MORDFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

INTERNE, NICHT ÖFFENTLICHE DISKUSSION UND ÖFFENTLICHE DISKUSSION
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AngRa
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Nun ist der zweite Bericht vom sechsten Prozesstag aufrufbar:
Manczak-Prozess: Verteidiger stellen Ermittlungsmethoden in Frage
Immer wieder versuchen die Verteidiger von Martin G. die Aussagen und Ermittlungen der Polizei in Frage zu stellen.


17.12.2021, 17:36 Uhr

Braunschweig/Goslar. Beim gestrigen sechsten Prozesstag im Fall Manczak traten die beteiligten Ermittler der Mordkommission "Fortuna" in den Zeugenstand. Vor allem die Strafverteidiger Martin Nitschmann und Andreas Zott hinterfragten die Angaben der Zeugen sehr genau und stellten, wie bereits in den vorangegangenen Prozesstagen, die Ermittlungsarbeit der Polizei in Frage.

Sechs Beamte, die Teil der Ermittlungsgruppe und späteren Mordkommission "Fortuna" waren, sagten am Donnerstag aus. Im Vordergrund ihrer Berichterstattung standen die gesammelten Indizien, die auf G. als Täter hinweisen und dessen Vernehmungen als Hauptverdächtiger im Vermisstenfall Manczak. Befragungen, die nach Ansicht der Verteidiger "nicht mit den Rechten des Angeklagten vereinbar" seien. Strafverteidiger Nitschmann zielte hierbei vor allem darauf ab, dass sein Mandant seiner Auffassung nach mitunter nicht ausreichend über seine Rechte informiert worden sei und Gespräche mit dem Beschuldigten ohne das vorherige Verlesen seiner Rechte und ohne die Anwesenheit eines rechtlichen Beistands erfolgten. G. sei immer wieder auf seine Rechte hingewiesen worden, sagten die Ermittler vor Gericht aus. Mehr als ein Mal habe man ihn gefragt, ob er einen Anwalt hinzuziehen wolle.

Zudem habe man immer wieder versucht seinen Mandanten in Gespräche zu verwickeln, um diesem Informationen zum Ablageort des mutmaßlich toten Karsten Manczak zu entlocken. Auch, als dieser ganz deutlich machte, dass er nicht aussagen werde und wegen eines Schwächeanfalls am Tag seiner Verhaftung im Klinikum behandelt werden musste, hätten die Beamten versucht auf G. einzuwirken. Dabei hätten sie, wie es Zott nannte, auf Taschenspielertricks zurückgegriffen, als Ermittlungsergebnisse allein nicht mehr reichten.


"Zweifelhafte Taktik"

Die Vernehmungstaktik der Polizei Goslar am Tag der Verhaftung von G. wurde von der Verteidigung besonders angezweifelt. Dass die Überführung von G. am Tag seiner Verhaftung von Braunschweig nach Goslar in die Wache in einer "fröhlichen Stadtrundfahrt" mündete, sei für die Anwälte mehr als unverständlich. Nachdem man Martin G. am Morgen des 18. Mai in seiner Dienststelle verhaftet hatte, sollte er zur weiteren Vernehmung nach Goslar gebracht werden - doch nicht auf dem direkten Weg. Zwei Stunden dauerte die Fahrt, bei der es am Wohnhaus der Familie Manczak und auch an seinem eigenen Heim vorbei ging. Auch an möglichen Ablageorten und nach Ringelheim, wo G. am Tattag in ein Taxi gestiegen sein soll, fuhr der Polizei-Bulli mit dem Verdächtigen an Bord vorbei. Während der Fahrt wurde G. von der Polizei mit den aus Sicht der Ermittler erdrückenden Indizien konfrontiert und auf die möglichen Konsequenzen hingewiesen. Hierbei habe vor allem der zuständige Polizeibeamte das Gespräch geführt, von G. selbst sei nur wenig gekommen, berichtete der Kriminalhauptkommissar vor Gericht. Die mit der Leitung der Mordkommission abgesprochene Aktion sollte dazu dienen, um eine Reaktion oder Aussage des Verdächtigen zu provozieren. Eine herkömmliche Ermittlungstaktik, mit der man ihm auch ins Gewissen reden und keine Vernehmsituation herbeiführen wollte, sagte der Beamte. "Komisch und zweifelhaft", sagte Verteidiger Nitschmann, der kritisierte, dass sein Mandant über mehrere Stunden ohne Essen und Trinken auskommen musste. Zudem sei der von dem Beamten geführte Monolog, ein fortwährendes Einreden auf seinen Mandanten gewesen. Auch sei dieser nicht gefragt worden, ob er mit der "Stadtrundfahrt" einverstanden sei.

Auch bei der Ankunft in der Goslarer Wache setzte sich die aus Sicht der Verteidigung fragwürdige Taktik der Polizei fort, als eine "zufällige" Begegnung mit der Geliebten - der Ehefrau von Karsten Manczak - auf dem Flur arrangiert wurde, um ebenfalls eine Reaktion oder Aussage zu erzielen. Die habe es auch gegeben, berichten die Ermittler. G. sei bei der Begegnung zusammengesackt und habe gestöhnt, als er seine Geliebte erblickte. Diese sei seinem Blick allerdings ausgewichen.

