MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Undercover
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Assis hat geschrieben: Donnerstag, 22. Oktober 2020, 17:08:11 Ich kriege manchmal auch den Eindruck, dass Mordfälle, bei denen die Polizei unter großem öffentlichen Druck steht, man eher zu einer auf Indizien basierenden Verurteilung gelangt, aber das ist nur mein persönlicher Eindruck
Der angenommene Grundsatz "In dubio pro reo" ist leider falsch. Vielmehr muss das Gericht von der schuld/unschuld des Angeklagten ÜBERZEUGT sein. In diesem Fall war das Gericht durch ganze Indizienkette eben überzeugt, dass nur die Schwiegertochter in Frage kommt. Liest man sich die Urteilsbegründung (musst nicht alles lesen) durch, so klingt alles sehr stimmig und plausibel. Schau dir das mal an. (S.link unten)

Natûrlich können viele (auch ich) solche Urteile nicht verstehen, da man immer denkt, dass jeder unschuldig ist bis seine schuld nachgewiesen wird. Und mit nachgewiesen meine ich handfeste Beweise, DNA, Zeugen. Auf der anderen Seite denke ich dass die richtige im Gefängnis sitzt. Nichtsdestotrotz war das ein Indizienprozess und wie ich schon sagte: Nicht die stärkste Indizienkette, aber auch nicht die schwächste...


https://openjur.de/u/841958.html
AngRa
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von AngRa »

@Undercover

Ich teile Deinen Eindruck, dass die Dokumentation sehr einseitig war. Ich hatte den Eindruck, als habe sich Stefan Harbort von der Verurteilten und ihrem Ehemann einwickeln lassen. Ein Höhepunkt war auch die Angabe zu ihrem haarsträubenden Alibi. Sie sagte, dass sie zum Tatzeitpunkt unterwegs gewesen sei um Suizid zu begehen. Harbort hat das alles so stehen gelassen und nur nachgefragt, wie lange sie schon Suizidabsichten gehabt habe. Sie sagte, dass sie schon seit der Kindheit an Suizid gedacht habe. Belegt durch ärztliche Unterlagen ist das aber alles nicht. Für mich ist die Sache mit dem Suizid eine haarsträubende Ausrede. Beim Ehemann besteht meiner Auffassung nach die Möglichkeit, dass er, auch wenn er ein Alibi für den Tatzeitpunkt hatte, zumindest von der Tat gewusst hat, denn auch er hat vom Erbe profitiert. Ihm konnte man nur nichts nachweisen. Das könnte der Grund sein, warum er immer noch zur Frau hält, denn ihr verdankt er ein Leben ohne finanzielle Sorgen. Ich sehe sein "treues" Verhalten daher nicht als einen Fingerzeig für ihre Unschuld. Ganz sicher nicht. Ich verstehe es auch voll und ganz, dass der Belastungszeuge nicht mit Harbort sprechen wollte und auch die Polizeibeamten, die damals ermittelt haben, haben ihn abblitzen lassen. Denen dürfte klar gewesen sein, welche Tendenz der Beitrag bekommen wird, denn nur um die Überzeugung von ihrer Schuld zu bekräftigen, hätte es den Beitrag nicht gebraucht. Da wollten sie sich nicht vor einem Fernsehpublikum vorführen lassen. Der Belastungszeuge hat im Prozess sehr genau erklärt, warum er sich das Nummernschild merken konnte, denn die Zahlenkombination hatte etwas mit einem Geburtstag zu tun, wenn ich mich recht erinnere. Das hat Harbort natürlich nicht erwähnt. Auch ein Beispiel für die Einseitigkeit des Beitrags.

Ich schätze ansonsten Harborts Beiträge, aber vielleicht beschäftigt er sich inzwischen mit zu vielen Alt- Fällen und versucht sie vor allem medienwirksam darzustellen. Diese Entwicklung ist sehr schade.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Hallo @AngRa,

und ich teile voll und ganz deine Eindrücke. ;)

Bei der Doku gestern hatte ich eIn ähnliches Gefühl wie bei der Doku über Jens Söring vor Jahren im Gefängnis. D.h. man stellt bewußt unabhängige Urteile in Frage um der Quote wegen, wegen der Senastion, wegen der eigenen Eitelkeit für die "richtige Sache" zu kämpfen. Solche Dokus wo angeblich Unschuldige lebenslänglIch sitzen gibt es zuhauf. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen ala Harry Wörz.

