von Gast0815 » Donnerstag, 09. Januar 2025, 10:36:03
Danke @Catch22für den Link zum Urteil.
Ich habe es erstmal grob überflogen und erstmal die für mich wichtigsten Teile der Begründung vorgenommen, ganz unabhängig vom Befangenheitsantrag, den übergangenen Gutachten etc.. Die Frage des Unfalles lasse ich auch erstmal außen vor, aus meiner Sicht hätte so oder so der Angeklagte nicht verurteilt werden dürfen.
Das sind die bzgl. der „Geständnisse“. Das sind die Hauptpunkte, welche die Verurteilung tragen, ob der Angeklagte am 3.10.22 schon Täterwissen preisgegeben haben soll, ist da erstmal nicht ganz so wesentlich, weil es da schon unterschiedliche Zeugenaussagen gab.
Erstmal zum 17.11.2022. Der genaue Wortlaut dieses „Geständnisses“ ist nicht genau bekannt. An diesem Abend soll der Angeklagte gedrückt gewesen sein. Die Verteidigung meint, dass dies durch den Druck der Vernehmungen begründet war.
Das Gericht hält dagegen, dass er zu diesem Zeitpunkt nur ein Zeuge war und erst nach dem 17.11.2022 als Verdächtiger gesehen wurde.
Ich denke das ist viel zu kurz gedacht und lässt auch einen ganz wesentlichen Punkt außer Acht, und zwar die Vorkommnisse am 17.11.- An diesem Tag war Verena zur Zeugenbefragung. Sie sah es offensichtlich ganz anders und schrieb ihrer Mutter:
„Hallo Mama. Also ich bin jetzt zurück von der Polizei. Das hat jetzt echt eineinhalb Stunden gedauert. Und … ja, also ich bin jetzt beschu … also … ähm, der T*** ist jetzt noch bei der Polizei der Täter. Ich habe ihnen jetzt alles erzählt. Den Chat mit dem T*** habe ich Ihnen abfotografieren müssen und so. Ähm … und … ich habe nicht mehr genau gewusst, was an dem Tag war, glaubst du ich merke mir das so hä? … Und die haben zu mir gesagt, dass ich mich vielleicht … besser wäre es, dass ich mir einen Anwalt holen. Und der T*** müsse vielleicht für 2, 3 Tage in U-Haft, weil die alles genauer untersuchen müssen und blablabla. Und die haben jetzt meine Jacke untersucht und in ein paar Tagen oder Wochen krieg ich dann die DNA Dinger. Und … die denken halt echt, ich und der … hätten nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Mädls umzubringen, vor allem der T*** Jetzt ist der halt beschuldigt und denkt, sie denken, dass der T*** sie umgebracht hätte
„Hallo Mama. Also ich bin jetzt zurück von der Polizei. Das hat jetzt echt eineinhalb Stunden gedauert. Und … ja, also ich bin jetzt beschu … also … ähm, der T*** ist jetzt noch bei der Polizei der Täter. Ich habe ihnen jetzt alles erzählt. Den Chat mit dem T*** habe ich Ihnen abfotografieren müssen und so. Ähm … und … ich habe nicht mehr genau gewusst, was an dem Tag war, glaubst du ich merke mir das so hä? … Und die haben zu mir gesagt, dass ich mich vielleicht … besser wäre es, dass ich mir einen Anwalt holen. Und der T*** müsse vielleicht für 2, 3 Tage in U-Haft, weil die alles genauer untersuchen müssen und blablabla. Und die haben jetzt meine Jacke untersucht und in ein paar Tagen oder Wochen krieg ich dann die DNA Dinger. Und … die denken halt echt, ich und der … hätten nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Mädls umzubringen, vor allem der T*** Jetzt ist der halt beschuldigt und denkt, sie denken, dass der T*** sie umgebracht hätte
Also, das war der Stand am 17.11Mittags.
Verena schrieb dann auch an den Angeklagten:
„Hallo T*** ich war jetzt gerade bel der Polizei. Hab das alles geregelt. Und ich habe mich verplappert äh ich habe nämlich gesagt, dass war am dritten Oktober, obwohl es am fünften Oktober war, hab ich jetzt gerade gesehen, ich habe ich habe es nicht mehr genau gewusst, ich habe es halt vergessen gehabt, weil ich jetzt nicht geahnt habe, dass ich jetzt da so irgendwie abgefragt werde oder so, weil ich ja nichts damit zu tun habe. Und ähm wenn du noch mal von der Polizei einen Anruf kriegst und die dich wegen dem wir haben uns zwar am dritten auch getroffen, aber es war nicht am dritten, es war am fünften, ich habe mich am Datum vertan. Vielleicht kannst du denen dann sagen, dass ich mich vertan habe und dass eigentlich der fünfte Oktober war, wo wir uns getroffen haben“.
