgefasstem Tatentschluss nicht festgestellt werden.

Diese Annahme fand eine Bestätigung. Gerade Serien-Sexualmörder entwickeln im Zuge ihrer kriminellen Karriere ein sich kontinuierlich steigerndes Selbstbewusstsein, zudem eine höhere Risikobereitschaft, da das unmittelbare Entdeckungsrisiko aus Sicht der Täter auch unter geographischen Aspekten zunehmend an Relevanz und Brisanz einbüßt.

10.
Das Kriterium des Alters der Täter hat keine Aussagekraft im Hinblick auf die Einschätzung des geographischen Tatverhaltens.

Diese Hypothese konnte nur bedingt nachvollzogen werden. Bei lebensjüngeren Tätern (jünger als 21 Jahre) bestand i. d. Regel ein sehr starker regionaler Bezug zum Kontaktort. Auch die Tatorte lagen in diesen Fällen überwiegend innerhalb eines Kreises von zehn Kilometern. Bei den übrigen Tätergruppen konnten hingegen keine Signifikanzen festgestellt werden.

11.
Allgemeine und einschlägige polizeiliche Vorerkenntnisse stellen kein diskriminierendes Element bei der Einschätzung des geographischen Tatverhaltens dar.

Diese Annahme erfuhr eine eindrucksvolle Bestätigung, zwischen den genannten Tätergruppen waren kaum Unterschiede feststellbar.

12.
Serienmörder unterscheiden sich hinsichtlich ihres geographischen Tatverhaltens nicht von Einmaltätern. Eine „Sicherheitszone“ lässt sich nicht feststellen.

Diese Hypothese fand keine Bestätigung. Während sich im allgemeinen geographischen Verhalten gute Übereinstimmungen nachweisen ließen, ergaben sich bei einzelnen Kriterien erhebliche Abweichungen. Dies muss zu der Schlussfolgerung führen, dass Erkenntnisse von Sexualmördern als Einmaltäter nicht unbesehen auf Serientäter übertragen und angewendet werden dürfen, sondern der Prüfung im Einzelfall bedürfen.

13.
Bei Taten zum Nachteil von Kindern erfolgt der Initialkontakt in nahezu der Hälfte der Fälle in weniger als einem Kilometer Entfernung vom Ankerpunkt des Täters.

Hinsichtlich der zurückgelegten Distanzen haben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen „kindliches Opfer“ und „kein kindliches Opfer“ ergeben. Entgegen dem Ergebnis der BKA-Studie konnte im eigenen Untersuchungsgut keine auffällige Konzentration der Taten „kindliches Opfer“ bis einen Kilometer um den Ankerpunkt herum festgestellt werden.

14.
Bei Taten mit überregionalem Charakter können keine signifikanten Zusammenhänge (Muster) festgestellt werden.

Diese Annahme konnte verifiziert werden. Bei durchgängig oder überwiegend überregional agierenden Tätern (20,4 Prozent) konnten keine spezifischen Verhaltensmuster festgestellt werden. Auch eine differenzierte Betrachtung erbrachte keine anderen Ergebnisse: Bei sechs Tätern war die Entfernung zwischen Ankerpunkt und Kontaktort bei der ersten Tat am geringsten, bei vier Tätern war die Entfernung zwischen Ankerpunkt und Kontaktort bei der letzten Tat am geringsten.

15.
Für die geographische Einschätzung des Ankerpunktes des Täters ist der Ort des Zusammentreffens zwischen Täter und Opfer ungleich bedeutsamer als der Leichenfundort. Der Täter ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit im regionalen Bereich des Kontaktortes zu finden denn im Bereich des Leichenfundortes.

Auch diese Annahme hat sich vollauf bestätigt. Für die geographische Einschätzung des Ankerpunktes eines Serienmörders ist der Kontaktort wesentlich bedeutsamer als der Leichenfundort. Der Täter ist mit einer wesentlich höheren Wahrscheinlichkeit im regionalen Bereich des Kontaktortes zu finden

16.
Bei Leichenverbringungen nimmt der Täter das Opfer zu sich nach Hause und führt dort die Vergewaltigung/den Missbrauch und die Tötung des Opfers durch.

Unter dem Aspekt der Leichenverbringung konnte eine solches Verhalten nur in 45,5 Prozent der Fälle festgestellt werden. Bei der Mehrzahl der Taten wurden sexuelle Handlungen und Tötung des Opfers nicht am Ankerpunkt des Täters vollzogen.

Eigene Hypothesen

17.
Lebensjüngere Probanden legen generell geringere Entfernungen zurück als lebensältere und agieren in geringer Entfernung zu ihrem Ankerpunkt.

Diese Annahme konnte verifiziert werden. Bei lebensjüngeren Tätern (jünger als 21 Jahre) bestand i. d. Regel ein sehr starker regionaler Bezug zum Kontaktort. Auch die Tatorte lagen in diesen Fällen gemeinhin innerhalb eines Kreises von zehn Kilometern.

18.
Wird das Opfer innerhalb geschlossener Räume getötet, verringert sich ebenfalls die Entfernung vom Ankerpunkt zum Kontaktort. Wird die Tat unter freiem Himmel durchgeführt, zeigen die Probanden ein anderes Verhalten.

Auch diese Hypothese traf zu. Zwischen beiden Tätergruppen sind gravierende Abweichungen festzustellen. Während bei Delikten mit Tötung des Opfers innerhalb einer geschlossenen Räumlichkeit zwischen Ankerpunkt des Täters und Kontaktort ein starker regionaler Bezug bestand (in Dreivierteln der Fälle betrug die Entfernung weniger als zehn Kilometer), war dies bei Taten, die durchgängig unter freiem Himmel passierten, nur in gut der Hälfte der Fälle so.
19.
Überdurchschnittlich intelligente Täter verhalten sich signifikant anders als durchschnittlich oder unterdurchschnittlich intelligente Täter.

Diese Annahme erwies sich als unzutreffend. Zwischen den genannten Tätergruppen konnten keine Abweichungen in ihrem geographischen Verhalten festgestellt werden.
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