MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

14:07 Uhr
29.09.2020
Es geht weiter.
14:11 Uhr
29.09.2020
Die Nebenklage schließt sich den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an, sagt Anwältin Ricarda Lang. „Unsere Mandanten sind erleichtert, dass ein überaus penibler und engagierter Staatsanwalt dem Verfahren angenommen hat. Der auch keine Arbeit und Mühen gescheut hat.“ In diesem Verfahren sei gar nichts selbstverständlich gewesen, sagt Lang. Deshalb konnte man das Verhalten des Staatsanwalts so auch nicht mehr erwarten. Sie schildert, wie sie anfangs mit der Familie ins Gespräch kam. Sie selbst habe zunächst den Rat gegeben, vielleicht mit dem Geschehen abzuschließen, weil die Chancen auf eine Wiederaufnahme insbesondere in einem Mordfall sehr schlecht stehen. Als sie die Akten gesehen habe, habe sie sofort die Familie angerufen und zu einem Termin einbestellt habe. Sie habe so einen Einstellungsbeschluss noch nie gesehen. Die Staatsanwaltschaft habe zunächst nicht reagiert. Daraufhin habe die Generalstaatsanwaltschaft „gebeten“ - „was auch immer das heißt“ - das Verfahren wieder aufzunehmen.
Sie hoffe für Ihre Mandanten, dass sie einigermaßen versöhnt seien, da es nunmehr keine Kritik mehr an der Anklagebehörde zu äußern gebe.
14:12 Uhr
29.09.2020
Dass sich der Angeklagte über seinen Anwalt verteidigt habe, sei dem Angeklagten nicht zur Last gelegt werden. Er müsse sich aber zur Last legen lassen, dass er Maria Baumer ermordet habe und zwar nur er, sagt Lang.
14:15 Uhr
29.09.2020
In dubio pro reo sei nicht anzuwenden, sagt Lang. „Es ist wahrscheinlich, dass seitens der Verteidiger angeführt wird, dass man aufgrund der Beweisaufnahme gar nicht wissen könne, ob der Angeklagte Maria Baumer ermordet hat.“ Das Gericht habe sich dank der Stellungnahme des Angeklagten aber nur noch mit wenigen Indizien zu beschäftigen, sagt Lang. Im Urteil werde nur festgestellt, was die Beweisaufnahme ergeben habe. Die Beweisaufnahme habe keinen Hinweis ergeben, dass das vom Angeklagten Geschilderte anzunehmen ist. Auch nicht nach dem Zweifelssatz, so Lang.
14:16 Uhr
29.09.2020
Dass der Angeklagte Maria Baumer bereits vor der Tat Medikamente verabreicht hat, zeige die Anmesie, sagt Lang.
14:17 Uhr
29.09.2020
Der Angeklagte lüge permanent, sagt Lang. Er hatte aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur ein Motiv. Er hatte sich in die junge Patientin verliebt. Er verfasste pro Nacht bis zu 100 Beiträge und erstellte für sie einen Blog. Ein anderer Tatablauf sei weder ersichtlich noch plausibel.
14:19 Uhr
29.09.2020
Der Angeklagte sei jemand, der Konflikten ausweicht und deshalb das leichteste Mittel für ihn sucht. Das leichteste, hinterhältigste Mittel sei eine Vergiftung gewesen, sagt Lang.
14:22 Uhr
29.09.2020
Lang sagt, dass auch sie das Nachtatverhalten bei einer besonderen Schwere der Schuld berücksichtigt werden müsse. Sie benennt unter anderem das Belügen von Marias Familie. Auch in diesem Punkt schließt sie sich der Verteidigung an.
14:23 Uhr
29.09.2020
Sie geht noch kurz auf die persönliche Situation ihrer Mandanten ein:Barbara Baumer habe zu ihr gesagt, dass der Tod ihrer Schwester für sie bedeute, dass ein Teil von ihr weggegangen sei. Sie fühle sich seit dem Tod von Maria wie ein halber Mensch. Sie wünsche sich deshalb für ihre Mandanten, dass in einem Rechtsstaat ein Mord nicht ungesühnt bleibe.
14:24 Uhr
29.09.2020
Damit hat auch die Nebenklage ihren Schlussvortrag abgeschlossen. Es ist nun Pause bis 15.20 Uhr.

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AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