Ich denke, so eine Nachricht bringt einen definitiv zum Grübeln. Einmal zeigt die Ladung der Freunde/Freundinnen, dass man da durchaus genau auf Korn genommen wird, gegen wen soll es sonst gerichtet sein? Und wenn man da „verplappern“ hört und das dort nach Zeiten gefragt wurden, die Verena offenbar nicht mehr wusste und sich da vertan hat, dann wird einem einiges klar, die geführten Gespräche analysiert man neu und man befürchtet das Schlimmste, was dann auch eingetreten war.
Dieses besondere Ereignis an diesem Tag wird mit keinem Wort in der Beweiswürdigung erwähnt. Dass am Abend des 17.11. alles anders war als am Tage zuvor, liegt auf der Hand. Genau diesen Tag lässt das Gericht jedoch aus. Stattdessen vermutet das Gericht, dass der Druck durch das Gewissen entstanden sei und am 17.11. den Höhepunkt erreicht habe und zählt dazu recht allgemein Dinge auf, in die man alles oder nichts reindeuten kann, lässt den in Wirklichkeit wichtigsten Aspekt – die Geschehnisse dieses Tages - außen vor.
Aus meiner Sicht ist das ein schwerer Fehler. Denn die Ereignisse dieses Tages hätten mitberücksichtigt werden MÜSSEN, so erkennt man nicht, ob sich das Gericht mit diesen wichtigen Ereignissen an diesem Tage überhaupt auseinandergesetzt hat.
Ich bin nur Laie, wie siehst Du das @Catch22? Wichtig ist doch immer die Vollständigkeit der Beweiswürdigung in der Begründung, damit man erkennen kann, dass ein so wichtiger Aspekt berücksichtigt wurde oder sehe ich das falsch?
Dann zum Knastzeugen: Man sieht nun etwa den Inhalt der Zeugenaussage und da, wo es Details gibt und da wo die fast schon offensichtlich fehlen.
So spricht er über Dinge, die auch anderen Häftlingen bekannt sind, wie die Probleme bei Frauen, das Fehlen von DNA etc.. Das kann er auch vom Angeklagten gehört haben. Das ist jedoch kein Täterwissen, denn der Angeklagte hatte die Akten und wusste es daher. Fehlende DNA ist auch grundsätzlich kein Täterwissen, dass kann man nur aus den Akten haben, denn ein Täter weiß nie, ob er doch irgendwo DNA hinterlassen hat.
Also bis dahin kein Täterwissen erkennbar.
Ich nehme an, dass der Angeklagte – wie mit anderen Häftlingen – mit dem Knastzeugen gesprochen hat. Diese Möglichkeit muss das Gericht auch grundsätzlich berücksichtigen. Daher kann auch ein Großteil der Sachen auch stimmen. Wesentlich ist daher nur, was nicht in den Akten steht und wirkliches Täterwissen darstellt.
Dann bleiben drei Punkte übrig, ich denke, diese drei Punkte wird die Verteidigung gemeint haben. Als sie von 3 Phrasen sprach, denn in Wirklichkeit sind sie so gut wie nichtssagend.
- Der Angeklagte soll das Opfer bewusstlos geschlagen haben.
Da der Angeklagte über die Verfahrensakten mit den Mithäftlingen gesprochen hatte, wir klar gewesen sein, dass das Opfer ertrunken sei.
Das legt ohne größeres Hintergrundwissen nahe, dass sie bewusstlos dort reinbefördert wurde, denn andernfalls wird das kaum möglich gewesen sein. In dieser Behauptung ist nicht überraschend, das kann auch frei erfunden sein.
Dass dieser Umstand im Falle eines Kaptaldelikts durch die Auffinde-Umstände bestätigt werden, ist in Wirklichkeit nicht überraschend, sondern sogar naheliegend.
Für diesen Umstand gibt es eine Reihe von Alternativen, eine kann sich der Zeuge einfach ausgesucht haben. So wäre es auch möglich gewesen, dass der Täter dachte, dass das Opfer tot sei und sie dann in den Fluss befördert hat. Auch das wäre für ein gewaltsame Tat mit Todesfolge Ertrinken naheliegend.