Eine weitere für die Verteidigung nicht übliche Situation habe sich ereignet, als G. nach einem Schwächeanfall und mit hohem Blutdruck aus seiner Zelle ins Krankenhaus gebracht wurde. Auch hier hätten die Ermittler am Krankenbett auf G. eingeredet, obwohl dieser erklärte, er wolle zunächst gesund werden und keine Aussage machen. Eine ähnliche Situation habe sich ergeben, als G. dem Haftrichter vorgeführt wurde und dafür zum Amtsgericht gebracht wurde. Auch hier sei er von den Beamten in ein Gespräch verwickelt worden, das zwar dokumentiert wurde, jedoch ohne vorherige Belehrung durch den Beamten erfolgte.

Verteidigung stellt Beobachtungsgabe in Frage

Auch einige Vorgehensweisen und Beurteilungen der Beamten während der Ermittlung wollten Nitschmann und Zott nicht so ganz gelten lassen. So würden die Beamten wohl kaum über ausreichende psychologische Fachkenntnisse verfügen, die eine Einschätzung des Verhaltens des Angeklagten zuließen. Ebenfalls Zweifel gab es seitens der Verteidigung bezüglich der Spurensuche und Auswertung. Nitschmann kritisierte, dass beispielsweise der im Garten der Manczaks gefundene Pfeil nur anhand von Fotos des Herstellers, der Armbrust von G. zugeordnet wurde. Auch blieb für die Verteidigung unklar, weshalb Spürhunde im Hause G. zwar anschlugen und Blutanhaftungen gefunden wurden, diese aber für eine Auswertung nicht ausreichten. Zudem wurde den Beamten vorgeworfen, nicht ausreichend über Ermittlungsabläufe und Ergebnisse informiert zu seien und es nach Meinung der Anwälte zu widersprüchlichen Angaben und Aussagen und nicht objektiven Einschätzungen gekommen sei. Bereits in den vorherigen Prozesstagen kritisierten die Verteidiger, dass man ihren Mandanten vorschnell zum Beschuldigten gemacht habe und ihn schon bei der ersten Vernehmung als Zeugen getäuscht habe.

Martin G. und die gemieteten Autos

Ob nun vorschnell oder nicht. Die Ergebnisse, die von den ermittelnden Behörden während des laufenden Prozesses offenbart wurden, zeigen ein wirres Konstrukt von Ereignissen rund um Martin G. und Karsten Manczak, bei denen immer wieder Verbindungen von dem Einen zum Anderen auftauchen. So wie die von G. angemieteten Autos - vier an der Zahl

Vom 2. bis 11. November 2020 hatte G. einen weißen Toyota Aygo bei einer Autovermietung gemietet. Von einem ähnlichen Fahrzeug - jedoch mit nicht übereinstimmenden Kennzeichen - hatte Manczak seiner Frau vor gut einem Jahr berichtet. Er soll es am Friedhof in Döhren gesehen haben.

Im März 2021 hatte G. einen Fiat Tipo gemietet - zeitgleich wird der Garten der Manczaks "verwüstet" und wenig später ein Armbrustpfeil gefunden.


Zwischen dem 10. und 13. April mietete G. in Salzgitter einen schwarzen Fiat 500. Ein solches Fahrzeug - ebenfalls mit nicht übereinstimmenden Kennzeichen - wurde am Tag des Verschwindens von Karsten Manczak von mehreren Zeigen in den Morgenstunden vor dem Haus der Familie gesichtet.

Vom 20. bis zum 22. April soll G. einen weißen Transporter gemietet haben, mit dem er in Bitterfeld Bauzäune gekauft und transportiert haben soll. Bis heute ist ungeklärt, wo die Bauzäune abgeblieben sind.

Nächste Verhandlung erst im neuen Jahr

Der Prozess wird im kommenden Jahr erst weitergeführt. Am 6. Januar geht es vor dem Braunschweiger Landgericht weiter. Bei den anstehenden Prozesstagen sollen unter anderem noch ein Sohn von Karsten Manczak und der Leiter der Mordkommission aussagen. regionalHeute.de wird auch diese Verhandlungstage begleiten.


https://regionalheute.de/wolfenbuettel/ ... 639758992/
AngRa
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Es sieht nicht danach aus, als habe die Verteidigung etwas wirklich Entlastendes für den Angeklagten vorzutragen. Daher gibt es Rundumschläge gegen die Ermittlungsarbeit der Polizei. Wie wirkungsvoll das alles ist, wird man bei der Urteilsverkündung sehen.

Bislang war mir noch nicht bekannt, dass Manczaks Garten im März 2021 verwüstet worden ist und dass damals der Armbrustpfeil gefunden worden ist. Auffällig ist, dass der Angeklagte immer dann ein Fahrzeug angemietet hat, wenn es einen Vorfall bzw. eine Begebenheit mit Manczak gab: In Aussicht gestelltes Treffen auf dem Döhrener Friedhof, Verwüstung des Gartens, Tag des Verschwindens.