15:23 Uhr
29.09.2020
Die Kammer hat Platz genommen.
15:24 Uhr
29.09.2020
Euler setzt an mit den Worten: „Ich habe lange überlegt, wie ich dieses Plädoyer anfange.“
15:30 Uhr
29.09.2020
Euler blickt nun nochmal zurück. Er sagt der Angeklagte habe kategorisch abgestritten, etwas mit dem Verschwinden von Maria Baumer zu tun zu haben.
15:25 Uhr
29.09.2020
Das Verfahren sei ein besonderes gewesen, besonders für die Verteidigung. Ein Fall, der rechtlich und in tatsächlicher Hinsicht spannend sei. Er sei etwas später dazugestoßen, 2016 im ersten Prozess. Auf Bitten der Familie und des Angeklagten sei er in dieses zweite Verfahren ebenfalls dazugekommen.
15:26 Uhr
29.09.2020
Die Beweisaufnahme führt dazu, dass der Angeklagte freizusprechen ist. Dies werde auch sein Antrag am Ende seines Vortrages sein, sagt Euler.
5:30 Uhr
29.09.2020
Euler bringt Kritik an. Er dürfte heute noch ein Plädoyer halten, nachdem er um 5 Uhr nach Regensburg gefahren sei. Er müsse sein Plädoyer halten und das der Staatsanwaltschaft einzuarbeiten. Er sehe sich in der Lage, sein Schlussstatement zu halten. Er kritisiert, das seinem Wunsch nicht entsprochen worden sei, keinen so langen Tag anzusetzen.
Die Kritik der Staatsanwaltschaft, es sei die Märchenstunde des Verteidigers Euler, habe ihn getroffen. „Da habe ich dann doch schlucken müssen.“ Die Kritik der Staatsanwaltschaft impliziere, dass er sich diese Stellungnahme ausgedacht hab. Er sei nicht nachtragend. Aber die Kommentare, die auch auf die Presseveröffentlichungen kamen, seien nicht schön gewesen.
15:35 Uhr
29.09.2020
Im Prozessverlauf habe die Verteidigung einen Sachstand erworben, der mit der Aussage des Angeklagten nicht in Einklang gebracht werden konnte. Die Beweise sprachen objektiv dagegen, dass er nichts mit der Vergrabung der Leiche zu tun hatte. Der Spaten habe verdichtet, dass Christian F. etwas damit zu tun haben könnte. Er habe ihn in einer Verhandlungspause darauf angesprochen. F. habe geschluckt, sagt Euler. Ich habe ihm gesagt, dass diese Information bei mir bleibt. Darauf sei es aus dem Angeklagten herausgesprudelt, was dann in der Stellungnahme gemeinsam mit den Kollegen der Verteidigung verarbeitet habe. Auch für die Verteidigung sei diese Einlassung überraschend gekommen, betont Euler. Für den Kollegen Haizmann sei die Äußerung doppelt misslich gewesen. Er habe sich über Jahre anlügen lassen. Dies sei dem Angeklagten aber nicht unüblich in seiner Persönlichkeit, sagt Euler.
15:36 Uhr
29.09.2020
Man habe einen Fehler des Angeklagten, den er zu einem relativ frühen Zeitpunkt begangen habe. Als er bemerkte, dass Maria Baumer tot in der Wohnung lag und sie diese Medikamente genommen hatte. Es sei für ihn stringent gewesen, dies bis hierher fortzuführen.
15:41 Uhr
29.09.2020
Einem Angeklagten stehe es frei, in einem Mordverfahren zu schweigen. Es dürfe ihm dies auch nicht zur Last gelegt werden, sagt Euler. Der Grund für die Stellungnahme sei unter anderem, dass ein schweigender Angeklagter oftmals dafür verurteilt werde, dass er geschwiegen habe, Hier sitze nun zudem noch ein verurteilter Missbrauchstäter und ein Mann, der eine junge Patientin betäubt hatte. Da habe man sich schnell die Meinung gebildet. Die Einlassung sei auf den Nebenklägern geschuldet, die ein Recht darauf hätten zu erfahren, was hier eigentlich passiert ist.
15:41 Uhr
29.09.2020
Das alles ist nicht mehr gewesen als ein blöder Unfall, sagt Euler.
15:43 Uhr
29.09.2020
Es sei schwer nachzuvollziehen, dass man die Verlobte tot findet und sie dann im Wald begräbt, bestätigt Euler. Er geht darauf ein, dass er nachvollziehen könne, dass der Angeklagte Angst hatte, wegen der Medikamente und dem Tod von Maria Baumer strafrechtlich verfolgt zu werden. Letztendlich lässt es sich dann doch wieder nachvollziehbar erscheinen, sagt Euler.
15:47 Uhr
29.09.2020
Er geht nun nochmals darauf ein, was der Angeklagte eingeräumt hat:
Dass er Maria Baumer am 27. Mai 2012 vorsätzlich vergraben habe. Dass er sie getötet hat, streitet er weiterhin vehement ab, sagt Euler.
Maria Baumer habe am Grillabend Magen- und Rückenschmerzen bekommen. Als Christian F. sie morgens tot im Bett fand, sei er in Panik geraten. Dies habe er auch eindrucksvoll gegenüber der Sachverständigen geschildert, in welcher Situation er sich da befand.
Als er sich gegenüber äußerte, sei es bereits eine Befreiung gewesen. Als er dies gegenüber der Sachverständigen schilderte, sei er wiederum nur am Weinen gewesen. Er nehme an, dass es sich deshalb auch so ereignet hat. So abgebrüht, wie ihn die Staatsanwaltschaft darstellt, sei er in diesen Situationen nicht gewesen. Das sei Ausdruck der Trauer gewesen. Seine Trauer um Maria und darum, dass er die Trennung nicht verwindet. Maria Baumer sei die Liebe seines Lebens, das habe er auch gegenüber der jungen Patientin geäußert.
15:50 Uhr
29.09.2020
Wir haben zu beurteilen, ob das, was der Angeklagte hier zum Besten gegeben hat, geglaubt werden kann oder nicht. „Man kann das glauben, man muss es natürlich nicht. Aber kann ich ihm hier das Gegenteil beweisen?“, sagt Euler. Die Staatsanwaltschaft habe sich viel Mühe gegeben, dass das, was der Angeklagte sagte, so alles nicht stimmen kann.
15:52 Uhr
29.09.2020
Wenn ich jemandem, der arg- und wehrlos ist, Lorazepam und Tramadol verabreiche, ja, dann ist das Heimtücke, sagt Euler. Er zitiert nun nochmals die Gründe, die die Staatsanwaltschaft vorgebracht hat, was den Mordvorwurf unterstreicht. Die Staatsanwaltschaft mache Stimmung gegen den Angeklagten durch ein ganzes Bündel von möglichen Erklärungen. „Wir bewerfen ihn mit relativ viel Dreck und irgendwas wird schon hängen bleiben“, kritisiert Euler.
15:53 Uhr
29.09.2020
Bei der Staatsanwaltschaft fehle der klassische Beleg, dass diese Motive tatsächlich zutreffen, sagt Euler.
15:58 Uhr
29.09.2020
Der Angeklagte hat ausgesagt, dass er den Branntkalk aus dem Keller mitgenommen hat, um die Leiche zu versiegeln. Er wollte, dass Maria Baumer nicht gefunden wird, sagt Euler. Der Branntkalk spiele der Staatsanwaltschaft in die Karten, räumt Euler ein. Alle werden so denken, dass es mehr gewesen sein muss als ein Unfall. Euler hält dagegen: „Der Angeklagte wollte nicht, dass die Leiche ausgebuddelt wird. Warum auch immer.“ Er habe diese Versiegelung durchführen wollen. Woher die Flüssigkeit stammen soll, die er rübergeschickten haben soll, um die ätzende Wirkung zu erzielen, habe die Staatsanwaltschaft nicht gesagt. Woher soll die gekommen sein? Da hätte er ja ganze Kanister mitbringen müssen, sagt Euler.
16:01 Uhr
29.09.2020
Wer einen vorsätzlichen Mord begehe, mache sich vorher Gedanken, ob er einen Fehler gemacht habe, der ihn später belasten könnte. Christian F. Räumt ein, dass er den Spaten vergessen habe. Ein abgebrühter Täter wäre zurückgekehrt und hätte den Spaten geholt, betont Euler. Den perfekten Mord begangen, aber den Spaten liegengelassen. „Das macht keinen Sinn“, sagt Euler. Es mache aber Sinn, wenn man der Einlassung des Angeklagten folge, dass er da nicht nochmal hinfahren konnte.
16:03 Uhr
29.09.2020
Dass er den Spaten liegen gelassen hatte und nicht Später holte, spricht gegen diese Abgebrühtheit. Beim Nachtatverhalten, das räumt Euler ein, sei sein Mandant kreativ geworden. Aber er habe dilletantisch agiert.
16:05 Uhr
29.09.2020
Es hätte tausend Möglichkeiten gegeben, wie Maria Baumer an die Medikamente gekommen sein konnte, die der Angeklagte hätte sagen können. „Aber dann macht er voll den Scheiß!“
16:07 Uhr
29.09.2020
Die Manipulation des Lesezeichens zur.Bahnverbindung am 24. Mai 2012 sei für die Staatsanwaltschaft jetzt das Totschlagargument. Aber: „Es lässt sich nicht ausschließen, dass Maria Baumer diesen Eintrag selbst gemacht hat“, sagt Euler.
16:15 Uhr
29.09.2020
Euler führt nun ausführlich aus, warum es mehr Sinn mache, dass Maria Baumer nach der Bahnverbindung von Hamburg nach Regensburg für den 28. Mai 2012 gesucht habe.
16:20 Uhr
29.09.2020
Die Internetsuchen des Angeklagten seien der Grund, warum die Staatsanwaltschaft überhaupt mit diesem Verfahren hier punkten konnte, sagt Euler. Der Guillotine-Griff sei ein Begriff aus dem Judo. Die Angehörigen von Frau Baumer betreiben diesen Sport, sagt Euler. Deshalb hat er danach gesucht. Für sich genommen sei das völlig unverfänglich, Es sei zudem ein eindenkbar schlechtes Indiz, da es keine Anhaltspunkte für ein Erwürgen gebe.
16:23 Uhr
29.09.2020
Auch die anderen Suchbegriffe ergeben laut Euler durch die Einlassung des Angeklagten einen Sinn. Euler erläutert nochmals, dass Erfahrungen aus der Arbeit bei dem Angeklagten die Suche ausgelöst hätten. Er habe sich informieren wollen. Eins habe zum anderen geführt und er habe immer weitere Begriffe dazu eingegeben. Es sei aus Interesse erfolgt.
16:26 Uhr
29.09.2020
Wenn der Angeklagte den Mord von Langem geplant hatte, dann sei ab dem 14. Mai ein relativ langer Zeitraum bis zur Tatausführung entstanden. Es sei erwartbar, dass der Angeklagte in dieser Zeit auch mal konkret zu einem Mord mit der Kombination von Lorazepam und Tramadol suche. Eine solche Suche sei aber nicht erfolgt.
16:31 Uhr
29.09.2020
Euler sagt: Warum hat der Angeklagte nicht konkret nach dem, was ihm später als Mord zur Last gelegt wurde, gegoogelt? Da hätte man eine ausführlichere Tatrecherche erwarten können.
16:32 Uhr
29.09.2020
Für sich genommen seien die Google-Recherchen ein Indiz, räumt Euler ein. Aber man müsse immer sehen, wie man die Indizien auslege. Man könne es so sehen oder eben auch anders.
16:34 Uhr
29.09.2020
Immer wieder spielt Euler auf die Fehler an, die sein Mandant gemacht habe. Er will damit den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass die Tat von langer Hand geplant und ausgeführt worden war, entkräften. Am Ende des Tages spiele der Spaten überhaupt keine Rolle mehr, sagt Euler in Bezug auf das bloße Vergraben.
16:35 Uhr
29.09.2020
Nun arbeitet sich Euler durch die Theorien zum Tatort, der durch den gefundenen BH lokalisiert worden sei.




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AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