Nichtsdestrotz finde ich aber das solche Dokus objektiv sein sollten -d.h. auch die Gegenargumente checken. So finde ich die größe der Frau außergewöhnlich und sowas darf bei einer Recherche nicht unerwähnt bleiben. Solche Frauen haben durchaus deutlich mehr Kraft als eine 1,65m grosse Durschnittsfrau.

Der Motorradzeuge habe angeblich die Belohnung von 10.000€ gar nicht haben wollen. Das bestärkt jedenfalls seIne Glaubwürdigkeit und Intention auszusagen.

Der Ehemann war glaube Ich involviert.D.h. er hätte das Erbe nur bekommen, wenn er nicht an der Tat beteiligt war. Er konnte also nicht seine Eltern töten, hatte aber finaziell durchaus ein Motiv zumal seine Mutter ihn enterben wollte. Was besseres konnte ihm also nicht passieren, dass auch seine Frau ein Motiv hatte und bereit war für ihn das auszuführen. Vielleicht haben sie im schlimmsten Fall "nur" mit lebenslänglich (also ohne Schwere der Schuld) gerechnet, was ja ca. 10 Jahre in der Praxis bedeudet. Und dann hätten sie das Geld mit Mitte 50 mit vollen Händen ausgegeben. Vielleicht hält sie ihn nur durch sein Mitwissen im Schach - d. H. dass sie - falls- irgendwie rauskommen sollte die obligatorischen 50:50 haben will.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von AngRa »

@Undercover

Ja, die Größe der Verurteilten ist schon etwas Besonderes. In der Dokumentation kam aber nur die Bekannte zu Wort, die meinte, dass die getötete Mutter so stark gewesen wäre, dass sie die Schwiegertochter geschlagen und abgewehrt hätte. Das ist doch alles einseitiger Quatsch. Meiner Auffassung nach war die Mutter, die im Bett gelegen und vielleicht geschlafen hat, vollkommen arg und wehrlos, als auf sie eingestochen worden ist. Der Mann war auf dem Weg zur Toilette als er getötet worden ist, auch er hat sicher nicht mit einem Angriff gerechnet, denn die Verurteilte hat sich ins Zimmer geschlichen und ganz sicher keinen Lärm verursacht um die Opfer zu warnen. Das war Teil ihres Plans. Von daher gesehen kann man einer 1,90m großen Frau den Doppelmord von ihrer körperlichen Konstitution her schon zu trauen, zumal sie einen offenen Kampf bewusst vermieden hat.

Bei der Auffindesituation gab es auch die Besonderheit, dass die Kinder der Verurteilten im Auto geblieben sind und zuerst die Eltern nur ins Haus gegangen sind. Für mich ist das ein Hinweis, dass die beiden wussten, was sie im Haus erwartet und sie wollten den Kindern den Anblick ersparen.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Undercover hat geschrieben: Donnerstag, 22. Oktober 2020, 19:40:58 Der Motorradzeuge habe angeblich die Belohnung von 10.000€ gar nicht haben wollen. Das bestärkt jedenfalls seIne Glaubwürdigkeit und Intention auszusagen.
Ich habe vieles vergessen. Dass der Motorradzeuge die Belohnung nicht haben wollte, davon habe ich gar nichts mitbekommen, weil ich nicht so genau verfolgte. Aber wenn das wahr wäre, wäre das echt stark. Hut ab!
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

@AngRa

Egal wie man zu der Verurteilten stehen mag, eins muss man ihr aber lassen: Sie hat das perfekte Verbrechen hingekriegt ohne eine einzige Spur zu hinterlassen. Bitte nicht falsch verstehen, aber eine (Haus) Frau die mehr oder weniger aus frust (da bei der Schwiegermutter Übertötung) und Habgier natürlich, so ein Ding dreht -hätte ich fast keiner Frau zugetraut. Ich meine, die ganze Kaltblütigkeit, Beherrschbarkeit und Souveränität mit der sie alles gemeistert hat (u.a. vom Kanister nachtanken um nicht auf Tankstellen aufgenommen zu werden) zeugt doch eher für eine Tat aus dem organisierten Verbrechen.