Bei der Verwüstung des Gartens handelt es sich vielleicht um eine Vorbereitungshandlung mit der eine falsche Fährte in Richtung fremde Randalierer gelegt werden sollte. Es sollte vielleicht so aussehen, als seien die Garten-Randalierer für das Verschwinden von KM verantwortlich.
AngRa
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Ein weiterer Bericht über den sechsten Verhandlungstag, leider weitgehend hinter der Bezahlschranke:

Über den Kauf einer Pistolenarmbrust ist folgendes zu lesen:

Vor dem Verschwinden seines besten Freundes soll der Angeklagte Martin G. eine Pistolenarmbrust vom Typ Stinger AR-6 sowie mehrere Pfeile gekauft haben. In seiner Suchhistorie entdeckten Ermittler einen Artikel über die Auswirkungen von Treffern auf den menschlichen Körper. Im Vorgarten des mutmaßlichen Mordopfers von Karsten M. fand sich Wochen vor dessen spurlosen Verschwinden ein vergleichbarer Armbrustpfeil. Ein Probeschuss des Angeklagten? (Screenshot von der Homepage des Herstellers)



https://www.wolfenbuetteler-zeitung.de/ ... hoden.html
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Was den Punkt von Mietfahrzeugen anbelangt, deren Kennzeichenbeschreibung durch Zeugen sich nicht mit dem originaeren Kennzeichen deckte, so könnte der Entleiher durchaus ein falsches Kennzeichen angebracht haben, das er im Besitz hatte, oder er hätte einzelne Buchstaben oder Ziffern mit schwarzer Klebefolie abändern können. Markant und wesentlich ist m. E. die Übereinstimmung des Fahrzeugtyps und seiner Farbe.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Wie man Verwirrung stiftet, wusste der Angeklagte aufgrund seines Berufes. Daher sind Manipulationen an den Kennzeichen durchaus im Bereich des Möglichen. Der Angeklagte scheint immer noch davon auszugehen, dass ihm die Tat nicht nachgewiesen werden kann und dass er daher auch keine Aussage machen muss, die ihn entlastet. Ich bin gespannt, ob er bei dieser Linie bleibt oder ob es im Laufe der nächsten Prozesstage doch noch eine Erklärung seitens der Verteidiger gibt.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

AngRa,

eine angenommene Situation, ganz allgemein und nicht spezifisch auf jemand Konkretes bezogen. Irgend ein Bundespolizist unterschlaegt einen gefundenen Ausweis und verwendet ihn für Hotelzimmerbuchungen, Handyvertrag, Mietauto und diverse Einkäufe. Er bezahlt ordentlich und pünktlich. Niemand hätte einen finanziellen Schaden gehabt. Wäre das alleine eine Straftat, wenn es rausgekommen wäre? Wenn es niemand bemerkt hätte, hätte es weder einen Kläger noch einen Richter gegeben. Aber es hätte eine missbräuchliche Verwendung des Namens einer Person für Geschäfte gegeben, die diese gar nicht gemacht hat.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

@Widasedumi

In unserem Strafrecht gibt es keine Vorschrift nach der ein Identitätsdiebstahl oder ein Identitätsbetrug strafbar ist, weil die Erlangung von Daten bzw. die Verwendung von Daten jeweils unter bereits bestehende Strafrechtsnormen fallen kann, so dass keine Strafbarkeitslücken bestehen.

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat sich 2014 auf Anfrage auch schon zum Thema geäußert:
.Hinsichtlich der Frage, ob der Identitätsdiebstahl/-missbrauch als eigenständiger Straftatbestand aufgenommen werden sollte, äußert sich der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einer Sachstandsanfrage im September 2014 wie folgt: "Im Schrifttum wird unter anderem konstatiert, dass nach geltendem Recht keine Strafbarkeitslücken bestünden, so dass insoweit kein Bedarf für eine Gesetzesänderung bestünde. Zwar wird konzediert, ein gesonderter Straftatbestand könne dazu dienen, den spezifischen Unrechtscharakter hervorzuheben –ein Bedürfnis hierfür sei jedoch derzeit ebenfalls nicht gegeben."
https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4tsdiebstahl

Im Fall von Karsten Manczak wurde der Bundespolizist neben Mord wegen Fälschung beweiserheblicher Daten ( § 269 StGB) und wegen Unterschlagung angeklagt.
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 269 Fälschung beweiserheblicher Daten
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft
.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__269.html
§ 246
Unterschlagung
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(3) Der Versuch ist strafbar.
https://dejure.org/gesetze/StGB/246.html

Die vorgeworfenen Straftaten stehen in enger Verbindung zum vorgeworfenen Mord und spielen eine entscheidende Rolle bei der Tatvorbereitung. . Daher wurden sie mit angeklagt. Ansonsten hätte die Staatsanwaltschaft darauf wohl verzichtet und die Ermittlungen eingestellt, , weil die zu erwartende Strafe wegen der Delikte neben Mord nicht mehr beträchtlich ins Gewicht gefallen wäre.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

AngRa,

das war wieder mal eine erhellende, umfassende und genaue Auskunft, die du mir geschenkt hast. Einfach wunderbar! Ich danke dir sehr dafür.

Bei MG diente die Verwendung der Karte evtl. zum Verwischen eigener Spuren. Solange es nur ums Hotelzimmer ging, wäre das zwar nicht korrekt, aber auch nicht so tragisch gewesen, weil die Zimmernutzung keine Straftat beinhaltete.

Auch der Handyvertrag, wenn er nur zur Verdeckung der Liebschaft abgeschlossen und angewandt worden wäre, wäre kein großes Problem gewesen.

Doch beim mutmaßlichen Mord bekam der Identitätsmissbrauch eine kriminelle Dimension und wurde strafrechtsrelevant.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

In der Anklage wurde zum Komplex der weiteren dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten folgendes erwähnt.
So soll der Angeschuldigte an einem nicht mehr feststellbaren Tag zwischen dem 28. Dezember 2017 und dem 8. November 2018 einen auf dem Flughafen Hannover von einem Fluggast verlorenen Personalausweis an sich genommen haben. Den Ausweis habe der Angeschuldigte am 8. November 2018 genutzt, um sich in einem Hotel in Goslar zu legitimieren, das heißt er gab sich dort als die Person aus, für die der Ausweis ausgestellt worden war. Er habe offenbar seine Anwesenheit in dem Hotel geheim halten wollen.

