von HP1 » Dienstag, 02. September 2025, 15:13:18
@Wiesenblume
Sprach der Pünktchenmann nicht davon, Frauke von der Arbeit zu kennen? Nimmt man das beim Wort, wäre ein Besucher oder Patient nicht passend. Dass er aber nicht unbedingt wie Frauke dort Pflegetätigkeit ausgeübt haben muss, sondern "entfernter" tätig gewesen sein könnte, klar. Wenn man nur die Geschichte selbst betrachtet, den Pünktchenmann als möglicherweise nur Geschichtenerzähler aber außen vor lässt, dann passt Besucher oder Patient natürlich genauso ins Muster.
@Keks22 merkte das mit der Formulierung "eingeschlafen" (statt "gestorben") an. Ja, ist auffällig und kann ich bestätigen, dass im KH/Pflege diese Formulierung häufig verwendet wird, hab damals während des Studiums im KH Nachtschicht gejobbt, Station Innere und Palliativ. Hier also, wenn wir vom Pünktchenmann als potentiellem Täter reden, dann doch eher im Pflegebereich?
Ja, ihr Umfeld in Schule und KH wurde sicher befragt. Aber wann und mit welcher Intention, welchen Vorannahmen, Voraussetzungen? Man hatte schnell den Mitbewohner unter der Lupe, der dann nach dem Telefonat mit Frauke gemeinsam mit Schwester Karen raus war. Dann Niels, der neue Bekannte. Klar, der musste es doch gewesen sein. War er aber letztlich erwiesenermaßen nicht. Dann war die Location Nieheim der heiße Shit, ohne jede Verbindung dorthin wäre damals ein KH-Arbeitskollege per se nicht besonders beachtet worden. Und allgemein, wenn überhaupt ein Täter mit Bekanntheitsgrad zum Opfer gesucht wird, dann doch eher dort, wo sich tatsächliche etablierte Beziehung finden lässt, wo Beziehungskonflikte hinreichend gravierend für die Tat gewesen sein könnten.
Kurz, wann auch immer die Kollegen befragt wurden - so lange da bei jemandem keine nähere, etablierte Bekanntschaft zu Frauke offenbar wurde (insbesondere auch kein Auftauchen in ihren Kontakten auf HAndy oder PC), wäre der auch nur einer von vielen, die nichts Auffälliges zu berichten wussten. Selbst ein ggf. bisschen sichtbares Unwohlsein wäre bei Befragungen der Polizei nicht so ungewöhnlich, dass es gleich verdächtig wäre. Also da, mMn alles möglich und gut auch denkbar, dass der als Pfleger dort arbeitete und irgendwann auch mal befragt wurde, ob ihm was aufgefallen war.
Und zurück zum Pünktchenmann, ist der real identifiziert und stellt sich tatsächlich eine Tätigkeit im KH 2006 heraus, dann ists egal ob Pfleger, Hausmeister oder nur Anlieferer oder so. Ist dann so, wie es ist.
Der Pünktchenmann und die "Intelligenz"...
Wenn sein Bericht hier nicht auf Tatsachen beruht, ein Phantasieprodukt ist, dann hat er sich gut in die Täterrolle hineinbegeben (Perspektivübernahme) und in dieser Rolle eine stimmige Selbstäußerung hingelegt. Völlig gleich, ob er sich dabei meine Hypothese explizit zu eigen gemacht hat, das nur halt vor längerem mal gelesen oder auch gänzlich selbst entwickelt hätte. Auf jeden Fall ist in seinem Bericht auch einiges, was sich so bei mir nicht findet bzw. anders postuliert war, eine kreative Eigenleistung eines Pünktchenmanns als Geschichtenerzähler auf jeden Fall vorhanden. Ob sein Zugang zur Täterperspektive da eher auf analytischer Empathie basiert, er sich seinen Auftritt (genau ein solcher war es dann ja) genau durchdacht, seine Selbstdarstellung im Detail zurechtgelegt hatte, oder ob er sich eher in diesen (hypothetischen/fiktiven) Täter hineingefühlt und seinen Auftritt mehr intuitiv, "aus dem Bauch heraus" hingelegt hat, schwer zu sagen. Unter der Annahme eines "Geschichtenerzählers" tendiert mein Eindruck eher zu ersterem - das aber vielleicht auch nur, weil mir selbst der analytische näher liegt als der intuitive Zugang. Sein Repertoire an differneziertem Selbstausdruck ist da gar nicht besonders groß, man könnte sagen etwas einseitig, stereotyp. Aber das ist kein Defizit, das passt nicht schlecht zu einem "echten" Täter (den er ja darstellt), der sich hier in diesem Rahmen offenbart. Auch die Punkte, wo er im Detail berichtet, während er an anderer Stelle vage bleibt, ausweicht - das dagegen ist schon differenziert, kein stumpfes Theaterstück eines unbegabten Laien.
