Printausgabe der Tiroler Tageszeitung vom Di, 30.01.2018
Im Außerfern vermisste Frau wird Fall für Aktenzeichen XY
Das Verschwinden einer Lettin aus Reutte ist nach eineinhalb Jahren weiter ungeklärt. Jetzt soll ein Zeugenaufruf im deutschen Fernsehen Bewegung in den Fall bringen.
Reutte – 50 Jahre alt, knapp 1,60 Meter groß, schlank, blonde Haare: So lautet die Beschreibung der Lettin Tabita C., deren rätselhaftes Verschwinden seit eineinhalb Jahren das Landeskriminalamt beschäftigt.
Längst steht die Befürchtung im Raum, dass die zuletzt im Außerfern lebende Schneiderin einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Einem Verbrechen ohne Zeugen.
Doch das soll sich jetzt ändern:
„Der Fall wird voraussichtlich im Februar oder März in der Sendung Aktenzeichen XY präsentiert“, bestätigt Walter Pupp, Leiter des Landeskriminalamtes:
„Uns geht es vor allem darum, dass wir erfahren, wer die Vermisste zuletzt gesehen hat.“
Tabita C. hat bereits vor 30 Jahren ihre Heimat verlassen und ist nach Münster in Deutschland gezogen. Sie lebte dort nicht alleine, ihr Vater und ihre Schwester kamen ebenfalls nach Norddeutschland.
Vor etwa fünf Jahren lernte die Schneiderin während eines Kuraufenthaltes einen deutlich älteren Deutschen kennen. Die beiden heirateten nach kurzer Zeit und beschlossen, Deutschland in Richtung Süden zu verlassen. Sie kamen bis Reutte, dort kaufte der offenbar gut situierte Ehemann ein Haus.
Zu Außerfernern wurden sie nicht, das Paar lebte sehr zurückgezogen. Bis zum 24. September 2016, als Tabita C. über Nacht spurlos verschwand. Zehn Tage später erstattete der Ehemann die Abgängigkeitsanzeige. Der Auftakt für die bis heute andauernden Ermittlungen.
Noch im Herbst 2017 ließen Beamte des Landeskriminalamtes Taucher im Plansee nach der damals 48-Jährigen suchen. Ohne Erfolg.
Ein pensionierter Architekt aus Münster glaubt, das Rätsel um das Verschwinden der Lettin zumindest teilweise lösen zu können. Der Norddeutsche ist sich sicher, dass seine heimliche Beziehung mit Tabita C. eine entscheidende Rolle gespielt hat. Wie der Zeuge im Gespräch mit der TT vor acht Monaten schilderte, hatte er die Lettin im Sommer 2016 in seiner Heimatstadt kennen gelernt.
C. hielt sich dort für mehrere Wochen auf, um sich um ihren kranken Vater zu kümmern. Im Krankenhaus traf sie auf den früheren Architekten. Aus der Bekanntschaft wurde bald eine vertrauensvolle Freundschaft und schließlich Liebe.
Eine Liebe, die keineswegs einseitig war: „Liebe ist schön. Sie gibt Kraft, Unmögliches zu überstehen. Was für ein Reichtum, wer es hat. Wir haben es. Ich liebe dich“, lautete eine SMS-Botschaft, die C. ihrem heimlichen Freund zukommen ließ.
Im September 2016 kehrte die frühere Schneiderin von Münster nach Reutte zurück. Der Kontakt zum Architekten blieb aufrecht – „wir haben täglich telefoniert oder E-Mails bzw. SMS ausgetauscht“, schilderte der Zeuge.
Nach seinen Aussagen war Tabita C. entschlossen, ihren Mann und das Außerfern zu verlassen. Am 17. September spitzte sich die Situation zu – der Münsteraner wurde Ohrenzeuge, wie sich seine heimliche Geliebte im Haus in Reutte im Keller einsperrte und dabei angeblich von ihrem Ehemann bedrängt wurde.
Er habe die Polizeiinspektion Reutte alarmiert, eine Streife konnte aber nichts Außergewöhnliches feststellen, so der frühere Architekt.
Am 23. September traf Tabita C. offenbar die letzten Vorbereitungen, um ihre Zelte in Reutte abzubrechen. Gegen 23 Uhr meldete sie per SMS „alles okay“ nach Münster, in der folgenden Nacht erhielt der Norddeutsche nach eigenen Angaben ein weiteres Liebes-SMS, dann wollte sich C. auf den Weg nach Münster machen. Dort ist sie allerdings nie angekommen.
Was dann geschah, „ist unklar“, sagt Pupp: „Man muss sich aber größte Sorgen machen.“
http://www.tt.com/panorama/verbrechen/1 ... hen-xy.csp