von Gast » Samstag, 11. Januar 2025, 09:11:08
Grünfeld
Mosbach/Tauberbischofsheim. Der 38 Jahre alte Baggerfahrer, der am Silvestertag in Grünsfeld und Tauberbischofsheim eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat, scheint seinen Tod billigend in Kauf genommen zu haben. Darauf würden die Beweislage und das Verhalten des Mannes während seiner Zerstörungsfahrt hindeuten, sagte der Mosbacher Staatsanwalt, Thorsten Zetsche, auf RNZ-Anfrage. Die Polizei hatte den 38-Jährigen auf dem Gelände eines Autohauses in Tauberbischofsheim mit zwei Schüssen in den Oberkörper getötet und seinem Treiben damit ein Ende gesetzt.
"Die konkreten Absichten und Gedanken des Täters können nicht mehr ermittelt werden, weil er verstorben ist", sagte Zetsche. Doch alles deute darauf hin, dass der Mann den Einsatz tödlicher Gewalt durch die Polizei absichtlich provoziert habe. Der 38-Jährige hatte Tage zuvor, am 28. Dezember, eine Polizeidienststelle im thüringischen Suhl aufgesucht, um "reinen Tisch" zu machen und verschiedene Straftaten zuzugeben. Zudem hatte er am 29. Dezember seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau eine Vollmacht zur "Regelung seiner Angelegenheiten" ausgestellt.
Zetsche äußerte sich auf Anfrage auch zu der Frau, die den Täter am Silvestermorgen von Thüringen nach Tauberbischofsheim fuhr – und warum sie das tat. Der Mann, so der Staatsanwalt, habe keine Fahrerlaubnis gehabt. Und die Bekannte wollte ihm einen "Freundschaftsdienst" erweisen. Bevor sie ihn an seinem Wohnort abholte, habe dieser wieder Streit mit seiner Ehefrau gehabt. Die Bekannte, so Zetsche, gelte nicht als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren: "Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Bekannte die Absichten des Täters kannte und unterstützt hat, liegen nicht vor."
Schließlich geht Zetsche auf die Frage ein, ob die Beamten keine andere Möglichkeit hatten, den 38-Jährigen auf seiner Fahrt zu stoppen. Etwa, indem sie den Bagger fahruntauglich machen. "Dies ist Gegenstand der Ermittlungen", so Zetsche. Schüsse auf die Reifen und Hydraulikschläuche des Baggers habe es tatsächlich gegeben, allerdings ohne Erfolg. Für andere Möglichkeiten habe die Zeit gefehlt oder sie seien ebenfalls erfolglos geblieben.
Update: Freitag, 10. Januar 2025, 21.15 Uhr
Baggerfahrer war drei Tage vorher bei der Polizei
Von Carsten Blaue
Mosbach/Tauberbischofsheim. Der 38 Jahre alte Baggerfahrer aus Thüringen, der am Silvestertag auf seiner Zerstörungstour durch Grünsfeld und Tauberbischofsheim im Main-Tauber-Kreis von Polizisten erschossen wurde, war für die Polizei schon vorher kein unbeschriebenes Blatt. Dieses und weitere Ermittlungsdetails hat am Donnerstag der Mosbacher Staatsanwalt Thorsten Zetsche bekannt gegeben.
In seiner Mitteilung stellt sich zudem der Heilbronner Polizeipräsident Frank Spitzmüller hinter seine Beamten. Gleichwohl verspricht der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mosbach, Florian Kienle, eine gründliche und unabhängige Untersuchung sowie juristische Bewertung des Schusswaffengebrauchs der Polizei in diesem Einsatz.
Dieser hat eine etwas längere Vorgeschichte, wie Zetsches Darstellungen der bisherigen Ermittlungsergebnisse erkennen lassen. Demnach arbeitete der Täter in den Jahren 2021 bis 2023 bei der Grünsfelder Baufirma, die er heimsuchte. Gekündigt habe er damals wohl selbst wieder. Danach nahm der Mann verschiedene Arbeitsverhältnisse an, die aber entweder frühzeitig oder sogar noch in der Probezeit schon wieder beendet waren.
In Zetsches Chronologie der Ereignisse lässt überdies aufhorchen, dass der 38-Jährige noch am 28. Dezember in einer Polizeidienststelle im thüringischen Suhl auftauchte, um "reinen Tisch" zu machen. So legte er sich gleich mehrere Straftaten selbst zur Last, die laut des Staatsanwalts unter anderem der Eigentums- und Betäubungsmittelkriminalität zuzuordnen waren.
Einen Tag später setzte der Mann ein Schriftstück auf, in dem er seine von ihm in Trennung lebende Ehefrau mit der "Regelung seiner Angelegenheiten" bevollmächtigte.
Dann der Tag der Tat: Am Morgen ließ sich der 38-Jährige von einer Bekannten zu Hause abholen und nach Tauberbischofsheim fahren. Zuvor soll der Mann im Krankenhaus gelegen haben. In der Stadt angekommen, ließ er sich zu einer Gewerbefläche in der Alten Wertheimer Straße bringen, dann zu einem Wohnhaus und schließlich zum Gelände der Grünsfelder Baufirma, für die er früher tätig gewesen war. Jetzt aber hatte er Zutrittsverbot, ausgesprochen vom Inhaber der Baufirma.