Jedenfalls, meine Ansicht - wenn der Pünktchenmann nur ein Geschichtenerzähler ist, dann wusste er sich gut und realistisch in die Person des Täters hineinzubegeben und sich so zielsicher recht glaubwürdig zu präsentieren. Sicher kein "dummer", einfach gestrickter Mensch, in Wahrnehmung und Handlung differenziert und... ich sag mal "verständig". Die Wahl, hier in der dritten Person, "man" statt "ich", zu berichten, das könnte da sowohl durchdachtes Stilmittel sein oder erstmal(!) auch nur Anlehnung daran, dass hier eben Hergangsszenarien genau so formuliert werden, wenn jemand sie anschaulich, plastisch darstellen möchte. Verknüpft mit seiner Darstellung eines Täters, der sich selbst als Opfer der Umstände, eines unglücklichen Verlaufs sieht und die Verantwortung für sein Handeln bis heute zu vermeiden, von sich zu weisen sucht, wäre die Schilderung in der dritten Person jedenfalls ein starkes Stilmittel.
Und der Pünktchenmann als authentischer Täter? Das wird umfangreich...
Erstmal, bei seinen Äußerungen gibt es nichts, was ihn da erheblich unglaubwürdig machen oder gar disqualifizieren würde. Seine mögliche Echtheit also an der Stelle eine berechtigte Annahme.
Die Frage nach "Intelligenz" oder anderen mentalen Eigenschaften stellt sich dann natürlich völlig anders, wenn sein Auftreten hier keine Kreativleistung war. Da ist dann eher zu sehen, wie er sich im Tathandeln verhalten hat (soweit seine Darstellung auch zutreffend ist) und wie er heute und in diesem Rahmen darüber spricht.
Da hätten wir also einen (mutmaßlich jungen) Mann, der sich bei einer Arbeitskollegin eine Gelegenheit für unkomplizierten Sex verspricht, die unkompliziert und offen auftritt und denkbar möglicherweise auch auf etwas Anzüglichkeit, ein bisschen unverbindliches Flirten bei der Arbeit nicht gleich ablehnend reagiert hat. Könnte auch so sein, dass er da generell ein größeres unerfülltes Bedürfnis hatte und in Frauke nicht nur eine unkomplizierte Gelegenheit sah, sondern sich mit einem gewissen Erfüllungsdruck erhoffte und ausmalte, sie so richtig an Land ziehen zu können. Weiß man nicht, seine heftige Reaktion auf die Ablehnung könnte(!) aber eher auf letzteres hindeuten. Ich hatte das früher schonmal angemerkt, die unkomplizierte Frauke ohne Berührungsängste zu (oder sogar besonderem Interesse an) "schrägen Vögeln" ist eigentlich genau der Typ, bei dem sich heimlich notgeile Typen eine Chance ausrechnen würden - weil sie zu deren verklemmter Herangehensweise passt, mit den eigenen Ambitionen erstmal unter dem Radar bleiben, quasi der Weg über die Friendzone gehen. Funktioniert halt idR so nicht, aber das ist hier nicht das Thema. Ist halt an der Stelle nicht zu sagen, wie ausgeprägt sein Interesse an Frauke war. Jedenfalls, laut seinem Bericht sei man zufällig zusammengetroffen, wobei ich mir an der Stelle auch vorstellen könnte, dass er sich selbst da als harmloser darstellt als es tatsächlich war, dass er tatsächlich was von ihren Pub-Plänen mitbekommen hatte und ein "zufälliges" Zusammentreffen dann arrangiert haben könnte. Außerhalb der Arbeit, Feierathmosphäre, er hat "zufällig" noch zwei Bier im Auto liegen - wie kommt man zu einer geeigneten Situation, ohne dass man sich explizit verabreden, daten und seine Ambitionen vorab offenbaren müsste, schön niederschwellig. Kann so sein, muss nicht.