- Der Angeklagte soll gesagt haben, dass er das Opfer missbrauchen oder vergewaltigen wollte.
Das ist eine Aussage, die nicht überprüfbar ist. Diese Behauptung kann er allein aus den Schilderungen bzgl. Probleme mit Frauen erdacht haben. Als Motiv für ein Kapitaldelikt liegt das grundsätzlich sehr nahe. Hätte er – bei einer Falschaussage – mehr gesagt, wäre seine Aussage überprüfbar gewesen und er wäre bei der Falschaussage erwischt worden. Dass er nicht mehr gesagt hat, ist auch bei einer Falschaussage fast schon zwingend, Dass darin die Glaubwürdigkeit bestärkendes Element drin wäre, ist daher nicht ersichtlich.
- Der Angeklagte soll gesagt haben, dass der Vorfall ein Stückchen weiter weg vom Eiskeller gewesen sei.
Ein Stückchen weiter ist vollkommen unspezifisch. Was ist ein Stückchen? 100m 1km? Dass es prinzipiell in der Nähe des Eiskellers war, dürfte sicher der Angeklagte aus den Akten zusammenreimen können. Auch mit anderen Mitgefangenen hat er über die Örtlichkeit des Eiskellers gesprochen, wahrscheinlich weil dort das Opfer kurz vor ihrem Tod gewesen war. Außerdem wird der Angeklagte das auch aus den Befragungen erahnen können
Interessant ist auch, dass er angeblich den Angriff von hinten dem Zeugen nicht geschildert hat, also daie bei einem Tötungsdelikt zu erwartende Details fehlen. Dahingehend hatte der Angeklagte gegenüber einem anderen Mithäftling dies so geschildert und dass jemand von hinten draufgesprungen sei. Das wird wohl später erfolgt sein (Juni 2023, Abschnitt 540). Zu diesem Zeitpunkt dürfte das Adamec-Gutachten schon existiert haben und in den Akten gewesen sein.
Auch hat er nicht ausgesagt, womit er geschlagen haben soll. Auch das würde zu jemandem passen, der eine Falschaussage tätigt, denn mit einer solchen Behauptung wird die Aussage überprüfbar. Hätte er ein Schraubenschlüssel, Hammer o.ä. behauptet, hätte das überprüft werden können und er wäre möglicherweise der Falschaussage überführt.
Man sieht also, dass sich der Angeklagte rege mit anderen Mithäftlingen über die Akten unterhalten hat. Interessant ist hier aber, dass er das erst ausführlicher gesagt hat, als er die entsprechenden Akten erhalten hatte. Dass er auch mit dem Zeugen gesprochen hat, der dann das Geständnis behauptet hat, liegt auf der Hand. Ob er aber ihm gegenüber einem Geständnis abgelegt hat, das ist mit diesen wenigen Punkten wohl kaum ermittelbar.
Hätte er Ende des Jahres 22 von hinten draufspringen gesagt, müsste man das anders sehen, aber so? Gerade die Zeugenschilderung der Tat– worauf es in Wirklichkeit ankommt – ist laut diesem Urteil vollkommen detaillos und dadurch nicht nachprüfbar.
Aus meiner Sicht ist das Urteil auch an diesem Punkt viel zu oberflächlich begründet. Es geht nicht auf diese oben geschilderte Problematik ein. Es setzt sich nicht damit auseinander, was der Zeuge möglicherweise für Schlüsse aus den Erzählungen des Angeklagten ziehen können, um – im Falle einer Falschaussage – seien Aussagen mit tatrelevanten Dingen zu schmücken. Aber auch wieder hier Fehlanzeige.
@Catch22: Würde so etwas auch eine Revision mitbegründen können?
Noch ein Punkt bzgl. des sogenannten „notorischen Lügners“. Ich denke, dass die Verteidigung damit nicht meint, dass alles gelogen sei, sondern dass er in der Lüge sehr bewandert ist. Natürlich lügt ein notorischer Lügner nicht immer, aber wenn es ihm nützlich erscheint, dann ist das recht wahrscheinlich.
Und dann wird er eben solche Punkte vermeiden, welche seinen Aussage überprüfbar machen. Natürlich kann das vorliegend auch Zufall sein, aber trotzdem es ist mehr als auffällig.