Die Ermittler sind sich inzwischen ziemlich sicher, dass der 38-Jährige mit der Tat seinem Ex-Chef schaden wollte. Doch an einer Stelle irrte der Täter: Anders als die Gewerbeareale, gehörte dem Unternehmer das zuvor angesteuerte Wohnhaus nicht.
Zetsche schildert in seiner Mitteilung die Zerstörungsfahrt des Baggers am frühen Nachmittag des 31. Dezember mit neuen Erkenntnissen. Zum Beispiel, wie der 38-Jährige die beiden Streifenwagen zerstörte. Diese hatten sich gerade an den Bagger geheftet, nachdem dieser das verwüstete Gelände der Baufirma verlassen hatte. Da drehte der Täter das Baufahrzeug um, fuhr auf die Polizeiautos zu und zerstörte diese mit der Baggerschaufel.
Eine Beamtin, die in diesem Moment ausstieg, um sich in Sicherheit zu bringen, wurde zwischen den beiden Dienstwagen eingeklemmt und leicht verletzt. Wie bereits berichtet, endete die folgenschwere Fahrt nach enormen Sachbeschädigungen auf einem Tauberbischofsheimer Autohausgelände. Die Obduktion ergab laut Zetsche, dass der 38-Jährige zwei tödliche Schussverletzungen durch Polizeikugeln erlitt.
Nach Überzeugung von Polizeipräsident Spitzmüller handelten die Polizisten vor Ort richtig, um die gefährliche Fahrt sicher zu beenden: "Meine Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben in dieser aufreibenden Situation die dafür notwendige Verantwortung pflichtbewusst und entschlossen übernommen, und dafür danke ich ihnen."
Und Kienle ergänzt: "Auch wenn der persönliche Hintergrund des Falles dramatisch ist, können wir froh sein, dass trotz der von dem Betroffenen verursachten erheblichen Gefahrensituationen nicht noch weitere Menschen zu Schaden gekommen sind." Zetsches Schilderungen werfen weitere Fragen zur Vorgeschichte der Tat auf – etwa zu der Bekannten, welche den 38-Jährigen fuhr. Die Fragen der RNZ dazu ließ der Staatsanwalt noch unbeantwortet.
Update: Donnerstag, 9. Januar 2025, 16.40 Uhr
https://www.rnz.de/region/neckartal-ode ... 78042.html
Grünfeld
[quote] Mosbach/Tauberbischofsheim. Der 38 Jahre alte Baggerfahrer, der am Silvestertag in Grünsfeld und Tauberbischofsheim eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat, scheint seinen Tod billigend in Kauf genommen zu haben. Darauf würden die Beweislage und das Verhalten des Mannes während seiner Zerstörungsfahrt hindeuten, sagte der Mosbacher Staatsanwalt, Thorsten Zetsche, auf RNZ-Anfrage. Die Polizei hatte den 38-Jährigen auf dem Gelände eines Autohauses in Tauberbischofsheim mit zwei Schüssen in den Oberkörper getötet und seinem Treiben damit ein Ende gesetzt.
"Die konkreten Absichten und Gedanken des Täters können nicht mehr ermittelt werden, weil er verstorben ist", sagte Zetsche. Doch alles deute darauf hin, dass der Mann den Einsatz tödlicher Gewalt durch die Polizei absichtlich provoziert habe. Der 38-Jährige hatte Tage zuvor, am 28. Dezember, eine Polizeidienststelle im thüringischen Suhl aufgesucht, um "reinen Tisch" zu machen und verschiedene Straftaten zuzugeben. Zudem hatte er am 29. Dezember seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau eine Vollmacht zur "Regelung seiner Angelegenheiten" ausgestellt.
Zetsche äußerte sich auf Anfrage auch zu der Frau, die den Täter am Silvestermorgen von Thüringen nach Tauberbischofsheim fuhr – und warum sie das tat. Der Mann, so der Staatsanwalt, habe keine Fahrerlaubnis gehabt. Und die Bekannte wollte ihm einen "Freundschaftsdienst" erweisen. Bevor sie ihn an seinem Wohnort abholte, habe dieser wieder Streit mit seiner Ehefrau gehabt. Die Bekannte, so Zetsche, gelte nicht als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren: "Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Bekannte die Absichten des Täters kannte und unterstützt hat, liegen nicht vor."
Schließlich geht Zetsche auf die Frage ein, ob die Beamten keine andere Möglichkeit hatten, den 38-Jährigen auf seiner Fahrt zu stoppen. Etwa, indem sie den Bagger fahruntauglich machen. "Dies ist Gegenstand der Ermittlungen", so Zetsche. Schüsse auf die Reifen und Hydraulikschläuche des Baggers habe es tatsächlich gegeben, allerdings ohne Erfolg. Für andere Möglichkeiten habe die Zeit gefehlt oder sie seien ebenfalls erfolglos geblieben.