Als parteiloser Hobby-Ermittler hat mich aber noch eine Sache in der Doku gestört, die sogar für ihre Unschuld hätte genommen werden können. Und zwar geht es um den besagten Motorradfahrer, der sich das KfZ-Kennzeichen gemerkt hatte. Auf den ganzen Fahndungsbildern der Polizei zu dem Fall ist der BMW mit (!) Kennzeichen abgebildet und somit hätte sich jeder eine Geschichte mit der KfZ-Nummer basteln können um die 10.000€ Belohnung zu kassieren. Diese Tatsache (dass die Autonummer bereits veröffentlciht wurde) wurde zwar erwähnt, kam aber absolut zu kurz im Beitrag. Ich verteidige niemanden, aber wenn ich die Doku gemacht hätte, hätte ich hier sehr, sehr intesiv gebohrt und hätte mich eben an diesem Strohhalm (als eine der wenigen Ungereimheiten) festgehalten. 8-)
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von AngRa »

@undercover

Das Urteil wurde veröffentlicht. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass der Motorradzeuge auf die Belohnung von 10.000 € verzichtet hat und auch auf das Zeugengeld. Das ist schon mal ein Hinweis darauf, dass er keinerlei Belastungseifer an den Tag gelegt hat. Außer einem anstrengenden Tag vor Gericht, wo er Rede und Antwort stehen musste, hatte er nichts von seiner Aussage.

Man kann das Urteil hier nachlesen:


https://openjur.de/u/841958.html



Meiner Einschätzung nach handelt es sich bei dem Urteil nicht um ein Fehlurteil. Ich meine dass das Urteil sehr ausführlich und gut nachvollziehbar begründet worden ist. Auch mit der Glaubwürdigkeit des Motorradzeugen haben sich die Richter seitenweise auseinander gesetzt und alle möglichen Aspekte beleuchtet. Meiner Auffassung nach ist der Zeuge glaubwürdig, denn er konnte sich an den BMW so genau erinnern, weil es einen beinahe Kollision gegeben hat und weil er in der Vergangenheit im Nachhinein Ärger mit Vorfällen dieser Art hatte.


Hier mal einige Passagen zum Motorradzeugen:

Zunächst seine Beobachtung:

Dieser Zeuge hat glaubhaft bekundet, in der Nacht vom 07.07. auf den 08.07.2011 mit einem Motorrad aus Richtung ... kommend die B ... in Richtung ... befahren zu haben. An der Kreuzung der B ... mit der B sei er von der B ... abgefahren auf die B in Richtung ... Von der Beschleunigungsspur sei er wegen überhöhter Geschwindigkeit nach links auf die rechte Fahrspur der B getragen worden. Dabei sei es beinahe zum Zusammenstoß seines Motorrades mit einem Pkw gekommen, der auf der rechten Fahrspur unterwegs war und dessen Fahrer einen Zusammenstoß dadurch vermieden habe, dass er sein Fahrzeug nach links auf die linke Fahrtrichtungsspur lenkte. Bei diesem Fahrzeug habe es ich um einen dunklen BMW der 1-er oder 3-er Reihe und zwar um ein älteres, kein aktuelles Modell gehandelt. Das Kennzeichen habe mit „...“ begonnen, daneben hätten die Buchstaben „...“ und eine dreistellige Zahlenkombination gestanden. An erster Stelle habe mit Sicherheit eine „...“ gestanden, die zweite Ziffer sei recht sicher eine „...“ gewesen. An die dritte Ziffer habe er keine klare Erinnerung mehr.
Dann Abwägungen zu seiner Glaubwürdigkeit:
Die Kammer hat die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen ... und seine Glaubwürdigkeit einer eingehenden Überprüfung unterzogen, was vor dem Hintergrund des Herantretens des Zeugen an die Polizei erst am 08.09.2012 und seines außergewöhnlichen Erinnerungsvermögens veranlasst war. Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der Wahrheit seiner Angaben, für ein eigenes Interesses des Zeugen am Ausgang des Verfahrens oder eine Beeinflussung des Zeugen durch öffentliche Fahndungsmaßnahmen der Polizei oder Presseberichte sind dabei nicht zu Tage getreten; die Bekundungen des Zeugen sind uneingeschränkt glaubhaft.

