MORDFALL MAREN GRAALFS (55 †), B-WILMERSDORF, 1997

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Anja Aichele, Ayleen Ambs, Vierfachmord von Annecy 2012, Bärbel B. (Bremerhaven) u. Ingrid R. (Bremen), Annika Brill, Tristan Brübach, Christoph Bulwin, Anne D. (Lorch), Suzanne Eaton, Michaela Eisch, Victor Elling, Sonja Engelbrecht, Trude Espas, Regina Fischer, Abby G. & Libby W. (USA-Indiana), Maren Graalfs, Mara-Sophie H. (Kirchdorf), Marion & Tim Hesse, Jutta Hoffmann, Peggy Knobloch, Cindy Koch, Martina Gabriele Lange, Lola (FR-Paris), Karl M. (Berlin), Khadidja M. (Ingolstadt), Stefan M. (Salzgitter), Jelena Marjanović, Margot Metzger, Karin N. (Borchen), Gabby Petito, Heike Rimbach, Elmar Rösch, Gustav Adolf Ruff, Carina S. (Iserlohn), Hannah S. (Hamm), Lena S. (Wunsiedel), Gabriele Schmidt, Mord in Sehnde-Höver, Yasmin Stieler, Simone Strobel, Elisabeth Theisen, Karsten & Sabine U. (Wennigsen), Nicky Verstappen, Hanna W. (Aschau)
Widasedumi
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MORDFALL MAREN GRAALFS (55 †), B-WILMERSDORF, 1997

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Heute hörte ich mir einen Podcast einer Kriminalreihe des Senders rbb vom 17.10.21an, mit dem Titel:
Enthauptet. Der mysteriöse Tod einer Wilmersdorfer Unternehmerin
Im März 1997 ist die 55-jährige Berlinerin Maren Graalfs mit ihrer Tochter verabredet. Doch sie erscheint nicht. Tage später wird nahe Schwerin eine weibliche Leiche ohne Kopf in einem Wassergraben gefunden.
Ich fand den Fall spannend und interessant. Er ist ungelöst. Das Motiv ist uneindeutig.
Bild

Der Mordfall der enthaupteten Ilse Maren Graalfs (IMG) ist einer der spektakulärsten Mordfälle Berlins. Bis heute konnte dieser Mord weder aufgeklärt noch gesühnt werden. Frau Ilse-Maren Graalf (55) war die Ex-Frau des Bauunternehmers Dieter Graalfs. Sie war schon seit 15 Jahren von ihm geschieden (1982). Aus der Ehe gingen eine Tochter und ein Sohn hervor, die 1997 schon erwachsen waren. Frau Graalfs wollte sich am Vormittag des 22. März 1997 mit ihrer Tochter in einem Berliner Café treffen. Aber sie kam nicht.

Drei Tage später, am 25. März 1997, fand ein Jagdpächter im Landschaftsschutzgebiet Lewitz in Mecklenburg-Vorpommern eine nackte, tote Frau in einem Abwassergraben, ohne Kopf. In der Gerichtsmedizin wurde festgestellt, dass der Kopf nach dem Tode der Frau entfernt worden war. Sonst wurden keine äußeren Verletzungen festgestellt. Deshalb können die Ärzte die genaue Todesursache nicht feststellen.

Bei der Toten handelte es sich um die attraktive Maren Graalfs. Erst 11 Tage nach dem Verschwinden, am 2. April, ist die Vermisstenanzeige von Freunden aufgegeben worden. Ihre Kinder vermuteten sie bei ihrem Freund in Hamburg.

Als die Mordkommission ihre Ermittlung in Berlin aufnimmt, schrieben sie den Dienstwagen von Frau Graalfs zur Fahndung aus. Er wurde in Hamburg, Nähe Hauptbahnhof, entdeckt. Papiere und Schlüssel fehlten. In der Wohnung der Geschäftsfrau, unweit vom Kurfürstendamm, stellten die Ermittler einen geöffneten Safe und entwendete Wert- und Privatgegenstände fest. Es wird davon ausgegangen, dass der Täter die Gegenstände als Art Trophäen aus der Wohnung mitnahm.

Sechs Wochen nach dem Mord, am 4. Mai 1997, erhielt die Tochter der Toten auf dem Anrufbeantworter einen obszönen Anruf von einer Männerstimme. Die Nummer der Tochter war in einem privaten Telefonbuch vermerkt, welches aus der Wohnung der Toten entwendet wurde. Die Ermittler sind der Meinung, dass der Anrufer der Mörder von Maren Graalf war.

Der geschiedene Mann war ein sehr reicher Bauunternehmer. Frau Graalfs arbeitete nach der Scheidung auch noch im Immobilienbereich als Hausverwalterin für ein großes Architekturbüro, Hirte & Schulz, mit Sitz in Hamburg, das ihrem letzten Lebensgefährten gehörte.
Ilse-Maren Graalfs lebte allerdings allein in einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Xantener Straße in Wilmersdorf.

Fundort und Tatort sind nicht identisch. Unklar ist, wie die 55jährige starb. Aus dem Wandsafe der Toten wurde Schmuck im Werte von mehr als
100 000 Mark entwendet, darunter eine wertvolle viereckige Cartier-Damenarmbanduhr. Spuren von einem Einbruch fand die Polizei aber nicht.
Der Mörder hielt sich mehrmals in der Wohnung der Toten auf. Er muss einen Schlüssel gehabt haben.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Hier ein kurzes Video zu dem Mordfall Maren Graalfs:

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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Hier der gut aufbereitete, spannende Podcast. Titel:
Enthauptet - der mysteriöse Tod einer Wilmersdorfer Unternehmerin
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Auch wenn wir im HET diesen 25 Jahre alten Cold Case nicht lösen werden, so finde ich doch die Motivfrage spannend und der Diskussion wert.