Jedenfalls, man ist aufm Uni-Parkplatz bei seinem Auto, er zeigt sexuelles Interesse, sie reagiert ablehnend. Ich schätze Frauke nicht so ein, dass sie da betont überheblich oder sonstwie ihn degradierend reagiert hat, aber vielleicht schon eher amüsiert als betont verständnisvoll, sozusagen. Aber auf jeden Fall ist er enttäuscht, frustriert, und lässt das mit der Schelle unmittelbar an ihr aus. Zum einen lässt diese Unbeherrschtheit als solche tief blicken, ohne dass sich daraus ohne Weiteres mehr schließen ließe, oder doch? Es zeigt wohl, dass er in Sachen "Gelegenheit zum Sex" da und mutmaßlich dann auch allgemein nicht besonders souverän und entspannt drauf war, und/oder dass er sich gerade bei Frauke besonders Hoffnungen gemacht hatte. Also doch eher der notgeil untervögelte, deshalb in puncto Frauenkontakt vielleicht unterschwellig übergriffsbereite Typ? Nur Spekulation, dennoch nicht von der Hand zu weisen. Dass er im Weiteren die Konsequenzen für die aus spontanem Frust/Ärger verteilte Ohrfeige (mehr war es zu dem Zeitpunkt nicht, eine heftige Ohrfeige im Affekt) nicht auf sich zu nehmen bereit war, sondern sich zur Vertuschung in eine letztlich desaströse Tathandlung hineinbegeben hat, das erzeugt bei mir das Bild eines Menschen, der allgemein sehr darum bemüht ist, nicht in der Kritik zu stehen. Also im Sinne von wenig konfliktfähig, schnell aufbrausend bis cholerisch (oder sonstwie schlicht überfordert), wenn er mit Kritik an seiner Person konfrontiert ist. Würde sowohl zu seiner heftigen Reaktion auf ihre Ablehnung passen als auch darauf, danach nicht zu der Ohrfeige stehen zu können. Nein, ich meine, der hat sich für sein sexuelles Interesse an Frauke vielleicht geschämt und dafür, dass er sein diesbezüglich wohl starkes Bedürfnis durch seine unbeherrschte und völlig unangebrachte Reaktion offengelegt hatte. Damit in die Öffentlichkeit zu gehen und dazu zu stehen, die etwaigen Folgen zu tragen (juristisch nur für die Ohrfeige, sexuelles Interesse ist ja nicht verboten), die Vorstellung war ihm offenbar zu schwer erträglich, wenn man sein weiteres Handeln betrachtet.
Das alles natürlich reine Spekulation, ein Malen nach Zahlen mit freier Farbwahl. Aber ich meine doch, der war wohl kein selbstbewusster, souveräner Typ, für den auch emotional klar ist, dass zum Sex nunmal beiderseitiges Wollen gehört und der mit Kritik (Ablehnung ist auch eine Form von Kritik, eine sehr persönliche) so ausreichend entspannt umgehen konnte, dass er angemessen darauf reagiert.
