von MauriceMüller » Mittwoch, 07. Mai 2025, 09:52:06
Hamburger hat geschrieben: ↑Dienstag, 06. Mai 2025, 23:03:50
Das sehe ich auch als Problem an. Beweise dafür, dass Frauke freiwillig (oder überhaupt) nach Nieheim fuhr, lagen der Polizei offenbar nicht vor. Denn in dem großen Stern-Artikel über den Fall Frauke Liebs räumte Östermann ein, es sei nicht auszuschließen, dass Frauke in Paderborn gewaltsam in ein Auto gezerrt worden sei, aber das halte er für unwahrscheinlich. (Die Möglichkeit, dass Frauke zwar freiwillig in das Auto des Täters gestiegen sei, aber keineswegs freiwillig nach Nieheim gefahren sei, blieb unerwähnt.)
Den Ermittlungen der Bielefelder Kripo (und das sind die einzigen, die es bisher gab) lag nur eine Annahme zugrunde. Am Anfang sprach zwar sicher viel für diese Annahme (die 1. SMS wirkt authentisch; nach den Statistiken war die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Täter in Fraukes engerem Kreis zu finden sei), aber da die Konzentration auf Nieheim und die sehr aufwendige Suche nach einem Täter in Fraukes Bekanntenkreis erfolglos blieb, halte ich Skepsis gegenüber dieser Annnahme für sehr berechtigt.
Ich fürchte eher, dass die Ermittler viel zu optimistisch und zu sehr von der Hypothese ihrer Ermittlungen überzeugt waren.
Selbst als die Ermittlungen gescheitert waren, hielt Östermann noch an dieser Überzeugung fest, Frauke sei freiwillig nach Nieheim gefahren und erst nach der 1. SMS sei etwas passiert, was Fraukes Freiwilligkeit beendete. Das setzte voraus, dass Frauke den Täter näher gekannt und ihm vertraut haben müsste. Und als Fraukes Bekanntenkreis "ausermittelt" war, gab es für Östermann keinen Grund mehr, weiterzuermitteln.
Du hast leider recht. Es macht mich ziemlich fassungslos, wie nachlässig damals offenbar die Ermittlungen geführt wurden. Manche Spuren mögen dadurch verloren sein, aber nach meiner Ansicht gibt es durchaus Spuren, die zum Täter führen könnten, die bisher aber vermutlich nicht ausreichend beachtet wurden, weil Östermann die Suche in Fraukes Bekanntenkreis als Königsweg erschien.
Ich hoffe immer noch auf eine Wiederaufnahme der Ermittlungen. Über den Fall Frauke Liebs wurde viel geschrieben, aber soweit ich weiß, gibt es keine Zeitungsartikel oder TV-Beiträge, die den Schwerpunkt auf die Mängel der Ermittlungen unter Östermann legen. So entsteht leider bei vielen der Eindruck, eine Aufklärung sei einfach nicht möglich - und nicht etwa vielleicht an den Unzulänglichkeiten der Ermittlungen bisher gescheitert.
Ich möchte die Ermittlungsarbeit nicht kritisieren, da uns nur ein sehr eingeschränkter Blick auf die Geschehnisse möglich ist. Es könnte durchaus sein, dass wir zu denselben Einschätzungen kämen, wenn wir Zugang zu den Ermittlungsakten hätten.
Natürlich bedeutet das nicht, dass alles optimal gelaufen ist. Dennoch möchte ich meine Aussagen nicht als pauschale Kritik verstanden wissen, da uns schlichtweg zu viele Informationen fehlen, um ein abschließendes Urteil zu fällen.
Meiner Einschätzung nach hat Herr Östermann sich stark auf seine Erfahrung, Statistiken und teilweise auch auf sein Bauchgefühl verlassen. Im Podcast von Stern Crime erwähnte er sinngemäß, dass es äußerst schwierig sei, Alibis nach so langer Zeit noch zuverlässig zu bewerten, und dass man sich dabei teilweise auf sein Bauchgefühl verlassen müsse. Ebenso nannte er die These, dass die letzte Kontaktperson oft der Täter sei. Sicherlich sind das legitime Herangehensweisen.