bb) Anlass für den Zeugen, sich das Kennzeichen zu merken

Die Kammer hat auch geprüft, ob der Zeuge ... überhaupt eine plausible Veranlassung hatte, sich das Kennzeichen des Fahrzeuges zu merken. Da der Zeuge nach eigenen Angaben einen Verkehrsverstoß begangen und ein anderes Fahrzeug gefährdet hatte, scheidet der Wunsch nach einer Verfolgung des gegnerischen Fahrzeugführers als Beweggrund jedenfalls aus.

Der Zeuge ... hat hierzu befragt angegeben, er habe es sich zur Gewohnheit gemacht, sich die Kennzeichen von Fahrzeugen einzuprägen, mit denen er „Stress“ gehabt habe. Grund hierfür sei ein länger zurückliegender Vorfall, bei dem er auf der A ... bei ... einen anderen Pkw zum Abbremsen gezwungen hatte. Der Fahrer dieses Wagens habe daraufhin ihn selbst durch Ausbremsen gezwungen, auf dem Standstreifen anzuhalten und ihm vorgeworfen, einen Seitenschaden an seinem Fahrzeug verursacht zu haben. Er habe daraufhin die Polizei eingeschaltet und später habe sich herausgestellt, dass der Schaden an den gegnerischen PKW ein Altschaden gewesen sei. Danach habe er sich vorgenommen, sich in Zukunft immer das Kennzeichen zu merken, wenn er nochmal in eine ähnliche Situation komme. Da er nach dem Vorfall in der Nacht vom 07. auf den 08.07.2011 angenommen aber, dass er eventuell angezeigt werde, habe er sich das Kennzeichen gemerkt.

Die Kammer sieht daher keinen Anlass, an den Angaben des Zeugen zu zweifeln und glaubt ihm seine Beweggründe für das gewohnheitsmäßige Merken von Kennzeichen bestimmter Fahrzeuge.
Wenn man das Urteil betrachtet, dann sieht man, dass das Gericht das Urteil sehr umfassend und nachvollziehbar begründet hat. Auch beruht das Urteil keinesfalls nur auf der Aussage des Motorradfahrers. Es sind einige Indizien aneinander gereiht worden, die dann ein Gesamtbild ergeben. Die Aussage der verurteilten zu ihrer Abwesenheit zum Tatzeitpunkt ( Suizidplan) ist absolut unglaubwürdig und auch die Behauptung, das Fahrzeug sei in der Nacht nicht fahrtüchtig gewesen, wurde akribisch widerlegt.

Für die Tat wurde schon die Richtige verurteilt, meiner Meinung nach. Sie hat sich den Plan zur Tat vorher ausgeklügelt, Zeit dazu hatte sie und auf den Kopf gefallen ist sie meiner Auffassung nach auch nicht.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von AngRa »

In der Dokumentation von Harbort hat auch der Haustürschlüssel eine Rolle gespielt, der neben dem Hauseingang gefunden worden ist. Er meinte offenbar, dass der Täter den Schlüssel dort nach den Aufregungen der Tat nicht habe so gezielt versteckt haben können.

Interessant sind die im Urteil enthaltenen Ausführungen zum Haustürschlüssel:

1. Der Täter muss über einen Hausschlüssel verfügt haben

Da der Täter mit einem Haustürschlüssel in das Anwesen der Getöteten eingedrungen ist, wie oben unter III. B. 4. ausgeführt ist, kommt nur die Angeklagte als Täterin in Betracht.

Ein von ... und ... ... vor ihrer letzten Urlaubsreise nach ... der Zeugin ... ... zur Versorgung des Hauses überlassener Schlüssel ist ihnen noch vor dem 07.07.2011 von der Zeugin zurückgegeben worden, wie diese in der Hauptverhandlung bekundete. Der von ihr beschriebene Schlüssel mit einem Anhängerschild „Wohnung“ wurde von dem Zeugen KHK ... in der Tasche einer Hose im Kleiderschrank des Schlafzimmers sichergestellt.