Und genau dieses spekulative Persönlichkeitsmuster kommt ja auch stark in seiner Darstellung im Hier und Jetzt zum tragen. Eigene Verantwortung vermeiden, die ganze Darstellung folgt dem Motiv, Opfer der Umstände gewesen zu sein, die "Knackpunkte" seines Tathandelns vielmehr als logische bis zwingende Konsequenz dargestellt: Frauke hat "für ihre Ablehnung eine Schelle eingefangen" (sinngemäß, such den genauen Wortlaut jetzt nicht raus) statt "ich/man habe/hat sie geschlagen", sie auch später nicht gehen zu lassen und die Anrufe zu machen als alternativlos, nachdem Medien/Polizei zu dem Zeitpunkt von "Entführung/Freiheitsberaubung" sprachen (was es genau durch seine Reaktion darauf dann auch definitiv war, ironischerweise), ihr Tod als letztlich alternativlose Konsequenz hingestellt und so dargestellt, dass er selbst gar nicht dabei vorkam. Von vorne bis hinten ein Auftritt getragen von der Ambition, keinen anderen Handlungsspielraum gehabt zu haben, selbst Opfer der Situation gewesen zu sein, die ablehnende Frauke im Grunde selbst schuld, die öffentlich suchende Polizei und Medien verantwortlich für die Eskalation und Unmöglichkeit, die Nummer zu beenden, ihr Tod unausweichliche Konsequenz ihres Auftretens im letzten Telefonat, das eine Rückkehr "als wäre nichts gewesen" unmöglich gemacht habe, so etwa. Sehr bemerkenswert, dass der auch nach fast 20 Jahren nicht zu einem verantwortlichen "ich war es" gefunden hat, das er dann auch hier in anonymer Öffentlichkeit so zeigen, zum Ausdruck bringen könnte. Kennt ihr die Leute, die sich immer gleich groß erklären, rechtfertigen - oft schon bevor irgendwer was gesagt hat, allein weil sie selbst die mögliche Kritik an sich schon erkennen
(Ergänzung: und fürchten)? Genau das, stark ausgeprägt, habe ich sowohl bei seinen berichteten Handlungen wie auch der Art und Weise seines Berichts vor Augen. All das natürlich nur unter der Annahme, dass der Pünktchenschreiber der echte Täter ist und sein Bericht inhaltlich soweit im Wesentlichen zutreffend.
Aber dennoch tritt er hier auf. Ich meine, wenn es ihm unmöglich sein sollte, seine Schuldhaftigkeit anzuerkennen, bzw. vor anderen auch (auch anonym) auszusprechen, warum hält er dann nicht einfach die Klappe? Ich denke, auch hierauf ist die Antwort vielleicht in diesem Muster von Kritikunfähigkeit und latentem Rechtfertigungsbedürfnis zu finden. Er liest hier schon länger/lang mit (wird hier ja so oder so iA angenommen, dass der Täter wahrscheinlich wohl mitliest), es wird alles Mögliche spekuliert und behauptet, was der Täter sein und getan haben soll, das Meiste unzutreffend, und fast alles ihn persönlich Betreffende negativ, vorwurfsvoll, verurteilend. Es wird über ihn geredet, ohne ihn irgendwie zu kennen, und es werden jede Menge sehr unschöne Dinge über ihn gesagt, die zum größeren Teil schlicht (faktisch) nicht zutreffen, unwahr sind. Da könnte doch genau so ein unsicher-kritikallergischer Typ das starke Bedürfnis haben, sich dagegen zu wehren, das richtigzustellen, für Verständnis für sein Handeln werben. Genau das tut er ja: Beschreibt den Hergang als determiniert, er selbst ohne anderen Handlungsspielraum, selbst im Grunde Opfer der Situation. Und genau den springenden Punkt, seine Unfähigkeit, sich für den Abbruch der Tathandlung als das einzig Richtige zu entscheiden, den stellt er nicht zur Diskussion, sondern setzt hier beim Publikum ein Verständnis voraus, fordert es im Grunde ein. So gesehen ist er da schon sehr in seiner eigenen Wirklichkeit unterwegs. Einer Wirklichkeit, in der es ihm Not bereitet, hier unbekannterweise so unzutreffend hingestellt zu werden und wo er (wieder...) nicht anders kann, als darauf selbstentschuldigend zu reagieren.
