PLÄDOYERS IM MORDFALL SUSANNA (†14)
Staatsanwältin fordert
Lebenslang für Ali Bashar (22)
Wiesbaden – Ali Bashar (22) tötete die Mainzer Schülerin Susanna F. (†14) im Mai 2018, soll sie außerdem vergewaltigt haben. Ein psychiatrisches Gutachten stuft ihn als extrem gefährlich und voll schuldfähig ein.
Ihr Plädoyer beginnt Staatsanwältin Sabine Kolb-Schlotter mit einem einzelnen Wort: „Kaltblütig.“ Dieses würde sie wählen, hätte sie Tat und Täter zu beschreiben. Im Laufe des Prozesses sei seine emotionale Kälte immer deutlicher geworden. Seine Art, Menschen zu manipulieren, nur um seine Bedürfnisse zu befriedigen, seine Art, Frauen zu verachten und zu missbrauchen, seine Art, den Prozessbeteiligten und vor allem Susannas Mutter vollkommen regungslos gegenüber zu sitzen – all das zeige, was Ali Bashar sei: „kaltblütig“.
Kolb-Schlotter holt weit aus, rekapituliert, was über das Leben, die Beziehungen und Lebenseinstellung des Irakers im Laufe der Verhandlung zu Tage kam.
„In seiner Biographie habe ich nichts gefunden, was diese Kaltblütigkeit in einem milden Licht erscheinen lassen könnte“, schlussfolgert die Staatsanwältin.
Detailreich fasst sie die grausame Tat zusammen. Betont, dass Ali Bashar das Mädchen schon zuvor begrabscht und einiges in die Wege geleitet habe, um sie an jenem fatalen Abend alleine in die Felder zu führen. „Wenn sie nicht mit mir schläft, dann bringe ich sie um“, soll Bashar zu Mansoor Q. gesagt haben, ihm gegenüber danach auch gestanden haben, dass er „die Schlampe“ getötet habe
Da Bashar unter anderem sogar fähig war, einen „Coitus interruptus“ durchzuführen, spreche alles gegen eine verminderte Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Auch habe die Gutachterin keine Alkohol- und Drogenabhängigkeit feststellen können.
Die Vergewaltigung sieht die Staatsanwältin als erwiesen an: „Susanna war ihm schutzlos ausgeliefert, er hat sie vergewaltigt.“ Danach habe er sie getötet, indem er sie minutenlang würgte. Hierbei sieht sie die zwei Mordmerkmale:
-Verdeckungsabsicht: Ali Bashar habe Susanna getötet, um die Vergewaltigung zu verschleiern, da das Mädchen drohte, zu Polizei zu gehen.
-Heimtücke: Susanna sei zum Zeitpunkt des Würgeangriffs arglos gewesen, habe nach der Vergewaltigung nicht damit gerechnet, dass etwas noch Schlimmeres passieren könnte. Auch hinsichtlich ihrer körperlichen Unterlegenheit hätte sie „nichts tun können, um diesen Angriff auf ihr Leben abzuwehren.“
Für die Vergewaltigung fordert sie fünf Jahre Haft, für den Mord lebenslänglich. Für den schweren Raub in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung am 27. April 2018 fordert die Staatsanwaltschaft sechs Jahre, die in dem Zusammenhang begangene Nötigung und gefährliche Körperverletzung soll mit nochmals acht Monaten geahndet werden.
Zudem plädieren Staatsanwaltschaft und Nebenklage für die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und den Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung.
Im Übrigen würde das Strafmaß im Irak für Bashars Tat „die gesetzlich vorgeschriebene Todesstrafe“ betragen, bemerkt Nebenklage-Anwalt Jörg Ziegler.
Das Verbrechen sei an Abscheulichkeit kaum zu überbieten, Anzeichen von Reue, Mitgefühl oder Reflexion dessen, was er getan hat, seien nicht erkennbar: „Er hat ein Leben ausgelöscht, das in seinen Augen keinen Wert hatte. ‚Ich habe doch nur ein Mädchen getötet‘ – das hat er gegenüber der Gutachterin geäußert. ‚Nur ein Mädchen‘! Das ist entsprechend zu berücksichtigen,“ betont Kolb-Schlotter. Unter anderem auf diese Aussage beruft sich auch Ziegler, Anwalt von Susannas Schwester.
„Ich möchte betonen, dass dies nicht die Tat eines traumatisierten Flüchtlings, sondern einer schwerst gestörten Persönlichkeit ist."
Eine Dissoziale Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Zügen sei im Grunde nicht therapierbar, wie die Gutachterin bereits ausführte. Deshalb fordert die Staatsanwaltschaft auch den Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung.
Die Verteidigung von Bashar sieht die Vergewaltigung als nicht erwiesen an. Deshalb gebe es Zweifel, dass der Flüchtling Susanna zur Verdeckung einer Straftat getötet habe. Zudem sei das Mordmerkmal der Heimtücke ebenfalls strittig. Bashars Anwälte fordern kein konkretes Straßfmaß, fordern aber, dass das Gericht sowohl von einer Sicherungsverwahrung als auch besonderen Schwere der Schuld absieht.
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