MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Montag, 27. Januar 2025, 14:04:41

RA Dr. Georg spricht über die Revision

► Antrag des GBA auf Verwerfung der Revision nicht überraschend

► Frist der Verteidigung zur Stellungnahme endet heute.

► 3 Möglichkeiten des BGH:
• Verwerfung durch einstimmigen Beschluss ohne Begründung,
• Stattgabe durch einstimmigen Beschluss,
• mündliche und öffentliche Verhandlung vor dem BGH → Urteil

(Die erste Variante hängt als einzige vom Antrag des GBA ab. Allein deshalb liegt nahe, dass der GBA regelmäßig die Verwerfung der Revision beantragt.)

► Zuständigkeit: 1. Strafsenat des BGH (Karlsruhe)

► „Textbausteine und Floskeln“ und „ungeeignete Erwägungen“ des GBA

► „Kernbeanstandung“: „völlig unzureichende“ Auseinandersetzung des GBA mit dem „grob rechtsfehlerhaft begründeten“ Vertrauen des LG in den JVA-Zeugen

► JVA-Zeuge:
• 2 diagnostizierte Persönlichkeitsstörungen,
• vorbestrafter Sexualstraftäter,
• frühere falsche Bezichtigungen

► Täterwissen zentral: Das Opfer bewusstlos geschlagen zu haben, sei aufgrund vorausgegangener Medienberichte kein Täterwissen.

► Die tragende Säule des Urteils (JVA-Zeuge) sei „morsch“.

Rekordhalter in Bayern bei Aufhebung rechtsfehlerhafter Urteile durch den BGH: das LG Traunstein (2023: 50 %)

BGH-Statistik 2023 (30.01.2024):
https://www.bundesgerichtshof.de/DE/Ser ... _node.html
PDF: https://www.bundesgerichtshof.de/Shared ... onFile&v=3


Die OVB-Medien der Ippen-Gruppe berichten u. a. auf Rosenheim24.de:

Spoiler – hier klicken!
… Verteidiger greift Generalbundesanwalt an – „diese Säule ist morsch“



… Über seine Anwälte … Rick, … Baumgärtl und Dr. … Frank hat … [Sebastian T.] … Revision beantragt. … Womöglich noch im Winter 2025 fällt eine Entscheidung.

Denn jüngst hat der Generalbundesanwalt gesprochen. Sein Antrag auf Verwerfung der Revision bedeutet … die vorletzte Station im … Verfahren um den Tod von Hanna W. … Zu äußern hat sich nun noch die Verteidigung. Am 27. Januar läuft die Frist ab … Damit liegt der Ball beim Bundesgerichtshof …

Antrag auf Verwerfung: Nicht weiter überrraschend?

Der Antrag auf Verwerfung der Revision klingt nach Vorentscheidung. Nicht aber für Dr. … Georg … Der Antrag des Generalbundesanwalts, die Revision zu verwerfen, sei die eine Sache. Die Entscheidung, … liege aber weiterhin beim Bundesgerichtshof, sagt der Jurist …

Yves Georg äußert sich gelassen. „Einen Antrag, die Revision zumindest teilweise als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, stellt der Generalbundesanwalt in 97,5 Prozent aller Revisionen vonseiten eines Angeklagten“, sagt er. „Wie könnte mich das überraschen?“

Die Entscheidung liegt beim ersten Senat des BGH

Drei Möglichkeiten gebe es für den Bundesgerichtshof. Erstens: Er verwirft die Revision durch einstimmigen Beschluss ohne Begründung. Zweitens: Er gibt durch einstimmigen Beschluss zugunsten des Angeklagten statt. Heißt, das Urteil … würde aufgehoben werden. Und drittens: Der BGH beraumt einen Termin zur Revisions-Hauptverhandlung an, um dort mündlich und öffentlich zu verhandeln.

„Der erste Weg, also die Verwerfung der Revision als … [offensichtlich] unbegründet, ist der einzige, der von einem Antrag des Generalbundesanwalts abhängt“, sagt Georg. … Der Generalbundesanwalt hat sich geäußert. Eine endgültige Entscheidung in der Revision aber hat er nicht getroffen – das kann nur der Bundesgerichtshof.

Darauf will die Verteidigung hinaus

23 Seiten zählt der Antrag des Generalbundesanwalts. Yves Georg hat sie sich genau angesehen und aus seiner Sicht Grundlegendes zu beanstanden. Er spricht von „Textbausteinen und Floskeln“. Wo es drauf ankomme, begegne der Generalbundesanwalt der Revision mit „ungeeigneten Erwägungen – darauf werden wir eingehen“. Mit einer „Kernbeanstandung“ habe er sich „völlig unzureichend“ auseinandergesetzt: mit der Rüge, dass das Vertrauen des Gerichts in den entscheidenden Zeugen „grob rechtsfehlerhaft begründet“ gewesen sei.

Es geht erneut um den JVA-Zeugen, der angegeben hatte, dass Sebastian T. ihm gegenüber in der Untersuchungshaft die Tat gestanden habe. Geglaubt habe man ihm, obwohl er nachweislich zwei diagnostizierte Persönlichkeitsstörungen habe, ein vorbestrafter Sexualstraftäter sei und bereits bei früheren Gelegenheiten Menschen falsch bezichtigt habe.

Und das nur, weil man ihm einen Punkt seines Berichts als „Täterwissen“ abgekauft habe – dass Sebastian T. Hanna W. bewusstlos geschlagen habe, „damit sie sich nicht wehrt“. Schon vor der ersten Vernehmung des Zeugen hätten allerdings sechs Zeitungen und Online-Medien berichtet, dass die Frau „aus sexuellen Motiven angegriffen und bewusstlos geschlagen“ worden sei, führt Georg an. „Wie kann das angebliche Niederschlagen, ‚damit sie sich nicht wehrt‘ da noch ‚Täterwissen‘ sein? Da sei nichts, was nur der Täter wissen könne. Die Aussage des Zeugen sei die tragende Säule des Urteils gewesen, meint der Anwalt. „Und diese Säule ist morsch.“

Revisionsspezialist verweist auf Statistik

Wird die Revision durchgehen? Yves Georg verweist auf die Statistiken des BGH. Sie sind kein Geheimnis, der Bundesgerichtshof hat sie online gestellt. Die Zahlen belegten, dass kein Landgericht in Bayern so oft von Karlsruhe aus korrigiert wird wie das Landgericht Traunstein. 2023 sei demnach jedes zweite Urteil rechtsfehlerhaft gewesen, sagt Yves Georg. „Das ist enorm.“



Rosenheim24.de am 27.01.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 37316.html


Ob der bayerische Rekordhalter den eigenen Höchstwert bald noch übertrifft? Gibt's dann den „Rostigen Paragraphen“ am Bande? Aus Ministerhand bei einer Feierstunde in schwarzen Roben – und die „Buxit“-Queen steppt dazu? Applaus! Freibier!

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Sonntag, 26. Januar 2025, 15:33:05

@Gast0815

In Deinem Beitrag vom 09.01.2025 bist Du auf Sebastians vermeintliche Geständnisse bei der Hausparty und gegenüber dem JVA-Zeugen eingegangen. Danke dafür. Auf die darin an mich gerichteten Fragen möchte ich nun mit einiger Verspätung antworten.


Hausparty

Selbstverständlich ist einzubeziehen, dass an demselben Tag Verenas polizeiliche Vernehmung stattgefunden hatte. Verenas sachliche Desorientierung und emotionale Aufgebrachtheit dabei offenbaren die Nachrichten an ihre Mutter und an Sebastian nur allzu deutlich. Dass die wirre Stimmung und Aufregung bis zum Abend anhielten, liegt auf der Hand – ebenso deren Übertragung auf andere Teilnehmer der Hausparty, also auch auf Sebastian.