So... das war jetzt ein ziemlicher gedanklicher Freiflug. Lass ich so stehen, gehe ich nicht nochmal durch. Wie immer, alles kann, nichts muss, vielleicht war es so, vielleicht auch ganz anders

@Wiesenblume
Sprach der Pünktchenmann nicht davon, Frauke von der Arbeit zu kennen? Nimmt man das beim Wort, wäre ein Besucher oder Patient nicht passend. Dass er aber nicht unbedingt wie Frauke dort Pflegetätigkeit ausgeübt haben muss, sondern "entfernter" tätig gewesen sein könnte, klar. Wenn man nur die Geschichte selbst betrachtet, den Pünktchenmann als möglicherweise nur Geschichtenerzähler aber außen vor lässt, dann passt Besucher oder Patient natürlich genauso ins Muster.
@Keks22 merkte das mit der Formulierung "eingeschlafen" (statt "gestorben") an. Ja, ist auffällig und kann ich bestätigen, dass im KH/Pflege diese Formulierung häufig verwendet wird, hab damals während des Studiums im KH Nachtschicht gejobbt, Station Innere und Palliativ. Hier also, wenn wir vom Pünktchenmann als potentiellem Täter reden, dann doch eher im Pflegebereich?
Ja, ihr Umfeld in Schule und KH wurde sicher befragt. Aber wann und mit welcher Intention, welchen Vorannahmen, Voraussetzungen? Man hatte schnell den Mitbewohner unter der Lupe, der dann nach dem Telefonat mit Frauke gemeinsam mit Schwester Karen raus war. Dann Niels, der neue Bekannte. Klar, der musste es doch gewesen sein. War er aber letztlich erwiesenermaßen nicht. Dann war die Location Nieheim der heiße Shit, ohne jede Verbindung dorthin wäre damals ein KH-Arbeitskollege per se nicht besonders beachtet worden. Und allgemein, wenn überhaupt ein Täter mit Bekanntheitsgrad zum Opfer gesucht wird, dann doch eher dort, wo sich tatsächliche etablierte Beziehung finden lässt, wo Beziehungskonflikte hinreichend gravierend für die Tat gewesen sein könnten.
Kurz, wann auch immer die Kollegen befragt wurden - so lange da bei jemandem keine nähere, etablierte Bekanntschaft zu Frauke offenbar wurde (insbesondere auch kein Auftauchen in ihren Kontakten auf HAndy oder PC), wäre der auch nur einer von vielen, die nichts Auffälliges zu berichten wussten. Selbst ein ggf. bisschen sichtbares Unwohlsein wäre bei Befragungen der Polizei nicht so ungewöhnlich, dass es gleich verdächtig wäre. Also da, mMn alles möglich und gut auch denkbar, dass der als Pfleger dort arbeitete und irgendwann auch mal befragt wurde, ob ihm was aufgefallen war.
Und zurück zum Pünktchenmann, ist der real identifiziert und stellt sich tatsächlich eine Tätigkeit im KH 2006 heraus, dann ists egal ob Pfleger, Hausmeister oder nur Anlieferer oder so. Ist dann so, wie es ist.
Der Pünktchenmann und die "Intelligenz"...
Wenn sein Bericht hier nicht auf Tatsachen beruht, ein Phantasieprodukt ist, dann hat er sich gut in die Täterrolle hineinbegeben (Perspektivübernahme) und in dieser Rolle eine stimmige Selbstäußerung hingelegt. Völlig gleich, ob er sich dabei meine Hypothese explizit zu eigen gemacht hat, das nur halt vor längerem mal gelesen oder auch gänzlich selbst entwickelt hätte. Auf jeden Fall ist in seinem Bericht auch einiges, was sich so bei mir nicht findet bzw. anders postuliert war, eine kreative Eigenleistung eines Pünktchenmanns als Geschichtenerzähler auf jeden Fall vorhanden. Ob sein Zugang zur Täterperspektive da eher auf analytischer Empathie basiert, er sich seinen Auftritt (genau ein solcher war es dann ja) genau durchdacht, seine Selbstdarstellung im Detail zurechtgelegt hatte, oder ob er sich eher in diesen (hypothetischen/fiktiven) Täter hineingefühlt und seinen Auftritt mehr intuitiv, "aus dem Bauch heraus" hingelegt hat, schwer zu sagen. Unter der Annahme eines "Geschichtenerzählers" tendiert mein Eindruck eher zu ersterem - das aber vielleicht auch nur, weil mir selbst der analytische näher liegt als der intuitive Zugang. Sein Repertoire an differneziertem Selbstausdruck ist da gar nicht besonders groß, man könnte sagen etwas einseitig, stereotyp. Aber das ist kein Defizit, das passt nicht schlecht zu einem "echten" Täter (den er ja darstellt), der sich hier in diesem Rahmen offenbart. Auch die Punkte, wo er im Detail berichtet, während er an anderer Stelle vage bleibt, ausweicht - das dagegen ist schon differenziert, kein stumpfes Theaterstück eines unbegabten Laien.
