Karla Raven hat geschrieben: ↑Donnerstag, 28. Juli 2022, 20:48:48
Business und Finanzielles sind für mich keine tatauslösenden Anlässe, und spielen eher insoweit eine Rolle, als sie das initiale Interesse am Opfer weckten. Dass die meisten Wertgegenstände in ihrer Wohnung verblieben und es keine Anhaltspunkte für unprofessionelles Verhalten im Geschäftsbereich gab, reicht mir erstmal als Begründung.
@Karla Raven
Es freut mich, dass du auch das Motiv ausmachen willst. Leider verstehe ich nicht alle Punkte deiner psychologischen Fachanalyse, weil ich da kein Fachmann bin. Dass der Auslöser zum Mord nicht im Mordmerkmal "Habgier" gelegen hat, sehe ich auch so.
Genannt wurde aber ihre flirty Art, was für eine Anfälligkeit im amourösen Bereich spricht.
Das wird ihn schon getriggert haben, aber nicht dieses allein. Ich prüfe die gegebenen Fakten an der Person des Verwalters ab.
Die Nähe und die dienstliche Zusammenarbeit brachten ihm Kenntnisse über die Lebensverhältnisse von IMG. Ihm wäre die Tat am unauffälligsten möglich gewesen. Aber wo könnte sein Motiv liegen?
Ich versuche einen anderen Zugang, als über eine frühkindliche Sozialisation und die "ewig herhalten müssende" Mutter.
Ich gehe davon aus, dass er denselben Arbeitgeber hatte, wie IMG. Er war für die technisch-handwerkliche Seite zuständig, während IMG für die finanziellen Angelegenheiten zuständig war. Da wird es Berührungspunkte gegeben haben, wenn z.B. Instandsetzungs-Rechnungen angefallen waren.
Ich könnte mir vorstellen, dass sich IMG hierarchisch über dem Verwalter stehend gefühlt haben mag. Es könnte der Fall gewesen sein, dass der Verwalter damit unzufrieden war, dass sein Arbeitgeber seine Leistungen nur über die Bewertung der IMG wahrgenommen hat. Wenn er das flirty-Leben der IMG auf großem Fuß mitbekommen hat, wird er es automatisch mit seinen Leistungen verglichen haben, und vielleicht ein Gefühl der Ungerechtigkeit bekommen haben, dass da eine Dame vorwiegend aufgrund ihres Aussehens, ihrer Beziehungen, Verbindungen und Lebenslust die große Madame spielen kann, aber an wertschaffender Leistung wenig vorhanden ist. Noch dazu hat sie die Möglichkeit, als Freundin seines Arbeitgebers, über ihn Urteile abgeben zu können. Er war also gezwungen, sich mit ihr gut zu stellen, wenn nicht sogar eine devote Haltung einzunehmen, wenn sie sich mit Forderungen an ihn wandte. Er wird auch über ihre Kinder, deren Tätigkeiten und Verhältnisse etwas mitbekommen haben.
Kurzum: In dieser hierarchischen Konstellation: Arbeitgeber-Freundin-Mitarbeiterin, lag ein Machtverhältnis vor, das ihn geärgert haben könnte.
Möglich, dass er dieses Machtverhältnis aufheben wollte, indem er ebenfalls an dem flirty-Ambiente der IMG Anteil haben wollte, was aber nicht gelang. Dieses dürfte seine Vorbehalte gegen IMG sehr verstärkt haben. Es ist also viel mehr, als wenn ein Mann eine schöne Frau begehrt und von dieser ignoriert wird. Hier ging es um mehr. Hier spürte er, dass IMG ihre Dominanz über ihn nicht mit einem Flirt aufgeben wollte. Der Flirt hätte ihr nichts gebracht, was sie nicht schon gehabt hätte. Sie konnte befehlen. Er musste ausführen. Dafür hatte IMG den klaren Blick. Aber für den Abgewiesenen könnte es kränkend gewesen sein, dass sie ihn in ihrer Riege der Upperclass nicht zugehörig erachtete.
Was nun an jenem Freitagabend, 21.3.97, der Anlass war, dass der Verwalter ihr Büro aufsuchte, ist nicht bekannt. Aber es muss zu einem Konflikt gekommen sein, den der Fallanalytiker so beschreibt, dass ihm ein Auslöser der IMG keine andere Wahl ließ, als die IMG zu töten. Es muss ein Machtabschätzen gewesen sein, ob der Verwalter seine Interessen auf geregeltem Dienstweg durchgebracht hätte. Darin hatte er wohl keine Chancen gesehen, weshalb er die IMG töten musste. Es war ein Motivbündel, darin waren die Elemente: Kränkung, Neid und Hass enthalten.
Kränkung wegen der Zurücksetzung und Zuweisung zu einer sozialen nachgeordneten Klasse. Neid wegen des Einflusses und Lebensstandards dieser Frau, ohne wirklich was zu leisten. Hass wegen gefühlter Ungerechtigkeit, Abhängigkeit, Zurücksetzung, Abschätzigkeit und Überheblichkeit.