Diesen Zusammenhang in der Beweiswürdigung außer acht gelassen zu haben, ist viel zu kurz gedacht, wie Du richtig sagst.
Gast0815 hat geschrieben: Donnerstag, 09. Januar 2025, 10:36:03
Aus meiner Sicht ist das ein schwerer Fehler. Denn die Ereignisse dieses Tages hätten mitberücksichtigt werden MÜSSEN, so erkennt man nicht, ob sich das Gericht mit diesen wichtigen Ereignissen an diesem Tage überhaupt auseinandergesetzt hat.
Genauso ist es.


JVA-Zeuge Adrian M.

Täterwissen ist die Kenntnis von Umständen, die nicht bereits der Öffentlichkeit durch die Presse oder dem Angeklagten durch Akteneinsicht bekannt waren. Ganz wesentlich wäre im vorliegenden Fall die Offenbarung des konkreten Tatwerkzeugs gewesen. Doch genau dieses vermochte Sebastian nicht zu benennen – weil er es wahrscheinlich schlicht nicht wusste.

Hätte der Adressat eines Geständnisses nicht genau an diesem spannenden Punkt nachgebohrt? Getrieben von purer Neugier? So lange, bis er eine befriedigende Antwort erhalten hätte? Ein Reporter der Bild-Zeitung hätte nicht lockergelassen! Stattdessen: nichts.

An keiner Stelle geht das Gericht auf diese Auffälligkeit ein.

Bemerkenswert bleibt, dass der Zeuge nicht berichtete, Sebastian habe das Opfer von hinten angegriffen. Geschah dies aus Vorsicht, um sich nicht in Widersprüche zu verstricken? Dieser Punkt erscheint mir noch etwas nebulös. Allerdings hielt der Zeuge seine Aussage hinsichtlich aller Details zur Tat und zum Tatort sehr allgemein und oberflächlich.

Zu den „drei Phrasen“ des Zeugen:

• Was anderes bleibt übrig, als ein Opfer bewusstlos geschlagen zu haben, wenn das Opfer schwere Kopfverletzungen aufweist und letztlich ertrunken ist? Beide Bedingungen waren durch die Presse bekannt. Ebenso war bekannt, dass anfangs auch ein Unfall in Betracht gezogen wurde, weshalb Würgen, Drosseln oder dergleichen ausscheiden.

• Das Opfer missbrauchen oder vergewaltigen zu wollen ist das naheliegendste Motiv, das auch ein Autor trivialer Romane wählen würde. Zumal ihm Sebastian seine Schwierigkeiten mit dem anderen Geschlecht offenbart hatte.

• Auf das „Stückchen weiter weg vom Eiskeller“ bin ich bereits hier eingegangen:
viewtopic.php?p=284258#p284258

Ein „notorischer Lügner“ ist im Wortsinne dafür bekannt, dass er lügt. Keineswegs tut er dies immer. Das wäre viel zu anstrengend. Aber er tut es regelmäßig und noch dazu so routiniert und gewieft, dass er damit möglichst nicht auffliegt.

Gerade hierfür gibt es hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage zahlreiche Anhaltspunkte, die vom Gericht allesamt unter den Teppich gekehrt wurden. Die Ablehnung des Beweisantrags der Verteidigung zur Einholung eines aussagepsychologischen Glaubwürdigkeitsgutachtens wird den Traunsteiner Richtern in der Revision sehr wahrscheinlich auf die Füße fallen.
Gast0815 hat geschrieben: Donnerstag, 09. Januar 2025, 10:36:03 … [Das Urteil] setzt sich nicht damit auseinander, was der Zeuge möglicherweise für Schlüsse aus den Erzählungen des Angeklagten [hätte] ziehen können, um – im Falle einer Falschaussage – seine Aussagen mit tatrelevanten Dingen zu schmücken. …

@Catch22: Würde so etwas … eine Revision mitbegründen können?
Ja. Denn dies sind – vor allem ohne ein Glaubwürdigkeitsgutachten – logische Lücken in der Beweiswürdigung.

Ob dem JVA-Zeugen strafrechtlich eine Falschaussage (§§ 153, 154, 161 StGB) nachgewiesen werden kann, ist für die Revision (anders als in einem Wiederaufnahmeverfahren, § 359 Nr. 2 StPO) ohne Belang.

Für den Zeugen jedoch könnte das brenzlig werden: Neben der Strafbarkeit wegen Falschaussage käme auch Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft (§§ 239, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) zum Nachteil Sebastians in Betracht. Verheerende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Perspektive des Zeugen hätte die zivilrechtlich daraus resultierende Schadenersatzpflicht (§§ 823, 253 BGB; greift auch bei fahrlässiger Falschaussage, die jedoch nur unter Eid auch strafbar ist): z. B. Kosten der Verteidigung, Verdienstausfall, jahrelange Verzögerung der Ausbildung (Anspruch auf Ersatz des am Ende des Erwerbslebens fehlenden Einkommens) und Schmerzensgeld. Ein Sechser im Lotto müsste her …

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Sonntag, 26. Januar 2025, 00:20:45

ZickZack hat geschrieben: Samstag, 25. Januar 2025, 23:23:52 Die Antwort stammt von einem User hier aus dem Forum …
Das dachte ich mir schon. ;-)

ZickZack hat geschrieben: Samstag, 25. Januar 2025, 23:23:52 … Ich hatte noch ganz andere Dinge formuliert …, aber das hab ich mir dann lieber gespart…
Schade. Die Stammtischbruderschaft folgt lieber ihren billigen Parolen als rechtsstaatlicher Vernunft – bis diese präpotente Spezies selbst mal vor dem Kadi landet.

Spannend wird werden, wie die lokale Stammtischpresse den Dampfplauderern die zu erwartende BGH-Entscheidung erklären wird: als invasorische Unterminierung der königlich-bayerischen Autokratie, als preußische Besserwisserei – oder schlicht als irreparable Justizpanne des BGH? Die „Traunsteiner Rechtsauffassung“ als grundlegend falsch zu brandmarken, wäre Hochverrat!

Auf der Strecke bleiben wird Sebastian auch im Falle eines Freispruchs.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von ZickZack » Samstag, 25. Januar 2025, 23:23:52

Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 07:14:03 Stammtischkommentare wie diese belegen, dass der überwiegende Teil der Leserschaft des OVB noch immer nichts verstanden hat vom Rechtsstaatsprinzip, vom Schweigerecht eines Angeklagten und vom Grundsatz „in dubio pro reo“. Einer verlangt sogar unterschwellig nach der Todesstrafe!

Das Echo eines verantwortungslosen Krawalljournalismus:

Spoiler – hier klicken!




Antwort darauf:



Kommentare (einschließlich aller sprachlicher Fehler) zum Artikel auf Rosenheim24.de vom 20.01.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments

Armselig. Aber auch angsteinflößend.
Die Antwort stammt von einem User hier aus dem Forum :mrgreen:

Ich hatte noch ganz andere Dinge formuliert (Nichts, was nicht dem allgemeinen Wissensstand entspräche!), aber das hab ich mir dann lieber gespart...

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Samstag, 25. Januar 2025, 22:45:38

Um allgemeinverständlich das Urteil des LG Traunstein in einer Gesamtschau besser in die Rechtsprechung des BGH einordnen zu können, sei nochmals auf den Pistazieneis-Fall (siehe Wikipedia) verwiesen. Dort hob der BGH das Urteil der Vorinstanz vollumfänglich auf.