16:41 Uhr
29.09.2020
Der BH sei eigentlich wesentlich für den Medikamentenkonsum von Maria Baumer, sagt Euler. Im Bett habe Maria Baumer wohl den BH nicht getragen, also in dem Moment, wo ihr der Angeklagte den Kaba mit den Medikamenten verabreicht haben soll. Es spreche eher dafür, dass die Medikamente schon vorher genommen wurden. Keine einmalige Tötungsaktion, sondern vielmehr eine Einnahme über einen längeren Zeitraum, sagt Euler. Er spricht nun aus dem stressigen Alltag des Opfers. Es deute einiges darauf hin, dass es eine depressive Grundstimmung gab. Dafür führt Euler nun Zeugenaussagen ein und will dies auch mit der Aussage von Barbara Baumer untermauern, wonach ihre Schwester relativ schnell verzweifelt gewesen sei.
16:45 Uhr
29.09.2020
Euler springt nun auf die Berufsunfähigkeitsversicherung von Maria Baumer, die sie seit 2005 besaß und die die Staatsanwaltschaft am Montag anführte als Grund, warum das Opfer einen Medikamentenkonsum nicht hätten verheimlichen müssen. Das wischt er vom Tisch, die Versicherung hätte nur eine geringe Summe ausgemacht. Offenkundig will er sagen, dass sie vielleicht noch eine Versicherung habe abschließen wollen.
16:50 Uhr
29.09.2020
Er geht jetzt darauf ein, dass Maria Baumer ihrer Familie nicht alles gesagt hat. Eben auch nicht zu einem Medikamentenkonsum, sagt Euler. Sie hätte dadurch auch begründen müssen, woher sie die Medikamente hatte. Es sei naheliegend, dass man das nicht erzähle, so der Verteidiger. Die Familie des Opfers schüttelt den Kopf über diese Aussage des Verteidigers.
16:51 Uhr
29.09.2020
Es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie die Medikamente auch selbst genommen hat. Umso schwieriger sei es zu behaupten, es sei Mord und wurde ihr heimtückisch verabreicht, betont Euler.
16:53 Uhr
29.09.2020
Euler sagt, es gebe keine Todesursache bei Maria Baumer. „Vielleicht hatte sie ein Herzproblem und ist daran gestorben?“
16:55 Uhr
29.09.2020
Es gebe viel zu viele Fragezeichen in Bezug auf die Tat, sagt Euler. Bei genug Indizien könne man sich darüber hinwegretten, aber ganz so einfach sei es eben nicht, betont der Verteidiger.
16:59 Uhr
29.09.2020
Alles was auf Verdeckung hindeute, mache man nicht nur, wenn man die Tat ausgeführt habe, sondern auch, wenn man das Gefühl habe, mitverantwortlich für etwas zu sein, sagt Euler.
17:01 Uhr
29.09.2020
Euler geht nun auf die Mordmerkmale ein. Der Angeklagte hatte beruflich schon einiges erreicht. Er habe nebenher studiert. Dass er Maria Baumer umgebracht habe, um das Studium nicht mehr fortführen zu müssen? „Deshalb bringe ich doch keinen um“, sagt Euler.
17:03 Uhr
29.09.2020
Die pädophilen Neigungen seien vorhanden, das sei unstrittig, sagt Euler. Zu sagen, dass er diese Handlungen jetzt wegen der anstehenden Heirat nicht mehr Härte ausleben können, das könne man freilich annehmen als Tatmotiv. Es mache aber keinen Sinn, dass sich der Angeklagte danach wieder eine Freundin gesucht habe. „Auch das ist also ein denkbar schlechtes Argument.“
17:07 Uhr
29.09.2020
In Bezug auf die junge Patientin sagt Euler: Der Angeklagte habe an dem Tag, an dem Maria Baumer gestorben ist, die CD der Wise Guys für die junge Frau gemacht, bestätigt Euler. Er sieht darin aber keinen Hinweis, dass dies den Mordvorwurf stützen würde. Jeder gehe individuell mit der Situation um, spielt er auf dieses außergewöhnliche Verhalten an. In der Situation habe im Kopf nicht alles so funktioniert, wie es vielleicht laufen soll, sagt Euler.
17:11 Uhr
29.09.2020
Dass Maria Baumer wegen F.s Interesse an der jungen Patientin sterben musste, hält Euler für völlig abwegig: „Wir müssten einen völlig irren Angeklagten vor uns haben, der schon mal vorsorglich, in der Hoffnung, dass irgendwann mal etwas mit der jungen Patienten laufen könnte, seine Verlobte umbringt. Dann hätten wir hier jemanden, den wir unterbringen müssten, weil das psychisch krank wäre“, sagt Euler.
17:14 Uhr
29.09.2020
Nachdem die Frau Baumer tot gewesen sei, wäre er dann recht frei und ungebunden gewesen, sagt Euler „Wo die Liebe hinfällt.“
17:16 Uhr
29.09.2020
Nach der Einlassung des Angeklagten ist das kein Mord, ist das gar nichts mehr, sagt Euler. Es sei moralisch eine Riesensauerei. „Wenn man dem lieben Gott glaubt, dann kommt er dafür auch in die Hölle. Aber er kommt eben nicht dafür ins Gefängnis,“
17:23 Uhr
29.09.2020
Die Beweisaufnahme im Prozess habe nichts Neues ergeben, was die Stellungnahme hätte entkräften können. Die Stellungnahme sei spät gekommen, weil die Verteidiger relativ spät davon erfahren hätten, sagt Euler. Er habe auch vermeiden wollen, dass irgendwelche Zeugen dagegenreden. Die Nebenklage und die Familie Baumer hätte entsprechende Fragen stellen können. Wer die Akte richtig liest, dem müsse sich aufdrängen, dass der Angeklagte mit dem Verschwinden etwas zu tun haben Müsse. Wer bei der Polizei hinsichtlich der Einlassung lügt, der verbirgt doch irgendetwas, dem werde eine Tatbeteiligung unterstellt, sagt Euler. Diese vorgefertigten Meinungen und sich das Zurechtbiegen der Stellungnahme auf diese vorgefertigte Meinung habe er verhindern wollen. Zudem führt er noch praktische Gründe an, die mit dem Zeitaufwand für ihn als Verteidiger zusammenhängen.
17:26 Uhr
29.09.2020
Nun bringt der Verteidiger doch noch einen sexuellen Fetisch ins Spiel. Der Angeklagte habe nach „Besamung Schlafender“ gesucht. Vielleicht habe er mit Maria Baumer diesen Fetisch ausleben wollen und ihr Lorazepam verabreicht, während sie selbst Tramadol eingenommen hatte, bringt Euler vor. Das wäre dann eine fahrlässige Tötung. Solche Alternativen müssten auch ausgeschlossen werden. Er habe dazu hier auch nichts. Die Kammer hätte dafür auch einen rechtlichen Hinweis geben müssen. Er führe dies ein, um aufzuzeigen, dass es sich um ein reines Indizienverfahren handele.
17:30 Uhr
29.09.2020
Sein Schlussantrag laute auf Freispruch, sagt Euler. Er möchte gerade auch noch mal die Schöffen bitten, sich zu vergegenwärtigen, dass hier eine Riesensauerei abgelaufen sei. „Dafür gibt es keine Entschuldigung“. Es sei moralisch Unterste Schublade. Man müsse hier aber eine strafrechtliche Bewertung vornehmen. „Strafrechtlich ist das gar nichts, so niederträchtig das auch sein mag, die Verlobte im Weld zu vergraben und jedem zu erzählen, sie sei verschwunden.“ Wer so etwas mache, der dürfe nicht damit rechnen, dass ihm Verständnis entgegengebracht werde. Aber strafrechtlich kann man hier nicht genügend Indizien finden. Deshalb sei sein Mandant freizusprechen.
17:31 Uhr
29.09.2020
Euler beendet seinen Vortrag. Jetzt sind zehn Minuten Pause und dann spricht als letzter Verteidiger Haizmann.
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AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

17:40 Uhr
29.09.2020
Es geht weiter.
17:41 Uhr
29.09.2020
Verteidiger Michael Haizmann sagt, er werde sich so kurz wie möglich zu fassen. Euler habe alle Dinge, die im wesentlichen für die Verteidigung wichtig sind, bereits vorgetragen.
17:44 Uhr
29.09.2020
Vor knapp sieben Jahre habe er das Mandat übernommen. Am 13. September 2013, drei Tage nachdem die sterblichen Überreste von Maria Baumer aufgefunden worden sind. Nur drei Tage hätten die Strafverfolger gebraucht, um medienwirksam einen Täter zu präsentieren, sagt Haizmann. Das erste was er In der Sache gemacht habe, sei gewesen, einen Verfahrensverstoß zu beenden. Man habe versucht, dem Tatverdächtigen auszureden, dass er einen Verteidiger braucht. Dies sei symptomatisch gewesen für dieses ganze Verfahren. Was in diesem Fall abgelaufen sei, hatte nicht nur den Charakter eines Ermitlungsverfahrens, es hatte den Charakter einer Hexenjagd, sagt Haizmann.
17:46 Uhr
29.09.2020
Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren 2018 Mangels hinreichendem Tatverdachts eingestellt, obwohl eigentlich im Großen und Ganzen dieselbe Indizienlage bestanden hat, wie sie heute auch nicht besteht, sagt Haizmann. Das hätte man durchaus verhandeln können. Die Nachermittlungen haben die Medikamentenrückstände erbracht und die mitochondriale DNA. Der Rest sei 2018 bekannt gewesen. Das wir hier heute sitzen, das ist ein Arbeitserfolg der Nebenklagevertreterin Ricarda Lang, betont Haizmann.
17:49 Uhr
29.09.2020
Die Staatsanwaltschaft habe konträr zur Polizei agiert. Die Polizei habe eine Reihe von Verstößen begangen. Verbotenerweise seien Verteidigertelefonate abgehört worden, nennt er ein Beispiel. Zudem sei nicht ansatzweise versucht worden, nach alternativen Tätern zu suchen. Alles habe sich auf Christian F. Konzentriert. Wenn einer die Unschuldsvermutung ernst nehmen müsse, dann sei dies der Strafverteidiger. Deshalb habe er sich schützend vor seinen Mandanten gestellt. Das sei seine Funktion und seine Pflicht. Dass man mal belogen werde, das müsse ein Strafverteidiger aushalten. Das passiere ihm nicht zum ersten Mal, sagt Haizmann.
17:50 Uhr
29.09.2020
Indizienprozesse haben es an sich, dass man belastende Indizien so oder so sehen kann. „Zu jedem Indiz gibt es ein Aber.“
17:52 Uhr
29.09.2020
Es werde unterstellt, dass der Angeklagte bereits Anfang Mai 2012 den Entschluss gefasst hatte, dass er die Beziehung mit Maria beenden und eine Beziehung mit der jungen Patientin aufnehmen wolle. Das gehe nicht ganz mit der Beweislage zusammen, sagt Haizmann.
17:54 Uhr
29.09.2020
Maria Baumer und Christian F. Seien liebevoll miteinander umgegangen. Das hätten Zeugen auch so bestätigt. Er räumt ein, dass die Formulierung in der Stellungnahme „er habe seinen Marktwert testen wollen“, unglücklich gewesen sei, sagt Haizmann.
17:57 Uhr
29.09.2020
Eine geplante Beziehung mit der jungen Patientin habe es zum Zeitpunkt Anfang Mai nicht gegeben. Der Schlüssel liege im Gutachten von Dr. Lausch. Der Angeklagte wollte mit „fishing for compliments“ sein Selbtwertgefühl aufwerten. Es habe Anerkennung gesucht, Lob, Aufwertung der eigenen Persönlichkeit aufgrund der tief in ihm selbst verwurzelten Unsicherheit. Der vulnerable Narzist, wie es die Gutachterin genannt hatte. Es sei deshalb nicht zwingend eine Verknüpfung zwischen der jungen Patientin und einer Tötungsabschicht von Maria Baumer herzustellen, sagt Haizmann
17:57 Uhr
29.09.2020
Das Studium habe seiner Meinung nach noch nie als Mordmotiv getaugt, sagt Haizmann.
18:00 Uhr
29.09.2020
Trotz seiner Teilhzeitbeschäftigung am Bezirksklinikum habe der Angeklagte im Studium sehr viel erreicht und außer Chemie alle Prüfungen abgelegt. Er sehe nicht, wo man anknüpfen könnte, dass Christian F. Im Mai 2012 sein Studium beenden wolle.
18:02 Uhr
29.09.2020
Hass auf Maria Baumer, auf ihren Erfolg, das sei nicht belegt, sagt Haizmann. Dass der Angeklagte neidisch auf Marias Erfolg gewesen wäre, das könne er als These nicht teilen, sagt Haizmann.
18:04 Uhr
29.09.2020
Die pädophilen Neigungen seien da, sagt Haizmann. Dies habe die Gutachterin als Nebenströmung festgestellt. Man wisse nicht, ob Maria Baumer Kenntnis von den bisexuellen Neigungen ihres Freundes hatte. Ob er der Angeklagte noch seinen Neigungen nachging während der Beziehung, darüber sei nichts zutage gefördert worden., sagt der Verteidiger.
18:08 Uhr
29.09.2020
Es gibt kein tragfähiges Motiv für diese Tötung, sagt Haizmann. Die Vergiftung eines wehrlosen Menschen sei heimtückisch. Man wisse aber nicht, wie Maria Baumer zu Tode gekommen sei. Selbst die Polizei habe verschiedene Medikamente als Tötungsmittel angeführt. Zudem ließen die Nachweise in dem Haarbüschel und in dem BH keine Rückschlüsse auf Mengen und damit tödliche Mengen zu. Wenn man gewisse Dinge nicht wisse, dürften nicht Dinge unterstellt werden, sagt Haizmann.
18:13 Uhr
29.09.2020
Nun nimmt Haizmann noch Stellung zur besonderen Schwere der Schuld, die von Staatsanwaltschaft und Nebenklage beantragt wurde. Das Nachtatverhalten sei moralisch unter aller Schublade, darüber brauche man nicht diskutieren, sagt der Verteidger. Der Angeklagte habe ein Konstrukt von Lügen aufgebaut, um das Verschwinden von Maria Baumer plausibel zu machen und dabei auch falsche Spuren gelegt. Die Lüge an sich sei ein zulässiges Verhalten Und ein probates Verteidigungsmittel eines Angeklagten, das habe der BGH auch so beantwortet. Die Frage sei aber, wie weit diese Lügen gehen dürften, sagt Haizmann. Der Angeklagte habe den trauernden Verlobten gegeben, was zu seiner Persönlichkeitsstruktur passe. Er habe dadurch Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommen, sogar von Familie Baumer, sagt der Verteidiger.
18:14 Uhr
29.09.2020
Das Nachtatverhalten habe deshalb bei der Bewertung Des Strafmaßes außen vor zu bleiben, sagt Haizmann. Zudem bleibe nur noch ein Mordmerkmal übrig.
18:16 Uhr
29.09.2020
Der angeklagte spricht mit brüchiger Stimme. Er schließt sich seiner Verteidigung an, sagt er. Er wisse, dass er sich nicht dafür entschuldigen kann. Er bereue besonders die Lügen, die er bis zu den letzten Kontakten aufrecht erhalten habe. Er möchte sich bei Familie Baumer und seiner Familie, seinen Geschwistern und seiner Mutter entschuldigen. DAmit endet er.
18:17 Uhr
29.09.2020
Das Urteil wird am 6. Oktober um 15 Uhr fallen. Eventuell wird sich die Verkündung dann nochmals etwas nach hinten verschoben, weil Verteidiger Haizmann zuvor in einem anderen Verfahren ist, wie der Vorsitzende ausführt. Verteidiger Euler wird bei der Urteilsverkündung nicht dabei sein.
18:17 Uhr
29.09.2020
Damit ist die Verhandlung für heute geschlossen.
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AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Es war heute ein langer Tag und man kann nur Frau Isolde Stöcker-Gietl herzlich danken für ihre unermüdliche Berichterstattung aus dem Gerichtssaal!

