von Agatha Christie » Freitag, 05. Oktober 2018, 10:48:04
Paderborn (WB/ludi/dpa). Im Mordprozess um das sogenannte Horrorhaus von Höxter spricht das Landgericht Paderborn nach fast zwei Jahren Verhandlung am Freitag sein Urteil. Angeklagt wegen Mordes durch Unterlassen sind der 48-jährige Wilfried W. und seine 49 Jahre alte Ex-Frau Angelika. Das deutsche Paar soll über Jahre hinweg Frauen mit Kontaktanzeigen in sein Haus nach Höxter-Bosseborn gelockt haben.
Bevor jedoch das Urteil gefällt wird, geht es um eine Begebenheit, die sich auf einem Rücktransport vom Gericht in die JVA zugetragen haben soll. Laut Wilfried W. soll Angelika auf dieser gemeinsamen Fahrt gesagt haben »Ich vermisse Dich« und beteuert haben, dass sie ihn belastet haben müsse und er Verständnis haben solle. Alles ganz anders, meint Angelika: Sie habe ihn gefragt, was er glaube, wie die Sache ausgehe. Darauf habe er gesagt, das müsse man abwarten. »Also ein ganz normales Gespräch«, bewertet Richter Bernd Emminghaus den Dialog. Auswirkungen auf das Urteil dürfte die Episode nicht haben.
Nach kurzer Beratungspause ist der Richter der Meinung, den Zeugen, der mit im Wagen saß, nicht mehr zu hören. Detlev Binder, Verteidiger von Wilfried W., ist anderer Meinung. Er besteht darauf, den Zeugen zu hören. »Ich finde es unverständlich, dass wenn man den Zeugen schon hier hat, ihn nicht auch kurz dazu befragt.« Angelika habe im letzten Wort gesagt, sie sei so froh, von ihm weg zu sein. »Und das Vermissen passt dann nicht.«
Nach einer weiteren Beratungspause wird der Zeuge des Gesprächs auf der Fahrt in die JVA nun doch verhört. S. sagt aus, er habe nichts gehört. Binder will aber nicht locker lassen. Als der zeuge jedoch kaum ein Wort versteht, das der Anwalt an ihn richtet, gibt dieser auf. »Ich habe keine weiteren Fragen.«
Nun haben die Angeklagten das letzte Wort. Angelika W. sagt: »Ich möchte mich bei allen Frauen entschuldigen, denen ich Leid angetan habe.« Und auch Wilfried W. nutzt die Gelegenheit: »Ich will ich bei allen Opfern entschuldigen. Ich möchte mich bei Frau Kamisch entschuldigen«, setzt er an. Hätte er alles gewusst, hätte er es verhindert. Außerdem richtet er Dank an seine Anwälte, seine Mutter, Stiefvater »Und alle, die mich kennen.«
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.
Was bisher geschah
Die Opfer wurden laut Anklage seelisch und körperlich schwer misshandelt. Zwei Frauen aus Niedersachsen starben an den Folgen der Quälereien. Eine von ihnen starb in einem Krankenhaus, beim zweiten Opfer gab es keine Leiche mehr. Die Angeklagten hatten die Frau nach ihrem Tod zuerst eingefroren, zersägt, verbrannt und die Asche anschließend im Winter an den Straßenrändern des Dorfes zerstreut, wie Angelika W. ausgesagt hatte.
Staatsanwaltschaft und Nebenkläger fordern für die beiden Angeklagten lebenslange Haftstrafen und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Wilfried W. soll zusätzlich in einer Psychiatrie untergebracht werden. Die Strafanträge der Verteidiger fallen deutlich niedriger aus. Für Wilfried W. hält die Verteidigung wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung sieben Jahre und sechs Monate Haft für ausreichend. Wilfried W. sei nur vermindert schuldfähig.
Für Angelika W. fordern ihre Verteidiger aus Mangel an Beweisen einen Freispruch. Sollte das Gericht dem nicht folgen, schlagen sie eine Kronzeugenregelung und damit die Minderung der lebenslangen Freiheitsstrafe auf zwölf Jahre vor.
Nach vorläufigen Berechnungen des Gerichts wird der Prozess rund eine halbe Million Euro kosten. Bei einer Verurteilung müssen die Angeklagten die Gerichtskosten übernehmen. Dabei entfallen auf die sieben Anwälte zusammen rund 280.000 Euro. Die Gutachter haben ihre Arbeit mit rund 200.000 Euro berechnet. »Noch liegen aber nicht alle Posten vor«, sagte der Vorsitzende Richter Bernd Emminghaus vor dem Urteil. Nach seinem Urteilsspruch geht der Jurist am Freitag in den Ruhestand, den er bereits im Mai antreten wollte.