(Zudem sprach er die Angeklagte frei, weil eine weitere, objektiv gebotene Sachaufklärung – anders als im Fall Hanna! – nicht mehr möglich war.)

Aus dem abschließenden BGH-Urteil zum Pistazieneis-Fall ergeben sich zur Begründung der Aufhebung des LG-Urteils folgende Kernaussagen des BGH:

Theoretische Möglichkeiten gestatten keinen Schluss zum Nachteil des Angeklagten.

► Ein Motiv für die Tatbegehung war nicht feststellbar.

Unmittelbar tatbezogene Indizien gegen den Angeklagten fehlen.

Alternative Ursachen für den Tod des Opfers können nicht ausgeschlossen werden.

► Eine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch den Angeklagten fehlt.

► Allein die subjektive richterliche Überzeugung genügt nicht für eine Verurteilung.

Daraus resultierte die Aufhebung des Urteils der Vorinstanz. Die zugrundeliegende Rechtsauffassung des BGH ist geltendes Recht.

Der originale Wortlaut aus dem BGH-Urteil:

Spoiler – hier klicken!


III.

Die Verurteilung der Angeklagten kann nach alledem keinen Bestand haben. …

… Gegen die vorsätzliche Tötung des Kindes durch die Angeklagte spricht, daß auch in der zweiten Hauptverhandlung – von theoretischen Möglichkeiten, die keinen Schluß zum Nachteil der Angeklagten gestatten, abgesehen – kein Motiv für die Tatbegehung festgestellt werden konnte, kein unmittelbar tatbezogenes Indiz gegen die Angeklagte vorhanden ist und nach den Feststellungen des sachverständig beratenen Landgerichts auch kein „geordneter Wahn“ vorlag, der ein Handeln durch die Angeklagte erklären könnte. Die Tatbegehung durch sie ist immer noch „kaum verständlich“, während umgekehrt andere Ursachen für den Tod des Kindes nicht ausgeschlossen werden können. Bei dieser Sachlage fehlt … eine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte, die aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Voraussetzung für eine Verurteilung wäre (…) und nicht allein durch die, für die Verurteilung freilich zusätzlich erforderliche, subjektive richterliche Überzeugung ersetzt werden kann. Deshalb kann von Rechts wegen eine sichere Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten nicht gewonnen werden.



Pistazieneis-Fall II, BGH-Urteil vom 19.01.1999 (1 StR 171/98)
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/98/1-171-98.php3


Alle diese Kernpunkte lassen sich auch im Urteil des LG Traunstein zum Fall Hanna wiederfinden:


Nur theoretische Möglichkeiten

Allein auf theoretischen Möglichkeiten basiert das Konstrukt, demzufolge Sebastian der Täter sei.


Kein Motiv

Ein „sexuelles“ Motiv ist nicht schlüssig und widerspruchsfrei.

Ein Beispiel: Falls Sebastian dem Opfer tatsächlich die Kunstlederhose mit großer Kraftanstrengung ausgezogen hätte (über die Schuhe, innerhalb kürzester Zeit und ohne dabei die Hose zu beschädigen!), weshalb nicht auch den Stringtanga? Der aber saß beim Auffinden der Leiche „regelgerecht“.

Den Widerspruch formal mit dem Feigenblatt eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch eines Sexualdelikts zu bedecken (§ 24 Abs. 1 StGB; Rdnr. 1496 ff), suggeriert eine Schlüssigkeit, die wieder nur auf theoretischen Möglichkeiten basiert.

Ebenso theoretisch möglich wäre ein alternativer Täter mit einem ganz anders gelagerten Motiv, der eine sexuelle Motivation nur vortäuschen wollte – oder auch ein Unfall.


Keine tatnahen Indizien

Unmittelbar tatbezogene Indizien gegen Sebastian fehlen. Noch nicht einmal Spuren einer Tat am gemutmaßten Tatort oder dessen Umkreis liegen vor.

Erwähnt wird das Fehlen von DNA-Spuren und Fingerabdrücken (Rdnr. 1445 ff). Ganz verschwiegen aber wird das Fehlen jeglicher Tatortspuren wie z. B. dort erwartbarer Blutspuren.


Kein Ausschluss alternativer Ursachen

Weder ein alternativer Täter (Rdnr. 1390 ff) noch ein Unfall konnten lückenlos und widerspruchsfrei ausgeschlossen werden.


Keine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit

Hinsichtlich einer Tatbegehung durch Sebastian fehlt es an einer objektiv hohen Wahrscheinlichkeit. Ebenso gilt dies aufgrund lückenhafter Feststellungen für das Vorliegen einer Gewalttat.


Subjektive richterliche Überzeugung genügt nicht

Auch wenn das LG Traunstein im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) subjektiv von der Schuld Sebastians überzeugt ist, reicht dies angesichts der vorgenannten Aspekte nach der Rechtsprechung des BGH für eine Verurteilung nicht aus.


Befangenheitsantrag

Hinzu tritt die höchstwahrscheinlich rechtsfehlerhafte Ablehnung des Befangenheitsantrags. Falls diese Revisionsrüge greifen sollte, käme es auf alle weiteren Rügen gar nicht mehr an. Das LG-Urteil wäre aufzuheben.

Sogar RA Dürr, Hofinformant des OVB, erklärte jüngst gegenüber Rosenheim24 zutreffend, „in der Vergangenheit habe der Ausschluss der Verteidigung oder der Staatsanwalt[schaft] [beim Austausch Prozessbeteiligter mit dem Gericht über den Gegenstand des Verfahrens] ‚reihenweise‘ zur Aufhebung von Urteilen geführt“.

Unter all diesen zahllosen Fällen war kein einziger, in dem die Vorinstanz die Befangenheit bejaht hätte. Denn sonst wäre es gar nicht erst zu der Flut erfolgreicher Revisionen gekommen. Und auch die Revisionsgegner (zumeist StA und GBA) argumentieren naturgemäß, geleitet von ureigenen Interessen, im Sinne der vermeintlich unbefangenen Vorinstanz. Davon aber lässt sich der BGH nicht blenden.

In wenigen Monaten werden wir wissen, ob eine Befangenheit der Aßbichlerschen Jugendkammer auch den BGH-Richtern ins Gesicht springt. Wie sich der BGH wohl positionieren wird zur aufgeweichten Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive im damit bundesweit alleinstehenden Bayern?



Begriff des Generalbundesanwalts

Um grundlegenden Missverständnissen vorzubeugen, die derzeit in einem anderen Forum zu voller Blüte gelangen, möchte ich Folgendes anmerken:

Der Generalbundesanwalt (GBA) ist prinzipiell nichts anderes als eine Staatsanwaltschaft (StA) – nur auf bundesgerichtlicher Ebene, also auf der Ebene des BGH. Der Begriff des GBA bezeichnet zweierlei: einerseits die gesamte Behörde und andererseits die Person, die diese Behörde leitet. (Nicht gebräuchlich ist der Begriff „Generalbundesanwaltschaft“.)

Wenn vom GBA die Rede ist, ist meist die Behörde gemeint, nicht deren Leiter. Mitarbeiter sind neben Bundesanwälten auch Staatsanwälte und Oberstaatsanwälte.