Außerdem schloss der Angeschuldigte am 28. Oktober 2020 unter Vorlage des unrechtmäßig angeeigneten Personalausweises in Salzgitter-Bad einen Prepaid-Mobilfunkvertrag auf die Personendaten des eigentlichen Ausweisinhabers ab, um zu verschleiern, dass der Angeschuldigte selbst die entsprechende Mobilfunknummer nutzen wollte.
https://regionalheute.de/goslar/mord-an ... KYW-cCJTyg

Der Angeklagte hat nach den Angaben in der Anklage also den Personalausweis an einem nicht mehr feststellbaren Tag zwischen dem 28.12.2017 und dem 8.11.2018 an sich genommen.

Am sechsten Verhandlungstag hat sich zum Zeitpunkt der Unterschlagung des Personalausweises eine Konkretisierung ergeben.
Zudem habe B. den Verlust seines Ausweises gemeldet, als er 2018 vom Flughafen Hannover aus nach Malta auswanderte. Bei einem Zwischenstopp in Wien sei ihm der Verlust des Passes aufgefallen. Spätere Ermittlungen hätten ergeben, dass die Rufnummer des Handys, welches mit den Daten B.´s erworben wurde, dem Angeklagten zugeordnet werden konnte.
https://regionalheute.de/6-prozesstag-i ... 639684511/

Der Ausweisinhaber hat also seinen Ausweis 2018 verloren, als er vom Flughafen Hannover nach Malta auswanderte.

Ich gehe davon aus, dass der Angeklagte schon 2018 mit dem Gedanken gespielt hat diesen Ausweis zu benutzen um Spuren einer schweren Straftat zu verwischen. Das Verhältnis zur Ehefrau von KM begann 2016. Nach zwei Jahren des Wartens könnte er bereits den Tötungsplan gefasst haben. Ist natürlich alles nur Spekulation.

Ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, wie es zu ging, wenn sich der Angeklagte all die Jahre mit der Familie seiner Geliebten getroffen hat und evtl. noch mit ihnen in Urlaub war oder zusammen mit ihnen gefeiert hat. Mir wäre so etwas äußerst unangenehm, weil ich immer davon ausgehen würde, dass man mir etwas anmerkt und dass mich der betrogene Ehemann dann raus wirft und vorher vielleicht noch schlägt und beschimpft. Der Angeklagte muss seinen Freund als sehr gutmütig eingeschätzt haben. Vielleicht war das so seine Art.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Die beiden befreundeten Männer waren vermutlich total gegensätzlich in ihrer Persönlichkeit. KM scheint zwar so, als ob er sich leicht hörnen ließ, aber er könnte sehr feine Sensoren gehabt haben. Doch irgendwas muss ihn gehindert haben, ein klaren Wort zu sprechen, ich weiß leider nicht, weshalb er sich scheute. Vielleicht wollte er mit seiner Frau kein Zerwürfnis wagen? Ich glaube, dass er manches geschluckt hat. Seine Herzprobleme sind wahrscheinlich auch nicht von ungefähr gekommen.

Jedoch aus dem Schützenverein, wo MG eine Funktion hatte, da sind Vater und Sohn Manszak doch ausgetreten, meine ich. Das könnte so ein zeichenhafter Protest gegen den MG gewesen sein - vielleicht? Seltsame Verhältnisse irgendwie.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Womöglich hat auch der Beruf des Angeklagten eine Rolle gespielt. Bei einem Polizisten gehen die meisten davon aus, dass er zu den Guten zählt, denn er soll für Recht und Ordnung sorgen und die Bevölkerung schützen. Von daher gesehen gelten Polizisten als integer und Charakter stark. Vielleicht hatte KM deshalb Respekt vor seinem Freund und hat ihm nichts Böses zugetraut, auch wenn die Nachbarn vielleicht getuschelt haben. Lt. Zeugenaussage soll es aber irgendwann einen Bruch in der Freundschaft gegeben haben, als KM eine verräterische SMS an die Ehefrau gefunden hat. Er wird vielleicht hellhörig geworden sein, hat sich aber vielleicht auch wieder beruhigen lassen.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

AngRa hat geschrieben: Samstag, 18. Dezember 2021, 18:58:44 Lt. Zeugenaussage soll es aber irgendwann einen Bruch in der Freundschaft gegeben haben, als KM eine verräterische SMS an die Ehefrau gefunden hat. Er wird vielleicht hellhörig geworden sein, hat sich aber vielleicht auch wieder beruhigen lassen.
Das ist der seltsame Punkt, bei dem ich KM posthum zu verstehen suche. Die Frage ist, warum er keine klaren Verhältnisse schaffen konnte? Er hätte sie mit Sicherheit gerne gehabt, aber irgend was hat ihn daran gehindert, sich gegen diesen MG zu stellen. Der ging doch weiterhin bei KM ein und aus. Wenn ich mir das so überlege, den mutmaßlichen Mord vorausgesetzt, hat der MG bei jeder Interaktion mit KM im Hintergrund den Frust gehabt, dass der KM ihm im Wege ist. Bei KM dürfte latent ein Misstrauen gegen MG vorhanden gewesen sein. Also Vertrauen und gegenseitiger Respekt waren getrübt. Ich vermute, dass KM unter der Anwesenheit des MG gelitten hat, und dass das seinen Herzproblemen nicht gut bekommen ist. Jedenfalls hat KM beim Schützenverein die Distanz zu MG gefunden. Das ist ein deutliches Zeichen gewesen. Sein Sohn tat es ihm gleich.