Jedenfalls, meine Ansicht - wenn der Pünktchenmann nur ein Geschichtenerzähler ist, dann wusste er sich gut und realistisch in die Person des Täters hineinzubegeben und sich so zielsicher recht glaubwürdig zu präsentieren. Sicher kein "dummer", einfach gestrickter Mensch, in Wahrnehmung und Handlung differenziert und... ich sag mal "verständig". Die Wahl, hier in der dritten Person, "man" statt "ich", zu berichten, das könnte da sowohl durchdachtes Stilmittel sein oder erstmal(!) auch nur Anlehnung daran, dass hier eben Hergangsszenarien genau so formuliert werden, wenn jemand sie anschaulich, plastisch darstellen möchte. Verknüpft mit seiner Darstellung eines Täters, der sich selbst als Opfer der Umstände, eines unglücklichen Verlaufs sieht und die Verantwortung für sein Handeln bis heute zu vermeiden, von sich zu weisen sucht, wäre die Schilderung in der dritten Person jedenfalls ein starkes Stilmittel.
Und der Pünktchenmann als authentischer Täter? Das wird umfangreich...
Erstmal, bei seinen Äußerungen gibt es nichts, was ihn da erheblich unglaubwürdig machen oder gar disqualifizieren würde. Seine mögliche Echtheit also an der Stelle eine berechtigte Annahme.
Die Frage nach "Intelligenz" oder anderen mentalen Eigenschaften stellt sich dann natürlich völlig anders, wenn sein Auftreten hier keine Kreativleistung war. Da ist dann eher zu sehen, wie er sich im Tathandeln verhalten hat (soweit seine Darstellung auch zutreffend ist) und wie er heute und in diesem Rahmen darüber spricht.
Da hätten wir also einen (mutmaßlich jungen) Mann, der sich bei einer Arbeitskollegin eine Gelegenheit für unkomplizierten Sex verspricht, die unkompliziert und offen auftritt und denkbar möglicherweise auch auf etwas Anzüglichkeit, ein bisschen unverbindliches Flirten bei der Arbeit nicht gleich ablehnend reagiert hat. Könnte auch so sein, dass er da generell ein größeres unerfülltes Bedürfnis hatte und in Frauke nicht nur eine unkomplizierte Gelegenheit sah, sondern sich mit einem gewissen Erfüllungsdruck erhoffte und ausmalte, sie so richtig an Land ziehen zu können. Weiß man nicht, seine heftige Reaktion auf die Ablehnung könnte(!) aber eher auf letzteres hindeuten. Ich hatte das früher schonmal angemerkt, die unkomplizierte Frauke ohne Berührungsängste zu (oder sogar besonderem Interesse an) "schrägen Vögeln" ist eigentlich genau der Typ, bei dem sich heimlich notgeile Typen eine Chance ausrechnen würden - weil sie zu deren verklemmter Herangehensweise passt, mit den eigenen Ambitionen erstmal unter dem Radar bleiben, quasi der Weg über die Friendzone gehen. Funktioniert halt idR so nicht, aber das ist hier nicht das Thema. Ist halt an der Stelle nicht zu sagen, wie ausgeprägt sein Interesse an Frauke war. Jedenfalls, laut seinem Bericht sei man zufällig zusammengetroffen, wobei ich mir an der Stelle auch vorstellen könnte, dass er sich selbst da als harmloser darstellt als es tatsächlich war, dass er tatsächlich was von ihren Pub-Plänen mitbekommen hatte und ein "zufälliges" Zusammentreffen dann arrangiert haben könnte. Außerhalb der Arbeit, Feierathmosphäre, er hat "zufällig" noch zwei Bier im Auto liegen - wie kommt man zu einer geeigneten Situation, ohne dass man sich explizit verabreden, daten und seine Ambitionen vorab offenbaren müsste, schön niederschwellig. Kann so sein, muss nicht.