Für den Fall Hanna bedeutet dies, dass im Revisionsverfahren vor dem BGH nunmehr der GBA als Anklagebehörde fungiert und nicht mehr die auf der Ebene eines Bundeslandes zuständige StA. Fallbezogener Sachbearbeiter ist ein Mitarbeiter des GBA, nicht der Behördenleiter.

https://www.generalbundesanwalt.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Gener ... erichtshof

Übrigens: Auch die Abkürzung „StA“ steht sowohl für die Staatsanwaltschaft (Behörde) als auch für den Staatsanwalt (Person). Die jeweilige Bedeutung ergibt sich aus dem Kontext.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Dienstag, 21. Januar 2025, 18:57:13

fassbinder hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 17:32:29 … davon abgesehen frage ich mich, warum der User auf eine mögliche teilweise Aufhebung kommt. …
Ohne genauere Fallkenntnis ins Blaue hinein getippt?

fassbinder hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 17:32:29 … Wenn keine komplette Aufhebung, gehe ich von Rechtskraft aus. …
Die Verwerfung der Revision dürfte allerdings die allerunwahrscheinlichste Option sein.


Die Grundlagen der Beweiswürdigung (festgestellte Tatsachen) sowie die Beweiswürdigung per se sind insgesamt lückenhaft bzw. widersprüchlich. Ein Rädchen greift hierbei ins andere. Nur eines der vielen Rädchen neu justieren zu wollen, genügt nicht. Es muss das gesamte Getriebe ausgewechselt werden. Erst recht dann, wenn der BGH zu der Ansicht gelangen sollte, dass die Ablehnung des Befangenheitsantrags rechtswidrig war.

Mit anderen Worten: Es wird im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung zu einer vollständigen, neuen Hauptverhandlung kommen müssen.

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 18:11:13 … Ich denke, bei einer Rückweisung an eine andere Kammer spielt auch die Prozessökonomie eine Rolle. …
Inwiefern das? Ziehst Du eine billige Groschen- oder Bauchladenjustiz dem Rechtsstaatsprinzip vor? Gott bewahre!

Der BGH ist frei in seiner Entscheidung nach § 354 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 StPO.

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 18:11:13 … Leider wird das Urteil oben NICHT die Endversion im Fall Hanna W. sein, meiner Meinung nach ;)
Dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, denke ich ebenfalls. Darüber feixendes Bedauern zu empfinden, verbieten mir allerdings die Ratio und der juristische Sachverstand. Und mein Respekt vor einem Menschen, der möglicherweise zu unrecht verurteilt wurde!

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Turmfalke23 » Dienstag, 21. Januar 2025, 18:11:13

Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 17:15:14 Hast Du das schriftliche Urteil des LG Traunstein gelesen? Dieses steht in seiner Gesamtheit auf tönernen Füßen, von der im Raum stehenden Befangenheit der Kammer gar nicht erst zu reden!

Selbstverständlich kann im Falle einer erfolgreichen Revision nur eine vollständige, neue Hauptverhandlung in Frage kommen.




Eher nicht. Denn:

Spoiler – hier klicken!


Möchtest Du Dich nicht erst einmal einlesen, um Dich mit dem aktuellen Wissensstand im Fall Hanna vertraut zu machen?

Beispielsweise meine Beiträge zum Fall findest Du hier:

search.php?keywords=&terms=all&author=C ... bmit=Suche
search.php?keywords=&terms=all&author=C ... bmit=Suche

Ich habe das Urteil gelesen.
LG Traunstein, Urteil v. 19.03.2024  2KLs 402.....
1–1619

Man kann den Fall Hanna W. ja auch in einem anderen Forum verfolgen. Oder ?
Ich denke, bei einer Rückweisung an eine andere Kammer spielt auch die Prozessökonomie eine Rolle.

Leider wird das Urteil oben NICHT die Endversion im Fall Hanna W. sein, meiner Meinung nach ;)

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von fassbinder » Dienstag, 21. Januar 2025, 17:32:29

Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 17:15:14 Hast Du das schriftliche Urteil des LG Traunstein gelesen? Dieses steht in seiner Gesamtheit auf tönernen Füßen, von der im Raum stehenden Befangenheit der Kammer gar nicht erst zu reden!

Selbstverständlich kann im Falle einer erfolgreichen Revision nur eine vollständige, neue Hauptverhandlung in Frage kommen.



Möchtest Du Dich nicht erst einmal einlesen, um Dich mit dem aktuellen Wissensstand im Fall Hanna vertraut zu machen?
Erstens das, aber davon abgesehen frage ich mich, warum der User auf eine mögliche teilweise Aufhebung kommt.

Wenn keine komplette Aufhebung, gehe ich von Rechtskraft aus.

Die Sachen, wie rechtliche Würdigung und Schuldschwere usw. wurden ja normal und nachvollziehbar begründet.

Nun habe ich aber auch nicht das Wissen, die Erfahrung und die Augen eines ganzen BGH-Senats. Natürlich kommt das auch immer wieder vor. Aber das wäre ja dann eher „Zufall“. Das ist ja die geringste Frage hier.

Warum man in dem Fall, sowas für nicht unrealistisch hält, aber eine komplette Aufhebung schon, erschließt sich mir nicht.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Dienstag, 21. Januar 2025, 17:15:14

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 16:20:48 … Eine komplette Neuverhandlung eher unwahrscheinlich, evtl. Teilverhandlungen, meiner Meinung nach. …
Hast Du das schriftliche Urteil des LG Traunstein gelesen? Dieses steht in seiner Gesamtheit auf tönernen Füßen, von der im Raum stehenden Befangenheit der Kammer gar nicht erst zu reden!

Selbstverständlich kann im Falle einer erfolgreichen Revision nur eine vollständige, neue Hauptverhandlung in Frage kommen.

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 16:20:48 … Zurückweisung an eine andere Kammer ans Landgericht Traunstein wäre das.
Eher nicht. Denn:

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Catch22 hat geschrieben: Samstag, 07. September 2024, 11:12:16

Der aktuelle Geschäftsverteilungsplan des LG Traunstein verweist für die 2. Jugendkammer [die im Fall Hanna die Hauptverhandlung führte] auf die 1. Jugendkammer.

Die 1. Jugendkammer jedoch entschied über den Befangenheitsantrag, der Gegenstand der Revision ist. Daher sind die Richter der 1. Jugendkammer von § 23 Abs. 1 StPO betroffen. Zwar verlangt das Gesetz nur eine neue Kammer und keine anders (mit neuen Richtern) besetzte Kammer. Dies aber stößt in der Fachwelt auf Kritik.

Erst bei „abermaliger“ Zurückverweisung wird im Geschäftsverteilungsplan auf die 7. und sodann auf die 8. Strafkammer verwiesen. Bei erstmaliger Zurückverweisung ist dies nicht einschlägig.




Nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO gilt:



Der BGH hat das Wahlrecht, an ein anderes LG desselben Bundeslandes zu verweisen. Dass das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG) hierdurch gewahrt bleibt, ist allgemein anerkannt.

Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn das Verfahren aus einer ungünstigen örtlichen Atmosphäre herausgenommen werden soll. Einer Begründung bedarf die Entscheidung nicht. Benachbart braucht das neue Gericht nicht zu sein, auch muss es nicht demselben OLG-Bezirk angehören.

Das schöne Bundesland Bayern ist groß und schließt Teile Schwabens, das Frankenland und die Oberpfalz mit ein. Entsprechend vielfältig ist die Auswahl, die im Ermessen des BGH liegt.


Möchtest Du Dich nicht erst einmal einlesen, um Dich mit dem aktuellen Wissensstand im Fall Hanna vertraut zu machen?

Beispielsweise meine Beiträge zum Fall findest Du hier:

search.php?keywords=&terms=all&author=C ... bmit=Suche
search.php?keywords=&terms=all&author=C ... bmit=Suche

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Turmfalke23 » Dienstag, 21. Januar 2025, 16:20:48

https://www.bayernwelle.de/chiemgau-und ... tscheidung

Muss mich fast entschuldigen für den Pressebeitrag der Bayernwelle den ich als Quelle eingestellt habe.