Ich habe mich umgeschaut. Der Fall wird in zwei weiteren Blogs erörtert, von der Menge her relativ überschaubar. In einem Forum (dem "heißen") meldete sich der Enkel des inzwischen verstorbenen letzten Lebensgefährten der Ermordeten zu Wort. Nach meinem Eindruck habe ich ihn so verstanden, dass seine Mutter ein bisschen was wusste über IMG, aber das Thema bei seiner Oma eher unerwünscht sei. Der Enkel benutzte als Username den Namen, welcher der erste des Architekturbüronamens "Hirte & Schulz" ist. Aus Zeitgründen habe ich seine Posts nur überflogen. Zu mehr hat meine Zeit nicht gereicht.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Den Mordfall Maren Graalfs kannte ich bislang nicht. Zur Einstimmung habe ich mir den RBB Podcast angehört.

ich vermute, dass der Täter Maren Graalfs gut kannte. Wahrscheinlich hatte er auch Kontakt zu ihr und hat sie nicht nur aus der Ferne beobachtet. Als Motiv sehe ich etwas Persönliches. Er muss von ihr in gewisser Weise besessen gewesen sein. Die Leiche ohne Kopf wurde nackt aufgefunden. Das deutet auf einen sexuellen Tatbezug hin. Das Opfer sah sehr gut aus und war sicher auch sehr umgänglich. Der Täter hatte sich wahrscheinlich in die Frau verguckt und als er erkannt hat, dass er keine Chancen auf eine sexuelle Beziehung hat, hat er die Frau getötet. Ich glaube, dass er sie enthauptet hat, weil er etwas von ihr in seiner Nähe haben wollte. Der operative Fallanalytiker meinte, dass er den Kopf vielleicht irgendwo vergraben hat, wo er immer mal wieder hingehen kann und sein Wissen, dass dort der Kopf liegt, genießen kann. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass er den Kopf präpariert hat und den Schädel in seiner Nähe aufbewahrt. In die gleiche Richtung zeigt auch, dass er Gegenstände aus ihrer Wohnung mitgenommen und wahrscheinlich als Trophäen gesammelt hat, Elefanten, die keinen großen materiellen Wert hatten. Schmuck, vor allem Perlenketten, hat er als Beifang mitgenommen. Zum Verkauf wird er sie nicht angeboten haben. Vielleicht schaut er sie gelegentlich an und lässt die Perlen durch die Finger gleiten. An ein Raubmotiv glaube ich auf keinen Fall.

Besonders perfide war der Anruf bei der Tochter. Die Stimme kam mir ziemlich jung vor. Gott sei Dank gab es nur einen Anruf. Ich kann mir vorstellen, dass die Tochter sich über den Anruf sehr aufgeregt hat.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Hier ist nochmals eine Zusammenfassung des Falles in der BILD vom 6.10.2013, wo es um 13 ungeklärte berliner Morde geht:
Fall 11: Die enthauptete Geschäftsfrau
Es ist der Abend des 21. März 1997. Ilse-Maren Graalfs (55) aus Berlin-Wilmersdorf, die Ex-Frau eines erfolgreichen Bauunternehmers, verlässt ihr Büro im feinen Grunewald. Sie steigt in ihren Dienst-Mercedes C180 und verschwindet


Vier Tage später findet ein Jäger ihre nackte Leiche ohne Kopf in einem Wassergraben an der Autobahn 24 bei Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern).


Bei den Mordermittlungen untersuchen die Beamten die Wohnung der Geschäftsfrau. Es gibt keine Einbruchspuren, trotzdem fehlt Schmuck im Wert von 50 000 Euro aus einem Wandsafe, auch ein Elefantenanhänger mit türkisfarbenen Steinen. Außerdem stellen die Ermittler einen Tonbandmitschnitt auf dem Anrufbeantworter sicher. Ein Mann mit ruhiger Stimme sagt: „Tu das ja, du F...!“



Im April 1997 wird der Mercedes in Hamburg (St. Georg) entdeckt. Eine Spur zum Täter gibt es nicht.

Im Juni 2002 kommt neues Licht in den Fall. „Speziell geschulte Kriminalisten haben ein völlig neues Täterprofil erstellt“, teilt die Polizei mit. Sie glauben nicht mehr an einen Raubmord, vielmehr gehen die Fahnder jetzt davon aus, dass der Mörder Ilse-Maren Graalfs gekannt und vielleicht sogar geliebt hat.



Der Täter könnte den Elefantenanhänger als Andenken mitgenommen haben. Die Angehörigen der Geschäftsfrau loben eine Belohnung von 50 000 Euro für die Aufklärung des Falls aus


Fast ein Jahr später, im Juni 2003, macht ein Jugendlicher (14) beim Schnorcheln einen gruseligen Fund: Im Brandenburger Zootzensee (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) findet er einen menschlichen Schädel.

Der Junge ist offenbar so beeindruckt von seinem Fund, dass er den Schädel eine Woche lang in seinem Zimmer aufbewahrt. Erst als er seinen Eltern davon erzählt, alarmieren sie die Polizei.

Die Beamten nehmen an, dass der Schädel zur Leiche von Ilse-Maren Graalfs gehört und bringen ihn in die Gerichtsmedizin.