Die Gutachterin sieht keine Anzeichen für eine verminderte Schuldfähigkeit, geschweige denn für eine Schuldunfähigkeit. Sie stuft den Angeklagten als Mann mit narzisstischen Veranlagungen ein. Oberstaatsanwalt Rauscher sieht in ihm einen pathologischen Lügner und einen heimtückischen Mörder, der auch nach 15 Jahren nicht in die Freiheit entlassen werden soll. Der Verteidiger Euler stuft das Tatgeschehen als blöden Unfall ein und er meint, dass der Angeklagte für seine Lügen in der Hölle schmoren wird, aber nicht verurteilt werden darf, weil er durch sein Handeln keinen Straftatbestand erfüllt hat. Verteidiger Haizmann sieht den Angeklagten als Opfer einer Hexenjagd. Das ist aber auch nichts Neues, so hat er schon seit der ersten Festnahme und seit Beginn der Arbeitsaufnahme der Ermittlungsgruppe Maria argumentiert.

Für mich war es vor allem interessant, dass OStA Rauscher sich nicht davor gescheut hat die Arbeit der Staatsanwaltschaft in den Jahren bis 2018 zu kritisieren, denn er meinte, dass man den Prozess schon hätte vor zwei Jahren haben können, also zu einem Zeitpunkt als die damals zuständigen Staatsanwälte das Ermittlungsverfahren eingestellt haben. Das sind sehr klare Worte, die in einer Behörde wie der Staatsanwaltschaft nicht oft ausgesprochen werden. Man kann daraus schließen, dass die damals Zuständigen nicht besonders akribisch ermittelt haben und wohl auch nichts von den neuesten toxikologischen Untersuchungsmöglichkeiten wussten, die das private Münchner Labor bietet.

Nicht ganz nachvollziehen kann ich die Auffassung des OStA Rauscher dass das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe nicht gegeben sei. Wie soll man denn sonst die Beweggründe für eine Tötung beurteilen, die erfolgt ist, weil der Angeklagte seine Verlobte getötet hat, weil sie in seinem Leben gestört hat und er sich nicht trennen wollte, weil er Konflikte nicht austragen wollte?
AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Nun eine erste Zusammenfassung aus der Passauer Neuen Presse:
Regensburg

Fall Baumer: heimtückischer Mord oder ein "blöder Unfall"?

Mord contra Freispruch - die Forderungen von Ankläger und Verteidiger im Fall Maria Baumer könnten gegensätzlicher kaum sein. Vor dem Landgericht Regensburg plädierte Staatsanwalt Thomas Rauscher am Dienstag auf eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen heimtückischen Mordes sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Der Anwalt des angeklagten Krankenpflegers, Michael Euler aus Frankfurt, sprach von einem "blöden Unfall" und forderte Freispruch.

Der 36 Jahre alte Angeklagte hat nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft seine Verlobte im Mai 2012 mit Medikamenten getötet und ihre Leiche vergraben. Pilzsammler fanden die Tote im Herbst 2013 in einem Wald. Der Tod der Frau hatte in der Region unter anderem deshalb für Aufsehen gesorgt, weil die 26-Jährige kurz vor ihrem Verschwinden zur Landesvorsitzenden der Katholischen Landjugendbewegung in Bayern (KLJB) gewählt worden war.

Der Anklage nach hatte sich der Mann in eine Patientin verliebt und wollte für eine neue Beziehung frei sein - ohne dafür die Verlobung lösen zu müssen. Zudem habe er mit dem Verschwinden das Scheitern seines Medizinstudiums vor seinen Angehörigen rechtfertigen wollen. Im Prozess hatte der 36-Jährige über seinen Anwalt angegeben, seine Verlobte nicht getötet, jedoch ihre Leiche vergraben zu haben. In der Grube waren Haare des Mannes gefunden worden, zudem hatte er den Spaten im Wald vergessen.

Der Krankenpfleger war nach dem Fund der Leiche bereits festgenommen, aber wieder freigelassen worden. Ende 2019 geriet er erneut ins Visier der Ermittler, als aufgrund neuer technischer Möglichkeiten unter anderem Spuren der Medikamente an den Überresten der Leiche nachgewiesen werden konnten.


Die Staatsanwaltschaft stützt sich vor allem auf Google-Suchen des Angeklagten im Zeitraum vor dem Verschwinden der Frau sowie auf das Verhalten des Mannes nach der Tat, als er den Angehörigen zahlreiche Lügengeschichten auftischte.

Staatsanwalt Rauscher bezeichnete den Angeklagten als "pathologischen Lügner", der zutiefst manipulativ und völlig unfähig zum offenen Konflikt sei. Der Mann sei nicht fähig gewesen, die Beziehung wenige Monate vor der Hochzeit - die Einladungen waren bereits verschickt - zu lösen. "Maria hätte ihm sicherlich den Marsch geblasen." Der Angeklagte habe eine bürgerliche Fassade aufrecht erhalten wollen.

Die Psychiaterin sprach beim Angeklagten von einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur, sah aber keine Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung im klinisch relevanten Sinne, wie sie sagte.

Diverse Internet-Recherchen sah der Staatsanwalt als Beweis für die Planung der Tat, so hatte sich der Angeklagte unter anderem über tödliche Medikamenten-Dosen informiert und nach "der perfekte Mord" und "Würgegriff" gesucht. Auch die Bahnfahrt der Frau nach Hamburg, die der Angeklagte damals den Angehörigen vorgegaukelt hatte, soll er bereits vor dem Tod der Frau auf deren Laptop gesucht und gespeichert haben, um es so aussehen zu lassen, als hätte sie selber danach gesucht.


Der Verteidiger wies die Argumente der Staatsanwaltschaft zurück. Wegen eines gescheiterten Studiums einen Menschen umzubringen, sei ein "denkbar schlechtes Argument". Sein Mandant hätte einfach zugeben können, die Prüfungen nicht bestanden zu haben. Dass sein Mandant den Spaten im Wald vergessen hatte, sah der Anwalt als Beleg dafür, dass es eben kein geplanter Mord sein könne. Denn dann hätte er den Spaten später geholt, weil ihm klar gewesen sein muss, dass ihn der Spaten verdächtig machen könnte.