Als Grundlage der letztinstanzlichen Entscheidung dieses Falls steht allein der Text des schriftlichen Urteils des Landgerichts plus die Revisionsbegründung zur Verfügung, dazu noch eine kurze Stellungnahme eines Generalbundesanwalts. Was soll denn der Bundesanwalt denn prüfen, es ist von Stellungnahme die Rede.
Dies alles muss in der Revisionsakte enthalten sein, um überhaupt das erstinstanzliche angefochtene Urteil der großen Strafkammer zu analysieren bzw. zu beurteilen.

Sollte der BGH der Revision stattgeben, dann müsste der Fall noch einmal neu verhandelt werden, so in der Pressemeldung.

Eine komplette Neuverhandlung eher unwahrscheinlich, evtl. Teilverhandlungen, meiner Meinung nach.
Zurückweisung an eine andere Kammer ans Landgericht Traunstein wäre das.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Iven » Dienstag, 21. Januar 2025, 15:00:27

Kurz Off Topic


Gut einen Monat vor der Bundestagswahl ziehen wir sie hier im HET schon mal vor und stimmen bereits jetzt ab.

Hier geht's zur vorgezogenen Bundestagswahl im HET: https://het-forum.de/viewtopic.php?t=4227

Bitte alle mit abstimmen!

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Dienstag, 21. Januar 2025, 12:36:43

Der_Clown hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 11:07:46 Weiß jemand, was mit "teilweise unzulässig" gemeint ist? Wurden da von der Verteidigung Sachen gerügt, die man in einer Revision nicht rügen darf …? …
Ganz genau. Eine „unzulässige“ Revisionsrüge ist eine Rüge, die nach der StPO nicht mit der Revision erhoben werden kann. „Teilweise“ meint, dass nicht alle erhobenen Revisionsrügen von Unzulässigkeit betroffen seien.

Eine „begründete“ Revisionsrüge ist zwingend auch „zulässig“ – und führt zum Erfolg der Revision.

Wichtig: Der Bericht spiegelt die (parteiische) Sicht des GBA, nicht die des BGH!

andi55 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 11:32:37 … Das heißt ja im Umkehrschluss, dass teilweise zulässig und teilweise begründet. …
Nicht unbedingt. Wir wissen nämlich nicht, was mit „teilweise“ gemeint ist: Die eine Hälfte unzulässig, die andere zwar zulässig, aber unbegründet?

andi55 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 11:32:37 … Für mich … ist das wischiwaschi. …
Solange das OVB verheimlicht, welche Rügen laut GBA unzulässig und welche unbegründet sein sollen, ist mit der vermeintlichen „Information“ nichts anzufangen.

Der Schriftsatz des GBA scheint dem OVB vorzuliegen. Der angestammte Leser aber soll ja gewiss nicht mit Fakten überlastet werden.

Die Entscheidung trifft zudem allein der BGH – und nicht der GBA! Also: geduldig abwarten.

Übrigens: Dass der GBA beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, ist Standard. Schließlich verkörpert der GBA die Autorität der Ermittlungsbehörden. Dies war selbst im Pistazieneis-Fall so, der mit einem Freispruch durch den BGH endete!

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 10:19:23 … Zuständig wäre der in Karlsruhe ansässige 1. Strafsenat am BGH, meiner Meinung nach.
Genau der ist es.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Dienstag, 21. Januar 2025, 11:44:53

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 10:19:23 Der Generalbundesanwalt hat die Revision … geprüft …
https://www.bayernwelle.de/chiemgau-und ... tscheidung
Der genannte Beitrag der „Bayernwelle Südost“ ist nur billigster Copy-and-Paste-Journalismus, fußend auf dem kaum höherwertigeren Artikel des OVB, der hier zu lesen ist:

viewtopic.php?p=284649#p284649

… Jetzt hat die Verteidigung … ein letztes Mal Gelegenheit, Stellung zu beziehen. … Danach wird der Bundesgerichtshof beide Stellungnahmen abwägen und eine Entscheidung fällen. …

Bayernwelle Südost am 21.01.2025
https://www.bayernwelle.de/chiemgau-und ... tscheidung
Nein! Der BGH entscheidet auf Grundlage der Revisionsbegründung (1732 Seiten)! Selbstverständlich fließen dabei auch die Stellungnahmen von StA (ca. 10 Seiten) und GBA (23 Seiten) ein, ebenso die Erwiderungen der Verteidigung darauf.

… Wie das Oberbayerische Volksblatt berichtet, seien … die Weichen … gestellt worden: Die Revision hätte … nur noch geringe Chancen auf Erfolg. …

Bayernwelle Südost am 21.01.2025
https://www.bayernwelle.de/chiemgau-und ... tscheidung
Reines Wunschdenken, um die Früchte eigener Hetze nicht verderben zu sehen und den Pöbel nicht als Leser oder Hörer zu verlieren.

Turmfalke23 hat geschrieben: Dienstag, 21. Januar 2025, 10:19:23 … Mal sehen, was für eine Entscheidung der Strafsenat des Bundesgerichtshofs dazu fällt …
► Mit einem einstimmigen Beschluss zur Verwerfung der Revision ist kaum zu rechnen.

► Auch ein einstimmiger Beschluss, der der Revision stattgibt, ist wenig wahrscheinlich.

► Daher rechne ich mit einer mündlichen Verhandlung. Wenige Wochen später würde dann ein Urteil des BGH ergehen. Dies alles könnte noch vor der Sommerpause über die Bühne gehen.

Die mündliche Verhandlung ist öffentlich. Berichten wird dann hoffentlich die überregionale, unabhängige, freie Presse – nicht nur gleichgeschaltete lokale Krawallmedien ohne Sachverstand.

Denjenigen, die die Erfolgsaussichten der Revision totbeten wollen, sei die Lektüre des Urteils des LG Traunstein ans Herz gelegt!

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von andi55 » Dienstag, 21. Januar 2025, 11:32:37

Ja genau, dieselbe Frage wie @Der_Clown stelle ich mir auch. Was heißt "teilweise unbegründet, teilweise unzulässig" ? Das heißt ja im Umkehrschluss, dass teilweise zulässig und teilweise begründet. Für mich als Laien ist das wischiwaschi. Ist das Glas halb voll oder halb leer ? Schwanger, nicht schwanger oder ein bißchen schwanger ? Egal, die Topjuristen beim Oberbayerischen Volksblatt haben das für uns Laien ja bereits dahingehend eingeordnet, dass das die Weichen sind für eine gescheiterte Revision.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Der_Clown » Dienstag, 21. Januar 2025, 11:07:46

Weiß jemand, was mit "teilweise unzulässig" gemeint ist? Wurden da von der Verteidigung Sachen gerügt, die man in einer Revision nicht rügen darf oder was kann man sich darunter vorstellen? Bin juristischer Laie.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Turmfalke23 » Dienstag, 21. Januar 2025, 10:19:23

Der Generalbundesanwalt hat die Revision der Verteidigung im Fall der Hanna W. geprüft und sie für teilweise unbegründet, teilweise unzulässig befunden. Ja das ist nur die Meinung des Bundesanwalts.

https://www.bayernwelle.de/chiemgau-und ... tscheidung

Mal sehen, was für eine Entscheidung der Strafsenat des Bundesgerichtshofs dazu fällt :?:
Zuständig wäre der in Karlsruhe ansässige 1. Strafsenat am BGH, meiner Meinung nach.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Dienstag, 21. Januar 2025, 07:14:03

Stammtischkommentare wie diese belegen, dass der überwiegende Teil der Leserschaft des OVB noch immer nichts verstanden hat vom Rechtsstaatsprinzip, vom Schweigerecht eines Angeklagten und vom Grundsatz „in dubio pro reo“. Einer verlangt sogar unterschwellig nach der Todesstrafe!