Bis heute hat die Polizei keine Spur zum Mörder der Geschäftsfrau.
https://www.bild.de/regional/berlin/mor ... .bild.html

Bei dem aufgefundenen Schädel dürfte es sich allerdings nicht um den Schädel von Maren Graalfs gehandelt haben. Interessant ist aber, dass es wohl mal zur Diskussion stand.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

AngRa hat geschrieben: Mittwoch, 27. Juli 2022, 21:42:47 Hier ist nochmals eine Zusammenfassung des Falles in der BILD vom 6.10.2013, wo es um 13 ungeklärte berliner Morde geht:
Das war eine frühe Meldung. Inzwischen nimmt man an, dass Maren G. (IMG) ihr Büro nicht mehr lebend verlassen hat. Eine Nachbarin wundert sich, dass ihr Auto noch so spät vor dem Büro steht, was sonst nur in den Geschäftszeiten der Fall war. Also es soll schon 21.30 Uhr gewesen sein. Die Leiterin der Mordkommission sagt in dem Video bei Minute 5:55, dass einer der letzten Kontakte ein persönliches Gespräch mit einem Mieter aus der Trabener Str. gewesen sei, in der auch ihr Büro war. https://www.youtube.com/watch?v=wwofppdTszM

Und hierzu noch eine interessante Aussage des Spezial-Fallanalysten Christian Schulz, der 5 Jahre später hinzugezogen wurde. Er meinte, dass der Täter in irgend einer Beziehung oder einem Verhältnis zu Frau Graalfs stand, und nach der Tat mit einem Schlüssel in die Privatwohnung von MG in die Xantener Straße, unweit vom Kurfürstendamm, ging, Zitat Chr. Schulz:
Man kann sagen, dass der Täter in irgendeiner Art von Beziehung oder Verhältnis zu Frau Graalfs stand, dass er sie nicht getötet hat, um sie zu berauben, sondern weil sie irgend etwas veranlasst haben muss, irgend einen Auslöser für ihn hergestellt haben muss, dass er sagte: "Ich kann nicht anders, als diese Frau jetzt zu töten."
"Was kann das gewesen sein?", meinte die Filmstimme weiter.

-----------------------------------

Es könnte eine Mietangelegenheit gewesen sein, dass es evtl. um eine fristlose Kündigung ging, warum auch immer. Der Film zeigt die Szene, dass es sich der Täter in MGs Wohnung gemütlich macht und den Aufenthalt dort richtig genießt. Es könnte natürlich auch um ganz anderes gegangen sein.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Es gibt für mich ein paar Unklarheiten: Vermisstenmeldung - Verwalter - Stalker -

Der Enkel des letzten Lebensgefährten von IMG schrieb, dass dieser Architekturbüro-Inhaber 2008 verstorben sei. Der Enkel schrieb, dass seine Mutter die Tochter dieses Lebensgefährten sei. Aber nun wird es unklar. Der Enkel führt einen Wohnungsverwalter ein, welcher unter IMG in der Trabener Straße gewohnt habe. Dieser hätte ihr Liebesbriefe geschrieben. Die Liebe sei vermutlich nicht erwidert worden. Aber diese Person, die in dem Wohnhaus wohnte, wo der Mord geschah, wäre nicht auffällig gewesen, auch wenn er sich einige Male in der Wohnung der IMG aufgehalten hätte. Er müsste als Verwalter einen Generalschlüssel gehabt haben. Der Enkel meinte mit Bezug auf seine Mutter, dass die Polizei diese Überprüfung nur suboptimal durchgeführt hätte.
Allerdings ist mir aufgefallen, dass ein Beitrag des Enkels gelöscht worden sein muss. Ein Satz daraus taucht in einem Folgebeitrag als Zitat auf, aber der Originalbeitrag ist verschwunden. Vielleicht wurde der Verdacht zu konkret, do dass man ihn rausgelöscht hat?

Und zur Vermisstenmeldung gibt es ebenfalls Unstimmigkeiten: Der Enkel sagte, dass sein Opa, also der Lebensgefährte, und seine Mutter, also dessen Tochter die Vermisstenmeldung gemacht hätten, während es lt. Podcast die Tochter des Opfers gewesen sein soll. Und in einem weiteren Blog las ich, dass der Sohn des Opfers die Vermisstenanzeige gestellt hätten. Also, man kann es sich heraus suchen.

Bei der Tochter kommt mir komisch vor, dass sie nicht per Telefon versucht hatte, ihre Mutter zu kontaktieren, nachdem eine Verabredung mit ihr in einem Café geplatzt war. Dass man das einfach auf sich beruhen lässt und nicht nachfragt, ist mir unbegreiflich. Über Sohn und Tochter erfährt der Fallinteressierte gar nichts. Ob von den Kindern des Opfers die Vermisstenmeldung gemacht wurde, ist sehr zweifelhaft. Ich schließe aus dem geplatzten Termin, ohne Nachfrage seitens der Tochter, dass das Verhältnis kein enges mehr war.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Ich möchte mir mal klar machen, wie das Beziehungsgefüge zwischen dem Hamburger Lebensgefährten mit dem Architekturbüro (HaLGA), und seiner bei ihm angestellten Freundin IMG, sowie der Ehefrau des Lebensgefährten (HaLGA-Frau) und dieses offenbar die IMG stalkenden Verwalters in Berlin untereinander war? Der Enkel meinte, dass sein Opa die IMG sehr gut bezahlt hätte.

Welche Hierarchien gab es?
Oben stand der HaLGA. Die Rolle seiner Frau wurde nicht beleuchtet.
Darunter stand IMG als Angestellte und Freundin des HaLGA
Darunter stand der Verwalter des Wohnhauskomplexes, der unter dem Büro der IMG seine Wohnung hatte, und der wohl das letzte Gespräch mit IMG hatte.