https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Krim ... in-Hoexter
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[b]Paderborn (WB/ludi/dpa). Im Mordprozess um das sogenannte Horrorhaus von Höxter spricht das Landgericht Paderborn nach fast zwei Jahren Verhandlung am Freitag sein Urteil. Angeklagt wegen Mordes durch Unterlassen sind der 48-jährige Wilfried W. und seine 49 Jahre alte Ex-Frau Angelika. Das deutsche Paar soll über Jahre hinweg Frauen mit Kontaktanzeigen in sein Haus nach Höxter-Bosseborn gelockt haben. [/b]
Bevor jedoch das Urteil gefällt wird, geht es um eine Begebenheit, die sich auf einem Rücktransport vom Gericht in die JVA zugetragen haben soll. Laut Wilfried W. soll Angelika auf dieser gemeinsamen Fahrt gesagt haben »Ich vermisse Dich« und beteuert haben, dass sie ihn belastet haben müsse und er Verständnis haben solle. Alles ganz anders, meint Angelika: Sie habe ihn gefragt, was er glaube, wie die Sache ausgehe. Darauf habe er gesagt, das müsse man abwarten. »Also ein ganz normales Gespräch«, bewertet Richter Bernd Emminghaus den Dialog. Auswirkungen auf das Urteil dürfte die Episode nicht haben.
Nach kurzer Beratungspause ist der Richter der Meinung, den Zeugen, der mit im Wagen saß, nicht mehr zu hören. Detlev Binder, Verteidiger von Wilfried W., ist anderer Meinung. Er besteht darauf, den Zeugen zu hören. »Ich finde es unverständlich, dass wenn man den Zeugen schon hier hat, ihn nicht auch kurz dazu befragt.« Angelika habe im letzten Wort gesagt, sie sei so froh, von ihm weg zu sein. »Und das Vermissen passt dann nicht.«
Nach einer weiteren Beratungspause wird der Zeuge des Gesprächs auf der Fahrt in die JVA nun doch verhört. S. sagt aus, er habe nichts gehört. Binder will aber nicht locker lassen. Als der zeuge jedoch kaum ein Wort versteht, das der Anwalt an ihn richtet, gibt dieser auf. »Ich habe keine weiteren Fragen.«
Nun haben die Angeklagten das letzte Wort. Angelika W. sagt: »Ich möchte mich bei allen Frauen entschuldigen, denen ich Leid angetan habe.« Und auch Wilfried W. nutzt die Gelegenheit: »Ich will ich bei allen Opfern entschuldigen. Ich möchte mich bei Frau Kamisch entschuldigen«, setzt er an. Hätte er alles gewusst, hätte er es verhindert. Außerdem richtet er Dank an seine Anwälte, seine Mutter, Stiefvater »Und alle, die mich kennen.«
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.
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Was bisher geschah[/size][/b]
Die Opfer wurden laut Anklage seelisch und körperlich schwer misshandelt. Zwei Frauen aus Niedersachsen starben an den Folgen der Quälereien. Eine von ihnen starb in einem Krankenhaus, beim zweiten Opfer gab es keine Leiche mehr. Die Angeklagten hatten die Frau nach ihrem Tod zuerst eingefroren, zersägt, verbrannt und die Asche anschließend im Winter an den Straßenrändern des Dorfes zerstreut, wie Angelika W. ausgesagt hatte.
Staatsanwaltschaft und Nebenkläger fordern für die beiden Angeklagten lebenslange Haftstrafen und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Wilfried W. soll zusätzlich in einer Psychiatrie untergebracht werden. Die Strafanträge der Verteidiger fallen deutlich niedriger aus. Für Wilfried W. hält die Verteidigung wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung sieben Jahre und sechs Monate Haft für ausreichend. Wilfried W. sei nur vermindert schuldfähig.
Für Angelika W. fordern ihre Verteidiger aus Mangel an Beweisen einen Freispruch. Sollte das Gericht dem nicht folgen, schlagen sie eine Kronzeugenregelung und damit die Minderung der lebenslangen Freiheitsstrafe auf zwölf Jahre vor.
Nach vorläufigen Berechnungen des Gerichts wird der Prozess rund eine halbe Million Euro kosten. Bei einer Verurteilung müssen die Angeklagten die Gerichtskosten übernehmen. Dabei entfallen auf die sieben Anwälte zusammen rund 280.000 Euro. Die Gutachter haben ihre Arbeit mit rund 200.000 Euro berechnet. »Noch liegen aber nicht alle Posten vor«, sagte der Vorsitzende Richter Bernd Emminghaus vor dem Urteil. Nach seinem Urteilsspruch geht der Jurist am Freitag in den Ruhestand, den er bereits im Mai antreten wollte.[/quote]
https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kriminalfall-Hoexter-Bosseborn/3501393-Letzter-Tag-im-Bosseborn-Prozess-Gericht-spricht-Urteil-im-Mordprozess-um-Horrorhaus-in-Hoexter