Vielleicht hatte KM wegen seines Herzens keine Kraft? Vielleicht dachte er, dass der Ball bei Frau M. sein müsse, weil er sie in der Regelung ihrer beiden Männer am Zuge sah, und nicht bei ihm? Er fand in seiner Tätigkeit in Hannover seine Ablenkung und nahm halt die Dinge hin, weil er sie nicht lösen konnte. Früh morgens aus dem Haus; spät abends zurück. Ein Mensch sendet ja auch nonverbale Botschaften aus, durch Blicke, durch Schweigen, durch Distanz, durch eine Allianz mit seinen Söhnen, durch Rückzug in ein Zimmer, durch separates Essen etc.

Da muss eine ganz komische Stimmung geherrscht haben. Und was, um alles in der Welt, hatte der MG denn ständig im Haus von KM verloren?
Waren es die Nebengebäude und Schuppen, wo man handwerkeln konnte und wo auch Handwerkszeug vorhanden war, das MG in seiner Wohnung nicht hatte?
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Es ist schwer zu durchschauen, warum die langjährige Dreiecksbeziehung nicht durch Trennung und Scheidung der Eheleute aufgelöst worden ist, denn angenehm kann diese Konstellation für alle Beteiligten nicht gewesen sein.

Ich kann es mir nach dem bisherigen Stand der Dinge nur so erklären, dass KM eine Scheidung abgelehnt hat und unbedingt an der Ehe festhalten wollte, weil er den Platz für den Freund nicht freimachen wollte. Möglicherweise hat er es gespürt, dass es der sehnlichste Wunsch des Freundes war eine offizielle Beziehung mit der Frau seines Lebens zu führen. Da wollte er ihm vielleicht einen Strich durch die Rechnung machen, indem er seine Frau nicht frei gibt. .Zwar ist es nach unserem Recht für einen Ehepartner nicht möglich eine Scheidung dauerhaft zu verhindern, aber Gesetze sind nicht alles. Es zählt auch psychologischer Druck, den ein Ehepartner entfachen kann und durch den eine Scheidung verhindert werden kann. Das wäre dann eine stille Art von Rache gewesen.

Die beiden Söhne hatte KM womöglich auf seiner Seite. Anzeichen dafür sind, dass ein Sohn den Auftrag hatte auf Mutter und Freund zu achten während er in der Reha war.Im Falle einer Trennung wären die Söhne wohl bei ihm geblieben, weil sie zum Vater gehalten haben. So hätte es KM zumindest erklären können. .Es ist gut möglich, dass er seine Frau damit unter Druck gesetzt hat, dass sie im Falle der Scheidung auch die Söhne verliert und dass sie im Falle der Scheidung auf sich alleine gestellt dem Untergang geweiht sind, nicht zuletzt wegen der schweren Krankheit.

Ein Tötungsplan entsteht nicht so mir nichts dir nichts. Da muss sich schon Hass aufgebaut haben. .Ich könnte mir vorstellen, dass Hass dadurch entstanden ist, weil KM seine Frau nicht freigeben wollte und entsprechenden Druck auf sie ausgeübt hat bei ihm und den Söhnen zu bleiben. Ist natürlich nur Spekulation.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

AngRa

Mir sind genau die gleichen Gedanken gekommen, als ich mir überlegte, was die 'Pfänder' des KM gegen den MG gewesen sein könnten. Er hatte praktisch nichts, als dessem Wunsch nach einer Scheidung nicht nachzukommen. Warum sollte er auch? Vermutlich hat er den großen Wunsch des MG erkannt. Natürlich hätte auch Frau M. die Scheidung beantragen können, aber das wollte sie nicht. Der Mann, KM, sollte es tun. Und er tat es einfach nicht. Da könnte schon Trotz und Sturheit (von mir hier positiv gemeint) von KM das Motiv des Neinsagens gewesen sein. Du, AngRa, hast die richtigen Worte: "Einen Strich durch die Rechnung machen." Und das sollte so sein.

Auch deine Ansicht, wie und warum der Tötungsplan gereift sein könnte, teile ich voll. Nur Frau Ms Wesen kann ich überhaupt nicht einschätzen.
Vielleicht ist es hier, in diesem Prozessstadium, auch besser so. Falls MG der Täter war (es gilt die Unschuldsvermutung), vermute ich, dass er mit dieser Tat jegliche Sympathie bei Frau M verspielt hat. Es könnte sein, dass sie versucht, alles, was die beiden bisher verbunden hat, aus ihrem Bewusstsein zu verdrängen, wenn man das kann?

Ich erinnere mich an den Zeitungsartikel, in dem die Begegnung von Frau M mit MG in einer Polizeidienststelle erwähnt wurde, wo es keinen Blickkontakt gab. Frau M ist mit ihren Söhnen Nebenkläger.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

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Dass die ehemalige Geliebte und die Söhne des Opfers Nebenkläger im Prozess sind, macht aus diesem Mordprozess ohne Leiche etwas Besonderes. Meiner Meinung könnte es auch entscheidend dazu beitragen, dass der Angeklagte überführt und verurteilt wird.