Hier könnte tatsächlich das Motiv für die Tötung gelegen haben. Und zwar muss der Verwalter ja auch vom HaLGA selbst angestellt worden sein.
Natürlich hat eine Geliebte mehr Einfluss auf den HaLGA gehabt, als der Verwalter. Zwischen Verwalter und IMG könnte es sehr wohl zu Spannungen gekommen sein. Vielleicht dachte der Verwalter, dass er es leichter haben könnte, wenn er die IMG auf seine Seite ziehen könnte, und machte ihr deshalb zweckdienliche Liebeskomplimente. Ich denke, dass der Verwalter kein ganz junger Mann gewesen war. IMG könnte zwischen dem Verwalter und dem HaLGA gestanden haben. Vielleicht ist der Verwalter der IMG lästig geworden, oder wusste eine Verfehlung über ihn, die sie ihm vorhielt mit der Aussicht der Beendigung seines Dienstvertrags. Daher "musste" der Verwalter zur Tat greifen.

Vielleicht hatte der Verwalter von einer anderen Seite einen emotionalen Rückhalt, denn man kann sich vorstellen, dass die HaLGA-Frau die IMG als eine Rivalin empfunden haben könnte. Die Ermittler werden herausgefunden haben, ob der Verwalter evtl. aus Hamburg stammte, dem HaLGA auch persönlich bekannt gewesen war und er ihn fachlich für den Posten in Berlin für geeignet gehalten hatte.

Das Nachtatverhalten des Täters, die Trophäen, der Kopf des Opfers, der Schmuck, würden zu einem verschmähten Liebhaber durchaus passen.
Da der Verwalter auch ein Tatortberechtigter war und einen Generalschlüssel hatte, hätte man seine Spuren als berechtigte Spuren werten können.

Auch die obszönen Beleidigungen gegenüber der Tochter könnte ich mir in diesem Umfeld erklären. Er hatte Kenntnisse über die Lebensverhältnisse seines Opfers, kannte sie evtl. sogar, wusste, was sie im Leben tun etc? Andererseits muss der Anrufer nicht unbedingt selbst der Verwalter gewesen sein, sondern handelte aus Sympathie zum Verwalter?
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Ich glaub, "ich weiß Bescheid". Es passt vieles auf den sogenannten Stalker. Es lag ein Verhältnis vor. Es gab räumliche Nähe. Es gab Kenntnisse über private Dinge. IMG war eine hübsche Dame, die sehr anziehend wirkte. Man konnte sich in sie verlieben und ihr nachspueren. Eine Liebe kann schnell in Hass umschlagen, wenn einem die Verehrte verbannen will und die Existenz bedroht.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Jedenfalls ist der Fall nicht in Vergessenheit geraten, wie man einem Zeitungsbericht aus dem März 2022 entnehmen kann.

Dort heißt es zum Täterprofil:
Berlin - Der Mörder ist wahrscheinlich schüchtern und verklemmt. Er hat wahrscheinlich ein gestörtes Verhältnis zu selbstbewussten und erfolgreichen Frauen. Wenn überhaupt, dann kannte ihn sein Opfer nur flüchtig. Vielleicht näherte er sich einmal der Frau, die er offenbar begehrte, und wurde von ihr zurückgewiesen. So beschrieben einst Ermittler der Abteilung Operative Fallanalyse des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) den Mann, der Ilse-Maren Graalfs umgebracht hatte.
Dagegen, so vermuteten die Fahnder, musste der Täter sein Opfer gut gekannt haben. Er wusste viel über Ilse-Maren Graalfs. Vielleicht, weil er die Frau heimlich beobachtet hatte, sie regelrecht stalkte. Doch das Profil, das die Ermittler erstellten, führte bis heute nicht zur Ergreifung des Mörders der 55-jährigen Ex-Frau eines vermögenden Bauunternehmers.


https://www.berliner-zeitung.de/wochene ... -li.217423

Der Fall liegt immer noch zur Bearbeitung bei der 6. Mordkommission, nach Angaben vom zuständigen Staatsanwalt Johannes Jost.

Der Ablageort der Leiche war ein Bewässerungskanal auf den Lewitzer Wiesen nahe Schwerin in einem Vogelschutzgebiet in Mecklenburg-Vorpommern. Zu diesem Ort muss der Täter einen Bezug gehabt haben.

Mich wundert, dass die Polizei den Mord nicht aufklären konnte. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Polizei anfangs von einem Raubmotiv ausgegangen ist.
Zunächst hegen die Fahnder den Verdacht, dass Graalfs Opfer eines Raubmordes wurde. Denn in dem Wandsafe in der Wohnung der Toten fehlt Schmuck im Wert von 50.000 Euro, darunter eine wertvolle viereckige Cartier-Damenarmbanduhr mit einem schwarzen Lederarmband, ein Perlencollier und ein mit Brillanten besetzter Ring. Und noch ein paar Dinge ließ der Täter mitgehen: eine Sammlung kleiner, für ihn wertloser Elefanten. Der Mörder könnte sie als Andenken mitgenommen haben.
Mit dem Wert des verschwundenen Schmucks korrespondiert auch die Höhe der Belohnung, die der Ex-Mann ausgelobt hatte.
Auch eine Belohnung in Höhe von 50.000 Euro, die der Ex-Mann der Ermordeten für Hinweise auslobt, die zum Täter führen, bringt die Ermittler nicht weiter.
Das zeigt, dass auch die Familie zunächst von einem Raubmord ausgegangen ist.