Was ich als Außenstehender jedoch nicht vollständig nachvollziehen kann, ist die starke Festlegung auf eine bestimmte Richtung. Natürlich könnte sich diese Einschätzung aus weiteren, uns nicht bekannten Informationen ergeben, doch ich kann die Situation nur aus meiner Perspektive bewerten. Dabei fallen mir insbesondere folgende Punkte auf:
Die Annahme, dass die erste SMS freiwillig war Diese Einschätzung könnte durch technische Daten, wie die Dauer der Handynutzung nach dem Versand der Nachricht, gestützt oder widerlegt werden. Falls das Handy lediglich kurz eingeschaltet wurde, um die SMS zu senden, und dann wieder deaktiviert wurde, würde ich die Einschätzung eher hinterfragen. Falls das Handy jedoch über einen längeren Zeitraum aktiv war, bevor und nachdem die SMS versendet wurde, wäre diese Interpretation nachvollziehbarer. Ohne diese Daten fällt es mir schwer, die Einschätzung zu teilen.
Die Behauptung, dass der Totengrund keine Rolle spielt In einem frühen Artikel der Neuen Westfälischen lautete die Überschrift „Der Totengrund spielt keine Rolle“. Im Text wurde erläutert, dass der Fundort lediglich ein Ablageort sei und daraus keine Rückschlüsse auf den Täter gezogen werden könnten – er habe möglicherweise einfach einen wenig frequentierten Ort gewählt.
Die Anrufe als Reaktion auf die frühe Nennung des Ortes Nieheim Die Theorie, dass die Anrufe lediglich darauf zurückzuführen sind, dass nach der ersten SMS Nieheim öffentlich erwähnt wurde, erscheint mir plausibel, doch restlos überzeugt bin ich nicht.
Die Festlegung auf Nieheim als Festhalteort Der Ermittlungsaufwand in Nieheim war enorm – laut einem Sonderbuch von Stern Crime wurden bis zu 40 Gebäude durchsucht, und es sollen alle Männer ab 18 Jahren befragt worden sein. Dennoch wurden offenbar keine konkreten Anhaltspunkte gefunden. Dies wirft die Frage auf, ob Nieheim tatsächlich der richtige Ermittlungsansatz war.
Die frühe Auflösung der Mordkommission Ich kann nicht beurteilen, ob die gewählte Frist für die Auflösung der Mordkommission üblich war. Dennoch frage ich mich, ob man nicht früher von der Nieheim-Theorie hätte abrücken und stattdessen den Ablageort in Asseln und Herbram-Wald stärker in den Fokus hätte rücken sollen.
[quote=Hamburger post_id=295190 time=1746565430 user_id=10025]
Das sehe ich auch als Problem an. Beweise dafür, dass Frauke freiwillig (oder überhaupt) nach Nieheim fuhr, lagen der Polizei offenbar nicht vor. Denn in dem großen Stern-Artikel über den Fall Frauke Liebs räumte Östermann ein, es sei nicht auszuschließen, dass Frauke in Paderborn gewaltsam in ein Auto gezerrt worden sei, aber das halte er für unwahrscheinlich. (Die Möglichkeit, dass Frauke zwar freiwillig in das Auto des Täters gestiegen sei, aber keineswegs freiwillig nach Nieheim gefahren sei, blieb unerwähnt.)
Den Ermittlungen der Bielefelder Kripo (und das sind die einzigen, die es bisher gab) lag nur eine Annahme zugrunde. Am Anfang sprach zwar sicher viel für diese Annahme (die 1. SMS wirkt authentisch; nach den Statistiken war die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Täter in Fraukes engerem Kreis zu finden sei), aber da die Konzentration auf Nieheim und die sehr aufwendige Suche nach einem Täter in Fraukes Bekanntenkreis erfolglos blieb, halte ich Skepsis gegenüber dieser Annnahme für sehr berechtigt.
Ich fürchte eher, dass die Ermittler viel zu optimistisch und zu sehr von der Hypothese ihrer Ermittlungen überzeugt waren.
Selbst als die Ermittlungen gescheitert waren, hielt Östermann noch an dieser Überzeugung fest, Frauke sei freiwillig nach Nieheim gefahren und erst nach der 1. SMS sei etwas passiert, was Fraukes Freiwilligkeit beendete. Das setzte voraus, dass Frauke den Täter näher gekannt und ihm vertraut haben müsste. Und als Fraukes Bekanntenkreis "ausermittelt" war, gab es für Östermann keinen Grund mehr, weiterzuermitteln.
Du hast leider recht. Es macht mich ziemlich fassungslos, wie nachlässig damals offenbar die Ermittlungen geführt wurden. Manche Spuren mögen dadurch verloren sein, aber nach meiner Ansicht gibt es durchaus Spuren, die zum Täter führen könnten, die bisher aber vermutlich nicht ausreichend beachtet wurden, weil Östermann die Suche in Fraukes Bekanntenkreis als Königsweg erschien.