Der außerhalb des Hauses sichergestellte Hausschlüssel wurde erst im Verlaufe der Tat aus dem Haus nach draußen verbracht.

Anhaltspunkte für die Annahme, es existierten weitere zum Haustürschloss passende Schlüssel, die von dem Täter benutzt worden sein könnten, hat die Hauptverhandlung nicht erbracht.

Demnach muss der Täter über den einzigen außerhalb des Anwesens der Getöteten aufbewahrten Schlüssel verfügt haben. Dies ist der im Anwesen der Angeklagten und ihrer Familie aufbewahrte Hausschlüssel, der dem Zeugen KHK ... vom Ehemann der Angeklagten nach der Tat ausgehändigt worden war.

Da es Anhaltspunkte für die Annahme, eine bislang unbekannte Person könnte sich Zugang zu diesem Schlüssel verschafft haben, nicht gibt, muss der Täter zu den Bewohnern des Hauses der Angeklagten gehören.
https://openjur.de/u/841958.html

Ich finde die Argumentation, dass mangels Einbruchsspuren der Täter über den einzigen außerhalb des Hauses aufbewahrten Schlüssel verfügt haben muss schlüssig. Das Ehepaar Schemmer hatte ganz sicher keinen Schlüssel neben dem Hauseingang liegen, damit Fremde jederzeit ins Haus gelangen können. Wäre das der Fall gewesen, dann hätte die Zeugin , die während der Urlaubsreise der Opfer die Wohnung versorgen sollte,von ihnen keinen speziellen Schlüssel ausgehändigt bekommen.

Nach der Formulierung im Urteil scheint es auch so zu sein, dass nur die Verurteilte und ihr Ehemann Angaben zum Aufbewahrungsort des Schlüssels gemacht haben, zumal sie den Schlüssel der Polizei übergeben haben. Es ist auch sehr einseitig, wenn ich diesen Angaben folge.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

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@AngRa

Ja, ich kenne das Urteil, habe es auch gelesen. Ich denke auch, dass sie die Tat begangen hat - aber ich wollte mit der Kennzeichen-Geschichte aufzeigen, dass diese nicht wasserdicht ist. Es mag in der Begründung alles sehr plausibel klingen, aber Tatsache ist auch dass das Kennzeichen bereits öffentlich bekannt war.

Und Zeugen - Autokennzeichen - Automarke ist bei der Polizei immer so eine Sache. Ich könnte dir noch 50 Fälle aufzählen, wo Zeugen geschwört haben dieses und jenes Auto-bzw Kennzeichen gesehen zu haben und Gerichte solche Aussagen runtergespielt haben - so nach dem Motto "Der Zeuge hat sich wahrscbeinlich geirrt".

Damit will ich nur sagen dass dieses durchaus sehr heikle Thema "Kennzeichen" je nachdem ob es zu anderen Indizien passt oder nicht - als "Beweis" in die Urteilsbegründung aufgenommen wird oder halt als "nicht relevant". Als Verteidiger hätte ich dort angesetzt und an die Kammer appelliert, dass diese eine Zeugenaussage nicht zu lebenslänglich + Schwere der Schuld führen dürfe....

Ich meine, ihre Nachbarin daheim hätte (gegen ein zuvor versprochenes Schweigegeld von z. B. 250.000€) genau so sagen können, dass sie bis 1.00 Uhr Kaffee getrunken haben. Und nu? :roll:
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Assis »

@AngRa

"Da der Täter mit einem Haustürschlüssel in das Anwesen der Getöteten eingedrungen ist, wie oben unter III. B. 4. ausgeführt ist, kommt nur die Angeklagte als Täterin in Betracht."

Zunächst denke ich auch, dass sie zumindest daran beteiligt war, aber ich denke, dass die Schlussfolgerung, wie sie hier präsentiert wird, voreingenommen ist.