Das Echo eines verantwortungslosen Krawalljournalismus:

Spoiler – hier klicken!
Der Prozess war von anbeginn seltsam, Ein Angeklagter der 0,00 dafür tut seine Unschuld zu beweisen, der einfach da sitzt und schweigt und meint seine Anwälte regeln das schon für ihn. Auch von seinen Eltern kam rein gar nichts was hilfreich gewesen wäre und auch nichts, um alles zu tun um den Sohn zu entlasten, dafür brauchte man dann die Rick. Man geht doch nicht Jahre ins Gefängnis einfach so wenn man es nicht war. Denn diese Gefängnisstrafe hat ja weitreichende Folgen für die Zukunft , ich nehm das nicht einfach, hin wenn ichs nicht war. Er muss es gewesen sein, anders ist seine strikte Schweige und Verweigerungshaltung einfach nicht erklären .

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Der hat ordentlich Glück gehabt mit dem Jugendstrafrecht. Meiner Meinung nach viel zu mild, weil er damit nach der Hälfte der Haftzeit in gut zweieinhalb Jahren wieder frei rumläuft. Das muss man sich immer bewusst machen, vor allem wie die Eltern von Hanna damit leben können, dass der Mörder ihrer Tochter ihnen dann jederzeit über den Weg laufen kann. Das machen die Amis besser…

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Antwort darauf:
Die Verurteilung hätte auf dieser Basis nie und nimmer erfolgen dürfen, ganz egal, ob er es nun war oder nicht… Man hat absolut Nichts gegen ihn in der Hand, außer unfassbare Mutmaßungen und das angebliche Geständnis… Aber wie die Zeit so treffend titelte: “Sie brauchten einen Mörder”

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Kommentare (einschließlich aller sprachlicher Fehler) zum Artikel auf Rosenheim24.de vom 20.01.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments

Armselig. Aber auch angsteinflößend.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Montag, 20. Januar 2025, 20:08:58

Stellungnahme des GBA

► 23 Seiten des Generalbundesanwalts

► Revision sei teilweise unbegründet, teilweise unzulässig

► Ablehnung des Befangenheitsantrags sei kein Revisionsgrund

► Entgegnung der Verteidigung innerhalb zweier Wochen


Die OVB-Medien der Ippen-Gruppe berichten u. a. auf Rosenheim24.de:

Spoiler – hier klicken!
Revision …: Ist das schon die Entscheidung …?

Die Revision … befindet sich endgültig auf der letzten Etappe – denn der Generalbundesanwalt hat nun gesprochen. …

… Ist das die Vorentscheidung in der Revision …? Der Generalbundesanwalt hat geprüft und gewogen – und die Revision der Verteidiger … für zu leicht befunden. Die Revision sei teilweise unbegründet, teilweise unzulässig. So urteilt der Generalbundesanwalt.

Damit scheinen Weichen gestellt, auch wenn die endgültige Entscheidung natürlich beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe liegt. Mit dem Votum des juristischen Vertreters des Bundes sind die ohnehin nicht sehr großen Chancen der Revision nochmals geschrumpft.

300 Tage nach Urteil …: Entscheidung naht

Auf 23 Seiten begründet der Bundesanwalt, warum er die Revision verwerfen würde. 23 Seiten, die belegen, wie intensiv sich der Jurist mit der Revisionsbegründung befasst hat. Für Harald Baumgärtl, der zusammen mit Regina Rick und Dr. Markus Frank Sebastian T. verteidigt hatte, eine gewichtige Meinung, aber noch längst nicht das letzte Wort. „Nur weil der Generalbundesanwalt eine Stellungnahme abgibt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sich der Bundesgerichtshof dem anschließt“, sagte Baumgärtl dem OVB.

Gegen vorschnelle Schlüsse äußert sich auch Peter Dürr, Vorsitzender des Anwaltsvereins Rosenheim und Vorstandsmitglied in der Rechtsanwaltskammer München. „Ein entsprechender Antrag ist nicht ungewöhlich“, sagt Dürr. „Entscheiden muss jetzt der BGH.“

Im übrigen sei er über einige Punkte der Stellungnahme überrascht. Etwa darüber, dass die Ablehnung eines Befangenheitsantrags der Verteidigung in den Augen des Generalbundesanwalts keinen Revisionsgrund darstelle. In der Vergangenheit habe der Ausschluss der Verteidigung oder der Staatsanwalt[schaft] „reihenweise“ zur Aufhebung von Urteilen geführt. „Ich sehe diesen Punkt als den kritischen an, insofern verwundert mich das schon“, sagte Baumgärtl auf Anfragen des OVB.

… Nun hat nochmals die Verteidigung das Wort

Zwei Wochen bleiben der Verteidigung, um auf den Antrag des Bundesanwalts zu reagieren und ihrerseits eine Stellungnahme zu verfassen. Es wird das letzte Mal sein, dass sich eine Prozesspartei äußert, bevor der Senat des Bundesgerichtshofs zur Beratung zusammenkommt.

Peter Dürr beschreibt, wie es danach weitergeht. Einer der fünf Richter des BGH-Senats werde die Einlassung des Bundesanwalts genau studieren und den vier Kollegen berichten. Die Fünf kommen dann zusammen, um über die Revision zu entscheiden: begründet, in Teilen begründet, oder zu verwerfen. Das ist die Frage. Wenn die Richter einer Meinung sind und einstimmig auf Verwerfung der Revision urteilen, gibt es keine weitere Verhandlung. Es kann nun also sehr schnell gehen. „Durchaus möglich, dass die Entscheidung innerhalb des ersten Quartals fällt“, sagt Dürr.

… Hat Verteidigung noch etwas im Köcher?

Kaum zu erwarten ist, dass die Verteidigung nun in der Reaktion auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts noch neue Argumente anführt. Wären sie stichhaltig, müsste sie sich die Frage stellen, warum sie sie nicht schon bei der Revisionsbegründung angeführt hat. …

Ein Verfahren wie kaum ein anderes

Damit zeichnet sich also möglicherweise ein Ende für ein Verfahren ab, das für außerordentliches Aufsehen gesorgt hatte. …



Rosenheim24.de am 20.01.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 25273.html


Eine andere Stellungnahme des GBA, als die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, war ohnehin nicht zu erwarten, weil Standard. Erstaunlicherweise beruft sich der GBA auch auf teilweise Unzulässigkeit. Was damit gemeint ist, erfahren wir wohl erst mit der Entscheidung des BGH.

Die RAe Baumgärtl, Dr. Frank und Dürr haben nichts mit der Revision zu schaffen, auch wenn sich deren unmaßgebliche Statements dazu immer wieder im OVB finden. RAin Rick und RA Dr. Georg als Revisionsvertreter standen dem OVB offenbar für Auskünfte nicht zur Verfügung.

Erst zum Jahreswechsel vom OVB künstlich in die Länge auguriert (nicht sicher sei, dass die Entscheidung tatsächlich 2025 falle, Revisionsverfahren könnten Jahre dauern), wird nun versucht, den Misserfolg der Revision herbeizubeten. Hauptsache, die Stammtischleser finden sich bestätigt. Der BGH wird sich davon nicht beeindrucken lassen. Diese Krawallgazette ist in Karlsruhe gänzlich unbekannt und ohne Bedeutung.

Die gute Nachricht: Es geht voran!