Dass der Angeklagte den Angehörigen seiner Verlobten das Verschwinden vorgetäuscht hat, sei moralisch verwerflich, sagte der Verteidiger und fügte an: "Wenn man an den lieben Gott glaubt, kommt er dafür sicher in die Hölle, aber er kommt dafür nicht ins Gefängnis." So niederträchtig das auch sein mag, so Euler, "strafrechtlich ist das gar nichts". Deswegen sei sein Mandant freizusprechen.

In seinem letzten Wort sagte der Angeklagte mit zitternder Stimme, er bereue, was er damals getan habe und insbesondere die Lügen, die er bis zuletzt aufrecht erhalten habe. Er bat die Familie Baumer wie auch seine eigene Familie um Entschuldigung.

Das Urteil soll am Dienstag (15.00 Uhr) gesprochen werden.
https://www.pnp.de/nachrichten/bayern/F ... 98349.html
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Mainacht
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Mainacht »

Wenn nur das bisher angenommene Tatmotiv plausibler wäre. Ich befürchte die ganze Zeit, dass das die entscheidende Schwäche der Anklage ist. Diese Schwäche hat RA Euler heute ausgenutzt.

Ferner wundert mich, dass seitens der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts nach der Einlassung des Angeklagten über den angeblichen "Unfall" kein eingehendes toxikologisches bzw. palliativmedizinisches Gutachten hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit eines "sanften Todes" durch unabsichtliche leichte Überdosierung von Tramadol und Lorazepam angefordert wurde. Professionelle Sterbehelfer wären sicherlich an diesem vermeintlichen "Patentrezept" eines schmerzlosen Todes interessiert. Ich gehe eher davon aus, dass eine gewisse Nachhilfe durch Erwürgen erforderlich war.
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Karli
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Karli »

@Mainacht,
ich sehe auch noch einiges offen:


u.a. das Erwürgen, den Bh (warum sollte dieser nicht unterwegs von der Leiche abgenommen worden sein, folglich ggfs. die Tötung doch woanders stattgefunden haben) dazu die Frage, wann das Grab geschaufelt wurde u.v.m.

Der Angeklagte kann ja von Glück sprechen, daß es hierzu keine Nachweise gibt, sonst hätten seine Anwälte keine solchen Stories vorbringen können, weil das thematisch nicht anschließbar gewesen wäre.

Was das Tatmotiv angeht, ist man froh, daß der STA die wohl tatsächlichen Motive, die CF angeleitet haben werden (egal, was da an mgl. Sekundärinteressen wie Tabletteneinmix-Vertuschung usw.) noch dazugekommen sein mag.

Ich würde mich eher an der so schwachen Verniedlichung und Abweisung der Erklärungen, die die Verteidigung vorgebracht hat, stoßen
CF hatte nicht mehr studiert, das zeigen alleine seine Tag-/Abendgestaltungen.
Leider kam nicht raus, ob CF womöglich von Kommilitonen zuletzt gar nicht mehr in der Uni gesehen wurde.
Jedenfalls kam ja auch heute wieder zum Vorschein, wie der Angeklagte seine Zeit verbracht hatte. ("schrieb 100 Meldungen")
Zu Chemie-Nachschreiben paßt das nicht.
CF war sich im klaren, daß im Juli die Exmatrikulation käme.
Und daß dies der ultimative Sprengstoff in der Beziehung zu MB und deren Familie gewesen wäre.
Sich neu und viel unbelasteter verliebt denken! und "das Problem" entsorgen schien ihm gelegener und so mächtig auch bzgl. der Vertretbarkeit der Beendigung des Medizinstudiums vor der gesamten Umwelt ("der Gram ob Marias Verschwinden machte ihm das Studieren fortan unmöglich" )...
Daher die letztliche Hintenrum-Rohrkrepierer-Lösung für diesen heute ja von tatsächlich allen Seiten einschlägig gefaßten Typus.
Ich fände es absurd, wenn das Gericht - oder ein anderes - an diesem Motiv zweifelte.
Hier ist der Verteidigung vorzuwerfen, daß sie besonders schwach und lebensfern argumentierte.
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Gast

Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Gast »

Karli hat geschrieben: Dienstag, 29. September 2020, 21:44:23
Sich neu und viel unbelasteter verliebt denken! und "das Problem" entsorgen schien ihm gelegener und so mächtig auch bzgl. der Vertretbarkeit der Beendigung des Medizinstudiums vor der gesamten Umwelt ("der Gram ob Marias Verschwinden machte ihm das Studieren fortan unmöglich" )...
Kurz und verständlich gesagt.

Was ist für mich der durchgehende Faden trotz der unterschiedlichen Liebspartner, Neigungen und Berufe?

Jemand wurde von ihm im Schlaf masturbiert und dabei gefilmt.
Patientin trank mit ihm Tee, ermüdete plötzlich und konnte ihne gerade noch rauskomplimentieren.
Patientin trank wieder Tee mit ihm, es fehlt ihr unmittelbar danach jegliche Erinnerung, beim Aufwachen lag er neben ihr und streichtelte sie.
Maria hatte Absenzen.
Maria soll einen Tag tot (irgendwo) neben ihm gelegen haben, während er mit dem Album "Zwei Welten" beschäftigt war, das er der Frau, neben der er später lag, als diese aus ihrer Absenz erwachte, schenkte.

Verdächtiger habe laut Anwalt "Besamung Schlafender"in die Suchmaschine eingegeben.
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Gast hat geschrieben: Mittwoch, 30. September 2020, 08:34:14 "Besamung Schlafender"
Für den Krankendienst ist diese Kenntnis irrelevant. Für ein Kreuzworträtsel auch. Vielleicht wollte er einen Krimi schreiben?
Irrtumsvorbehalt
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Naja, es besteht womöglich beim Angeklagten doch ein gewisser Drang nach Sex mit Schlafenden, den er aber nicht kommunizieren möchte. Er hielt sich der Gutachtern gegenüber auch sehr bedeckt, was seine sexuellen Neigungen anbelangt. Es wurde hier schon treffend formuliert, dass er da nicht festgelegt sei, so dass die Vorlieben nicht bestimmbar sind. Im Plädoyer von RA Haizmann klang es auch ganz leicht an, als sei ein Sexunfall eventuell in Betracht zu ziehen, wenn beide diese Praktiken einvernehmlich ausgeführt haben, so dass es zu einer Überdosierung gekommen sein könnte.Von Haizmann kamen gelegentlich Fragen zu sexuellen Vorlieben, beispielsweise an Barbara Baumer. So richtig verstanden hat man diese Fragen damals nicht. Durch die Begriffe "Besamung Schlafender" wird das nun deutlich. Vielleicht wäre eine Verteidigungsstrategie, die auf diese Vorlieben aufgebaut hätte, erfolgreicher gewesen. Ich vermute mal, dass der Angeklagte davon aber nichts hören wollte, denn er lässt sich im sexuellen Bereich nicht in die Karten schauen..

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Das Anlegen der Fesselgurte beim Vorführen hat vielleicht keine besondere Bedeutung im Hinblick auf eine Gefährlichkeit. Fesselgurte wurden in der JVA Straubing entwickelt und sie werden dort auch hergestellt. Vielleicht hat der Angeklagte, falls er in Untersuchungshaft in Straubing sitzt, die Fesselgurte schlicht und ergreifend aus dem dortigen Bestand angelegt bekommen, weil sein Prozess große Medienpräsenz entfacht und somit ganz nebenbei etwas wie Werbung für die Fesselgurte gemacht werden kann.

Zu den Fesselgurten kann man sich hier informieren ( "Der Vollzugsdienst" S.6):

https://www.bsbd.de/fileadmin/user_uplo ... _17_06.pdf
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Mainacht »

AngRa hat geschrieben: Mittwoch, 30. September 2020, 13:16:18
Das Anlegen der Fesselgurte beim Vorführen hat vielleicht keine besondere Bedeutung im Hinblick auf eine Gefährlichkeit. Fesselgurte wurden in der JVA Straubing entwickelt und sie werden dort auch hergestellt. Vielleicht hat der Angeklagte, falls er in Untersuchungshaft in Straubing sitzt, die Fesselgurte schlicht und ergreifend aus dem dortigen Bestand angelegt bekommen, weil sein Prozess große Medienpräsenz entfacht und somit ganz nebenbei etwas wie Werbung für die Fesselgurte gemacht werden kann.
Ob er dafür Gage als Model bekommt oder eine Portion Wasser und Brot zusätzlich?
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Karli »

@Gast, @Angra,
Nun bringt der Verteidiger doch noch einen sexuellen Fetisch ins Spiel. Der Angeklagte habe nach „Besamung Schlafender“ gesucht. Vielleicht habe er mit Maria Baumer diesen Fetisch ausleben wollen und ihr Lorazepam verabreicht, während sie selbst Tramadol eingenommen hatte, bringt Euler vor.
also diese Be...ähem-Geschichte ist ja schon ein weiterer Hammer.
Polymorph-pervers eben.

Ich stieß gestern natürlich auch hierauf, und sehe mich angesichts Angras Erwägung - die Verteidigungsstrategie betreffend - eher aufgerufen, in den Raum zu werfen, wie lange wohl MB betäubt worden ist - zu diesem dann geheimen Vollzugszweck.

Nix einvernehmlich!
Hintenrum wie so oft!