Vom Täter liegt sogar DNA vor:
Dank neuester wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden gelingt es den Spezialisten, die DNA des Täters und damit seinen genetischen Fingerabdruck zu sichern. Doch die DNA des unbekannten Mannes ist in keiner Datenbank hinterlegt. Speichelproben werden nun von allen Männern im näheren und weiteren Umfeld der getöteten Unternehmerin genommen. Beim Vergleich der analysierten Speichelproben mit der sichergestellten DNA gibt es keinen Treffer.
Vermutlich ist der äter nach der Tat aus dem Umfeld verschwunden, so dass auch ein Bezug zum Umfeld des Opfers nicht mehr feststellbar war.

Die Polizei rückte wohl erst im Jahr 2002 von der Raubmordtheorie ab, als ein Fallanalytiker eingeschaltet worden ist. Da waren bereits fünf Jahre vergangen.

https://www.berliner-zeitung.de/wenn-di ... 2?pid=true
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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An einen schüchternen Jüngling kann ich nicht so recht glauben, ist aber nur Gefühlssache. Der gehemmte Knabe hätte einiges auf die Beine gestellt. Irgendwo las ich, dass es auch ein Kopfschuss gewesen sein könnte, und der Kopf sollte nicht über die Schusswaffe den Täter eingrenzen. Die Elefanten könnten auf Safari-Erleben hinweisen, hieß es dort. In diesen Einkommenskreisen, in denen sich IMG vergnügte, gibt es auch Herren mit legalen Waffen.

Wie gesagt, trotz OFA und Psychologen, an einen Schüchternen glaube ich nicht.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Dass der Ex-Mann, also der reiche Herr Graalfs, 50.000 DM auslobte, ist auch erstaunlich. Der hat ein Interesse daran zu wissen, woher Gefahr droht.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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An einen schüchternen Täter glaube ich ganz sicher auch nicht, denn der hätte nicht die nerven gehabt sich nach dem Tod des Opfers in dessen Wohnung aufzuhalten und Trophäen zu sammeln und Schmuck aus dem Tresor zu klauen. Das zeugt von Dreistigkeit.

Ich denke, dass Maren Graalfs in Berlin in bestimmten Kreisen ziemlich bekannt war. Ihr geschiedener Mann war es auch. Er hatte zusammen mit Klaus Groth 1982 eine Firma gegründet, Groth & Graalfs Wohnbau. Die Firma war nicht unumstritten, von Baufilz war die Rede. Die Ehe wurde zwar 1982 geschieden, sie trug aber weiterhin seinen Namen und war auch im Immobilienbereich tätig.
Baulöwe und CDU-Mitglied Klaus Groth ist der Inbegriff des Berliner Filzes. Sein Karriereweg ist gepflastert mit Immobilienskandalen, die den Steuerzahler immense Summen gekostet haben (…)
In den Berliner Geschäften von Klaus Groth wiederholt sich immer das gleiche Muster. Groth macht profitable Immobiliendeals mit der öffentlichen Hand. Gleichzeitig verteilt Groths Unternehmen reichlich Geschenke an Politiker und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung und spendet großzügig an politische Parteien (…)
Im Jahr 2001 kollabierte sein Immobilienimperium. Die Politik konnte, über die Bankgesellschaft, Groth gerade noch vor der Insolvenz retten – selbstverständlich auf Kosten der Steuerzahler.“

http://prenzlberger-stimme.net/?p=99045

Hier auch noch etwas Spezielles:

„Die (von Klaus Groth geführte – ODK) Firma Groth + Graalfs verteilte 1983 bis 1985 Präsente – vorzugsweise edle Weine – im Wert von rund 200 000 Mark zielgerichtet in Politik und Verwaltung. Empfänger waren etwa der wegen der Garski-Affäre zurückgetretene Ex-SPD-Finanzsenator Klaus Riebschläger ebenso wie 103 weitere Mitarbeiter der Wohnungsbaukreditanstalt (WBK), die üppige Subventionen für den sozialen Wohnungsbau vergab“
https://www.spiegel.de/politik/rechenku ... text=issue

Ich gehe davon aus, dass der Bekanntenkreis von Maren Graalfs ziemlich groß war. Da kann schon einer darunter gewesen sein, der sie angehimmelt hat und von ihr abgewiesen worden ist, ohne dass jemand etwas davon mitbekommen hat.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

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Vielen Dank, @AngRa, für die interessanten Informationen. Es scheint viel sumpfiges Gebiet zu geben in Berlin. Vielleicht auch in Hamburg? Meine Kombinationsmoeglichkeiten sind ziemlich erschöpft, weil eben Beziehungen, Interessen und Einflusskraefte im Hintergrund nicht einsehbar sind. Frau IMG war eine Frau, die viele einflussreiche Menschen kannte und die auch Vernetzungen durchschaute. Allerdings war sie keine Unternehmergattin mehr, sondern eine abhängig Beschäftigte. Da war ihr Status schwächer und angreifbarer. Man will den Fall vielleicht auf eine Liebes-bzw. Stalkergeschichte reduzieren. Aber es könnte mehr dahinter stecken.

Bei dem letzten Besucher in ihrem Büro ist es um mehr gegangen, als um Miet-Lapalien. Aber wenn halt nichts bekannt ist, verliert man sich in Substanzlosigkeit. Es wird seine Gründe haben, dass noch nichts rausgekommen ist.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

Ungelesener Beitrag von Karla Raven »

Widasedumi hat geschrieben: Mittwoch, 27. Juli 2022, 17:58:23 Auch wenn wir im HET diesen 25 Jahre alten Cold Case nicht lösen werden, so finde ich doch die Motivfrage spannend und der Diskussion wert.
Ich auch.

Business und Finanzielles sind für mich keine tatauslösenden Anlässe, und spielen eher insoweit eine Rolle, als sie das initiale Interesse am Opfer weckten. Dass die meisten Wertgegenstände in ihrer Wohnung verblieben und es keine Anhaltspunkte für unprofessionelles Verhalten im Geschäftsbereich gab, reicht mir erstmal als Begründung.