Update: Freitag, 10. Januar 2025, 21.15 Uhr
Baggerfahrer war drei Tage vorher bei der Polizei
Von Carsten Blaue
Mosbach/Tauberbischofsheim. Der 38 Jahre alte Baggerfahrer aus Thüringen, der am Silvestertag auf seiner Zerstörungstour durch Grünsfeld und Tauberbischofsheim im Main-Tauber-Kreis von Polizisten erschossen wurde, war für die Polizei schon vorher kein unbeschriebenes Blatt. Dieses und weitere Ermittlungsdetails hat am Donnerstag der Mosbacher Staatsanwalt Thorsten Zetsche bekannt gegeben.
In seiner Mitteilung stellt sich zudem der Heilbronner Polizeipräsident Frank Spitzmüller hinter seine Beamten. Gleichwohl verspricht der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mosbach, Florian Kienle, eine gründliche und unabhängige Untersuchung sowie juristische Bewertung des Schusswaffengebrauchs der Polizei in diesem Einsatz.
Dieser hat eine etwas längere Vorgeschichte, wie Zetsches Darstellungen der bisherigen Ermittlungsergebnisse erkennen lassen. Demnach arbeitete der Täter in den Jahren 2021 bis 2023 bei der Grünsfelder Baufirma, die er heimsuchte. Gekündigt habe er damals wohl selbst wieder. Danach nahm der Mann verschiedene Arbeitsverhältnisse an, die aber entweder frühzeitig oder sogar noch in der Probezeit schon wieder beendet waren.
In Zetsches Chronologie der Ereignisse lässt überdies aufhorchen, dass der 38-Jährige noch am 28. Dezember in einer Polizeidienststelle im thüringischen Suhl auftauchte, um "reinen Tisch" zu machen. So legte er sich gleich mehrere Straftaten selbst zur Last, die laut des Staatsanwalts unter anderem der Eigentums- und Betäubungsmittelkriminalität zuzuordnen waren.
Einen Tag später setzte der Mann ein Schriftstück auf, in dem er seine von ihm in Trennung lebende Ehefrau mit der "Regelung seiner Angelegenheiten" bevollmächtigte.
Dann der Tag der Tat: Am Morgen ließ sich der 38-Jährige von einer Bekannten zu Hause abholen und nach Tauberbischofsheim fahren. Zuvor soll der Mann im Krankenhaus gelegen haben. In der Stadt angekommen, ließ er sich zu einer Gewerbefläche in der Alten Wertheimer Straße bringen, dann zu einem Wohnhaus und schließlich zum Gelände der Grünsfelder Baufirma, für die er früher tätig gewesen war. Jetzt aber hatte er Zutrittsverbot, ausgesprochen vom Inhaber der Baufirma.
Die Ermittler sind sich inzwischen ziemlich sicher, dass der 38-Jährige mit der Tat seinem Ex-Chef schaden wollte. Doch an einer Stelle irrte der Täter: Anders als die Gewerbeareale, gehörte dem Unternehmer das zuvor angesteuerte Wohnhaus nicht.
Zetsche schildert in seiner Mitteilung die Zerstörungsfahrt des Baggers am frühen Nachmittag des 31. Dezember mit neuen Erkenntnissen. Zum Beispiel, wie der 38-Jährige die beiden Streifenwagen zerstörte. Diese hatten sich gerade an den Bagger geheftet, nachdem dieser das verwüstete Gelände der Baufirma verlassen hatte. Da drehte der Täter das Baufahrzeug um, fuhr auf die Polizeiautos zu und zerstörte diese mit der Baggerschaufel.
Eine Beamtin, die in diesem Moment ausstieg, um sich in Sicherheit zu bringen, wurde zwischen den beiden Dienstwagen eingeklemmt und leicht verletzt. Wie bereits berichtet, endete die folgenschwere Fahrt nach enormen Sachbeschädigungen auf einem Tauberbischofsheimer Autohausgelände. Die Obduktion ergab laut Zetsche, dass der 38-Jährige zwei tödliche Schussverletzungen durch Polizeikugeln erlitt.
Nach Überzeugung von Polizeipräsident Spitzmüller handelten die Polizisten vor Ort richtig, um die gefährliche Fahrt sicher zu beenden: "Meine Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben in dieser aufreibenden Situation die dafür notwendige Verantwortung pflichtbewusst und entschlossen übernommen, und dafür danke ich ihnen."
Und Kienle ergänzt: "Auch wenn der persönliche Hintergrund des Falles dramatisch ist, können wir froh sein, dass trotz der von dem Betroffenen verursachten erheblichen Gefahrensituationen nicht noch weitere Menschen zu Schaden gekommen sind." Zetsches Schilderungen werfen weitere Fragen zur Vorgeschichte der Tat auf – etwa zu der Bekannten, welche den 38-Jährigen fuhr. Die Fragen der RNZ dazu ließ der Staatsanwalt noch unbeantwortet.
Update: Donnerstag, 9. Januar 2025, 16.40 Uhr [/quote]
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