von Williamson » Dienstag, 14. Januar 2020, 15:58:24
Die Mächte des Wahnsinns
Nur an Bruchstücke seiner eigenen Vergangenheit hat er sich in den Gesprächen mit dem Sachverständigen erinnern können, darunter an den Konsum von Drogen, Alkohol und Methadon. Und an die zwei Dutzend Anzeigen gegen ihn, vermeintliche „Kleinigkeiten“ wie Schwarzfahren oder ein abgelaufener Führerschein.
Ja, er habe einem Nachbarn das Fenster kaputt geschlagen und ihn mit dem Tode bedroht. Aber nur, weil er seinen Sohn mit Süßigkeiten vor der Schule angesprochen und mitgenommen habe. „Das könnte ja auch ein Vergewaltiger sein“, sagte der in Lemgo geborene Sohn eines serbischen Vaters und einer albanischen Mutter dem Gutachter.
Er habe sonst keinen Ärger gemacht, nur gechillt und vielleicht mal laut Musik gehört. Der Nachbar habe wegen nichts die Polizei gerufen. Vor Gericht will er nie gestanden haben. Die Gerichtsakten sagen da anderes...Der Vater soll in Serbien im Gefängnis sitzen, weil er einen anderen Mann erschossen hat – laut Recherchen der Anwältin Marie-Helen Lingnau korrekt. Am Vorabend der Tat von Voerde soll Jackson B. auch vier Männer in einem BMW gesehen, sich vor ihnen gefürchtet haben.
„Ich dachte, die wollen Blutrache, weil mein Vater einen Verwandten mit vier Schüssen getötet hat“, sagte Jackson B. in der von seiner Anwältin vorgelesenen Erklärung. Er soll laut eigener Aussage deshalb auch im Zeugenschutzprogramm gewesen sein. Wohl eher Fiktion, genauso wie ein angebliches Millionen-Erbe, das ihm zustehen soll...Der 28-Jährige hat neun Kinder. Sieben mit seiner Frau, die irgendwann einfach nicht mehr da gewesen war. Sie hatte sich vor ihm in ein Frauenhaus gerettet. Er will sie nie geschlagen haben. Und betrogen auch nicht. Außer mit einer guten Freundin, mit der er immer, wenn er betrunken war, Sex hatte. Zwei Kinder mit ihr waren das Resultat.
Zeitweise soll er mit der Geliebten und seiner Frau sogar zusammen gewohnt haben. Jackson B. soll sie als Cousine ausgegeben haben. Die Geliebte soll inzwischen nach Serbien abgeschoben worden sein. Seine Frau dagegen habe ihn noch im Gefängnis besucht.
Die Erzählung, dass seine Kinder plötzlich mit nicht anwesenden Menschen sprachen - wohl auch eher eine Wahnvorstellung.
So weit, so weit verwirrend. Interessant ist aber vor allem, was zur eigentlichen Tat ausgesagt wurde.
Es bleibt die Frage, warum er sich an viele Details des Tattags erinnern kann - nur nicht an die Tat selbst. Daran will er keine Erinnerungen mehr haben. Opfer-Anwalt Reinhard Peters: „Er hat ganz viele Einzelheiten in Erinnerung. Nur zum eigentlichen Kerngeschehen will er nichts wissen. Das halte ich nicht für glaubwürdig.“
Er habe nicht gemerkt oder wahrgenommen, dass er sie gestoßen habe. Er habe keine Schreie gehört und könne nicht glauben, eine solche Tat begangen zu haben. „Ich weiß nicht, ob ich die Frau geschubst habe. Wenn es so war, habe ich das nicht extra gemacht“, so Jackson B...Ein weiterer Aspekt blieb zu Prozessauftakt bislang Nebensache. Demnach soll Jackson B. nach seiner Tat, bereits niedergerungen von Zeugen, die sogenannte „Tauhid“-Geste gemacht haben. Das berichtete Haval I., der ihn überwältigte. „Eine solche Geste macht man nicht. Ich bin ihm deshalb auf die Hand getreten“, sagte der Zeuge.
Das Zeichen des in die Höhe gereckten Zeigefingers ist der sichtbare Ausdruck des islamischen Glaubensbekenntnisses. Doch sie ist eben auch häufig zu sehen bei Anhängern des Islamischen Staates. Anis Amri machte sie, kurz nachdem er auf dem Berliner Weihnachtsmarkt viele Menschen tötete. Wollte Jackson B. damit zum Ausdruck bringen, dass der tödliche Bahnstoß eine vermeintliche Gottestat war? Auch diese Frage könnte im Prozess noch eine Rolle spielen.
https://www.derwesten.de/region/voerde- ... 04059.html
Damit haben wir hier wohl ein Novum zu verzeichnen: Einen komplett durchgeknallten Gotteskrieger gabs bisher glaub ich noch nicht. Wobei der erhobene Zeigefinger hierzulande natürlich eine gänzlich andere Symbolik repräsentiert und daher nicht zwangsläufig auf ein religiöses Motiv schließen lässt. Es ist aber doch ein Detail, das bislang noch nicht zur Sprache kam.