Niemals darf diese weitere perverse Neigungs-Nennung nun dazu herangezogen werden, die Tötungsumstände abzuschwächen oder neu zu interpretieren.
Niemals darf MB nun mit so einer Story belegt werden!
Jetzt heißt es hier nicht nur, Maria habe Tramadol eingenommen (wir wissen es sehr viel besser), sondern impliziert, und das EXPLIZIT, sie habe hier einvernehmlich mitgemacht (was für eine Unverschämtheit) - und wäre dabei ~halt~ gestorben (mir fehlen die Worte!)
Hier gilt nicht nur: wie blöd ist das denn? Was will man denn mit so einer Konstruktion retten? - sondern auch:
Das ist für mich eine DOPPEL bis DREIFACH-SCHÄNDUNG von Maria - und ihrem Ansehen!
Keine Gnade, da dies ja von der Angeklagten-Seite mitgetragen wird! Nicht nur vom Verteidiger "ersonnen"!
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Vlt. wird eingewandt, daß diese Suche zu einem späten Zeitpunkt eingegeben wurde.
Wenn diese Neigung jedoch besteht, würde ich eher argumentieren, daß der Angeklagte erst spät überhaupt den Einfall hatte, danach zu googeln!
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Karli »

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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Eine weitere sehr ausführliche und gute Zusammenfassung von Regensburg Digital:
30 Sep
2020
Plädoyers im Prozess gegen Christian F.
Maria Baumer: Heimtückischer Mord oder „blöder Unfall“?

In einer neunstündigen Marathonsitzung wurden am Dienstag die Plädoyers beim Mordprozess um den Tod von Maria Baumer gehalten. Die Verteidigung fordert Freispruch, Staatsanwaltschaft und Nebenklage lebenslänglich mit besonderer Schwere der Schuld

„Ich kann die Öffentlichkeit nicht für den Angeklagten gewinnen, weil jeder sagt, das ist das letzte Dreckschwein.“ Rechtsanwalt Michael Euler wird deutlich, manchmal schweift er ab und nicht immer wird klar, worauf er damit hinaus will. Und insbesondere Nebenklagevertreterin Ricarda Lang geht manches dabei zu weit. Sie bezeichnet Eulers Plädoyer am Rande des Prozesses als „unwürdig und einem Strafprozess nicht angemessen.“

„Strafrechtlich ist das gar nichts.“
In der neunstündigen Marathonsitzung, die die 2. Strafkammer des Landgerichts Regensburg am Dienstag absolviert – das psychiatrische Gutachten des Angeklagten wird abgehandelt, ebenso die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung – fordert Euler für Christian F. einen Freispruch. Der Tod von Maria Baumer sei nicht mehr gewesen als „ein blöder Unfall“.

Dass sein Mandant ihre Leiche am 26. Mai 2012 anschließend im Wald vergrub und deren Angehörige mit der Geschichte von Marias Verschwinden manipulierte – dafür Anrufe erfand, eine falsche Facebook-Nachricht und einen ebensolchen Brief schrieb, dass er den trauernden Verlobten mimte bis hin zu einem Fernsehauftritt bei „Aktenzeichen xy ungelöst“ – das sei zwar „eine Riesensauerei, moralisch unterste Schublade“, aber: „Man muss sich freimachen von der Vorstellung, dass so jemand ins Gefängnis gehört. Strafrechtlich ist das gar nichts.“

Staatsanwalt: „Christian F. ist ein pathologischer Lügner.“


Staatsanwalt Thomas Rauscher hat zuvor eine lebenslange Haftstrafe wegen heimtückischen Mordes für Christian F. gefordert. Er habe die völlig arglose Maria Baumer vergiftet, ohne dass sie überhaupt davon wusste, dass die Beziehung für ihn gescheitert war. „Sie hatte keine Chance.“ Insbesondere wegen des Nachtatverhaltens von Christian F. müsse das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld feststellen, fordert Rauscher. Eine ansonsten mögliche vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren wäre damit ausgeschlossen.

Der Angeklagte sei ein „pathologischer Lügner“ und „zutiefst manipulativ“, so Rauscher. Deshalb sei die Einlassung, die Christian F. abgegeben habe, auch nicht brauchbar.

Über Rechtsanwalt Euler hatte der 35jährige kurz vor dem Ende der Beweisaufnahme eingeräumt, was ohnehin kaum noch zu bestreiten war: Dass er die Leiche seiner Verlobten im Wald vergraben und anschließend deren Verschwinden inszeniert hatte. Den tödlichen Medikamentencocktail – Lorazepam und Tramadol – soll Baumer nach dieser Version selbst eingenommen haben – wegen depressiver Stimmungsschwankungen und starker Rückenschmerzen. Weil er die Medikamente bei seiner Arbeitsstelle am Bezirksklinikum geklaut hatte, Angst um seine Arbeitsstelle und sein Medizinstudium gehabt habe, habe er sich in einer Stimmung von „unendlicher Trauer, gepaart mit Verzweiflung“ entschlossen, Baumers Leichnam verschwinden zu lassen.

„Löchrig wie ein Schweizer Käse“
Für Rauscher ist diese Erklärung „löchrig wie ein Schweizer Käse“. Sie habe einzig und allein den Zweck, den Blick auf die Indizien zu verschleiern. Und deren Gesamtheit lasse keinen anderen Schluss zu als heimtückischen Mord. Andere Szenarien wie Suizid, Körperverletzung mit Todesfolge oder die vom Angeklagten behauptete Unfallversion seien ausgeschlossen. Christian F. habe frei sein wollen für eine Beziehung mit seiner früheren Patientin Valerie S.

Weil er wegen seines Narzissmus, das ergibt sich aus dem ansonsten kaum erhellenden psychiatrischen Gutachten der Sachverständigen Susanne Lausch, nicht fähig sei, Konflikte offen auszutragen, habe er Maria Baumer ermordet anstatt die Beziehung mit ihr zu beenden. „Er kann ganz offensichtlich nicht offen Schluss machen. Er ringt um den bürgerlichen Schein.“

Dann listet Rauscher die verschiedenen Indizien auf – insgesamt 19 Punkte werden es am Ende sein. Den Nachweis der Medikamente in den sterblichen Überresten Maria Baumers, der Branntkalk, mit dem Christian F. sie überschüttet hatte und die Tatsache, dass auch Reste von Branntkalk in seinem Pkw gefunden wurden. Haare neben der Leiche, die laut DNA-Analysen mit hoher Wahrscheinlichkeit F. zuzuordnen sind. Der Spaten, der neben dem Grab gefunden wurde. F.s Google-Suchen („der perfekte Mord“, „Guillotine-Würgegriff“, „perfektes Mordgift“, „Lorazepam tödliche Dosis“etc.), die über Löschprotokolle ebenso nachgewiesen werden konnten wie die gefälschte Facebook-Nachricht, die F. sich selbst von Baumers Konto schrieb („Mein Schatz. Es tut weh. Verzeih mir, aber ich kann nicht anders.“). Einen fingierten Brief mit angedeuteten Suizid-Absichten.

Christian F. war von Valerie S. besessen
Der Staatsanwalt beschreibt die Obsession von Christian F. für seine frühere Patientin Valerie S. Wie und wann er sich – einen Monat vor Baumers Tod – deren Krankenakte besorgte, sich bei einer Verwandten über sie erkundigte. Wie er Fotos und Texte von und über Valerie S. und deren Familie aus dem Internet herunterlud und in verschiedenen Ordnern am PC sammelte. Wie F. sein späteres Stalking-Opfer über ein akribisch angelegtes Pseudonym aushorchte und zu manipulieren versuchte.

Wie er – keine drei Stunden nachdem er seine Verlobte tot im Bett gefunden haben will – eine Musik-CD für Valerie S. auf einen Datenstick herunterlud. Wie er tags darauf seine Ordner zu Valerie S. neu organisierte. Wie er sie wenige Tage später besuchte, ihr Nachrichten schrieb und sie auf ein von ihm eigens für sie angelegtes Tumblr-Blog hinwies. Wie er sich wenige Tage nach Maria Baumers Tod für ein Studium in Berlin bewarb, nachdem er erfahren hatte, dass Valerie S. womöglich dorthin ziehen wird. „Da hat er sich wirklich schnell erholt“, sagt Rauscher mit Blick auf die vom Angeklagten behauptete Verzweiflung über den Tod seiner Verlobten.

Staatsanwalt mit Lob und Selbstkritik
Immer wieder rückt Rauscher die akribischen Ermittlungen der Kripo in den Fokus, die nötig waren, um die Manipulationsversuche des Angeklagten aufzudecken. Etwa beim Spaten, wo erst eine Fahrt von Kripobeamten zum Hersteller nach Italien den Beleg brachte, dass es sich um denselben handelte, den der Angeklagte wenige Tage vor Baumers Tod in einem Baumarkt gekauft hatte. Zuvor hatte nach Rauschers Überzeugung ein Bruder des Angeklagten einen (nahezu) baugleichen Spaten auf dem Dachboden von Christian F. platziert, um diese Tatsache zu verschleiern.

Er habe nie mit einer besseren Ermittlungsgruppe zusammengearbeitet, sagt Rauscher an einer Stelle. Er übt aber auch Kritik an seiner eigenen Behörde. Damit, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Christian F. 2018 eingestellt habe, sei er „nie d‘accord“ gewesen. Auch auf diese Entscheidung sei es zurückzuführen, dass Baumers Angehörige zwei Jahre länger „leiden mussten“

„Das hat das Leiden unserer Mandanten vertieft.“
Dieser Kritik an der Staatsanwaltschaft schließt sich Ricarda Lang, sie vertritt Baumers Angehörige, ausdrücklich und weitaus deutlicher an. Rauscher nimmt sie dabei ausdrücklich aus. Dieser sei ein „überaus penibler und detaillierter Staatsanwalt, der keinen Aufwand und Mühen gescheut“ habe. Ganz anders wertet Lang das Verhalten der Behörde im Vorfeld des Prozesses. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2018 sei „contra legem“ (gesetzeswidrig) gewesen. „Das hat das Leiden unserer Mandanten vertieft.“ Erst eine Weisung der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg habe dieses Verhalten beendet.