Genannt wurde aber ihre flirty Art, was für eine Anfälligkeit im amourösen Bereich spricht.

Die Dominante bei dem Fall, von der die Betrachtung ausgehen könnte, ist der Anruf bei der Tochter paar Wochen nach dem Mord.

Seine Aussage beim Anruf „Du bist eine Fotze“ entspricht dem vulgären Mord. (obwohl sie bekleidet gefunden wurde) Gehe also auch von einem Zusammenhang zw Verbrechen und Telefonat aus. Auch das risikohafte Nachtatverhalten (Er fährt mit ihrem Wagen rum und stellt ihn in HH ab. / Betritt ihre Wohnung nach dem Mord), harmoniert mit dem gewagten Telefonat. Und das alles bei einer öffentlichen Person, bei deren Nachbarn man ausgeprägte Neugier erwarten kann und bei der Mordkommission solide geführte Ermittlungen.

Seiner Stimme zufolge schätze ich ihn zwischen 30-45J und zu dem Zeitpunkt etwas angetrunken.

In der Aussage „Du bist eine Fotze“, erkenne ich das Opfer seiner Ansicht nach nicht als die Frau, die ihn erniedrigte, also Macht über ihn hatte, sondern als eine, deren eigenes Vergehen sie angreifbar gemacht hatte.

Wenn er sie zum Zeitpunkt des Zusammenseins idealisierte und ihren Wert (Millionären-Nimbus) abstrakt auf sich übergehen ließ, also einen, den er selbst nicht besaß (ganz unabhängig vom Materiellen) und den er bei sich nur bis zum Größenwahn übersteigert kannte, könnte er in ihrer Gegenwart im Augenblick einer ignoranten „das steht mir alles zu Tour“ so böse von ihr ausgebremst worden sein, dass sich ein Abgrund auftat und er darauf mit Vernichtung reagierte.

Unverhältnismäßige Reaktionen auf Kränkung deuten manchmal auf nicht verarbeitete Verletzungen in der frühen Sozialisation. Wenn auch seine Kränkung so heftig war, dass er sich zu dem Nachtat-Anruf innerlich genötigt sah, also sein Mordopfer trotz Auslöschung ihre Schuld bei ihm nicht beglichen hatte, könnte man davon ausgehen, dass er sie anstelle der Person bestrafte, die ihm die primäre Verletzung zugefügt hatte. Vermutlich seine Mutter. Auch wenn es blöd klingt, (negative) Elternübertragungen gibt es ziemlich oft. Weitergesponnen hätte er also die Ablehnung der Ersatzmama nicht verkraftet, die ihren Stecher aus HH ihm vorzug, und sein elitäres maßlos aufgeblasenes Ego dabei so verletzt wurde, dass er anständig austickte.

Also auch nach der Tat war ihr Vergehen seiner Auffassung nach nicht beglichen, woran man auch sieht, dass das Gesamte der Tat nicht nur auf primitiven Besitzwillen eines Stalkers hinweist, weil er sich noch ihre Tochter als Platzhalter vorgenommen hat und sich damit selbst erheblich angreifbar machte.
Die schwerwiegende Tat konnte sein Problem nicht lösen, also bestand es womögl nicht in ihr. Vom Anruf her gedacht, löste das Opfer nur sein früheres Trauma aus.
Widasedumi
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 J.) B-Wilmersdorf, 1997

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Karla Raven hat geschrieben: Donnerstag, 28. Juli 2022, 20:48:48 Business und Finanzielles sind für mich keine tatauslösenden Anlässe, und spielen eher insoweit eine Rolle, als sie das initiale Interesse am Opfer weckten. Dass die meisten Wertgegenstände in ihrer Wohnung verblieben und es keine Anhaltspunkte für unprofessionelles Verhalten im Geschäftsbereich gab, reicht mir erstmal als Begründung.
@Karla Raven

Es freut mich, dass du auch das Motiv ausmachen willst. Leider verstehe ich nicht alle Punkte deiner psychologischen Fachanalyse, weil ich da kein Fachmann bin. Dass der Auslöser zum Mord nicht im Mordmerkmal "Habgier" gelegen hat, sehe ich auch so.
Genannt wurde aber ihre flirty Art, was für eine Anfälligkeit im amourösen Bereich spricht.
Das wird ihn schon getriggert haben, aber nicht dieses allein. Ich prüfe die gegebenen Fakten an der Person des Verwalters ab.
Die Nähe und die dienstliche Zusammenarbeit brachten ihm Kenntnisse über die Lebensverhältnisse von IMG. Ihm wäre die Tat am unauffälligsten möglich gewesen. Aber wo könnte sein Motiv liegen?

Ich versuche einen anderen Zugang, als über eine frühkindliche Sozialisation und die "ewig herhalten müssende" Mutter.
Ich gehe davon aus, dass er denselben Arbeitgeber hatte, wie IMG. Er war für die technisch-handwerkliche Seite zuständig, während IMG für die finanziellen Angelegenheiten zuständig war. Da wird es Berührungspunkte gegeben haben, wenn z.B. Instandsetzungs-Rechnungen angefallen waren.