Danke @Catch22für den Link zum Urteil.
Ich habe es erstmal grob überflogen und erstmal die für mich wichtigsten Teile der Begründung vorgenommen, ganz unabhängig vom Befangenheitsantrag, den übergangenen Gutachten etc.. Die Frage des Unfalles lasse ich auch erstmal außen vor, aus meiner Sicht hätte so oder so der Angeklagte nicht verurteilt werden dürfen.
Das sind die bzgl. der „Geständnisse“. Das sind die Hauptpunkte, welche die Verurteilung tragen, ob der Angeklagte am 3.10.22 schon Täterwissen preisgegeben haben soll, ist da erstmal nicht ganz so wesentlich, weil es da schon unterschiedliche Zeugenaussagen gab.
Erstmal zum 17.11.2022. Der genaue Wortlaut dieses „Geständnisses“ ist nicht genau bekannt. An diesem Abend soll der Angeklagte gedrückt gewesen sein. Die Verteidigung meint, dass dies durch den Druck der Vernehmungen begründet war.
Das Gericht hält dagegen, dass er zu diesem Zeitpunkt nur ein Zeuge war und erst nach dem 17.11.2022 als Verdächtiger gesehen wurde.
Ich denke das ist viel zu kurz gedacht und lässt auch einen ganz wesentlichen Punkt außer Acht, und zwar die Vorkommnisse am 17.11.- An diesem Tag war Verena zur Zeugenbefragung. Sie sah es offensichtlich ganz anders und schrieb ihrer Mutter:
[quote] „Hallo Mama. Also ich bin jetzt zurück von der Polizei. Das hat jetzt echt eineinhalb Stunden gedauert. Und … ja, also ich bin jetzt beschu … also … ähm, der T*** ist jetzt noch bei der Polizei der Täter. Ich habe ihnen jetzt alles erzählt. Den Chat mit dem T*** habe ich Ihnen abfotografieren müssen und so. Ähm … und … ich habe nicht mehr genau gewusst, was an dem Tag war, glaubst du ich merke mir das so hä? … Und die haben zu mir gesagt, dass ich mich vielleicht … besser wäre es, dass ich mir einen Anwalt holen. Und der T*** müsse vielleicht für 2, 3 Tage in U-Haft, weil die alles genauer untersuchen müssen und blablabla. Und die haben jetzt meine Jacke untersucht und in ein paar Tagen oder Wochen krieg ich dann die DNA Dinger. Und … die denken halt echt, ich und der … hätten nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Mädls umzubringen, vor allem der T*** Jetzt ist der halt beschuldigt und denkt, sie denken, dass der T*** sie umgebracht hätte[/quote]
[quote] „Hallo Mama. Also ich bin jetzt zurück von der Polizei. Das hat jetzt echt eineinhalb Stunden gedauert. Und … ja, also ich bin jetzt beschu … also … ähm, der T*** ist jetzt noch bei der Polizei der Täter. Ich habe ihnen jetzt alles erzählt. Den Chat mit dem T*** habe ich Ihnen abfotografieren müssen und so. Ähm … und … ich habe nicht mehr genau gewusst, was an dem Tag war, glaubst du ich merke mir das so hä? … Und die haben zu mir gesagt, dass ich mich vielleicht … besser wäre es, dass ich mir einen Anwalt holen. Und der T*** müsse vielleicht für 2, 3 Tage in U-Haft, weil die alles genauer untersuchen müssen und blablabla. Und die haben jetzt meine Jacke untersucht und in ein paar Tagen oder Wochen krieg ich dann die DNA Dinger. Und … die denken halt echt, ich und der … hätten nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Mädls umzubringen, vor allem der T*** Jetzt ist der halt beschuldigt und denkt, sie denken, dass der T*** sie umgebracht hätte[/quote]
Also, das war der Stand am 17.11Mittags.
Verena schrieb dann auch an den Angeklagten:
[quote] „Hallo T*** ich war jetzt gerade bel der Polizei. Hab das alles geregelt. Und ich habe mich verplappert äh ich habe nämlich gesagt, dass war am dritten Oktober, obwohl es am fünften Oktober war, hab ich jetzt gerade gesehen, ich habe ich habe es nicht mehr genau gewusst, ich habe es halt vergessen gehabt, weil ich jetzt nicht geahnt habe, dass ich jetzt da so irgendwie abgefragt werde oder so, weil ich ja nichts damit zu tun habe. Und ähm wenn du noch mal von der Polizei einen Anruf kriegst und die dich wegen dem wir haben uns zwar am dritten auch getroffen, aber es war nicht am dritten, es war am fünften, ich habe mich am Datum vertan. Vielleicht kannst du denen dann sagen, dass ich mich vertan habe und dass eigentlich der fünfte Oktober war, wo wir uns getroffen haben“.