Jedenfalls, man ist aufm Uni-Parkplatz bei seinem Auto, er zeigt sexuelles Interesse, sie reagiert ablehnend. Ich schätze Frauke nicht so ein, dass sie da betont überheblich oder sonstwie ihn degradierend reagiert hat, aber vielleicht schon eher amüsiert als betont verständnisvoll, sozusagen. Aber auf jeden Fall ist er enttäuscht, frustriert, und lässt das mit der Schelle unmittelbar an ihr aus. Zum einen lässt diese Unbeherrschtheit als solche tief blicken, ohne dass sich daraus ohne Weiteres mehr schließen ließe, oder doch? Es zeigt wohl, dass er in Sachen "Gelegenheit zum Sex" da und mutmaßlich dann auch allgemein nicht besonders souverän und entspannt drauf war, und/oder dass er sich gerade bei Frauke besonders Hoffnungen gemacht hatte. Also doch eher der notgeil untervögelte, deshalb in puncto Frauenkontakt vielleicht unterschwellig übergriffsbereite Typ? Nur Spekulation, dennoch nicht von der Hand zu weisen. Dass er im Weiteren die Konsequenzen für die aus spontanem Frust/Ärger verteilte Ohrfeige (mehr war es zu dem Zeitpunkt nicht, eine heftige Ohrfeige im Affekt) nicht auf sich zu nehmen bereit war, sondern sich zur Vertuschung in eine letztlich desaströse Tathandlung hineinbegeben hat, das erzeugt bei mir das Bild eines Menschen, der allgemein sehr darum bemüht ist, nicht in der Kritik zu stehen. Also im Sinne von wenig konfliktfähig, schnell aufbrausend bis cholerisch (oder sonstwie schlicht überfordert), wenn er mit Kritik an seiner Person konfrontiert ist. Würde sowohl zu seiner heftigen Reaktion auf ihre Ablehnung passen als auch darauf, danach nicht zu der Ohrfeige stehen zu können. Nein, ich meine, der hat sich für sein sexuelles Interesse an Frauke vielleicht geschämt und dafür, dass er sein diesbezüglich wohl starkes Bedürfnis durch seine unbeherrschte und völlig unangebrachte Reaktion offengelegt hatte. Damit in die Öffentlichkeit zu gehen und dazu zu stehen, die etwaigen Folgen zu tragen (juristisch nur für die Ohrfeige, sexuelles Interesse ist ja nicht verboten), die Vorstellung war ihm offenbar zu schwer erträglich, wenn man sein weiteres Handeln betrachtet.
Das alles natürlich reine Spekulation, ein Malen nach Zahlen mit freier Farbwahl. Aber ich meine doch, der war wohl kein selbstbewusster, souveräner Typ, für den auch emotional klar ist, dass zum Sex nunmal beiderseitiges Wollen gehört und der mit Kritik (Ablehnung ist auch eine Form von Kritik, eine sehr persönliche) so ausreichend entspannt umgehen konnte, dass er angemessen darauf reagiert.
