22.02.2016 - 18:32 Uhr
VERKÄUFERIN AUS EITORF VERSCHWAND SPURLOS
Landgericht muss „Mord ohne Leiche“ neu aufrollen
2014 wurde der Ehemann einer spurlos verschwundenen Eitorferin zu elf Jahren Haft verurteilt. Jetzt wird der Fall um den „Mord ohne Leiche“ neu aufgerollt. Der Bundesgerichtshof kritisiert Rechtsfehler in der Beweiswürdigung.
BONN/EITORF –
Vor dem Bonner Landgericht muss der Fall „Sandra D.“ neu aufgerollt werden. Die 42 Jahre alte Frau aus Eitorf-Bach war im September 2012 verschwunden. Seitdem fehlt von ihr jede Spur. Der Fall hatte großes Aufsehen erregt. Die Richter der Bonner Schwurgerichtskammer waren am Ende des ersten Prozesses davon überzeugt, dass der heute 43 Jahre alte Ehemann die Frau getötet hat. Im Juli 2014 wurde er wegen Totschlags zu elf Jahren Haft verurteilt.
Der zweite Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hat dieses Urteil jetzt allerdings aufgehoben. Demnächst wird sich der Angeklagte, der Revision gegen die Verurteilung eingelegt hatte und weiterhin in Untersuchungshaft sitzt, vor einer anderen Strafkammer des Bonner Landgerichts erneut verantworten müssen.
Der damalige Prozess um den „Mord ohne Leiche“ war ein reiner Indizienprozess. Dirk D. hatte bis zuletzt behauptet, nichts mit dem Verschwinden seiner Ehefrau zu tun zu haben. Seinen Angaben zufolge hatte sich die 42-Jährige, die als Verkäuferin in einem Eitorfer Supermarkt arbeitete und zwei Kinder aus früheren Beziehungen hatte, am Tag der vermuteten Tat an der Arbeitsstelle abholen lassen. Sie habe ihm nicht verraten wollen, von wem. Der Staatsanwalt und das Gericht waren sich jedoch einig, dass es in der Beziehung des Ehepaares kriselte und es zudem ständig Streit über Geld gab. Aus Wut und Verärgerung habe der Koch sie nach einem abgelehnten Versöhnungsversuch die Treppe in dem Einfamilienhaus des Paares heruntergestoßen. Anschließend soll der Angeklagte seine Frau ins Schlafzimmer geschleppt und dort auf dem Ehebett erwürgt haben.
Verurteilt wurde der 42-Jährige vor allem aufgrund der Aussage seiner neuen Freundin. Dieser Zeugin gegenüber soll er einmal gestanden haben, seine Ehefrau getötet zu haben. Im Prozess hatte der Angeklagte dann jedoch behauptet, die der neuen Freundin gegenüber geschilderte Version nur erfunden zu haben.
Der BGH moniert nun, die Bonner Richter hätten die Angaben der Hauptbelastungszeugin „nicht der erforderlichen kritischen Würdigung“ unterzogen – obwohl der angeklagte Ehemann vorgetragen hatte, dass die neue Freundin eine Fortsetzung der intimen Beziehung davon abhängig gemacht habe, dass er die Tötung seiner Ehefrau gesteht.
Zudem sei im Urteil nicht ausreichend begründet worden, warum die Richter den Schilderungen von Dirk D. zum Tatgeschehen in dem angeblichen Geständnis nur zum Teil Glauben geschenkt haben. Das Schwurgericht habe die Angaben zum Ablauf des Streits und der Tötung als Indiz für die Täterschaft herangezogen.
Keine Spur bis heute
Auf der anderen Seite wurde den Angaben zur Beseitigung der Leiche nicht gefolgt. Der neuen Freundin hatte Dirk D. geschildert, er habe die Leiche zerstückelt und die Teile dann beseitigt. Dass die Leiche von Sandra D. im eigenen Haus zerhackt wurde, glaubten die Bonner Richter nicht, da keine Spuren gefunden wurden. Sie hielten es für wahrscheinlicher, dass die Tote „bei Nacht und Nebel weggebracht“ und dann vermutlich irgendwo vergraben wurde.
Die Bundesrichter sehen darin „Rechtsfehler in der Beweiswürdigung“. Der Bonner Oberstaatsanwalt Robin Faßbender teilte auf Anfrage mit, dass seit dem Ende des ersten Prozesses bis heute keine neuen Hinweise aufgetaucht sind, wo die Leiche sein könnte.
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