[/quote]
Ich denke, so eine Nachricht bringt einen definitiv zum Grübeln. Einmal zeigt die Ladung der Freunde/Freundinnen, dass man da durchaus genau auf Korn genommen wird, gegen wen soll es sonst gerichtet sein? Und wenn man da „verplappern“ hört und das dort nach Zeiten gefragt wurden, die Verena offenbar nicht mehr wusste und sich da vertan hat, dann wird einem einiges klar, die geführten Gespräche analysiert man neu und man befürchtet das Schlimmste, was dann auch eingetreten war.
Dieses besondere Ereignis an diesem Tag wird mit keinem Wort in der Beweiswürdigung erwähnt. Dass am Abend des 17.11. alles anders war als am Tage zuvor, liegt auf der Hand. Genau diesen Tag lässt das Gericht jedoch aus. Stattdessen vermutet das Gericht, dass der Druck durch das Gewissen entstanden sei und am 17.11. den Höhepunkt erreicht habe und zählt dazu recht allgemein Dinge auf, in die man alles oder nichts reindeuten kann, lässt den in Wirklichkeit wichtigsten Aspekt – die Geschehnisse dieses Tages - außen vor.
Aus meiner Sicht ist das ein schwerer Fehler. Denn die Ereignisse dieses Tages hätten mitberücksichtigt werden MÜSSEN, so erkennt man nicht, ob sich das Gericht mit diesen wichtigen Ereignissen an diesem Tage überhaupt auseinandergesetzt hat.
Ich bin nur Laie, wie siehst Du das @Catch22? Wichtig ist doch immer die Vollständigkeit der Beweiswürdigung in der Begründung, damit man erkennen kann, dass ein so wichtiger Aspekt berücksichtigt wurde oder sehe ich das falsch?
Dann zum Knastzeugen: Man sieht nun etwa den Inhalt der Zeugenaussage und da, wo es Details gibt und da wo die fast schon offensichtlich fehlen.
So spricht er über Dinge, die auch anderen Häftlingen bekannt sind, wie die Probleme bei Frauen, das Fehlen von DNA etc.. Das kann er auch vom Angeklagten gehört haben. Das ist jedoch kein Täterwissen, denn der Angeklagte hatte die Akten und wusste es daher. Fehlende DNA ist auch grundsätzlich kein Täterwissen, dass kann man nur aus den Akten haben, denn ein Täter weiß nie, ob er doch irgendwo DNA hinterlassen hat.
Also bis dahin kein Täterwissen erkennbar.
Ich nehme an, dass der Angeklagte – wie mit anderen Häftlingen – mit dem Knastzeugen gesprochen hat. Diese Möglichkeit muss das Gericht auch grundsätzlich berücksichtigen. Daher kann auch ein Großteil der Sachen auch stimmen. Wesentlich ist daher nur, was nicht in den Akten steht und wirkliches Täterwissen darstellt.
Dann bleiben drei Punkte übrig, ich denke, diese drei Punkte wird die Verteidigung gemeint haben. Als sie von 3 Phrasen sprach, denn in Wirklichkeit sind sie so gut wie nichtssagend.
[list]Der Angeklagte soll das Opfer bewusstlos geschlagen haben.
Da der Angeklagte über die Verfahrensakten mit den Mithäftlingen gesprochen hatte, wir klar gewesen sein, dass das Opfer ertrunken sei.
Das legt ohne größeres Hintergrundwissen nahe, dass sie bewusstlos dort reinbefördert wurde, denn andernfalls wird das kaum möglich gewesen sein. In dieser Behauptung ist nicht überraschend, das kann auch frei erfunden sein.
Dass dieser Umstand im Falle eines Kaptaldelikts durch die Auffinde-Umstände bestätigt werden, ist in Wirklichkeit nicht überraschend, sondern sogar naheliegend.
Für diesen Umstand gibt es eine Reihe von Alternativen, eine kann sich der Zeuge einfach ausgesucht haben. So wäre es auch möglich gewesen, dass der Täter dachte, dass das Opfer tot sei und sie dann in den Fluss befördert hat. Auch das wäre für ein gewaltsame Tat mit Todesfolge Ertrinken naheliegend.