Ich könnte mir vorstellen, dass sich IMG hierarchisch über dem Verwalter stehend gefühlt haben mag. Es könnte der Fall gewesen sein, dass der Verwalter damit unzufrieden war, dass sein Arbeitgeber seine Leistungen nur über die Bewertung der IMG wahrgenommen hat. Wenn er das flirty-Leben der IMG auf großem Fuß mitbekommen hat, wird er es automatisch mit seinen Leistungen verglichen haben, und vielleicht ein Gefühl der Ungerechtigkeit bekommen haben, dass da eine Dame vorwiegend aufgrund ihres Aussehens, ihrer Beziehungen, Verbindungen und Lebenslust die große Madame spielen kann, aber an wertschaffender Leistung wenig vorhanden ist. Noch dazu hat sie die Möglichkeit, als Freundin seines Arbeitgebers, über ihn Urteile abgeben zu können. Er war also gezwungen, sich mit ihr gut zu stellen, wenn nicht sogar eine devote Haltung einzunehmen, wenn sie sich mit Forderungen an ihn wandte. Er wird auch über ihre Kinder, deren Tätigkeiten und Verhältnisse etwas mitbekommen haben.

Kurzum: In dieser hierarchischen Konstellation: Arbeitgeber-Freundin-Mitarbeiterin, lag ein Machtverhältnis vor, das ihn geärgert haben könnte.
Möglich, dass er dieses Machtverhältnis aufheben wollte, indem er ebenfalls an dem flirty-Ambiente der IMG Anteil haben wollte, was aber nicht gelang. Dieses dürfte seine Vorbehalte gegen IMG sehr verstärkt haben. Es ist also viel mehr, als wenn ein Mann eine schöne Frau begehrt und von dieser ignoriert wird. Hier ging es um mehr. Hier spürte er, dass IMG ihre Dominanz über ihn nicht mit einem Flirt aufgeben wollte. Der Flirt hätte ihr nichts gebracht, was sie nicht schon gehabt hätte. Sie konnte befehlen. Er musste ausführen. Dafür hatte IMG den klaren Blick. Aber für den Abgewiesenen könnte es kränkend gewesen sein, dass sie ihn in ihrer Riege der Upperclass nicht zugehörig erachtete.

Was nun an jenem Freitagabend, 21.3.97, der Anlass war, dass der Verwalter ihr Büro aufsuchte, ist nicht bekannt. Aber es muss zu einem Konflikt gekommen sein, den der Fallanalytiker so beschreibt, dass ihm ein Auslöser der IMG keine andere Wahl ließ, als die IMG zu töten. Es muss ein Machtabschätzen gewesen sein, ob der Verwalter seine Interessen auf geregeltem Dienstweg durchgebracht hätte. Darin hatte er wohl keine Chancen gesehen, weshalb er die IMG töten musste. Es war ein Motivbündel, darin waren die Elemente: Kränkung, Neid und Hass enthalten.
Kränkung wegen der Zurücksetzung und Zuweisung zu einer sozialen nachgeordneten Klasse. Neid wegen des Einflusses und Lebensstandards dieser Frau, ohne wirklich was zu leisten. Hass wegen gefühlter Ungerechtigkeit, Abhängigkeit, Zurücksetzung, Abschätzigkeit und Überheblichkeit.

Da auch der Verwalter einen gewissen Ermessensfreiraum in seiner Tätigkeit hatte, kann er auch mal Fünfe grad gelassen sein haben, oder irgendwas zu seinem Vorteil und zu Lasten des Arbeitgebers laufen lassen haben, was IMG als Faustpfand gegen ihn in der Hand hatte und an jenem Abend evtl. ausspielte. Da er das jedoch als Kleinigkeit ansah gegenüber dem nichtsnutzigen Saus- und Brausleben der IMG, ist es ihm wie eine Dreistigkeit vorgekommen, dass diese über ihn den Daumen senken wollte. Da haben Wut und Zorn seiner Vernunft den Drive gegeben und sich mit Wucht "der Ungerechtigkeit" widersetzt. Die Abtrennung des Kopfes sehe ich eher nicht im Zusammenhang mit einer Schussverletzung, weil kein Schuss hörbar war. Warum er den Kopf wollte, war wohl als Trophäe seines Machtkampfs über sie.

Du sprichst von
"vulgärem Mord"
Ich kenne mich in psychologischen Kategorien nicht aus, kann mir aber aus dem Begriff diese Bedeutung als passend ableiten. Möglicherweise war die Leiche sogar nackt. Habe nichts dazu gefunden. Logisch wäre es gewesen, sie zu entkleiden, weil die Identifizierung dann schwieriger ist.

Der Täter hat in der Tatausführung sein Opfer verachtet und hat auch seinen Triumpf ausgekostet.
Wenn er sie zum Zeitpunkt des Zusammenseins idealisierte und ihren Wert (Millionären-Nimbus) abstrakt auf sich übergehen ließ, also einen, den er selbst nicht besaß (ganz unabhängig vom Materiellen) und den er bei sich nur bis zum Größenwahn übersteigert kannte, könnte er in ihrer Gegenwart im Augenblick einer ignoranten „das steht mir alles zu Tour“ so böse von ihr ausgebremst worden sein, dass sich ein Abgrund auftat und er darauf mit Vernichtung reagierte.
Dieses Fachpsycho musste ich mir erst einmal erschließen. Ich sehe kein abstraktes Übergehen eines "Millionärs-Nimbus". Das ist mir - mit Verlaub - ein bisschen zu verstiegen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass IMG in einer Überheblichkeit einer „das steht mir alles zu Tour“ ihn so wütend machte, dass ein Vernichtungsdrang in ihm aufstieg.