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Gast » Sonntag, 19. Januar 2025, 22:42:00

Hätte deswegen nicht gerade der Bärbach näher untersucht werden müssen? Zum Bärbach allerdings widersprechen sich die Angaben des Hydromechanikers aus der Hauptverhandlung (Pegelstand 50 bis 70 cm) mit denen im Urteil (Pegelstand 1,40 m), was ich schon in meinem letzten Beitrag darlegte:
Genau, das ist ja schon ein Skandal für sich. Prof. A. arbeitet, wie offenbar bei Ihm üblich, ohne Fakten und behauptet einfach mal 50cm - 80cm für den Pegel Bärbach. Der Hydromechaniker M. schätzt passend zu Prof. A. Angaben den Durchfluss auf 1/10 der Prien. Auch völlig faktenfrei, weil er gar nicht wissen kann wieviel Wasser vom Schleichgraben her tatsächlich kommt. Zwei Experten behaupten vor Gericht Fakten die es gar nicht gibt, das gibt es hoffentlich auch nicht alle Tage. Erst in der Urteilsbegründung fliegen Sie damit auf. Die offenbar ja polizeilich festgestellten 1,4 m Pegel Bärbach, werden zumindest den beiden Pi mal Daumen Experten vorenthalten. Tatächlich kann man bei bekantem Höchststand durch die von Dir vorgeschlagene genaue Vermessung des Bärbach den maximalen Durchfluss und damit auch die Fließgeschwindigkeit sehr genau bestimmen. Es ist auch sehr bezeichnend, dass die 1,4 m Pegel im Urteil gelandet sind, um zu wiederlegen, dass Hanna im Bach hätte auf die Füße kommen können.

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

von Catch22 » Freitag, 17. Januar 2025, 22:53:46

Gast hat geschrieben: Mittwoch, 15. Januar 2025, 22:25:13 Jetzt, wo durch die Veröffentlichung des Urteils sehr viele Details verfügbar sind, ergibt sich ein Bild. …
Eine treffende Zusammenfassung des Urteils, die die Kernpunkte heraushebt. Danke!

Gast hat geschrieben: Mittwoch, 15. Januar 2025, 22:25:13 … Doch was ist dem jungen Mann bewiesen? …

Die wesentlichen Säulen des Urteils:

Gewaltdelikt, kein Unfall
(rechtsmedizinische und hydromechaniche Gutachten)

keine objektiven, tatnahen Indizien gegen Sebastian
(DNA, Fingerabdrücke, Zeugen, …)

Zeuge Adrian M.
(Geständnis, Täterwissen)
• Ertrinken
• kein sexueller Missbrauch
• keine DNA-Spuren
• Tatort „nahe Eiskeller“

Zeugin Lea R.
(Täterwissen, Geständnis)
• Tischtennisspiel
• Hausparty

Zeuginnen Verena R. [?] und Mutter R.
(Geständnis)
• Hausparty

► Sebastians polizeiliche Aussagen
(Täterwissen)
• „draufgehauen“
• „Stein“

Zu Gewaltdelikt vs. Unfall

Ein Beispiel mangelnder Sorgfalt: Im Bärbach hat der Hydromechaniker Malcherek allein die Unterquerung „Am Hofbichl“ als Hindernis erkannt (Rdnr. 830). Ohne Begründung fielen alle übrigen Hindernisse im Bärbach (z. B. Straßenunterquerungen) im Urteil unter den Tisch!

Normal- vs. Scherkräfte: Plausibel ist, dass für die Verursachung von Verletzungen ohne Schürfungen nach senkrecht wirkenden, sogenannten Normalkräften zu suchen ist, weniger nach parallel wirkenden Scherkräften. Zudem konnten bestimmte Verletzungen nicht später als eine Stunde nach Todeseintritt entstanden sein.

Hätte deswegen nicht gerade der Bärbach näher untersucht werden müssen? Zum Bärbach allerdings widersprechen sich die Angaben des Hydromechanikers aus der Hauptverhandlung (Pegelstand 50 bis 70 cm) mit denen im Urteil (Pegelstand 1,40 m), was ich schon in meinem letzten Beitrag darlegte:

viewtopic.php?p=283956#p283956

Das Sitzungsprotokoll liegt uns leider nicht vor. Es ist jedoch Bestandteil der Revision.

Hinsichtlich der Hose: Wenn es durch die Kraft der Strömung nicht gelungen sein kann, die Hose über die Schuhe abzustreifen, wie hätte der schmächtige Angeklagte dies in der äußerst knappen Zeit schaffen können, noch dazu ohne die Hose zu beschädigen? Keine Erklärung dazu im Urteil. Dr. Muggenthaler sprach in der Hauptverhandlung von einer Zugkraft von 100 Kilopond, die das Wasser ausgeübt habe. Auch dies verschweigt das Urteil.


Zum Zeugen Adrian M.

Ertrinken und fehlende Anzeichen eines sexuellen Missbrauchs waren längst durch die Medien bekannt.

Ebenso war am 03.12.2022 bei Rosenheim24 (OVB) zu lesen, dass kein (Sebastian belastendes) DNA-Gutachten vorliegt. Seltsam, dass dieser Artikel nicht ermittelt wurde:

Spoiler – hier klicken!


„Es wurde kein DNA-Gutachten vorgelegt“, berichtet der Rosenheimer Anwalt des Verdächtigen, Harald Baumgärtl, auf Nachfrage. Weiter: „Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass es keine DNA-Spur gibt.“



Rosenheim24 am 03.12.2022
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 54578.html

Auffällig ist, dass der Zeuge den Tatort mit „ein Stückchen weiter weg vom Eiskeller“ bezeichnet (Rdnr. 1144). Vor seiner polizeilichen Vernehmung wurde der Tatort laut Medien stets auf dem Seilbahnparkplatz gemutmaßt. Erst später wurde bekannt, dass sich das Geschehen auf der anderen Seite des Bärbachs (beim Brückerl) zugetragen haben musste. Hätte ein äußerst ortskundiger Täter nicht eine genauere Bezeichnung des Tatorts gewählt?

Liegt hierin eine Rücksichtnahme eines Geständigen gegenüber einem völlig Ortsfremden, der mit detaillierteren Angaben ohnehin nichts anfangen kann? Oder spricht daraus die Vorsicht eines erfahrenen Lügners?

Pikant: Die Kammer führt in ihrem Urteil (Rdnr. 517, 1186) aus, dass Adrian M. in einem früheren Strafverfahren gegen seine Mutter eine Aussage machte, die diametral im Widerspruch zu seiner vorherigen polizeilichen Aussage stand. Der damalige Amtsrichter wurde im Hanna-Prozess als Zeuge gehört. Er war damals nicht in der Lage festzustellen, welche der beiden Aussagen wahr gewesen sein könnte.

Die Kammer hebt darauf ab, dass dieser Umstand nicht geeignet sei, eine generelle Unglaubwürdigkeit des Adrian M. zu begründen (Urteil, Rdnr. 1187). Sie verkennt dabei, dass sich dieser Zeuge schon damals darauf verstand, so geschickt zu lügen, dass sogar ein sehr erfahrener Richter Lüge und Wahrheit nicht unterscheiden konnte.

Nun aber will die Kammer – ohne ein aussagepsychologisches Glaubwürdigkeitsgutachten – erkannt haben, dass Adrian M. im Hanna-Prozess die Wahrheit gesagt hat. Absurd!