Die Ermittlungen sind zügig voran gekommen, die Anklage war dann zeitnah verfasst und das Gericht hat die Anklage auch ohne Umschweife zugelassen. Das ist in einem Mordprozess ohne Leiche nicht immer der Fall und man hat es daher auch in diesem Fall gar nicht so erwartet. .

In einem Mordprozess ohne Leiche aus Schlangenbad bei Wiesbaden war alles anders. Letzten Endes ist der Ehemann des Opfers wegen Totschlags verurteilt worden, aber zuvor sah es lange Zeit danach aus, als könne man ihm nichts nachweisen. Im ersten Anlauf wurde die Anklage nicht zugelassen, dann dauerte im Prozess die Beweisaufnahme insgesamt neun Monate bis es zum Urteil kam.

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 75231.html

Der Richter vom Landgericht Wiesbaden meinte in der Urteilsbegründung, dass der Prozess durch die vollkommen zurückgezogene Lebensweise des Paares und durch das Schweigen des Angeklagten sehr erschwert worden sei.

Der Anklagte MG schweigt auch, was sein gutes Recht ist. Aber anders als in dem von mir erwähnten Fall gibt es genug Zeugen die über seine Lebensweise und über die Vorgeschichte der Tat aussagen können. Somit nützt das Schweigen nichts. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es von ihm über seine Anwälte noch eine Erklärung geben wird.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

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Die Polizei scheint schnell auf MG als dem Verdächtigen gekommen zu sein. Wer wird ihr den Hinweis gegeben haben? Wer wird den Ermittlern das mögliche Motiv genannt haben? Eigentlich nur eine Person, die es wissen kann.
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Nach Überlegung: Die Ermittler haben zunächst Zeugenbefragungen im Umfeld des Vermissten durchgeführt. Da könnten sie auch selbst auf das Motiv gekommen sein?
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AngRa
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Die Polizei hat vermutlich sehr schnell von der Dreiecksbeziehung erfahren. Die Nachbarn wussten es und die Ehefrau von KM hat es sicher von Anfang an nicht geleugnet, weil es sinnlos gewesen wäre. Zur Verhaftung ist es dann wohl gekommen, als die Polizei die Sache mit den Leihwagen ermittelt hatte. Als die Familienangehörigen davon ausgehen mussten, dass der Angeklagte Gelegenheit zur Tatausführung hatte, weil Zeugen einen Leihwagen gesehen hatten, den er angemietet hat und dass der Angeklagte auch kein Alibi hatte, weil er dienstfrei hatte, waren sie vermutlich davon überzeugt, dass KM für das Verschwinden verantwortlich ist und dass der Vater nicht mehr lebt. Dann haben sie alles nochmals überdacht und da sind ihnen dann wohl auch nach und nach einige Indizien im Verhalten des Angeklagten eingefallen.

Er hatte am Tag des Verschwindens mit ihnen seinen Geburtstag feiern wollen, den Platz von KM am Familientisch hatte er bereits eingenommen und mit gutem Appetit hat er gegessen. Später hat er sich dann an keiner Suche beteiligt und er hat das Verschwinden von KM damit erklären wollen, dass dieser nicht daran gedacht hätte nach Hause zu kommen. Da hat er ihn noch als vergesslichen Deppen darstellen wollen um den man sich nicht sorgen muss, wenn er nicht nach hause kommt. Irgendwann hat er dann auch noch eine mögliche Entführung erwähnt. Alles unausgegoren, weil es keine Lösegeldforderungen gab und wer sollte schon einen Mann wie KM mit dessen Auto (!) entführen bei dem nicht viel zu holen ist?
AngRa
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Im Mordprozess vor dem Braunschweiger Landgericht ist nun Halbzeit.

Es gab seit Prozessbeginn am 24.11.21 sechs Verhandlungstage und ab 6.1.2022 gibt es nochmals sechs Prozesstage. Der letzte Prozesstag findet nach bisheriger Planung am 22.2. statt. Ich gehe nach bisherigem Erkenntnisstand davon aus, dass der Bundespolizist verurteilt wird.

Die Beziehungskonstellation, das Dreiecksverhältnis zwischen Angeklagtem, Opfer und Ehefrau des Opfers, ist das Kernstück des Tatmotivs. Dem Angeklagten und seinen Verteidigern ist es meiner Meinung nach bislang nicht gelungen das von der Staatsanwaltschaft angeführte Tatmotiv annähernd zu entkräften.

Das Schweigen hilft dem Angeklagten in diesem Punkt nicht, denn die intime Beziehung zwischen ihm und der Frau des Opfers kann durch Zeugenaussagen belegt werden, vor allem nur durch die Aussage der Ehefrau des Opfers und der ehemaligen Geliebten , aber auch durch Aussagen von Nachbarn und durch polizeiliche Ermittlungen zu Hotelbuchungen unter falscher Identität zwecks Tarnung. Die Aussage des Angeklagten, die er bei einer Vernehmung als Zeuge der Polizei gegenüber gemacht haben soll, dass es nur Annäherungsversuche gegeben habe, man sich dann aber entschieden hätte nicht weiter zu machen, weil Familie wichtiger sei, ist damit widerlegt.

Da die Aussagen der Ehefrau zum Thema nicht öffentlich waren, kann man nur spekulieren. Ich versuche trotzdem eine Deutung aus den bekannten Einzelheiten.