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[list]Der Angeklagte soll gesagt haben, dass er das Opfer missbrauchen oder vergewaltigen wollte.
Das ist eine Aussage, die nicht überprüfbar ist. Diese Behauptung kann er allein aus den Schilderungen bzgl. Probleme mit Frauen erdacht haben. Als Motiv für ein Kapitaldelikt liegt das grundsätzlich sehr nahe. Hätte er – bei einer Falschaussage – mehr gesagt, wäre seine Aussage überprüfbar gewesen und er wäre bei der Falschaussage erwischt worden. Dass er nicht mehr gesagt hat, ist auch bei einer Falschaussage fast schon zwingend, Dass darin die Glaubwürdigkeit bestärkendes Element drin wäre, ist daher nicht ersichtlich.[/list]
[list]Der Angeklagte soll gesagt haben, dass der Vorfall ein Stückchen weiter weg vom Eiskeller gewesen sei.
Ein Stückchen weiter ist vollkommen unspezifisch. Was ist ein Stückchen? 100m 1km? Dass es prinzipiell in der Nähe des Eiskellers war, dürfte sicher der Angeklagte aus den Akten zusammenreimen können. Auch mit anderen Mitgefangenen hat er über die Örtlichkeit des Eiskellers gesprochen, wahrscheinlich weil dort das Opfer kurz vor ihrem Tod gewesen war. Außerdem wird der Angeklagte das auch aus den Befragungen erahnen können[/list]
Interessant ist auch, dass er angeblich den Angriff von hinten dem Zeugen nicht geschildert hat, also daie bei einem Tötungsdelikt zu erwartende Details fehlen. Dahingehend hatte der Angeklagte gegenüber einem anderen Mithäftling dies so geschildert und dass jemand von hinten draufgesprungen sei. Das wird wohl später erfolgt sein (Juni 2023, Abschnitt 540). Zu diesem Zeitpunkt dürfte das Adamec-Gutachten schon existiert haben und in den Akten gewesen sein.
Auch hat er nicht ausgesagt, womit er geschlagen haben soll. Auch das würde zu jemandem passen, der eine Falschaussage tätigt, denn mit einer solchen Behauptung wird die Aussage überprüfbar. Hätte er ein Schraubenschlüssel, Hammer o.ä. behauptet, hätte das überprüft werden können und er wäre möglicherweise der Falschaussage überführt.
Man sieht also, dass sich der Angeklagte rege mit anderen Mithäftlingen über die Akten unterhalten hat. Interessant ist hier aber, dass er das erst ausführlicher gesagt hat, als er die entsprechenden Akten erhalten hatte. Dass er auch mit dem Zeugen gesprochen hat, der dann das Geständnis behauptet hat, liegt auf der Hand. Ob er aber ihm gegenüber einem Geständnis abgelegt hat, das ist mit diesen wenigen Punkten wohl kaum ermittelbar.
Hätte er Ende des Jahres 22 von hinten draufspringen gesagt, müsste man das anders sehen, aber so? Gerade die Zeugenschilderung der Tat– worauf es in Wirklichkeit ankommt – ist laut diesem Urteil vollkommen detaillos und dadurch nicht nachprüfbar.
Aus meiner Sicht ist das Urteil auch an diesem Punkt viel zu oberflächlich begründet. Es geht nicht auf diese oben geschilderte Problematik ein. Es setzt sich nicht damit auseinander, was der Zeuge möglicherweise für Schlüsse aus den Erzählungen des Angeklagten ziehen können, um – im Falle einer Falschaussage – seien Aussagen mit tatrelevanten Dingen zu schmücken. Aber auch wieder hier Fehlanzeige.
@Catch22: Würde so etwas auch eine Revision mitbegründen können?
Noch ein Punkt bzgl. des sogenannten „notorischen Lügners“. Ich denke, dass die Verteidigung damit nicht meint, dass alles gelogen sei, sondern dass er in der Lüge sehr bewandert ist. Natürlich lügt ein notorischer Lügner nicht immer, aber wenn es ihm nützlich erscheint, dann ist das recht wahrscheinlich.
Und dann wird er eben solche Punkte vermeiden, welche seinen Aussage überprüfbar machen. Natürlich kann das vorliegend auch Zufall sein, aber trotzdem es ist mehr als auffällig.