Da auch der Verwalter einen gewissen Ermessensfreiraum in seiner Tätigkeit hatte, kann er auch mal Fünfe grad gelassen sein haben, oder irgendwas zu seinem Vorteil und zu Lasten des Arbeitgebers laufen lassen haben, was IMG als Faustpfand gegen ihn in der Hand hatte und an jenem Abend evtl. ausspielte. Da er das jedoch als Kleinigkeit ansah gegenüber dem nichtsnutzigen Saus- und Brausleben der IMG, ist es ihm wie eine Dreistigkeit vorgekommen, dass diese über ihn den Daumen senken wollte. Da haben Wut und Zorn seiner Vernunft den Drive gegeben und sich mit Wucht "der Ungerechtigkeit" widersetzt. Die Abtrennung des Kopfes sehe ich eher nicht im Zusammenhang mit einer Schussverletzung, weil kein Schuss hörbar war. Warum er den Kopf wollte, war wohl als Trophäe seines Machtkampfs über sie.
Du sprichst von
"vulgärem Mord"
Ich kenne mich in psychologischen Kategorien nicht aus, kann mir aber aus dem Begriff diese Bedeutung als passend ableiten. Möglicherweise war die Leiche sogar nackt. Habe nichts dazu gefunden. Logisch wäre es gewesen, sie zu entkleiden, weil die Identifizierung dann schwieriger ist.
Der Täter hat in der Tatausführung sein Opfer verachtet und hat auch seinen Triumpf ausgekostet.
Wenn er sie zum Zeitpunkt des Zusammenseins idealisierte und ihren Wert (Millionären-Nimbus) abstrakt auf sich übergehen ließ, also einen, den er selbst nicht besaß (ganz unabhängig vom Materiellen) und den er bei sich nur bis zum Größenwahn übersteigert kannte, könnte er in ihrer Gegenwart im Augenblick einer ignoranten „das steht mir alles zu Tour“ so böse von ihr ausgebremst worden sein, dass sich ein Abgrund auftat und er darauf mit Vernichtung reagierte.
Dieses Fachpsycho musste ich mir erst einmal erschließen. Ich sehe kein abstraktes Übergehen eines "Millionärs-Nimbus". Das ist mir - mit Verlaub - ein bisschen zu verstiegen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass IMG in einer Überheblichkeit einer „das steht mir alles zu Tour“ ihn so wütend machte, dass ein Vernichtungsdrang in ihm aufstieg.
Was du sonst noch über die Sozialisation oder frühkindliche Kränkungen schreibst, ignoriere ich. Die Personenkonstellation der Arbeits- und Leistungsverhältnisse impliziert genug Kränkungspotential, dass ich die "die ewig verantwortlichen Mütter" nicht bemühen möchte. Ist mir wirklich zu billig. Diese Lebedame war eine Nummer zu hoch für ihn. Das hat sie ihn spüren lassen. Er hätte es womöglich ertragen können, wenn sie ihm nicht "krumm" gekommen wäre, ob mit oder ohne Grund. Ihr wollte er nicht die Funktion erlauben, über seinen Kopf den Daumen senken zu können.
So sehe ich es in meiner Laien-Psychologie. Er hätte mit der "Ablehnung der Lustdame" leben können, aber nicht mit ihrer Anmaßung, über sein Sein oder Nichtsein in ihrem Machtlust-Gehabe zu entscheiden.
Der Täter hat m.E. den Arbeitgeber wegen seines Verhältnisses zu IMG außen vorgelassen. Es war ihm klar, dass die Verhältnisse so sind, wie sie sind, und hübsche einflussreiche Damen ihre Vorteile nutzen wollen. Nur in dem Moment, als die hübsche Dame die Machtkompetenz ihres Freundes auf sich übergehen ließ zum Nachteil ihres Kollegen, da war dessen Gerechtigkeitsempfinden empfindlich getriggert.
Also auch nach der Tat war ihr Vergehen seiner Auffassung nach nicht beglichen, woran man auch sieht, dass das Gesamte der Tat nicht nur auf primitiven Besitzwillen eines Stalkers hinweist, weil er sich noch ihre Tochter als Platzhalter vorgenommen hat und sich damit selbst erheblich angreifbar machte.
Die schwerwiegende Tat konnte sein Problem nicht lösen, also bestand es womögl nicht in ihr. Vom Anruf her gedacht, löste das Opfer nur sein früheres Trauma aus.
Nein, da kann ich nicht mitgehen. Der Täter hatte keinen "primitiven Besitzwillen". Das hast du doch selbst gesagt, dass er es nicht auf Vermögen abgesehen hatte. Er kannte die Tochter. Wir kennen sie nicht. Vielleicht hatte er auf die Tochter ein Auge und der Mama war der Verwalter nicht reich und ebenbürtig genug. So könnte er eben von der Tochter ebenfalls ignoriert worden sein. Das enthält natürlich auch ein Kränkungspotential, doch war es nicht ausschlaggebend für die Tötung der IMG. Das Tötungsmotiv sehe ich - wie übrigens auch der Fallanalytiker - im Prinzip: Entweder DU oder ICH !