Ich gehe inzwischen davon aus, dass sich die Ehefrau von KM in der langjährigen Ehe, aus der zwei Söhne hervor gegangen sind, grundsätzlich wohl gefühlt hat und dass sie deshalb an der Ehe festhalten wollte. Andernfalls hätte sie ihren Mann verlassen können, denn in der heutigen Zeit haben unglücklich verlaufende Ehen auf Dauer keinen Bestand. Die Ehefrau war wirtschaftlich von ihrem Mann nicht abhängig. Sie war berufstätig, hatte eigenes Einkommen und hatte ein Haus geerbt, war also nicht unvermögend.Die beiden gemeinsamen Söhne waren inzwischen erwachsen, bzw. fast erwachsen. Sie haben altersbedingt ihr eigenes Leben geführt, sind eigene Wege gegangen. Der älteste Sohn lebt selber schon in einer Beziehung. Sie waren auf das Nest nicht mehr angewiesen und hätten als Kitt für die Ehe nicht mehr viel getaugt.


Ich stelle es mir so vor, dass die Frau sich mit ihrem Mann gut verstanden hat , dass es aber aufgrund der schweren Herzerkrankung des Ehemannes in sexueller Hinsicht Probleme gegeben haben könnte. Aufgrund dieser Konstellation könnte sie sich diesbezüglich mit dem besten Freund des Ehemannes eingelassen haben, es aber zur Bedingung gemacht haben, dass der Ehemann nichts von der intimen Beziehung erfahren darf, weil ihr die Ehe wichtig war und sie diese nicht gefährden wollte.Vielleicht hat sie damit gedroht, dass sie die sexuelle Beziehung und die Freundschaft insgesamt sofort beenden wird, wenn der Freund sich nicht an die Abmachungen hält.

Anders sind jedenfalls die Hotelbuchungen unter falscher Identität in unterschiedlichen Harz- Städten zum Zwecke der Tarnung des Beisammenseins nicht zu erklären. Dieser Aufwand ist nur plausibel, wenn sie nicht wollte, dass ihr Mann etwas erfährt, weil sie trotz allem an der Ehe festhalten wollte.Der Angeklagte selber musste an Geheimhaltung und Tarnung kein Interesse haben, denn er hat sich schon lange vor der Scheidung im November 2021 von der Ehefrau getrennt.

Zwar haben die Nachbarn von dem Verhältnis gewusst. Sie dürften vom Verhältnis aber mehr oder weniger zufällig erfahren haben, als die beiden zusammen gesehen wurden, womit diese nicht gerechnet haben. Es war die Rede davon, dass die beiden in einem Kino in Goslar Händchen haltend gesehen worden sind und dabei von der Tochter einer Nachbarin sogar gefilmt worden seien. Zur Schau getragen haben die beiden die Beziehung ganz sicher nicht. Das Gerede der Nachbarn konnte die Ehefrau vermutlich immer wieder als bösartigen Tratsch der Nachbarn hinstellen und somit entkräften, wenn ihrem Ehemann mal etwas zu Ohren gekommen ist. Auch die SMS des Freundes, die der Mann entdeckt hat, ("Du bist die Frau meines Lebens") konnte sie wohl entkräften, da der Ehemann ihr aufgrund der ansonsten guten Beziehung wohl immer noch mehr oder weniger vertraute. Gleichwohl mag KM etwas geahnt haben, wollte der Ehe aber eine Gnadenfrist geben, wie er einem Freund gegenüber geäußert haben soll. Keinesfalls war er bereit den Platz freizumachen. .

Dass die Frau von KM dem Angeklagten vermutlich verboten hat, dass er dem Mann gegenüber etwas über die Beziehung ausplaudert oder auch nur Andeutungen macht, ergibt sich meiner Meinung nach aus dessen anonymen Kontaktaufnahmen zwecks Aufklärung über das außereheliche Verhältnis. Dieser hat dann notgedrungen versucht den Freund anonym per SMS und später durch einen anonymen Brief auf das außereheliche Verhältnis seiner Frau zu stoßen, weil er wohl gehofft hat, dass KM darauf anspringt und von sich aus dann die Scheidung einreicht.

Aber ihm ist es nicht gelungen in seinem Sinne klare Verhältnisse zu schaffen und die Frau ganz für sich zu gewinnen . Als egozentrischer Narzisst, so wurde er von Zeugen beschrieben, der nur seine Bedürfnisse kennt, konnte er das nicht auf Dauer hinnehmen und daher schmiedete er möglicherweise Mordpläne, die er dann eines Tages auch umsetzte. Vermutlich hat er KM auf den Friedhof gelockt, weil er damals schon vorhatte ihn zu töten. Immerhin war der anonyme Brief nicht der erste Versuch KM über das außereheliche Verhältnis zu informieren. Der Brief stand am Ende der Bemühungen, weil KM auf andere frühere Kontaktversuche nicht eingegangen ist, somit also signalisiert hat, dass er an Informationen nicht interessiert ist.

Ich glaube dass die Ehefrau nicht wusste, wer hinter den geheimnisvollen Kontaktaufnahmen zum Ehemann steckte, um diesen über das außereheliche Verhältnis zu informieren. Sie könnte es geahnt haben, aber sie könnte genauso gut vermutet haben, dass Nachbarn dahinter stecken, die das Tratschen nicht lassen können.. Wenn sie es definitiv gewusst hätte, hätte sie meiner Meinung nach die Beziehung beendet. Das hat sie aber nicht, denn der Freund war am Tag des Verschwindens von KM Gast in seinem Haus um Geburtstag zu feiern. Das hätte er nach Beendigung der Beziehung nicht mehr getan.