Zur Hausparty

Im Urteil fällt auf, dass das Geständnis in den Aussagen der Schwestern Verena R. und Lea R. sowie deren Mutter stets den exakt identischen Wortlaut gahabt haben soll: „Ja, ich war’s, ich habe sie umgebracht.“ (Rndnr. 353, 372, 376, 398, 402, 414) bzw. „Ja, ich war’s.“ (Rndnr. 373, 546). Dies klingt wie untereinander abgesprochen – oder nach schlampiger Ausarbeitung des Urteils per Copy & Paste.

Beim Zeugen Max K. (der zudem das Geständnis nicht ernstgenommen habe) findet sich ein ganz anderer Wortlaut: „Ich bin der Mörder von Aschau!“ – … „er [Sebastian] sage jetzt, dass er es war, weil er keinen Bock mehr auf diesen ganzen Druck hat, der auf ihm lastet“ (Rdnr. 467). Damit korreliert der psychiatrische Gutachter Dr. Huppert: „Dann sollen sie mich doch verhaften, dann ist der Scheiß endlich vorbei!“ (Rdnr. 1039).

Allerdings vermisse ich im Urteil die Aussage des Hausarztes von Max K. am 10.11.2023, der diesen wegen psychosomatischer Beschwerden krankgeschrieben hatte. Geschockt sei Max K. nach Sebastians Inhaftierung gewesen sowohl von Sebastians Drohung mit dem Messer gegenüber Verena R. als wohl auch von Sebastians Geständnis:

Spoiler – hier klicken!


Jetzt muss ein 17-Jähriger in den Zeugenstand … Das Gericht zielt bei ihm vor allem auf den 17. November 2022 ab, den Tag vor der Festnahme des Angeklagten. Bei der besten Freundin des Angeklagten fand damals eine [Hausparty] statt, auf der er die Tat gestanden haben soll.

Auch der 17-Jährige bestätigt das dem Landgericht. Sinngemäß sagte er [der Angeklagte] vor versammelter Mannschaft: „Ich bin der Mörder von Aschau.“ Der Zeuge selbst habe das nur als Spaß aufgenommen, „drum bin ich auch nicht großartig darauf eingegangen“. Danach habe sich der Angeklagte mit Pfefferminzlikör „zugeschüttet“. Doch das Blatt sollte sich für den Zeugen noch gehörig wenden. Als er von der Festnahme Sebastian T.s erfuhr, „war meine Psyche im Arsch“.

Dass der Angeklagte in Untersuchungshaft musste, setzte ihm so zu, dass er teils nicht mehr schlafen konnte. „Es hat mich psychisch sehr bedrückt“, so der Zeuge. Er ging deshalb sogar zu einem [Arzt], der ihn krankschrieb. Auch der Arzt selbst, von der Schweigepflicht entbunden, erscheint als Zeuge. „Was mein Patient mir erzählte, war so aufwühlend, dass es bei mir hängengeblieben ist“, so der Arzt zum Landgericht. „Er war hochemotional, berichtete von einer massiven Enttäuschung und von Sorgen um die Freundschaft.“



Rosenheim24 am 10.11.2023
https://www.rosenheim24.de/bayern/landk ... 65847.html


Zehn Zeugen sagten am Freitag (10. November) … vor dem Landgericht Traunstein aus. …



Max K. … äußerte sich mitunter widersprüchlich, was den Zeitpunkt angeht. Nicht aber, was den Inhalt zweier Aussagen betrifft – die mit dem Messer und die mit dem angeblichen Geständnis des Angeklagten. Er sei der Mörder von Aschau, das habe Sebastian T. bei einem geselligen Zusammensein gesagt. Max K. zitierte Sebastian T. so: „Ja ich sag dann halt irgendwann, dass ich es war, weil es mir blöd wird.“ Der Angeklagte habe sich unter starkem Druck gefühlt.

Dass Max K. von der Drohung mit dem Messer nicht nur gehört hatte, sondern davon auch geschockt war, bestätigte ein Hausarzt aus Chieming. Er sagte, K. sei zu ihm gekommen und habe ein Schlüsselerlebnis geschildert, „das bei mir hängengeblieben ist“.

Demnach sei Verena R. … mit dem Tatverdächtigen unterwegs gewesen, als der ihr ein Messer an die Kehle gesetzt habe. Und dann sei dieser Spruch gefolgt: „Jetzt könnte ich das gleiche anstellen wie mit dem Mädchen aus Aschau.“ Sein Patient sei von dieser Schilderung von Verena R. sehr mitgenommen gewesen.



Rosenheim24 am 10.11.2023, aktualisiert am 16.11.2023
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 67068.html

Hätte dies nicht dazu führen müssen, dass Max K. von seiner ursprünglichen Einschätzung, das Geständnis sei nicht ernstzunehmen, abweicht? Weshalb fiel all dies im Urteil unter den Tisch?


Zu Sebastians Aussagen bei der Polizei

Das Ertrinken Hannas war längst öffentlich bekannt, ebenso eine offenbar stumpfe Gewalteinwirkung wie auch, dass die Polizei einen Unfall zu Anfang noch nicht ausgeschlossen hatte.

Selbst ein nur mäßig Begabter dürfte in der Lage gewesen sein zu erkennen, dass folglich Erschießen, Erstechen, Erwürgen, Erdrosseln oder dergleichen ausscheiden. Was bleibt übrig? Ein Stein wäre naheliegend.


Zum Tatort

Spuren am mutmaßlichen Tatort (wie Blut, Haare usw.) werden im Urteil nicht erwähnt, ebenso wenig eine Suche danach. Leichenspürhunde (bzgl. Blut) wurden offenkundig nicht eingesetzt, da ebenfalls nicht erwähnt.

Die Spurensuche mit Mantrailern (am 03./04.10.2022, Rdnr. 785 ff) war von vornherein nicht darauf ausgelegt, jemals gerichtsfest verwertbar zu sein. Daran ändert auch Polizeihund Alf (Rdnr. 805 ff) nichts. Es fehlte sowohl an der erforderlichen polizeilichen Mantrailer-Prüfung aller Hunde (außer bei Alf) als auch an der Möglichkeit zur Verifizierung durch ein zweites Suchteam. Die Geruchsträger in einer Papiertüte zu verwahren, mutet zudem dilettantisch an. Schlamperei oder Absicht?


Kein alternativer Täter

Eine dritte Person mit Tatbezug wurde nicht ermittelt (Rdnr. 1390 ff).

Nachgegangen wurde folgenden Ansätzen:
• Eiskeller-Besucher,
• Freunde und Bekannte,
• Fahrzeuge auf dem Festhallenparkplatz,
• Fahrzeuge auf dem Seilbahnparkplatz,
• Holzkern-Uhr.

Nicht erwähnt werden z. B.:
• Kinderklinik (Famulatur),
• Cafè Pauli (Ferienjob).

Wenn ein Unfall ausscheidet, muss es einen Täter geben. „Die Zeit“ kennt die Antwort: „Sie brauchten einen Mörder.“


Soweit meine ersten Eindrücke. Selbst wenn tatsächlich ein Gewaltdelikt vorläge (was ich nach wie vor bezweifle), bleibt Sebastians Täterschaft höchst fragwürdig und die Befangenheit des Gerichts drängt sich mir umso mehr auf.

Ohne auf revisionsrechtliche Details einzugehen, wird deutlich, dass das Urteil Angriffsfläche im Übermaß bietet. 1732 Seiten zur Revisionsbegründung sprechen für sich.

Zur „Traunsteiner Logik und Rechtsauffassung“ gesellen sich nunmehr die „Traunsteiner Rechtschreibung, Grammatik und Ausdrucksweise“. Ein Germanist bekäme angesichts macher Textstelle Pickel und Fußpilz! Ist dies Ausdruck spezieller „Traunsteiner Sorgfalt“?

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