Was du sonst noch über die Sozialisation oder frühkindliche Kränkungen schreibst, ignoriere ich. Die Personenkonstellation der Arbeits- und Leistungsverhältnisse impliziert genug Kränkungspotential, dass ich die "die ewig verantwortlichen Mütter" nicht bemühen möchte. Ist mir wirklich zu billig. Diese Lebedame war eine Nummer zu hoch für ihn. Das hat sie ihn spüren lassen. Er hätte es womöglich ertragen können, wenn sie ihm nicht "krumm" gekommen wäre, ob mit oder ohne Grund. Ihr wollte er nicht die Funktion erlauben, über seinen Kopf den Daumen senken zu können.
So sehe ich es in meiner Laien-Psychologie. Er hätte mit der "Ablehnung der Lustdame" leben können, aber nicht mit ihrer Anmaßung, über sein Sein oder Nichtsein in ihrem Machtlust-Gehabe zu entscheiden.

Der Täter hat m.E. den Arbeitgeber wegen seines Verhältnisses zu IMG außen vorgelassen. Es war ihm klar, dass die Verhältnisse so sind, wie sie sind, und hübsche einflussreiche Damen ihre Vorteile nutzen wollen. Nur in dem Moment, als die hübsche Dame die Machtkompetenz ihres Freundes auf sich übergehen ließ zum Nachteil ihres Kollegen, da war dessen Gerechtigkeitsempfinden empfindlich getriggert.
Also auch nach der Tat war ihr Vergehen seiner Auffassung nach nicht beglichen, woran man auch sieht, dass das Gesamte der Tat nicht nur auf primitiven Besitzwillen eines Stalkers hinweist, weil er sich noch ihre Tochter als Platzhalter vorgenommen hat und sich damit selbst erheblich angreifbar machte.
Die schwerwiegende Tat konnte sein Problem nicht lösen, also bestand es womögl nicht in ihr. Vom Anruf her gedacht, löste das Opfer nur sein früheres Trauma aus.
Nein, da kann ich nicht mitgehen. Der Täter hatte keinen "primitiven Besitzwillen". Das hast du doch selbst gesagt, dass er es nicht auf Vermögen abgesehen hatte. Er kannte die Tochter. Wir kennen sie nicht. Vielleicht hatte er auf die Tochter ein Auge und der Mama war der Verwalter nicht reich und ebenbürtig genug. So könnte er eben von der Tochter ebenfalls ignoriert worden sein. Das enthält natürlich auch ein Kränkungspotential, doch war es nicht ausschlaggebend für die Tötung der IMG. Das Tötungsmotiv sehe ich - wie übrigens auch der Fallanalytiker - im Prinzip: Entweder DU oder ICH !
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 †), B-WILMERSDORF, 1997

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Zu meinem langen, vorstehenden Beitrag: von Widasedumi » 29.07.2022, 05:16
gilt wie immer, dass meine Ausführung spekulativen Charakter in form von Prüfhypothesen hat,
dass es keine Tatsachenbehauptungen sind und dass selbstverständlich die Unschuldsvermutung für alle Kontaktpersonen des Opfers gilt.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 †), B-WILMERSDORF, 1997

Ungelesener Beitrag von Karla Raven »

@widasedumi
Die Personenkonstellation der Arbeits- und Leistungsverhältnisse impliziert genug Kränkungspotential, dass ich die "die ewig verantwortlichen Mütter" nicht bemühen möchte. Ist mir wirklich zu billig.
Ok, keine Muttertheorien mehr, wenn du zugegen bist :)
Ich könnte mir vorstellen, dass sich IMG hierarchisch über dem Verwalter stehend gefühlt haben mag. Es könnte der Fall gewesen sein, dass der Verwalter damit unzufrieden war, dass sein Arbeitgeber seine Leistungen nur über die Bewertung der IMG wahrgenommen hat.
In der Trabener Str. in Grunewald war sie die Hausverwalterin, kann keinen Beleg zu einem weiteren Verwalter finden. Im Beitrag mit Aussagen der 6. Mordkommission hieß es, dass DNA-Proben von ihrem Nahumfeld keinen Treffer erzielten. Die damaligen Hausbewohner in Wilmersdorf Xantener Str. wie auch die aus der Trabener Str. dürften überprüft worden sein. Hinsichtlich der Nachricht auf dem AB der Tochter ist naheliegend, dass auch eine verstellte Stimme von Bekannten identifiziert wird, Mieterkontakte eingeschlossen. Sämtliche Mieter hätten die Person auf dem AB entlarven können. Denke, dass man ausschließen kann, dass sie so einen relevanten Kontakt übersehen haben. Aber wer weiß..

Wollte mir noch kurz anschauen, wie die A24 1997 mit Anschlussstelle Ludwigslust verlief.., aber noch nicht gefunden. Weil es ja hieß, der Täter sei evtl Ortskundiger, und die Verbindung damals nicht wie heute von der Autobahn so easy erreichbar. Wollte wissen, welchen Umweg er damit fuhr.
Ihr Wagen wurde ja in der Münzstr. HH abgestellt, dass sind 6 Min zu Fuß zum Hauptbahnhof. Wahrscheinlich ist er von dort mit dem Zug zurück nach Berlin.
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Re: MORDFALL MAREN GRAALFS (55 †), B-WILMERSDORF, 1997

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

@Karla Raven

besten Dank für deine freundliche Antwort. Ich habe es irgend woher, dass es einen Verwalter gegeben hätte. Ich muss scharf nachdenken, wie ich darauf gekommen bin.

Du hast recht, dass das Umfeld samt Mietern überprüft worden sein dürfte. Dass die Frau IMG jedoch so was wie einen Hausmeister für die Wohnungen brauchte, eben für die technische Seite, das liegt m.E. nahe.

Wenn das nicht der Fall war, dann ist mein Motiv obsolet. Es wäre ja zu schön gewesen, weil alles gepasst hätte.
Vielleicht kommt doch noch die Muttertheorie zum Tragen. Ich würde es überleben.
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