Ansonsten schließt sich Lang Staatsanwalt Rauscher in vollem Umfang an. Suizid oder fahrlässige Tötung könne ebenso ausgeschlossen werden wie die Unfallversion des Angeklagten. Maria Baumer habe nach Aussage aller vernommenen Zeugen einen vorsichtigen Umgang mit Medikamenten gepflegt. Für alles andere gebe es keine Anhaltspunkte. Auch Lang beantragt, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Die Tragödie für die Angehörigen sei „durch den Angeklagten und dessen Zynismus noch vertieft“ worden.

Verteidiger kritisiert Gericht, Staatsanwaltschaft und Medien
Strafverteidiger Euler, der kurz nach 15 Uhr mit seinem Plädoyer beginnt, holt weit aus. Er übt Kritik daran, dass sämtliche Plädoyers an einem Tag gehalten werden müssen – inklusive Anfahrt habe er bereits seit über zehn Stunden gearbeitet. Er rügt, dass Staatsanwalt Rauscher die Einlassung seines Mandanten als „Märchenstunde des Verteidigers Euler“ bezeichnet hat. Damit werde ihm unterstellt, dass er diese Einlassung erfunden habe – das bewege sich am Rande der üblen Nachrede. Und immer wieder klingt auch Kritik an den Medien durch, die solche Steilvorlagen der Staatsanwaltschaft dankbar aufgenommen hätten. Es sei nicht schön, was man dort und in den Kommentaren lesen müsse.

Tatsächlich habe er es mit einem Mandanten zu tun gehabt, der die Vorwürfe von Anfang an bestritten habe. Doch im Zuge der Beweisaufnahme sei das – zumindest was das Vergraben von Baumers Leichnam betreffe – „irgendwann ein bisschen schwierig zu glauben“ gewesen. Er habe deshalb ein intensives 20minütiges Gespräch mit Christian F. geführt. Und die Erklärung, die er schließlich abgegeben habe, sei „das, was Christian F. uns so gesagt hat“. Zwar dürfe das Schweigen eines Angeklagten nicht gegen ihn verwendet werden, aber es gebe eben auch Schöffen, die dadurch beeinflusst würden, nach dem Motto: „Wenn er es nicht war, warum sagt er es nicht.“ Deshalb habe man sich zu der Einlassung entschieden.

„Einen Fehler begangen – da kam er nicht mehr raus.“
Sein Mandant habe zu einem relativ frühen Zeitpunkt einen Fehler begangen, als er sich entschloss, den Unfalltod seiner Verlobten zu verschleiern. „Da kam er nicht mehr raus.“ Und auch wenn es für einen juristischen Laien schwer nachzuvollziehen sei: „Strafrechtlich ist das alles nichts.“

Die Staatsanwaltschaft habe „viel Dreck“ geworfen, in der Hoffnung, dass irgendwas schon hängenbleiben werde, aber was tatsächlich fehle sei ein belegbares Motiv. Auch dass sein Mandant „allen möglichen Scheiß gebaut“ und ein Verhalten „an Dämlichkeit nicht zu überbieten“ gewesen sei, spreche gegen einen geplanten Mord. „Ein abgebrühter Täter hätte den Spaten verschwinden lassen“, so Euler. Ein abgebrühter Täter hätte keine Anrufe, die es nicht gab, erfunden. Und ein perfekter Mord wäre es wohl eher gewesen, wenn Christian F. einfach den Krankenwagen gerufen, die noch vorhandenen Medikamenten-Blister verschwinden lassen und anschließend – falls die Substanzen im Blut Baumers festgestellt worden wären – gesagt hätte, er wisse nicht, woher diese stammen, argumentiert Euler.

Erklärungen für Google-Suchen

Die von Rauscher aufgezählten Indizien zieht der Frankfurter Strafverteidiger durchweg in Zweifel. Die Google-Suchen seien mit kriminalistischem oder medizinischem Interesse zu erklären und jener zum „Würgegriff“ oder „Guillotine-Würgegriff“ damit, dass Angehörige Baumers Judo betrieben hätten und sein Mandant das wohl deshalb mal eingetippt habe. Es sei aber auch schwierig, sich zu erinnern, woran man vor acht Jahren bei einer Google-Suche gedacht habe. Außerdem könnte man doch andere Suchen erwarten bei einem geplanten Mord. Aber nach „Leiche beseitigen“ oder dergleichen sei nicht gesucht worden. Auch kaufe man keinen Spaten per EC-Karte, wenn man vorhabe, damit eine Leiche zu vergraben.

Die psychische Situation von Maria Baumer zum Zeitpunkt ihres Todes sei „relativ desolat“ gewesen, so Euler. Neuer Job, Stress als neugewählte Landesvorsitzende der KLJB, schwere Regelbeschwerden, Stress wegen der bevorstehenden Hochzeit: Baumer sei depressiv gewesen, so sein Fazit. Da habe sie eben Tabletten genommen. Das könne man zumindest
nicht mit Sicherheit ausschließen. Und dass Christian F. den Tod seiner Verlobten verschleiert habe, habe auch nicht zwangsläufig mit Mord zu tun. Das passe einfach zu seiner Erklärung.

Zwischen Avancen, Untreue und Junggesellenabschied
Ja, dass sein Mandant – noch während Baumers Leiche in der Wohnung lag – ein Musikalbum für Valerie S. heruntergeladen habe, das sei schon „ein bisschen schwierig nachzuvollziehen“. Aber es gehe eben jeder anders mit so einer Situation um. „Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll er in der Ecke sitzen und Trübsal blasen.“ Aber, so Euler, „irgendwie muss es ja weitergehen.“

Christian F. sei eben „ein bisschen verschossen“ gewesen in Valerie S. Natürlich komme es „im christlichen Bayern“ nicht gut, wenn man so etwas tue und kurz vor der Hochzeit stehe, aber: „Es findet doch jeder schön, wenn einem Avancen gemacht werden.“ Und die Bandbreite dessen, was man als Untreue definiere, sei breit. Da gehe jeder anders damit um. Und nicht umsonst komme es bei Junggesellenabschieden häufiger dazu, dass man mit einer anderen im Bett lande. Die Manipulation, das Aushorchen von Valerie S. via Pseudonym, das spätere Stalking und die Betäubung mit demselben Medikament, das zum Tod von Maria Baumer geführt hatte, blendet der Strafverteidiger dabei aus.

„Vielleicht in die Hölle, aber nicht ins Gefängnis“
Die Beweisaufnahme habe nichts ergeben, was Christian F.s Erklärung hätte entkräften können, ist Euler überzeugt. Und dass die Erklärung erst so spät abgegeben worden sei, habe einerseits damit zu tun, dass die Verteidigung diese sorgfältig abgewogen habe, andererseits habe man verhindern wollen, dass Zeugen dadurch beeinflusst würden. Diese Gefahr bestehe ja immer, wenn das Bild, dass sich ein Zeuge bereits gemacht habe durch eine solche Erklärung plötzlich ins Wanken gebracht werde.

Aber vielleicht habe sein Mandant ja auch bei der Erklärung gelogen. Vielleicht habe er ja einen Fetisch, die „Besamung schlafender Personen“ (das psychiatrische Gutachten verneint dies), und vielleicht habe er ja Maria Baumer betäuben wollen, nicht wissend, dass sie Tramadol genommen hatte und sie sei daran gestorben. Dann käme Körperverletzung mit Todesfolge als Tatvorwurf in Betracht. „Da würde auch alles passen“, so Euler.

Das Hauptproblem in diesem Verfahren sei eben, dass man einen Angeklagten habe, der bereits wegen sexuellen Missbrauchs und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden sei und der die Angehörigen jahrelang belogen habe. Ja, das sei eine Sauerei. „Dafür kommt man vielleicht in die Hölle, aber nicht ins Gefängnis.“

Konflikt innerhalb der Verteidigung
Weniger blumig fällt das Plädoyer von Pflichtverteidiger Michael Haizmann aus. Er hat das Mandat vor sieben Jahren, anlässlich der ersten Verhaftung von Christian F. übernommen. Es ist kein streng gehütetes Geheimnis, dass er über die Einlassung, die F. über Wahlverteidiger Euler abgegeben hat, nicht glücklich war. Und einen kleinen Seitehiebb für den Kollegen gibt es auch, als Haizmann erwähnt, dass die von Euler gewählte Formulierung, derzufolge Christian F. bei Valerie S. „seinen Marktwert testen“ wollte, „nicht besonders glücklich gewesen“ sei.