Ich hoffe immer noch auf eine Wiederaufnahme der Ermittlungen. Über den Fall Frauke Liebs wurde viel geschrieben, aber soweit ich weiß, gibt es keine Zeitungsartikel oder TV-Beiträge, die den Schwerpunkt auf die Mängel der Ermittlungen unter Östermann legen. So entsteht leider bei vielen der Eindruck, eine Aufklärung sei einfach nicht möglich - und nicht etwa vielleicht an den Unzulänglichkeiten der Ermittlungen bisher gescheitert.
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Ich möchte die Ermittlungsarbeit nicht kritisieren, da uns nur ein sehr eingeschränkter Blick auf die Geschehnisse möglich ist. Es könnte durchaus sein, dass wir zu denselben Einschätzungen kämen, wenn wir Zugang zu den Ermittlungsakten hätten.
Natürlich bedeutet das nicht, dass alles optimal gelaufen ist. Dennoch möchte ich meine Aussagen nicht als pauschale Kritik verstanden wissen, da uns schlichtweg zu viele Informationen fehlen, um ein abschließendes Urteil zu fällen.
Meiner Einschätzung nach hat Herr Östermann sich stark auf seine Erfahrung, Statistiken und teilweise auch auf sein Bauchgefühl verlassen. Im Podcast von Stern Crime erwähnte er sinngemäß, dass es äußerst schwierig sei, Alibis nach so langer Zeit noch zuverlässig zu bewerten, und dass man sich dabei teilweise auf sein Bauchgefühl verlassen müsse. Ebenso nannte er die These, dass die letzte Kontaktperson oft der Täter sei. Sicherlich sind das legitime Herangehensweisen.
Was ich als Außenstehender jedoch nicht vollständig nachvollziehen kann, ist die starke Festlegung auf eine bestimmte Richtung. Natürlich könnte sich diese Einschätzung aus weiteren, uns nicht bekannten Informationen ergeben, doch ich kann die Situation nur aus meiner Perspektive bewerten. Dabei fallen mir insbesondere folgende Punkte auf:
Die Annahme, dass die erste SMS freiwillig war Diese Einschätzung könnte durch technische Daten, wie die Dauer der Handynutzung nach dem Versand der Nachricht, gestützt oder widerlegt werden. Falls das Handy lediglich kurz eingeschaltet wurde, um die SMS zu senden, und dann wieder deaktiviert wurde, würde ich die Einschätzung eher hinterfragen. Falls das Handy jedoch über einen längeren Zeitraum aktiv war, bevor und nachdem die SMS versendet wurde, wäre diese Interpretation nachvollziehbarer. Ohne diese Daten fällt es mir schwer, die Einschätzung zu teilen.
Die Behauptung, dass der Totengrund keine Rolle spielt In einem frühen Artikel der Neuen Westfälischen lautete die Überschrift „Der Totengrund spielt keine Rolle“. Im Text wurde erläutert, dass der Fundort lediglich ein Ablageort sei und daraus keine Rückschlüsse auf den Täter gezogen werden könnten – er habe möglicherweise einfach einen wenig frequentierten Ort gewählt.
Die Anrufe als Reaktion auf die frühe Nennung des Ortes Nieheim Die Theorie, dass die Anrufe lediglich darauf zurückzuführen sind, dass nach der ersten SMS Nieheim öffentlich erwähnt wurde, erscheint mir plausibel, doch restlos überzeugt bin ich nicht.
Die Festlegung auf Nieheim als Festhalteort Der Ermittlungsaufwand in Nieheim war enorm – laut einem Sonderbuch von Stern Crime wurden bis zu 40 Gebäude durchsucht, und es sollen alle Männer ab 18 Jahren befragt worden sein. Dennoch wurden offenbar keine konkreten Anhaltspunkte gefunden. Dies wirft die Frage auf, ob Nieheim tatsächlich der richtige Ermittlungsansatz war.
Die frühe Auflösung der Mordkommission Ich kann nicht beurteilen, ob die gewählte Frist für die Auflösung der Mordkommission üblich war. Dennoch frage ich mich, ob man nicht früher von der Nieheim-Theorie hätte abrücken und stattdessen den Ablageort in Asseln und Herbram-Wald stärker in den Fokus hätte rücken sollen.