Wenn ich für einen Moment den Anwalt des Teufels spiele und frage, könnte es sein das sie ihren Schlüssel vielleicht jemandem gegeben hat, der das Paar für sie getötet hat?
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Assis hat geschrieben: Freitag, 23. Oktober 2020, 18:52:14 Wenn ich für einen Moment den Anwalt des Teufels spiele und frage, könnte es sein das sie ihren Schlüssel vielleicht jemandem gegeben hat, der das Paar für sie getötet hat?
Absolut richtig! Zumal ich mal gelesen habe, dass sie tatsächlich Killer anheuern wollte. Dass jemand ein Motiv & Schlüssel hat heißt ja nicht automatisch dass er die Drecksarbeit nicht anderen überläßt zumal es hier um viel Geld ging. Man hätte sich einerseits nicht die Finger dreckig gemacht, man hätte sich ein Alibi verschafft und man hätte auch noch das Geld das alles zu finanzieren.

Ein ganz schwaches Indiz also. 8-)
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Iven »

Man sollte auch nicht vergessen, dass dat Lange (Rike) im Laufe ihrer langen Vernehmung durch die Kripo (KHK Lauxen u.a.) insgesamt vier (!) völlig verschiedene Aussagen bzgl. ihres Alibis zu Protokoll gegeben hat. Nachdem die ersten drei Aussagen allesamt nicht glaubhaft waren und von der Kripo widerlegt wurden, tischte sie den Beamten  - zur Überraschung aller - die völlig an den Haaren herbeigezogene Geschichte mit dem Suizidversuch auf. Bei dieser vierten Aussage ist es dann geblieben, weil die Kripo dies logischerweise nicht widerlegen konnte. Geglaubt haben sie es aber zu keinem Zeitpunkt (lt. Lauxen).
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Assis »

Iven hat geschrieben: Samstag, 24. Oktober 2020, 02:14:16 Man sollte auch nicht vergessen, dass dat Lange (Rike) im Laufe ihrer langen Vernehmung durch die Kripo (KHK Lauxen u.a.) insgesamt vier (!) völlig verschiedene Aussagen bzgl. ihres Alibis zu Protokoll gegeben hat. Nachdem die ersten drei Aussagen allesamt nicht glaubhaft waren und von der Kripo widerlegt wurden, tischte sie den Beamten  - zur Überraschung aller - die völlig an den Haaren herbeigezogene Geschichte mit dem Suizidversuch auf. Bei dieser vierten Aussage ist es dann geblieben, weil die Kripo dies logischerweise nicht widerlegen konnte. Geglaubt haben sie es aber zu keinem Zeitpunkt (lt. Lauxen).
Wie gesagt glaube ich auch nicht das sie unschuldig ist, aber ich wollte nur darauf hinweisen, dass diese entscheidende Schlussfolgerung des Gerichts nicht objektiv ist und meines Erachtens das gesamte Urteil untergräbt.

"Da der Täter mit einem Haustürschlüssel in das Anwesen der Getöteten eingedrungen ist, wie oben unter III. B. 4. ausgeführt ist, kommt nur die Angeklagte als Täterin in Betracht."

Ein Urteil sollte nicht solche Schlussfolgerungen enthalten.

Alle anderen Indizien zusammen hätten ausgereicht, um sie zu verurteilen, aber die Strafe wäre wahrscheinlich niedriger gewesen
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Iven hat geschrieben: Samstag, 24. Oktober 2020, 02:14:16 Man sollte auch nicht vergessen, dass dat Lange (Rike) im Laufe ihrer langen Vernehmung durch die Kripo (KHK Lauxen u.a.) insgesamt vier (!) völlig verschiedene Aussagen bzgl. ihres Alibis zu Protokoll gegeben hat.
Das ist aber allein kein Grund jemanden zu lebenslänglich zu verurteilen. Vielleicht hatte sie einen Lover in der Tatnacht zu Hause und wollte erstmal ihre Ehe retten. Bitte nicht falsch verstehen: Ich verteidige sie nicht, stelle nur die Stärke der Indizien in Frage.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Assis hat geschrieben: Samstag, 24. Oktober 2020, 09:30:52 Ein Urteil sollte nicht solche Schlussfolgerungen enthalten.
Ja, das finde ich auch. Ist nach dem Motto "Wer soll's sonst gewesen sein?" :roll:
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Es hat eine Kette von Indizien gegeben. Diese Schlüsselsache war ein Indiz unter vielen.
Und im Übrigen, wer sollte es denn sonst gewesen sein? Das habe ich mich auch gefragt.
Die Frage ist doch nicht verboten. Und Sinn macht sie auch.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Undercover »

Widasedumi hat geschrieben: Samstag, 24. Oktober 2020, 12:25:46 Die Frage ist doch nicht verboten. Und Sinn macht sie auch.