Auch dass man wohl eine andere Verteidigungsstrategie gewählt hätte, wenn F. sich früher geäußert hätte, klingt durch. Er habe sich immer schützend vor seinen Mandant gestellt, gerade auch vor dem Hintergrund, dass bei den Ermittlungen Dinge passiert seien, „die nicht ok waren“ und dass diese vonseiten der Kripo den „Charakter einer Hetzjagd“ gehabt hätten. Er müsse damit leben, dass er von Christian F. lange belogen worden sei. „Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein.“

„Ein Beschuldigter darf lügen.“
In der Gesamtschau der Indizien komme er aber zu dem Schluss, dass der Mordvorwuf nicht zu belegen sei. „Zu jedem Indiz gibt es ein Aber.“ Auch gebe es kein tragfähiges Motiv. Christian F. habe als ein „vulnerabler Narzisst“ (so das psychiatrische Gutachten) bei Valerie S. nach Anerkennung gesucht, fishing for compliments betrieben. Dazu passe auch die Verwendung eines Pseudonyms. Dass er eine Beziehung mit ihr habe eingehen wollen, glaubt Haizmann nicht. Immerhin habe er Maria Baumer gegenüber Valerie S. als „Frau seines Lebens“ bezeichnet. Und sämtliche Zeugen hätten die Beziehung der beiden als harmonisch beschrieben.

Ganz grundsätzlich wisse man nicht, wie die 26jährige zu Tode gekommen sei. Man wisse nicht, welche Mengen der festgestellten Medikamente sie im Blut gehabt habe. „Und wenn man das nicht klären kann, darf man auch nichts unterstellen.“

Die besondere Schwere der Schuld, die Staatsanwalt Rauscher insbesondere mit dem manipulativen Verhalten des Angeklagten nach Baumers Tod begründet, sieht Haizmann nicht gegeben. Christian F. habe zwar „ein Konstrukt aus Lügen aufgebaut“, um das Verschwinden seiner Verlobten plausibel zu machen, aber Lügen sei ein probates und auch zulässiges Mittel für einen Beschuldigten, selbst, wenn dieser unschuldig sei.

Urteil am 6. Oktober
Auch Christian F. meldet sich am Ende nun erstmals mit ein paar Sätzen mit brüchiger Stimme zu Wort: „Ich will es kurz halten. Ich schließe mich meinen Verteidigern an. Ich weiß, dass ich mich dafür nicht entschuldigen kann. Aber ich bereue, was ich getan habe, all die Lügen, die ich bis zum letzten Kontakt aufrecht erhalten habe.“ Er wolle sich bei den Angehörigen seiner Verlobten, aber auch bei seiner Familie, vor allem seiner Mutter, entschuldigen.

Damit endet die Sitzung um kurz nach 18 Uhr. Das Urteil soll am 6. Oktober verkündet werden.
https://www.regensburg-digital.de/maria ... /30092020/
AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Hier ist der neue Podcast:
Lebenslänglich oder Freispruch?
30. September 2020

Weiter könnten Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung kaum auseinander liegen – lebenslange Haft mit besonderer Schwere der Schuld oder Freispruch. Das waren die Anträge in den Plädoyers an Tag 17 im Mord-Prozess gegen den Angeklagten Christian F. Am 6. Oktober 2020 fällt das Urteil im Fall Maria Baumer. Was Sie dazu wissen müssen, darüber sprechen André Baumgarten und Isolde Stöcker-Gietl diesmal.


https://derfallbaumer.podigee.io/
AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

In der neuen Folge des Podcasts wurden noch wichtige Dinge zum Tatablauf, wie ihn die Staatsanwaltschaft sieht, näher erläutert.

Zum einen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Tatort die gemeinsame Wohnung war und zwar, weil in der Wohnung der BH gefunden worden ist. Am BH haben sich aus dem Schweiß ( nicht aus einem Fleck, wie von mir angenommen) Spuren von Lorazepam und Tramadol feststellen lassen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Maria den BH ausgezogen hatte und ihr Nachthemd angezogen hatte bevor sie sich ins Bett gelegt hat. Die Staatsanwaltschaft nimmt weiter an, dass Maria in der Nacht an dem ihr verabreichten Gift verstorben ist und dass sie dann über den gesamten Samstag hinweg tot in der Wohnung gelegen hat, während der Angeklagte die Musiksammlung für seinen neuen Schwarm erstellt hat und besorgt mit seiner und mit Marias Familie telefoniert hat. Erst am Abend des Samstags habe er sie dann in ihr Fahrzeug geladen und in den Kreuther Forst gebracht, wo er sie verscharrt hat. Insofern folgt die Staatsanwaltschaft der Erklärung des Angeklagten. Sie sieht auch ein Indiz dafür, was diese Angabe stützt, denn der Angeklagte hat in seiner Erklärung das Fußballfest bei Bernhardswald erwähnt. Von diesem Fußballfest kann er ihrer Auffassung nur deshalb erfahren haben, weil er tatsächlich am Abend am Festort vorbeigefahren ist. Die Polizei hat im Rahmen ihrer Ermittlungen bei der Mittelbayerischen Zeitung nachgefragt, ob er im Besitz eines I Papers der MZ sei und ob es für das Fest eine Vorankündigung gegeben habe. Die MZ hat über das Fest im Vorfeld nicht berichtet. Die Staatsanwaltschaft geht also davon aus, dass er stundenlang bis zum Morgengrauen nachts im Wald gearbeitet hat und auch Wasser über die Branntkalk-Mischung gegeben hat, weil er auf diese Weise die Leiche zerstören wollte. Das Kalkgemisch habe nicht nur mit der Leichenflüssigkeit reagiert.

Im Fußraum von Marias Fahrzeug habe die Spurensicherung auch dieses Kalkgemisch gefunden. Dieses hätten Nachermittlungen ergeben. Die Aussage der Nachbesitzerin des Fahrzeugs, dass sie Zement im Kofferraum transportiert habe, entkräfte das belastende Indiz also nicht. Die Baumaßnahmen mit denen der Angeklagte das Kalkgemisch im Fußraum erklären wollte, hätten erst sehr viel später stattgefunden.

Nach alledem gehe ich auch davon aus, dass Maria eine Nacht und einen Tag tot in der Wohnung gelegen hat, auch wenn das schwer vorstellbar ist.

Des weiteren wurde auch nochmals das psychiatrische Gutachten der Frau Dr. Lausch Näheres näher beleuchtet und eingeordnet. Nach ihren Feststellungen handelt es sich bei dem Angeklagten um einen vulnerablen Narzissten, denn es fehlt ihm der Größenwahn eines Narzissten, da er eher ein gehemmter introvertierter Narzisst sei, der aber ein hohes Selbstwertgefühl habe, das er nicht angekratzt wissen will.
AngRa
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von AngRa »

Heute um 15 Uhr wird das Urteil gesprochen.
Während die Verteidigung in ihrem Plädoyer einen Freispruch für den Angeklagten forderte, schlossen sich die Angehörigen als Nebenkläger der Staatsanwaltschaft an. Diese forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Dadurch wäre bei einer Verurteilung eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren nicht möglich. Das Schwurgericht des Landgerichts Regensburg will das Urteil um 15 Uhr verkünden.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/he ... er,SCY0YZp
Widasedumi
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Widasedumi »

Das Urteil im Mordprozess ist für das HET ein besonderer Tag, denn der Fall Maria Baumer gab, wenn ich mich nicht irre, die Initialzündung zur Gründung des HET. Die Gründer haben Grund zur Freude. Es waren über acht spannende Jahre in der Begleitung dieses Falles. Es gab ausgezeichnete Beiträge von vielen Foristen. Dafür bin ich sehr dankbar. Stellvertretend für alle möchte ich Aggie und AngRa nennen. Ich glaube, dass Aggie das Urgestein in dieser Causa ist. Für ihn oder sie wird der Abschluss des Falles ein erhebender Moment sein (hoffentlich), wenn das Rechtsempfinden wieder ins Gleichgewicht gekommen sein wird. Aggie, wie feierst du dann?
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Re: MORDPROZESS vor dem Landgericht Regensburg

Ungelesener Beitrag von Zefix »

Ich möchte mich anschließen!

Auch wenn ich nicht Aggie bin, ich habe schon ein feines Flascherl sehr guten Rotweins aus dem Keller geholt. Bei lebenslang mit besonderer Schwere der Schuld kommt der Wein heute dran. Bei lebenslang vielleicht nur ein Glaserl statt zwei. An alles andere mag ich gar nicht denken, das halte ich für unmöglich.

Wenn getrunken wird, dann nur auf Maria Baumer und ihre Familie. Was die alles durchmachen müssen/mussten - unfassbar. Und bis heute keine Wahrheit, keine Reue, keine ernstzunehmende Entschuldigung. Die einzige solche wäre ein wahrheitsgemäßes Geständnis mit allen traurigen Details und Motiven gewesen. Leider nicht genug Ar*** in der Hose...

Herrn CF wünsche ich bereits an dieser Stelle zum Nachdenken lange und viele Jahre im Männerknast - und das mit seinem feinen Haarschwanzerl, da freuen sich bestimmt schon alle auf ihn. Hoffentlich wird auf ihn sehr gut aufgepasst, nicht dass er sich vor lauter Gram und Justizopfergetue noch haamdraht.

Großen Teilen seiner Familie wünsche ich ebenfalls viel Zeit und Anlässe zum Nachdenken über falschen Korpsgeist, Legen falscher Spuren, zumindest sehr fragwürdige Angaben zum "Grillfest" (u.a. angebliche Aktivitäten und Timeline), kollektive Aussageverweigerung und Rücksichtslosigkeit - am Rande der Legalität und vor allem unmoralisch bis dorthinaus. So kann man seinen Ruf auch ruinieren, falls von diesem nach dem Verfahren gegen den Vater von CF und der Aktion mit der Eigentumswohnung (die man wegen Schulden an den Vater des Opfers verkaufen musste!) vor dem Verfahren noch Reste übrig geblieben sein sollten. Das Gesamtbild dieser Familie, das sich über die Medien manifestiert hat, finde ich persönlich absolut erschütternd und vollkommen abstoßend.

Natürlich gilt bis zum rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.
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