Die Mächte des Wahnsinns
[quote]Nur an Bruchstücke seiner eigenen Vergangenheit hat er sich in den Gesprächen mit dem Sachverständigen erinnern können, darunter an den Konsum von Drogen, Alkohol und Methadon. Und an die zwei Dutzend Anzeigen gegen ihn, vermeintliche „Kleinigkeiten“ wie Schwarzfahren oder ein abgelaufener Führerschein.
Ja, er habe einem Nachbarn das Fenster kaputt geschlagen und ihn mit dem Tode bedroht. Aber nur, weil er seinen Sohn mit Süßigkeiten vor der Schule angesprochen und mitgenommen habe. „Das könnte ja auch ein Vergewaltiger sein“, sagte der in Lemgo geborene Sohn eines serbischen Vaters und einer albanischen Mutter dem Gutachter.
Er habe sonst keinen Ärger gemacht, nur gechillt und vielleicht mal laut Musik gehört. Der Nachbar habe wegen nichts die Polizei gerufen. [color=#40BF00]Vor Gericht will er nie gestanden haben.[/color] Die Gerichtsakten sagen da anderes...Der Vater soll in Serbien im Gefängnis sitzen, weil er einen anderen Mann erschossen hat – laut Recherchen der Anwältin Marie-Helen Lingnau korrekt. Am Vorabend der Tat von Voerde soll Jackson B. auch vier Männer in einem BMW gesehen, sich vor ihnen gefürchtet haben.
„Ich dachte, die wollen Blutrache, weil mein Vater einen Verwandten mit vier Schüssen getötet hat“, sagte Jackson B. in der von seiner Anwältin vorgelesenen Erklärung. Er soll laut eigener Aussage deshalb auch im Zeugenschutzprogramm gewesen sein. Wohl eher Fiktion, genauso wie ein angebliches Millionen-Erbe, das ihm zustehen soll...Der 28-Jährige hat neun Kinder. Sieben mit seiner Frau, die irgendwann einfach nicht mehr da gewesen war. Sie hatte sich vor ihm in ein Frauenhaus gerettet. Er will sie nie geschlagen haben. Und betrogen auch nicht. Außer mit einer guten Freundin, mit der er immer, wenn er betrunken war, Sex hatte. Zwei Kinder mit ihr waren das Resultat.
Zeitweise soll er mit der Geliebten und seiner Frau sogar zusammen gewohnt haben. Jackson B. soll sie als Cousine ausgegeben haben. Die Geliebte soll inzwischen nach Serbien abgeschoben worden sein. Seine Frau dagegen habe ihn noch im Gefängnis besucht.
Die Erzählung, dass seine Kinder plötzlich mit nicht anwesenden Menschen sprachen - wohl auch eher eine Wahnvorstellung.[/quote]
So weit, so weit verwirrend. Interessant ist aber vor allem, was zur eigentlichen Tat ausgesagt wurde.
[quote]Es bleibt die Frage, warum er sich an viele Details des Tattags erinnern kann - nur nicht an die Tat selbst. Daran will er keine Erinnerungen mehr haben. Opfer-Anwalt Reinhard Peters: „Er hat ganz viele Einzelheiten in Erinnerung. Nur zum eigentlichen Kerngeschehen will er nichts wissen. Das halte ich nicht für glaubwürdig.“
Er habe nicht gemerkt oder wahrgenommen, dass er sie gestoßen habe. Er habe keine Schreie gehört und könne nicht glauben, eine solche Tat begangen zu haben. „Ich weiß nicht, ob ich die Frau geschubst habe. Wenn es so war, habe ich das nicht extra gemacht“, so Jackson B...Ein weiterer Aspekt blieb zu Prozessauftakt bislang Nebensache. Demnach soll Jackson B. nach seiner Tat, bereits niedergerungen von Zeugen, die sogenannte „Tauhid“-Geste gemacht haben. Das berichtete Haval I., der ihn überwältigte. „Eine solche Geste macht man nicht. Ich bin ihm deshalb auf die Hand getreten“, sagte der Zeuge.
Das Zeichen des in die Höhe gereckten Zeigefingers ist der sichtbare Ausdruck des islamischen Glaubensbekenntnisses. Doch sie ist eben auch häufig zu sehen bei Anhängern des Islamischen Staates. Anis Amri machte sie, kurz nachdem er auf dem Berliner Weihnachtsmarkt viele Menschen tötete. Wollte Jackson B. damit zum Ausdruck bringen, dass der tödliche Bahnstoß eine vermeintliche Gottestat war? Auch diese Frage könnte im Prozess noch eine Rolle spielen.[/quote]
https://www.derwesten.de/region/voerde-jackson-b-drogen-blutrache-brisante-geste-die-wirre-welt-des-bahnsteig-killers-id228104059.html
Damit haben wir hier wohl ein Novum zu verzeichnen: Einen komplett durchgeknallten Gotteskrieger gabs bisher glaub ich noch nicht. Wobei der erhobene Zeigefinger hierzulande natürlich eine gänzlich andere Symbolik repräsentiert und daher nicht zwangsläufig auf ein religiöses Motiv schließen lässt. Es ist aber doch ein Detail, das bislang noch nicht zur Sprache kam.