Die Frage ist für Hobby-Ermittler selbstverständlich nicht verboten -für ein Gericht jedoch ganz, ganz schwache Leistung. Und auf die Frage wer's gewesen sein könnte gibt es mindestens noch 1 Antwort: Angeheuerte Killer. Das ist überhaupt nicht verrückt, da sie sich danach erkundigt hatte und bei solch einem Vermögen auch denkbar.

Ihr vielleicht größter Fehler um von sich abzulenken war, dass sie das nicht wie ein Raubmord frisiert hat. Ich meine, sie wußte wahrscheinlich wo Wertgegenstände aufbewahrt wurden, hätte diese mitnehmen & im Rhein verschwinden lassen, hier eine Schublade geöffnet und rumgewühlt, da kaputte Vasen usw usw. Also so, wie es nach einem Raubmord aussieht.

P.S. Auch wenn ich wieder andere Fälle als Beispiel nehme aber der Mord am Wiener Friseur zeigt, dass (wohl) angeheuerte osteuropäische Killer keine Fiktion sind, sondern Realität. Auch in dem Fall hat eine Frau sehr starke Motive dass der Mann nicht mehr lebt -aber der Täter war Osteuropäer, die Waffe kam aus Ex-Jugoslawien -ganau so wie die Frau selbst. Täter wurde natürlich nie gefasst, weil er wahrscheinlcih nur deshalb eingereist war und ihn niemand kannte.
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Iven »

Man sollte auch nicht vergessen, dass dat Lange in einem von der Kripo abgehörten Telefonat zu BS sagte:

"B., es gibt nur eine Art, geräuschlos mit dem Messer zu töten."
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

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@Iven

Ich komme nicht klar mit den Abkürzungen -wer hat also wem was gesagt?
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Re: MORDFALL SCHEMMER -- Nachbetrachtung

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Undercover hat geschrieben: Samstag, 24. Oktober 2020, 13:38:06 Die Frage ist für Hobby-Ermittler selbstverständlich nicht verboten -für ein Gericht jedoch ganz, ganz schwache Leistung. Und auf die Frage wer's gewesen sein könnte gibt es mindestens noch 1 Antwort: Angeheuerte Killer.
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Ich verstehe das Gemeinte schon, ich verstehe aber diese Überpäpstlichkeit nicht. Ein Gericht ist frei und muss sich ein Urteil bilden. In diesem Verfahren gab es gefühlte 100 Indizien, die ins Bild passten und die ein Bild ergaben. Aber so einen schlagenden Hammer wie eine Kamera-Aufzeichnung oder so was, gab es halt nicht. Es wäre jedes einzelne Indiz im isolierten Zustand auch abräumbar gewesen, aber in der Summe passten sie zueinander. Der Motorradfahrer war eigentlich das belastendste Indiz, doch dann stimmte dessen Angabe der Fernsehsendung nicht zu dem Tag, kann ich mich erinnern. Der Indizien waren viele, mehr noch als im Fall Baumer, aber viele lösten sich in der Verhandlung auch auf, weil dieses und jenes nicht verwendet werden durfte. Und der Verteidiger war ein Fuchs. Ebenbürtig dem Verteidiger war aber in jedem Fall der souveräne Richter.

Was ich sagen möchte ist, dass ich dem Gericht zubillige, dass es die Frage "Wer sonst?" eben auch in ein Gesamtbild bringen kann, ohne dafür gerügt zu werden. Ich finde, dass die Strafprozessordnung sehr großzügig dem Angeklagten gegenüber ist. Und über diese Prozessordnung hinausgehend noch weitere Restriktionen an das Gericht zu richten, finde ich ehrlich gesagt: bescheuert. Ist natürlich nur meine Meinung.
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