Und genau dieses spekulative Persönlichkeitsmuster kommt ja auch stark in seiner Darstellung im Hier und Jetzt zum tragen. Eigene Verantwortung vermeiden, die ganze Darstellung folgt dem Motiv, Opfer der Umstände gewesen zu sein, die "Knackpunkte" seines Tathandelns vielmehr als logische bis zwingende Konsequenz dargestellt: Frauke hat "für ihre Ablehnung eine Schelle eingefangen" (sinngemäß, such den genauen Wortlaut jetzt nicht raus) statt "ich/man habe/hat sie geschlagen", sie auch später nicht gehen zu lassen und die Anrufe zu machen als alternativlos, nachdem Medien/Polizei zu dem Zeitpunkt von "Entführung/Freiheitsberaubung" sprachen (was es genau durch seine Reaktion darauf dann auch definitiv war, ironischerweise), ihr Tod als letztlich alternativlose Konsequenz hingestellt und so dargestellt, dass er selbst gar nicht dabei vorkam. Von vorne bis hinten ein Auftritt getragen von der Ambition, keinen anderen Handlungsspielraum gehabt zu haben, selbst Opfer der Situation gewesen zu sein, die ablehnende Frauke im Grunde selbst schuld, die öffentlich suchende Polizei und Medien verantwortlich für die Eskalation und Unmöglichkeit, die Nummer zu beenden, ihr Tod unausweichliche Konsequenz ihres Auftretens im letzten Telefonat, das eine Rückkehr "als wäre nichts gewesen" unmöglich gemacht habe, so etwa. Sehr bemerkenswert, dass der auch nach fast 20 Jahren nicht zu einem verantwortlichen "ich war es" gefunden hat, das er dann auch hier in anonymer Öffentlichkeit so zeigen, zum Ausdruck bringen könnte. Kennt ihr die Leute, die sich immer gleich groß erklären, rechtfertigen - oft schon bevor irgendwer was gesagt hat, allein weil sie selbst die mögliche Kritik an sich schon erkennen [i](Ergänzung: und fürchten)[/i]? Genau das, stark ausgeprägt, habe ich sowohl bei seinen berichteten Handlungen wie auch der Art und Weise seines Berichts vor Augen. All das natürlich nur unter der Annahme, dass der Pünktchenschreiber der echte Täter ist und sein Bericht inhaltlich soweit im Wesentlichen zutreffend.
Aber dennoch tritt er hier auf. Ich meine, wenn es ihm unmöglich sein sollte, seine Schuldhaftigkeit anzuerkennen, bzw. vor anderen auch (auch anonym) auszusprechen, warum hält er dann nicht einfach die Klappe? Ich denke, auch hierauf ist die Antwort vielleicht in diesem Muster von Kritikunfähigkeit und latentem Rechtfertigungsbedürfnis zu finden. Er liest hier schon länger/lang mit (wird hier ja so oder so iA angenommen, dass der Täter wahrscheinlich wohl mitliest), es wird alles Mögliche spekuliert und behauptet, was der Täter sein und getan haben soll, das Meiste unzutreffend, und fast alles ihn persönlich Betreffende negativ, vorwurfsvoll, verurteilend. Es wird über ihn geredet, ohne ihn irgendwie zu kennen, und es werden jede Menge sehr unschöne Dinge über ihn gesagt, die zum größeren Teil schlicht (faktisch) nicht zutreffen, unwahr sind. Da könnte doch genau so ein unsicher-kritikallergischer Typ das starke Bedürfnis haben, sich dagegen zu wehren, das richtigzustellen, für Verständnis für sein Handeln werben. Genau das tut er ja: Beschreibt den Hergang als determiniert, er selbst ohne anderen Handlungsspielraum, selbst im Grunde Opfer der Situation. Und genau den springenden Punkt, seine Unfähigkeit, sich für den Abbruch der Tathandlung als das einzig Richtige zu entscheiden, den stellt er nicht zur Diskussion, sondern setzt hier beim Publikum ein Verständnis voraus, fordert es im Grunde ein. So gesehen ist er da schon sehr in seiner eigenen Wirklichkeit unterwegs. Einer Wirklichkeit, in der es ihm Not bereitet, hier unbekannterweise so unzutreffend hingestellt zu werden und wo er (wieder...) nicht anders kann, als darauf selbstentschuldigend zu reagieren.
So... das war jetzt ein ziemlicher gedanklicher Freiflug. Lass ich so stehen, gehe ich nicht nochmal durch. Wie immer, alles kann, nichts muss, vielleicht war es so, vielleicht auch ganz anders ;)