In den ersten sechs Verhandlungstagen ging es auch um die Frage, ob der Angeklagte Gelegenheit zur Tatausführung hatte. Da er dienstfrei hatte ( was leicht zu ermitteln ist) hatte er kein Alibi. Dann haben Zeugen ausgesagt, dass zur fraglichen Zeit ein Fiat am Tatort stand. Einen Fiat hatte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt angemietet. Das Kennzeichen konnten die Zeugen nicht vollständig angeben. Sie konnten aber angeben, dass es sich um ein auswärtiges Kennzeichen handelt und das stimmt mit dem geliehenen Fahrzeug der Autovermietung Harms aus Braunschweig überein. Ich gehe davon aus, dass der Angeklagte und seine Verteidiger bislang auch diesen Punkt nicht entkräften konnten.


Trotz umfangreicher Suchmaßnahmen aufgrund von Zeugenhinweisen konnte die Leiche von KM bislang nicht gefunden werden. Ich vermute, dass sich das Leichenversteck nicht weit entfernt vom Hause des KM befindet. Die Soko der Mordkommission heißt "Fortuna". Die Polizei geht davon aus, dass der Angeklagte nachdem er die Leiche in den Caddy geladen hatte auf dem Fortunaweg hinter dem Haus des KM fortgefahren ist. Ich meine, dass das Opfer im Gebiet des still gelegten Eisenerzbergwerk "Grube Fortuna" versteckt worden ist. Vielleicht vermuten die Ermittlungsbehörden das auch. Eine Suche dort ist aber ohne nähere Hinweise aussichtslos.
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

@AngRa

Ich finde deine Deutung optimal. Vielen Dank dafür.
Zwei Einzelheiten, die du kennst, kannte ich nicht (dass Frau M. das Haus geerbt hatte und dass sie mit MG einmal gefilmt wurde). Ich denke auch, dass sie an der Ehe festhalten wollte und die Seitenbeziehung von vornherein in ihrem Sinne nur Episodencharakter haben sollte.

Die Verteidigung bzw. der Angeklagte hat das Motiv der Anklageschrift dahingehend negieren wollen, dass er das Verhältnis nur als einen Annäherungsversuch darstellen wollte. Warum ist ihm das so wichtig, wenn es doch mehr war?

Wenn es so war, wie es in der Anklageschrift steht und wie es die Hotelbuchungen vermuten lassen, wenn MG aber bezüglich des Ehemann ein reines Gewissen hätte und wenn er mit dem Verschwindenlassen des Mannes nichts zu tun hat, wenn er sich absolut nichts vorzuwerfen hätte, hätte er zugeben können, dass er zwar ein intimes Verhältnis mit Frau M. hatte, dass er aber mit dem Verschwinden ihres Mannes nichts zu tun habe.

In diesen beiden konträren Darstellungen muss eine Seite die Unwahrheit sagen. Und hier sehe ich einen Schwachpunkt des Angeklagten, nämlich dass er eine Behauptung aufgestellt hatte, die widerlegt werden konnte. Es hätte vielleicht souveräner gewirkt, wenn er zugegeben hätte, was beweisbar ist, und nur das Unbeweisbare negiert hätte. Seine Anwälte haben doch Akteneinsicht und hätten wissen können, welche Zeugnisse von Zeugen darin enthalten sind?
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Re: VERMISSTENFALL KARSTEN MANCZAK (51), LIEBENBURG, 2021

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Seit MG von der Polizei als Tatverdächtiger eingestuft worden ist, macht er von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch. Er hat diese Äußerung zum intimen Verhältnis mit der Ehefrau des KM im Rahmen einer frühen Zeugenvernehmung gemacht. Durch Aussage eines Polizisten demgegenüber er sich entsprechend geäußert hat, ist die Aussage in den Prozess eingeführt worden. Nun wird sicher seitens der Verteidiger eingewendet, dass KM damals bei der Vernehmung schon aus Sicht der Polizei Tatverdächtiger war und nur deshalb als Zeuge vernommen worden ist, damit er nicht über seine Rechte als Tatverdächtiger aufgeklärt werden muss, um eben eine Aussage zu erhalten, die man dann gegen ihn verwenden kann. . Wenn das Gericht das auch so sieht, dann darf diese frühe Aussage nicht verwendet werden. Ich gehe aber davon aus, dass er ganz zu Anfang nicht Tatverdächtiger war. Das hat sich erst im Laufe der Zeit, ich schätze innerhalb der ersten 14 Tage der Ermittlungen ergeben. Man weiß aber nicht, wie das Gericht das sieht. Ausschlaggebend ist die Aussage jedenfalls nicht. Wenn sie nicht verwendet werden darf, bricht das Tatmotiv nicht zusammen, denn es gibt andere stark belastende Zeugenaussagen zum Motiv.

Interessant ist die Aussage aber auf jeden Fall, denn sie zeigt, was der Angeklagte anfangs erwartet hat. Er ist wohl davon ausgegangen, dass auch die Ehefrau des KM der Polizei gegenüber die Intensität der Beziehung nicht zugibt, so wie sie es wohl auch dem Ehemann gegenüber nicht zugegeben hat. Er dürfte seine ehemalige Geliebte in diesem Punkt falsch eingeschätzt haben. Ich gehe davon aus, dass die Ehefrau von KM die intime Beziehung in vollem Umfang zugegeben hat, denn sie dürfte erkannt haben, dass leugnen zwecklos ist, da es Beweise gibt.
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